Abkommen
in Form eines Briefwechsels zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Mitgliedschaft der Schweiz im europäischen gemeinsamen Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie Abgeschlossen am 28. November 2007 Provisorisch angewendet seit dem 28. November 2007 Von der Bundesversammlung genehmigt am 20. März 2009¹ In Kraft getreten am 18. September 2009² (Stand am 18. September 2009) ¹ Art. 1 Abs. 1 Bst. a des BB vom 20. März 2009 ( AS 2009 5283 ). ² AS 2009 5287
Anlage zu Anhang I
Modalitäten für die Anwendung des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften in der Schweiz
1. Ausweitung der Anwendung auf die Schweiz
Alle Verweise auf die Mitgliedstaaten im Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend «Protokoll» genannt) sind so zu verstehen, dass auch die Schweiz einbezogen ist, sofern nicht in den nachstehenden Bestimmungen etwas anderes festgelegt ist.
2. Befreiung des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie («gemeinsames Unternehmen») von den indirekten Steuern (einschliesslich Mehrwertsteuer)
Aus der Schweiz ausgeführte Güter und Dienstleistungen unterliegen nicht der schweizerischen Mehrwertsteuer. Für Güter und Dienstleistungen, die dem europäischen gemeinsamen Unternehmen in der Schweiz für ihren Dienstbedarf geliefert werden, wird die Mehrwertsteuer gemäss Artikel 3 Absatz 2 des Protokolls erstattet. Eine Mehrwertsteuerbefreiung wird gewährt, wenn der tatsächliche Ankaufspreis der in der Rechnung oder einem gleichwertigen Dokument aufgeführten Güter und Dienstleistungen mindestens 100 Schweizer Franken (einschliesslich Steuern) beträgt.
Zur Erstattung der Mehrwertsteuer sind der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, die entsprechenden schweizerischen Formulare vorzulegen. Die Anträge werden grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Einreichung des Erstattungsantrags und Vorlage der erforderlichen Belege bearbeitet.
3. Modalitäten für die Anwendung der Bestimmungen in Bezug auf das Personal des europäischen gemeinsamen Unternehmens
In Bezug auf Artikel 13 Absatz 2 des Protokolls befreit die Schweiz nach den Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts die Beamten und sonstigen Bediensteten des gemeinsamen Unternehmens im Sinne von Artikel 2 der Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 549/69 des Rates vom 25. März 1969 (ABl. L 74 vom 27.3.1969, S. 1), die einer gemeinschaftsinternen Steuer zugunsten der Gemeinschaft unterliegen, von den Bundes-, Kanton- und Gemeindesteuern auf die von der Gemeinschaft gezahlten Gehälter, Löhne und anderen Bezüge.
Für die Zwecke der Anwendung von Artikel 14 des Protokolls gilt die Schweiz nicht als Mitgliedstaat im Sinne von Nummer 1.
Die Beamten und sonstigen Bediensteten des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER sowie ihre Familienangehörigen, die dem Sozialversicherungssystem für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft angeschlossen sind, sind nicht verpflichtet, sich am Sozialversicherungssystem der Schweiz zu beteiligen.
Für alle Fragen im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen dem gemeinsamen Unternehmen oder der Kommission und ihrem Personal hinsichtlich der Anwendung der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 (ABl. L 56 vom 4.3.1968, S. 1) und der übrigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zur Festlegung der Arbeitsbedingungen ist ausschliesslich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zuständig.
Anhang III
Finanzkontrolle der schweizerischen Teilnehmer an Tätigkeiten des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie
Art. 1 Direkte Verbindung
Das gemeinsame Unternehmen und die Kommission stehen in direkter Verbindung zu den in der Schweiz ansässigen Personen oder Einrichtungen, die an Tätigkeiten des gemeinsamen Unternehmens als Vertragnehmer, Teilnehmer an einem Programm des gemeinsamen Unternehmens, aus Mitteln des gemeinsamen Unternehmens oder der Gemeinschaft bezahlte Privatperson oder als Subunternehmer teilnehmen. Diese Personen können der Kommission und dem gemeinsamen Unternehmen direkt alle Informationen und einschlägigen Unterlagen übermitteln, die sie ihr gemäss den Rechtsakten, auf die sich dieses Abkommen bezieht, und den in Anwendung derselben geschlossenen Verträge oder Vereinbarungen und gefassten Beschlüsse zu liefern haben.
Art. 2 Prüfungen
1. Gemäss der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248 vom 16.9.2002, S.1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. L 390 vom 30.12.2006, S. 1), und der vom Verwaltungsrat des gemeinsamen Unternehmens am 22. Oktober 2007 verabschiedeten Haushaltsordnung, der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 478/2007 der Kommission vom 23. April 2007 (ABl. L 111 vom 23.4.2007, S. 13), sowie den übrigen Rechtsvorschriften, auf die sich dieses Abkommen bezieht, können die Verträge oder Vereinbarungen, die mit den in der Schweiz ansässigen Begünstigten geschlossen wurden, sowie die mit diesen gemeinsam gefassten Beschlüsse vorsehen, dass Bedienstete des gemeinsamen Unternehmens und der Kommission oder andere von dem gemeinsamen Unternehmen und der Kommission beauftragte Personen jederzeit wissenschaftliche, finanzielle, technische oder sonstige Prüfungen bei den Begünstigten oder ihren Subunternehmern durchführen können.
2. Die Bediensteten des gemeinsamen Unternehmens und der Kommission oder andere von dem gemeinsamen Unternehmen und der Kommission beauftragte Personen erhalten in angemessenem Umfang Zugang zu Einrichtungen, Arbeiten und Unterlagen und zu allen Informationen – auch in elektronischer Form –, die zur Durchführung solcher Prüfungen erforderlich sind. Dieses Zugangsrecht wird in den Verträgen oder Vereinbarungen ausdrücklich verankert, die in Anwendung der Rechtsakte, auf die sich dieses Abkommen bezieht, geschlossen werden.
3. Der Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaften verfügt über dieselben Rechte wie die Kommission.
4. Die Prüfungen können bis zu fünf Jahre nach Ablauf dieses Abkommens oder nach Massgabe der jeweiligen Verträge oder Vereinbarungen oder Beschlüsse stattfinden.
5. Die schweizerische Bundesfinanzkontrolle wird von den auf schweizerischem Hoheitsgebiet durchgeführten Prüfungen zuvor unterrichtet. Diese Unterrichtung ist keine rechtliche Voraussetzung für die Durchführung dieser Prüfungen.
Art. 3 Kontrollen an Ort und Stelle
1. Im Rahmen dieses Abkommens ist die Kommission (OLAF) berechtigt, auf schweizerischem Hoheitsgebiet Kontrollen an Ort und Stelle nach Massgabe der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 durchzuführen.
2. Die Kommission bereitet die an Ort und Stelle durchgeführten Kontrollen in enger Zusammenarbeit mit der schweizerischen Bundesfinanzkontrolle oder mit den anderen zuständigen, von der schweizerischen Bundesfinanzkontrolle bestimmten Behörden vor, die zu gegebener Zeit über den Gegenstand, den Zweck und die Rechtsgrundlage der Kontrollen unterrichtet werden, so dass sie die notwendige Unterstützung gewähren können. Zu diesem Zweck können die Bediensteten der zuständigen schweizerischen Behörden an den Kontrollen an Ort und Stelle teilnehmen.
3. Auf Wunsch der betreffenden schweizerischen Behörden werden die Kontrollen an Ort und Stelle gemeinsam von der Kommission und ihnen durchgeführt.
4. Sollten sich die Teilnehmer des Programms einer Kontrolle oder einer Überprüfung an Ort und Stelle widersetzen, leisten die schweizerischen Behörden den Kommissionskontrolleuren gemäss den innerstaatlichen Bestimmungen die notwendige Hilfe, damit diese ihre Kontrollaufgaben an Ort und Stelle durchführen können.
5. Die Kommission teilt der schweizerischen Bundesfinanzkontrolle so schnell wie möglich alle Fakten und jeden Verdacht im Zusammenhang mit einer Unregelmässigkeit mit, von der sie bei der Kontrolle an Ort und Stelle Kenntnis erhalten hat. Die Kommission hat die genannte Behörde in jedem Fall über das Ergebnis dieser Kontrollen zu unterrichten.
Art. 4 Information und Konsultation
1. Zur ordnungsgemässen Anwendung dieses Anhangs tauschen die zuständigen Behörden der Schweiz und der Gemeinschaft regelmässig Informationen aus und treten auf Wunsch einer der Vertragsparteien zu Konsultationen zusammen.
2. Die schweizerischen Behörden informieren das gemeinsame Unternehmen und die Kommission unverzüglich über alle Umstände, von denen sie Kenntnis erhalten haben und die eine Unregelmässigkeit im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung der Verträge oder Vereinbarungen vermuten lassen, die in Anwendung der Rechtsakte geschlossen wurden, auf die sich dieses Abkommen bezieht.
Art. 5 Vertraulichkeit
Die aufgrund dieses Anhangs übermittelten oder erhaltenen Informationen unterliegen, unabhängig von ihrer Form, dem Amtsgeheimnis und geniessen den Schutz, der vergleichbaren Informationen nach schweizerischem Recht und nach den entsprechenden Vorschriften für die Organe der Gemeinschaft zukommt. Diese Informationen dürfen nur an Personen weitergegeben werden, die in den Gemeinschaftsorganen, den Mitgliedstaaten oder der Schweiz aufgrund ihrer amtlichen Eigenschaft davon Kenntnis erhalten dürfen, und zu keinem anderen Zweck als zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der finanziellen Interessen der Vertragsparteien verwendet werden.
Art. 6 Administrative Massnahmen und Sanktionen
Unbeschadet der Anwendung des schweizerischen Strafrechts können das gemeinsame Unternehmen oder die Kommission gemäss den Verordnungen (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 vom 25. Juni 2002 und Nr. 2342/2002 vom 23. Dezember 2002 sowie der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften zu administrativen Massnahmen und Sanktionen greifen.
Art. 7 Einforderung und Vollstreckung
Die Entscheidungen, welche das gemeinsame Unternehmen oder die Kommission innerhalb des Geltungsbereichs dieses Abkommens treffen und die eine Zahlung auferlegen, sind in der Schweiz vollstreckbare Titel; dies gilt nicht gegenüber Staaten.
Die Vollstreckungsklausel wird nach einer Prüfung, die sich lediglich auf die Echtheit des Titels erstrecken darf, von der Behörde erteilt, welche die schweizerische Regierung zu diesem Zweck bestimmt und dem gemeinsamen Unternehmen oder der Kommission benennt. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach den Vorschriften des schweizerischen Prozessrechts. Die Rechtmässigkeit der Entscheidung, die den vollstreckbaren Titel darstellt, unterliegt der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften.
Die Urteile, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aufgrund einer Schiedsklausel fällt, sind unter den gleichen Bedingungen vollstreckbare Titel.
Feedback