Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (865d)
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Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin

Nr. 865d Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (IVHSM) vom 14. März 2008 (Stand 1. Januar 2009)
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen * Artikel 1 Zweck
1 Die Kantone vereinbaren im Interesse einer bedarfsgerechten, qualitativ hoch
stehenden und wirtschaftlich erbrachten medizinischen Versorgung die Sicherstellung der Koordi- nation der Konzentration der hochspezialisierten Medizin. Diese umfasst diejenigen m
e- dizinischen Bereiche und Leistungen, die durch ihre Seltenheit, durch ihr hohes Innov
a- tionspotenzial, durch einen hohen personellen oder technischen Aufwand oder durch komplexe Behandlungsverfahren gekennzeichnet sind. Für die Zuordnung müssen mi
n- destens drei der genannten Kriterien erfüllt sein, wobei immer aber das der Seltenheit vorliegen muss.
2 Zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Zwecks und in Erfüllung der einschlägigen Vorgaben des Bundes
1 Artikel 2 Vollzug der Vereinbarung vereinbaren die Kantone die gemeinsame Planung und Zuteilung der hochspezialisierten Medizin. Die Mitglieder der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -
direktoren aus den Vereinbarungskantonen wählen ein Beschlussorgan (HSMBeschlussorgan), dem der Vollzug der Vereinbarung obliegt. Dieses setzt ein Fachorgan sowie ein Pr
o- jektsekretaria t ein. * K 2008 2394 und G 2009 9. Die Plenarversammlung der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und - direkt oren (GDK) verabschiedete die Vereinbarung am 14. März 2008 zur Ratifizierung zuhanden der Kantone. Der Kantonsrat genehmigte den Beitritt des Kantons Luzern zu der Vereinbarung am 8. September 2008 mit Dekret (K 2008 2393). Die Referendumsfrist lief am
12. November 2008 unbenützt ab (K 2008 2961). Der Vorstand der GDK setzte die Vereinbarung auf den 1. Januar 2009 in Kraft.
1 Art. 39 KVG: geändert durch Beschluss der Bundesversammlung am 21. Dezember 2007; tritt am
1. Januar 2009 in Kraft.
2 Nr.
865d
2. Abschnitt: Die Organisation der interkantonalen Planung Artikel 3 Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben des HSMBeschlussorgans
1 Das Beschlussorgan setzt sich aus folgenden Mitgliedern der GDK Plenarversammlung zusammen: – den fünf Mitgliedern der Vereinbarungskantone mit Universitätsspital Zürich, Bern, BaselStadt, Waadt und Genf; – fünf Mitglieder aus den anderen Vereinbarungskantonen, wovon mindestens zwei Mitglieder Vereinbarungskantone mit einem grossen Zentrumsspital, das interkant
o- nale Lei stungsaufgaben wahrnimmt, vertreten. Zudem können das Bundesamt für Gesundheit, die Schweizerische Universitätskonf
e- renz und Santésuisse je eine Person mit beratender Stimme in das Beschlussorgan del
e- gieren.
2 Die Mitglieder einschliesslich des Präsidiums werden von den GDKMitgliedern der Vereinbarungskantone für eine Dauer von 2 Jahren gewählt. Eine Wiederwahl ist mö
g- lich. Die Stellvertretung richtet sich nach den Bestimmungen in den Statuten der GDK über die Stellvertretung an Plenarversammlungen.
2
3 Da s Beschlussorgan bestimmt die Bereiche der hochspezialisierten Medizin, die einer schweizweiten Konzentration bedürfen, und trifft die Planungsund Zuteilungsentsche
i- de.
4 Hierzu erstellt es eine Liste der Bereiche der hochspezialisierten Medizin und der mit der Erbringung der definierten Leistungen beauftragten Zentren. Die Liste wird peri o- disch überprüft. Sie gilt als gemeinsame Spitalliste der Vereinbarungskantone gemäss Art. 39 KVG
3
5 Die Entscheide des Bes chlussorgans basieren auf Anträgen des Fachorgans. Das B e- schlussorgan beachtet die Kriterien gemäss Art. 4 Abs. 4. Seine Beschlüsse gemäss Art.
3 Abs. 3 und 4 bedürfen der vorgängigen Stellungnahme des Fachorgans. . Die Zuteilungsentscheide werden befristet.
6 Das Beschlussorgan kann dem Fachorgan Aufträge erteilen.
7 Die Mitglieder streben eine einvernehmliche Entscheidfindung an. Kann diese nicht e
r- reicht werden, erfordert ein Beschluss die Zustimmung von mindestens vier Mitgliedern aus Vereinbarungskantonen mit Universitätsspital und von vier Mitgl iedern der anderen Vereinbarungskantone.
2 Art. 5 Statute n der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen unddirektoren
3 SR 832.10, Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994. Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
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3 Artikel 4 Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben des HSMFachorgans
1 Das HSMFachorgan besteht aus höchstens 15 unabhängigen Experten, bei deren B
e- stellung mehrere geeignete Bewerber aus dem Ausland zu berücksichtigen sind. Das B
e- schlussorgan bestimmt die Anforderungen an die Experten und legt das Auswahlverfa
h- ren fest. Die Mitglieder legen ihre Interessen in einem Interessenbindungsregister offen.
2 Die Wahl der Experten einschliesslich des Präsidiums erfolgt ad person am durch das HSMBeschlussorgan für eine Dauer von 2 Jahren. Eine Wiederwahl ist möglich.
3 Das HSMFachorgan hat folgende Aufgaben:
1. es beobachtet neue Entwicklungen;
2. es stellt und überprüft Anträge auf Aufnahme und Streichung aus dem HSM
- Bereich;
3. es legt die Voraussetzungen fest, welche zur Ausführung einer Dienstleistung bzw. eines Dienstleistungsbereiches erfüllt werden müssen bezüglich Fallzahl, persone
l- len und strukturellen Ressourcen und an unterstützenden Disziplinen;
4. es bereitet die En tscheidungen des Beschlussorgans vor; dazu gehören insbesondere die Vorbereitungsarbeiten der Zuteilung gemäss den oben beschriebenen Vorausse
t- zungen sowie die Prüfung der Lösungsvorschläge;
5. es stellt dem Beschlussorgan die entsprechenden Anträge und b egründet diese fac
h- bezogen und wissenschaftlich;
6. es erstattet dem Beschlussorgan jährlich Bericht über den Stand seiner Arbeiten.
4 Das HSMFachorgan berücksichtigt bei der Erfüllung seiner in Abs. 3 genannten Auf- gaben folgende Kriterien:
1. Für die A ufnahme in die Liste der HSMBereiche: a. Wirksamkeit; b. Nutzen; c. Technologischökonomische Lebensdauer; d. Kosten der Leistung.
2. Für den Zuteilungsentscheid: a. Qualität; b. Verfügbarkeit hochqualifizierten Personals und Teambildung; c. Verfügba rkeit der unterstützenden Disziplinen; d. Wirtschaftlichkeit; e. Weiterentwicklungspotenzial.
3. Für den Entscheid über die Aufnahme in die Liste der HSMBereiche und die Zute
i- lung: a. Relevanz des Bezugs zu Forschung und Lehre; b. Internationale Konkurrenzfähigkeit.
5 Die Experten streben eine einvernehmliche Entscheidfindung an. Kann diese nicht e
r- reicht werden, werden Beschlüsse mit dem einfachen Mehr der anwesenden Mitglieder gefasst, wobei mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sein müssen. Da
s B
e- schlussorgan erlässt die Ausstandsregeln.
4 Nr.
865d Artikel 5 Wahl und Aufgaben des HSMProjektsekretariats
1 Das HSMProjektsekretariat wird vom Beschlussorgan eingesetzt.
2 Es unterstützt organisatorisch und technisch die im Zusammenhang mit der Planung der ho chspezialisierten Medizin erfolgenden Arbeiten des Beschlussund des Facho
r- gans und koordiniert diese. Artikel 6 Arbeitsweise Das Beschluss- und das Fachorgan geben sich jeweils ein Geschäftsreglement, das die Einzelheiten zur Organisation, Arbeitsweise u nd Beschlussfassung festlegt. Das Regl
e- ment des Fachorgans bedarf der Genehmigung des Beschlussorgans.
3. Abschnitt: Planung Artikel 7 Grundsätze
1 Zur Gewinnung von Synergien ist darauf zu achten, dass die hochspezialisierten Lei
s- tungen auf wenige univer sitäre oder multidisziplinäre Zentren konzentriert werden.
2 Die Planung gemäss dieser Vereinbarung soll mit jener im Bereich der Forschung a
b- gestimmt werden. Forschungsanreize sollen gesetzt und koordiniert werden.
3 Die Interdependenzen zwischen versch iedenen hochspezialisierten medizinischen B
e- reichen sind bei der Planung zu berücksichtigen.
4 Die Planung umfasst jene Leistungen, die durch schweizerische Sozialversicherungen mitfinanziert werden.
5 Die Zugänglichkeit für Notfälle ist bei der Planung z u berücksichtigen.
6 Die Planung berücksichtigt die vom schweizerischen Gesundheitswesen erbrachten Leistungen für das Ausland.
7 Bei der Planung können Kooperationsmöglichkeiten mit dem nahen Ausland genutzt werden.
8 Die Planung kann in Stufen erfolgen . Artikel 8 Besondere Anforderungen an die Planung der Kapazitäten Bei der Zuordnung der Kapazitäten sind folgende Vorgaben zu beachten: a. Die gesamten in der Schweiz verfügbaren Kapazitäten sind so zu bemessen, dass die Zahl der Behandlungen, die sich unter umfassender kritischer Würdigung erwarten lassen, nicht überschritten werden kann.
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5 b. Die resultierende Anzahl der Behandlungsfälle der einzelnen Einrichtung pro Zei
t- periode darf die kritische Masse unter den Gesichtspunkten der medizinischen S
i- cherh eit und der Wirtschaftlichkeit nicht unterschreiten. c. Den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Zentren im Ausland kann Rechnung getragen werden. Artikel 9 Auswirkungen auf die kantonalen Spitallisten
1 Die Vereinbarungskantone übertragen ihre Zuständigkeit gemäss Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG zum Erlass der Spitalliste für den Bereich der hochspezialisierten Medizin dem HSMBeschlussorgan.
2 Ab dem Zeitpunkt der gemäss Art. 3 Abs. 3 und 4 erfolgten Bestimmung eines Bere
i- ches der hochspezialisierten Medizin u nd seiner Zuteilung durch das HSM Beschlussorgan an mit der Einbringung der betreffenden Leistung beauftragte Zentren gelten abweichende Spitallistenzulassungen der Kantone im entsprechenden Umfang als aufgehoben.
4. Abschnitt: Finanzen Artikel 10 Verteilu ng der Kosten Die Kosten der Tätigkeit der im 2. Abschnitt genannten Organe sowie des Sekretariats werden von den der Vereinbarung beigetretenen Kantonen entsprechend ihrer Einwo
h- nerzahl anteilsmässig getragen.
5. Abschnitt: Streitbeilegung Artikel 11 Stre itbeilegungsverfahren
1 Die Vereinbarungskantone verpflichten sich, Meinungsverschiedenheiten und Streiti
g- keiten nach Möglichkeit gütlich zu regeln.
2 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Interkantonalen Rahmenvereinbarung (IRV)
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4 Rahmenvereinbarung über die inte rkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich vom
24. Juni
2005, Abschnitt IV (SRL Nr. 15) über die Streitbeilegung .
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6. Abschnitt: Rechtspflege und Schlussbestimmungen Artikel 12 Beschwerde und Verfahrensrecht
1 Gegen Beschlüsse betreffend die Festsetzung der gemeinsamen Spitalliste nach Art. 3 Abs. 3 und 4 kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde nach Art. 53 KV G g
e- führt werden.
2 Auf diese Beschlüsse finden sinngemäss die bundesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren
5 Artikel 13 Beitritt und Austritt Anwendung.
1 Der Beitritt zur Vereinbarung wird mit der Mitteilung an die GDK wirksam.
2 Jeder V ereinbarungskanton kann durch Erklärung gegenüber der GDK austreten. Der Austritt wird mit dem Ende des auf die Erklärung folgenden Kalenderjahres wirksam.
3 Die Austrittserklärung kann frühestens auf das Ende des 5. Jahres seit Inkrafttreten der Vereinbar ung und fünf Jahre nach erfolgtem Beitritt abgegeben werden. Artikel 14 Berichterstattung Das Präsidium des Beschlussorgans erstattet den Vereinbarungskantonen jährlich über den Stand der Umsetzung dieser Vereinbarung Bericht. Artikel 15 Inkrafttreten Die GDK setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr 17 Kantone einschliesslich der Ka
n- tone mit Universitätsspital (Zürich, Bern, BaselStadt, Waadt und Genf) beigetreten sind.
6 Artikel 16 Geltungsdauer und Ausserkrafttreten Für später beigetretene Kantone tritt die Vereinbarung mit der Mitteilung gemäss Art.
13 Abs. 1 in Kraft.
1 Die Vereinbarung gilt unbefristet.
2 Sie tritt ausser Kraft, wenn die Zahl der Mitglieder unter 17 fällt oder wenn einer der Kantone mit Universitätsspital (Zürich, Bern, BaselStadt, Wa adt oder Genf) austritt.
5 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) vom 20. Dezember 1968 (SR 172.021)
6 Der Vorstand der GDK setzte die Vereinbarung am 22. Januar 2009 rückwirkend auf den
1. Januar
2009 in Kraft, nachdem alle 26 Kantone der Vereinbarung beigetreten waren.
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7 Artikel 17 Änderung der Vereinbarung Stellen die Vereinbarungskantone fest, dass eine Anpassung der Vereinbarung erforde
r- lich ist, nehmen sie entsprechende Verhandlungen auf. Auf Antrag von drei Vereinba- rungskantonen leitet die GDK die Anpassung der Vereinbarung ein. Die Anpassung tritt in Kraft, wenn ihr sämtliche Vereinbarungskantone beigetreten sind.
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