Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französis... (0.132.349.41)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik über die Vermarkung und den Unterhalt der Grenze

Abgeschlossen am 10. März 1965 Von der Bundesversammlung genehmigt am 16. Dezember 1965¹ In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. April 1966 (Stand am 13. August 2019) ¹ AS 1966 653
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Französischen Republik,
vom Wunsche geleitet, eine zweckmässige Regelung der Vermarkung, des Unter­halts und der Beschreibung der Grenze zwischen den Gebieten der beiden Staaten zu erlassen,
haben folgende Bestimmungen vereinbart:

Kapitel I  Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 ²
Die Vermarkung der Grenze – wie sie in den zwischen den beiden Staaten bestehen­den internationalen Vereinbarungen festgelegt ist – soll in der Weise vorgenommen und aufrechterhalten werden, dass der Grenzverlauf eindeutig feststeht und jederzeit auf der ganzen Länge festgestellt werden kann.
Überall dort, wo die zwei Staaten die gemeinsame Grenze mit Koordinaten in einem gemeinsamen Bezugssystem festgelegt haben, wird die Vermarkung dadurch als erstellt betrachtet.
² Fassung gemäss Notenaustausch vom 29. Juni 2018/13. Aug. 2019 ( AS 2019 2971 ).
Art. 2
Die beiden Vertragsparteien treffen im Rahmen ihrer Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften die nötigen Massnahmen, um den Unterhalt der Grenzver­markung zu gewährleisten und die Zerstörung, Beschädigung und missbräuchliche Verwendung der Grenzsteine, Vermessungsmarken und anderen Grenzzeichen zu verhindern und zu bestrafen.
Art. 3
Die in die Grenzlinie gesetzten Grenzsteine stehen im gemeinsamen Eigentum bei­der Staaten. Die übrigen Grenzzeichen bleiben Eigentum des Staates, auf dessen Gebiet sie sich befinden.
Art. 4
Innerhalb von je 2 m beidseits der Grenze dürfen keine Bauten errichtet werden. Den die Grenze bildenden Wegen entlang wird dieser Abstand von den Rändern an gemessen.
Die Bestimmungen von Absatz I finden keine Anwendung auf die Bauten, die für die amtlichen Dienste der beiden Staaten bestimmt sind.
Vorbehalten bleiben die Bestimmungen von Vereinbarungen zwischen den beiden Staaten über die Errichtung von Werken wie Strassen, Brücken, Stegen, Fähren, elektrischen oder hydroelektrischen Anlagen und anderen im öffentlichen Interesse liegenden Werken.
Bestehende Bauten, die den Bestimmungen von Absatz 1 nicht entsprechen, werden geduldet. Werden sie abgebrochen oder umgestaltet, so dürfen sie nur in Überein­stimmung mit den genannten Bestimmungen wieder errichtet werden.
Die zuständigen Behörden der beiden Staaten können im gegenseitigen Einverneh­men Ausnahmen von den in Absatz 1 enthaltenen Bestimmungen zulassen, um besonderen Verhältnissen an der Grenze Rechnung zu tragen – insbesondere um die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Güter zu erleichtern und um die Ausübung der Fischerei und der Schifffahrt zu ermöglichen –, vorausgesetzt, dass die bewilligten Anlagen die Überwachung der Grenze in keiner Weise erschweren.
Jeder Staat ist befugt, strengere Bestimmungen als die in Absatz 1 vorgesehenen anzuwenden.
Art. 5 ³
Verläuft die Grenze durch Wälder, Buschwerk oder Gestrüpp, so ist ein 4 m breiter Geländestreifen (je 2 m beidseits der Grenze) ständig in abgeholztem Zustand zu erhalten, sofern die in Artikel 12 erwähnte gemischte Kommission dies als notwendig erachtet.
Jeder der beiden Staaten übernimmt die Kosten der in Anwendung des vorstehenden Absatzes auf seinem Gebiet durchgeführten Abholzungen.
³ Fassung gemäss Notenaustausch vom 29. Juni 2018/13. Aug. 2019 ( AS 2019 2971 ).

Kapitel II  Ständige Vermarkungsdelegierte

Art. 6
Mit Vermarkung und Unterhalt der Grenze sind ständige Vermarkungsdelegierte betraut, denen folgende Aufgaben obliegen:
a. Überwachung und Kontrolle der Grenzsteine und anderen Grenzzeichen. Jeder Staat hat jedoch die Möglichkeit, andere Verwaltungsdienste oder ‑organe als die ständigen Delegierten mit der Überwachung und Kontrolle der Grenzsteine und anderen Grenzzeichen zu betrauen;
b. Feststellung aller den Bestimmungen der Artikel 1, 4 und 5 dieses Abkom­mens zuwiderlaufenden Tatsachen und Handlungen und deren Meldung an die vor­gesetzten Behörden;
c. gemeinsame Abfassung einer jährlichen Aufstellung der für den Unterhalt oder die Ersetzung der Grenzsteine und anderen Grenzzeichen auszu­füh­ren­den Ar­beiten; diese Aufstellung muss insbesondere einen Kostenvoranschlag für die betreffenden Arbeiten enthalten;
d. nach Zustimmung der in Artikel 9 erwähnten Behörden, haben die ständigen Delegierten die ihrem Staate obliegenden oder von einem der beiden Staaten auf Rechnung des anderen vorzunehmenden Arbeiten ausführen zu lassen. Handelt es sich jedoch um dringliche Arbeiten, so können die ständigen Ver­­mar­kungsdelegierten von sich aus Massnahmen treffen;
e. jährliche Berichterstattung über die Durchführung der Arbeiten für den Unter­halt oder die Ersetzung der Grenzsteine und anderen Grenzzeichen; im Bericht sind die Kosten der ausgeführten Arbeiten anzugeben.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Verrichtungen sind in einem Protokoll festzu­halten, das in zwei Urschriften ausgefertigt und von den zuständigen Delegierten beider Staaten unterzeichnet wird; dieses Protokoll ist den in Artikel 9 erwähnten Beamten zuzustellen.
Art. 7 ⁴
Zum Zwecke der Durchführung von Artikel 6 dieses Abkommens wird die Grenze in zehn Abschnitte eingeteilt:
1. Grenze zwischen dem Kanton Basel-Stadt und dem Departement Hochrhein;
2. Grenze zwischen dem Kanton Basel-Land und dem Departement Hochrhein;
3. Grenze zwischen dem Kanton Solothurn und dem Departement Hochrhein;
4. Grenze zwischen dem Kanton Jura und dem Departement Hochrhein sowie dem Territorium von Belfort;
5. Grenze zwischen dem Kanton Jura und dem Departement Doubs;
6. Grenze zwischen dem Kanton Neuenburg und dem Departement Doubs;
7. Grenze zwischen dem Kanton Waadt und den Departementen Doubs, Jura und Ain;
8. Grenze zwischen dem Kanton Genf und dem Departement Ain;
9. Grenze zwischen dem Kanton Genf und dem Departement Hochsavoyen;
10. Grenze zwischen dem Kanton Wallis und dem Departement Hochsavoyen.
Ein ständiger Vermarkungsdelegierter jedes der beiden Staaten kann für mehrere Abschnitte zugleich zuständig sein.
⁴ Fassung gemäss Notenaustausch vom 30. Sept. /23. Okt. 1996 ( AS 1998 710 ).
Art. 8
Die ständigen Vermarkungsdelegierten sowie die von ihnen mit der Ausführung der Grenzunterhaltsarbeiten beauftragten Personen dürfen für die Durchführung dieses Abkommens die Grenze ungehindert überschreiten, sofern sie im Besitze einer von den zuständigen Behörden ihres Staates ausgestellten Urkunde sind, die ihre Identi­tät und ihre Stellung bescheinigt.
Die im vorstehenden Absatz erwähnten Personen dürfen ihre Werkzeuge und die für ihre Tätigkeit nötigen Gegenstände sowie die ihrer Beförderung und derjenigen des Materials dienenden Fahrzeuge frei von Zöllen und Abgaben mit sich führen, sofern die nicht verwendeten Werkzeuge und Materialien sowie die Fahrzeuge ins Gebiet des Herkunftsstaates zurückgebracht werden.

Kapitel III  Verfahrensregeln

Art. 9
Die für die Vermarkung zuständigen, den Zentralverwaltungen der beiden Staaten unterstehenden Beamten können im Hinblick auf die Durchführung dieses Abkom­mens unmittelbar miteinander verkehren, um deren reibungslose Abwicklung zu sichern und die Tätigkeit der ständigen Delegierten zu koordinieren. Sie kommen zu diesem Zwecke mindestens einmal jährlich zusammen, um
a. gemäss Artikel 6 c im gegenseitigen Einvernehmen und auf Grund der Berichte der ständigen Delegierten einen Plan für die Verteilung der von diesen Dele­gierten auszuführenden Arbeiten aufzustellen. Diese Verteilung hat so zu erfol­gen, dass die Ausgaben für die auf jeden der beiden Staaten entfallenden Ar­beiten möglichst gleich hoch sind. Indessen können, falls dies wirtschaftlicher ist, die Arbeiten zusammengefasst und von einem der beiden Staaten auf Rech­nung des anderen ausgeführt werden;
b. zu den Berichten der ständigen Delegierten über die gemäss Artikel 6 e ausge­führten Arbeiten Stellung zu nehmen und das Nötige für eine allfällige Ver­rechnung der Ausgaben zu veranlassen;
c. alle notwendigen Massnahmen zu treffen, damit die Grenzblätter und -pläne, welche die Unterlagen der Beschreibung und der Festsetzung des Grenzver­laufes bilden, unverzüglich erstellt und in zweckmässiger Weise laufend ergänzt werden.
Die beiden Regierungen geben sich gegenseitig die Namen der in Absatz 1 erwähn­ten Beamten bekannt sowie denjenigen des Beamten, dem die ständigen Delegierten die im letzten Absatz von Artikel 6 erwähnten Protokolle zuzustellen haben.
Über die Zusammenkünfte der in diesem Artikel erwähnten Beamten werden Proto­kolle aufgenommen, die jeweils in zwei Urschriften zuhanden der beiden Regierun­gen ausgefertigt werden.
Art. 10
Die beiden Regierungen teilen sich gegenseitig die Namen ihrer ständigen Vermar­kungsdelegierten mit, unter Angabe der Abschnitte, mit denen sie betraut sind. Sie geben sich auch die eingetretenen Änderungen bekannt.
Art. 11
Jede Regierung trägt die Kosten der Entschädigung ihrer ständigen Vermarkungs­delegierten. Die übrigen aus der Anwendung dieses Abkommens erwachsenden Kosten werden je zur Hälfte von jeder der beiden Regierungen getragen. Werden jedoch Vermarkungsarbeiten infolge der Ausführung konzessionspflichtiger Werke notwendig, so gehen die mit diesen Vermarkungsarbeiten verbundenen Kosten zu Lasten des konzessionierten Unternehmens.
Art. 12
Sofort nach Inkrafttreten dieses Abkommens wird eine gemischte Kommission bestellt. Sie besteht aus fünf schweizerischen und fünf französischen Delegierten. Sie wählt ihren Vorsitzenden abwechselnd aus der Mitte der schweizerischen und der französischen Delegierten.
Jede Delegation darf Sachverständige beiziehen.
Der gemischten Kommission wird jede sich aus der Anwendung der vorstehenden Bestimmungen ergebende Meinungsverschiedenheit unterbreitet. Sie schlägt den beiden Regierungen alle zu deren Regelung geeigneten Massnahmen vor.
Die gemischte Kommission tritt auf Verlangen der einen oder anderen der beiden Regierungen zusammen und hält ihre Tagungen abwechselnd in der Schweiz und in Frankreich ab.
Art. 13
Die beiden Regierungen können insbesondere auf Empfehlung der gemischten Kommission durch blossen Notenwechsel an diesem Abkommen Änderungen vor­nehmen, die auf Grund der gemachten Erfahrungen angezeigt scheinen.

Kapitel IV  Schlussbestimmungen

Art. 14
Massnahmen, die eine der beiden Vertragsparteien aus Gründen der nationalen Sicherheit, wegen Kriegszustandes, infolge Ausrufung des Belagerungszustandes oder des Notstandes oder im Zusammenhang mit einer Mobilmachung in einem der bei­den Staaten ergreift, bleiben ausdrücklich vorbehalten.
Art. 15
Jede der beiden Vertragsparteien notifiziert der anderen die erfolgte Durchführung der nach ihrer Verfassung für die Inkraftsetzung dieses Abkommens erforderlichen Verfahren; die Inkraftsetzung wird am Tage der letzten Notifikation wirksam.
Das Abkommen wird für fünf Jahre von seinem Inkrafttreten an abgeschlossen. Wird es nicht auf das Ende dieser Zeitspanne unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten gekündigt, so gilt es jeweils als stillschweigend zu den gleichen Bedingungen auf zwei Jahre erneuert.
Geschehen in Paris, am 10. März 1965, in zwei Urschriften in französischer Spra­che.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die
Regierung der Französischen Republik:

Bindschedler

F. Leduc

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