Internationales Übereinkommen zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes gegen das... (0.311.31)
CH - Schweizer Bundesrecht

Internationales Übereinkommen zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes gegen das unter dem Namen «Mädchenhandel» bekannte verbrecherische Treiben 3

Abgeschlossen in Paris am 18. Mai 1904 Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 18. Januar 1905 In Kraft getreten für die Schweiz am 18. Juli 1905 Geändert durch das in Lake Success am 4. Mai 1949 unterzeichnete Protokoll⁴ (Stand am 2. Dezember 2016) ¹ BS 12 22 ² Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ³ AS 1972 1626 ⁴ Geändert wurden die Bestimmungen betreffend die Aufgabe des Depositars, die von Frankreich auf den Generalsekretär der Vereinten Nationen übertragen wurde.
Der Schweizerische Bundesrat; Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen, im Namen des Deutschen Reiches; Seine Majestät der König der Belgier; Seine Majestät der König von Dänemark; Seine Majestät der König von Spanien; der Präsident der Französischen Republik; Seine Majestät der König des Vereinigten Königreiches von Grossbritannien und Irland und der überseeischen britischen Besitzungen, Kaiser von Indien; Seine Majestät der König von Italien; Ihre Majestät die Königin der Niederlande; Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien; Seine Majestät der Kaiser aller Reussen und Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen,
von dem Wunsche beseelt, den volljährigen, durch Arglist oder Zwang zur Unzucht verleiteten Frauenspersonen sowie auch den minderjährigen Frauen und Mädchen einen wirksamen Schutz gegen das unter dem Namen «Mädchenhandel» bekannte verbrecherische Treiben zu gewähren, haben sich entschlossen, ein Abkommen zu treffen, um zur Erreichung dieses Zweckes geeignete Massnahmen zu vereinbaren, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
die, nach gegenseitigem Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind:
Art. 1
Jede der vertragschliessenden Regierungen verpflichtet sich, eine Amtsstelle einzurichten oder zu bezeichnen, die beauftragt ist, alle Auskünfte über die Anwerbung von Frauen und Mädchen zum Zwecke der Verkupplung ins Ausland zu zentralisieren; dieser Amtsstelle soll die Befugnis zustehen, mit den gleichartigen, von den anderen Vertragsstaaten bestellten Behörden direkt zu korrespondieren.⁵
⁵ Mit der Leitung dieser Amtsstelle ist in der Schweiz das Bundesamt für Polizeiwesen (Zentralstellen für die Bekämpfung des Mädchenhandels) beauftragt worden (Art. 1 Bst. e der V vom 30. Nov. 2001 über die Wahrnehmung kriminalpolizeilicher Aufgaben im Bundesamt für Polizei – SR 360.1 ).
Art. 2
Jede der Regierungen verpflichtet sich zur Einrichtung eines Überwachungsdienstes mit dem Zwecke, den Begleitern von Frauen und Mädchen, welche verkuppelt werden sollen, besonders in den Bahnhöfen, den Einschiffungshäfen und auf der Durchreise nachzuforschen. Es sollen zu diesem Zwecke geeignete Instruktionen erlassen werden sowohl an die öffentlichen Beamten als an alle anderen geeigneten Personen, um innerhalb der gesetzlichen Grenzen alle Auskünfte zu erlangen, welche auf die Spur eines solchen verbrecherischen Treibens führen können.
Die Ankunft von Personen, die offenbar als Urheber, als Mitschuldige oder als Opfer eines solchen Handels erscheinen, soll gegebenenfalls den Behörden des Bestimmungsortes oder den interessierten diplomatischen Agenten oder Konsularbeamten, oder jeder anderen zuständigen Behörde mitgeteilt werden.
Art. 3
Die Regierungen verpflichten sich, gegebenenfalls und innerhalb der gesetzlichen Grenzen, die Aussagen von Frauen und Mädchen fremder Nationalität, welche sich der Prostitution ergeben, entgegenzunehmen, um ihre Identität und ihren Zivilstand festzustellen und darüber Aufschluss zu erlangen, wer sie veranlasst hat, ihre Heimat zu verlassen. Die erhaltenen Auskünfte sollen den Behörden des Heimatstaates der genannten Frauen oder Mädchen behufs eventueller Heimschaffung mitgeteilt werden.
Die Regierungen verpflichten sich, innert der gesetzlichen Grenzen und soweit möglich, die Opfer eines verbrecherischen Transportes, sofern dieselben mittellos sind, provisorisch und im Hinblick auf eventuelle Heimschaffung, in öffentlichen oder privaten Wohltätigkeitsanstalten oder bei Privatleuten unterzubringen, welche die erforderlichen Garantien bieten.
Die Regierungen verpflichten sich ebenfalls, innert der gesetzlichen Grenzen und soweit möglich, diejenigen Frauen und Mädchen in ihren Heimatstaat zurückzuschicken, welche ihre Heimschaffung nachsuchen oder die von den Personen zurückverlangt werden, unter deren Autorität sie stehen. Die Heimschaffung soll erst erfolgen, nachdem die Identität und die Nationalität sowie der Ort und die Zeit der Ankunft an der Grenze im gemeinsamen Einverständnis festgestellt sein werden. Jeder Vertragsstaat wird den Transport durch sein Territorium erleichtern.
Die Korrespondenz über die Heimschaffung soll so viel als möglich auf direktem Wege erfolgen.
Art. 4
Für den Fall, dass eine Frau oder ein Mädchen nicht imstande sein sollte, die Kosten ihres Transportes zu bezahlen, und dass sie weder Gatten noch Verwandte, noch Vormund besitzt, die für sie bezahlen, fallen die Kosten der Heimschaffung bis zur nächsten Grenze oder zum Einschiffungshafen in der Richtung des Heimatlandes zu Lasten des Staates, in dem sie ihren Aufenthalt hatte und von dort an zu Lasten des Heimatstaates.
Art. 5
Durch die Bestimmungen der Artikel 3 und 4 wird an den besonderen Verträgen, welche zwischen einzelnen der vertragschliessenden Staaten bestehen könnten, nichts geändert.
Art. 6
Die vertragschliessenden Staaten verpflichten sich, innert der gesetzlichen Grenzen und soweit möglich, die Büros und Agenturen zu überwachen, welche sich mit der Placierung von Frauen und Mädchen im Auslande befassen.
Art. 7
Die Staaten, welche das gegenwärtige Übereinkommen nicht unterzeichnet haben, können ihren Beitritt zu demselben erklären. Zu diesem Zwecke haben sie ihre Absicht auf diplomatischem Wege der Französischen Regierung zu notifizieren, welche allen Vertragsstaaten davon Kenntnis geben wird.
Art. 8
Die gegenwärtige Übereinkunft tritt sechs Monate nach dem Austausch der Ratifikationen in Kraft. Im Falle eine der vertragschliessenden Parteien dieselbe kündigen sollte, so wirkt diese Kündigung nur für den Staat, von dem sie ausgeht, und zwar erst nach zwölf Monaten, vom Tage der Kündigung an gerechnet.
Art. 9
Das gegenwärtige Übereinkommen soll ratifiziert, und die Ratifikationen sobald als möglich in Paris ausgetauscht werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten das gegenwärtige Übereinkommen unterzeichnet und ihre Wappensiegel beigesetzt.
Gegeben zu Paris, am 18. Mai 1904, in einem einzigen Exemplar, welches dem Archiv des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten der Französischen Republik einverleibt worden ist und wovon eine beglaubigte Abschrift jeder der vertragschliessenden Mächte übergeben wird.
(Es folgen die Unterschriften)

Unterzeichnungsprotokoll

Die unterzeichneten, heute behufs Unterzeichnung des Übereinkommens zur Unterdrückung des Mädchenhandels zusammengetretenen Bevollmächtigten haben, mit Bezug auf die Anwendung dieses Übereinkommens in den Kolonien der Vertragsstaaten, folgende Erklärung ausgetauscht:
Art. 1
Den vertragsschliessenden Staaten steht das Recht zu, zu jeder Zeit für ihre Kolonien oder auswärtigen Besitzungen dem Übereinkommen beizutreten.
Sie können zu diesem Zwecke eine allgemeine Erklärung abgeben, welche sich auf alle ihre Kolonien oder Besitzungen bezieht, oder ausdrücklich diejenigen bezeichnen, auf welche die Beitrittserklärung sich erstreckt, oder aber sich darauf beschränken, diejenigen anzugeben, welche davon ausgeschlossen sind.
Art. 2
Die deutsche Regierung erklärt, sich mit Bezug auf ihre Kolonien ihren Entscheid vorzubehalten.
Die dänische Regierung erklärt, dass sie sich das Recht vorbehalte, für die dänischen Kolonien dem Übereinkommen beizutreten.
Die spanische Regierung erklärt, mit Bezug auf ihre Kolonien, ihren Entscheid sich vorzubehalten.
Die französische Regierung erklärt, dass das Übereinkommen in allen französischen Kolonien zur Anwendung gelangen wird.
Die Regierung seiner britischen Majestät erklärt, sich das Recht vorzubehalten, für jede einzelne der britischen Kolonien oder Besitzungen dem Übereinkommen beizutreten und dasselbe zu kündigen.
Die italienische Regierung erklärt, dass das Übereinkommen in der Eriträischen Kolonie zur Anwendung gelangen wird.
Die niederländische Regierung erklärt, dass das Übereinkommen in allen niederländischen Kolonien zur Anwendung gelangen wird.
Die portugiesische Regierung erklärt, sich den Entscheid darüber vorzubehalten, ob das Übereinkommen in einer der portugiesischen Kolonien in Kraft gesetzt werden soll.
Die russische Regierung erklärt, dass das Übereinkommen in seinem ganzen Umfange im ganzen Reichsgebiet, in Europa und Asien, zur Anwendung gelangen wird.
Art. 3
Die Regierungen, welche später mit Bezug auf ihre Kolonien Erklärungen abzu­geben haben, werden dies in der durch Artikel 7 des Übereinkommens festgesetzten Form tun.
Im Begriffe zur Unterzeichnung des Übereinkommens zu schreiten, gab Seine Durchlaucht der Fürst von Radolin, Botschafter des Deutschen Reiches, im Namen seiner Regierung, die folgende Erklärung ab:
Nach Ansicht der deutschen Reichsregierung sind die Reglemente, welche allfällig zwischen dem Deutschen Reiche und dem Heimatstaate betreffend gegenseitige Unterstützung von Bedürftigen bestehen könnten, auf die Personen, die kraft des gegenwärtigen Übereinkommens über deutschen Boden heimgeschafft werden, nicht anwendbar.
Zur Urkund dessen haben die Bevollmächtigten das gegenwärtige Protokoll unterzeichnet.
Gegeben zu Paris, den 18. Mai 1904.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 2. Dezember 2016 ⁶

⁶ AS 1972 1626 , 1979 2146 , 2004 3709 , 2007 1341 und 2017 35 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Nachfolge­erklärung (N)

Inkrafttreten

Ägypten a

11. Oktober

1932 B

11. April

1933

Algerien a

31. Oktober

1963 B

30. April

1964

Australien

  3. Juli

1906 B

  3. Juli

1906

    Norfolk-Insel

18. Februar

1914 B

18. August

1914

Bahamas

10. Juni

1976 N

10. Juli

1973

Belgien

18. Mai

1905

18. Juli

1905

Benin

  4. April

1962 N

  1. August

1960

Brasilien

12. Mai

1905 B

18. Juli

1905

Bulgarien

15. Juni

1921 B

15. Juni

1921

Chile a

27. September

1934 B

27. März

1935

China a

  6. November

1925 B

  6. Mai

1926

    Hongkong b

  6. Juni

1997

  1. Juli

1997

Côte d’Ivoire

  8. Dezember

1961 N

  7. August

1960

Dänemark

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Deutschland

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Estland

15. April

1930

15. Oktober

1930

Fidschi

12. Juni

1972 B

10. Oktober

1970

Finnland a

27. September

1922 B

27. März

1923

Frankreich

18. Januar

1905

18. Juli

1905

    Überseeische Departemente
    und Gebiete

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Ghana

  7. April

1958 N

  5. März

1957

Indien

  8. Februar

1920

  8. August

1920

Irak a

  7. Mai

1925 B

  7. November

1925

Iran a

27. April

1933 B

27. Oktober

1933

Irland a

  8. Juni

1934 B

  8. Dezember

1934

Italien

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Jamaika

30. Juli

1964 N

  6. August

1962

Japan a

20. Oktober

1925 B

20. April

1926

Kamerun

  3. November

1961

  1. Januar

1960

Kanada

  3. Juli

1906 B

  3. Juli

1906

Kolumbien

16. Februar

1937 B

16. Februar

1937

Kongo (Brazzaville)

15. Oktober

1962 N

15. August

1960

Kuba a

  5. April

1923 B

  5. Oktober

1923

Libanon

20. Juni

1949 B

20. Juni

1949

Litauen

30. Oktober

1931 B

30. April

1932

Luxemburg

  4. Juli

1910 B

  4. Juli

1910

Madagaskar

  9. Oktober

1963 N

26. Juni

1960

Malawi a

10. Juni

1965 B

10. Dezember

1965

Mali

  2. Februar

1973 N

22. September

1960

Malta

24. März

1967 N

21. September

1964

Marokko

  7. November

1956 N

  2. März

1956

Mauritius

18. Juli

1969 N

12. März

1968

Mexiko a

21. Februar

1956 B

21. August

1956

Monaco a

  2. Juli

1921 B

  2. Januar

1922

Montenegro

23. Oktober

2006 N

  3. Juni

2006

Myanmar

  4. April

1939 N

  1. April

1937

Neuseeland

24. August

1907 B

24. August

1907

Niederlande

14. Januar

1907

14. Juli

1907

    Curaçao

14. Januar

1907

14. Juli

1907

    Karibische Gebiete (Bonaire,
    Sint Eustatius und Saba)

14. Januar

1907

14. Juli

1907

    Sint Maarten

14. Januar

1907

14. Juli

1907

Niger

25. August

1961 N

  3. August

1960

Nigeria

26. Juni

1961 N

  1. Oktober

1960

Norwegen

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Österreich

18. Januar

1905 B

18. Juli

1905

Pakistan

16. Juni

1952 N

15. August

1947

Polen

28. Februar

1922 B

28. Februar

1922

Portugal

12. Juli

1905

18. Juli

1905

Russland

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Sambia

26. März

1973 N

24. Oktober

1964

Schweden

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Schweiz

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Senegal

  2. Mai

1963 N

20. Juni

1960

Serbien

12. März

2001 N

27. April

1992

Sierra Leone

13. März

1962 N

27. April

1961

Simbabwe

  1. Dezember

1998 N

18. April

1980

Singapur

  7. Juni

1966 N

  9. August

1965

Slowakei

28. Mai

1993 N

  1. Januar

1993

Spanien

18. Januar

1905

18. Juli

1905

Sri Lanka

14. Juli

1949 N

  4. Februar

1948

Südafrika a

19. September

1913 B

19. März

1914

Sudan a

27. Juni

1932 B

27. Dezember

1932

Tansania a

18. März

1963 B

18. September

1963

Thailand a

28. Dezember

1921 B

28. Juni

1922

Trinidad und Tobago

11. April

1966 N

31. August

1962

Tschechische Republik

30. Dezember

1993 N

  1. Januar

1993

Tunesien a

  1. Januar

1922 B

  1. Juli

1922

Türkei a

19. Dezember

1934 B

19. Juni

1935

Ungarn

18. Januar

1905 B

18. Juli

1905

Uruguay a

30. Juni

1920 B

30. Dezember

1920

Vereinigte Staaten

  6. Juni

1908 B

  6. Juni

1908

Vereinigtes Königreich

18. Januar

1905

18. Juli

1905

    Falklandinseln

30. April

1924

30. Oktober

1924

    Gibraltar

23. September

1905 B

23. September

1905

    Guernsey

21. September

1923

21. März

1924

    Insel Man

21. September

1923

21. März

1924

    Jersey

21. September

1923

21. März

1924

    St. Helena

18. März

1907 B

18. März

1907

Zentralafrikanische Republik

  4. September

1962 N

13. August

1960

Zypern

16. Mai

1963 N

16. August

1960

a
Dieser Staat ist an das Übereinkommen gebunden infolge Beitritts zum Übereink. vom
4. Mai 1910 (SR 0.311.32 Art.8 Abs.3).
b
Vom 30. Oktober 1995 bis zum 30. Juni 1997 war das Übereinkommen auf Grund einer Ausdehnungserklärung des Vereinigten Königreichs in Hongkong anwendbar. Seit dem
1. Juli 1997 bildet Hongkong eine Besondere Verwaltungsregion (SAR) der Volks­republik China. Auf Grund der chinesischen Erklärung vom 6. Juni 1997 ist das Über­einkommen seit dem 1. Juli 1997 auch in der SAR Hongkong anwendbar.
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