Gemeinsames Protokoll über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser... (0.732.441)
    CH - Schweizer Bundesrecht

    Gemeinsames Protokoll über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser Übereinkommens

    Abgeschlossen in Wien am 21. September 1988¹ Von der Bundesversammlung genehmigt am 13. Juni 2008² Ratifikationsurkunde von der Schweiz hinterlegt am 7. Januar 2022 In Kraft getreten für die Schweiz am 7. April 2022 (Stand am 7. April 2022) ¹ Anlässlich der Konferenz über die Beziehung zwischen dem Pariser Übereinkommen und dem Wiener Übereinkommen am Sitz der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien am 21. September 1988. ² Art. 1 Abs. 1 Bst. c des BB vom 13. Juni 2008 ( AS 2022 42 )
    Übersetzung
    Die Vertragsparteien
    eingedenk des Wiener Übereinkommens vom 21. Mai 1963³ über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schäden;
    eingedenk des Pariser Übereinkommens vom 29. Juli 1960⁴ über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der durch das Zusatzprotokoll vom 28. Januar 1964 und das Protokoll vom 16. November 1982 geänderten Fassung;
    in der Erwägung, dass das Wiener Übereinkommen und das Pariser Übereinkommen inhaltlich ähnlich sind und zur Zeit kein Staat Vertragspartei beider Übereinkommen ist;
    überzeugt, dass die Zugehörigkeit von Vertragsparteien des einen Übereinkommens zu dem anderen Übereinkommen zu Schwierigkeiten führen könnte, die sich aus der gleichzeitigen Anwendung beider Übereinkommen auf ein nukleares Ereignis ergeben;
    in dem Wunsch, zwischen dem Wiener Übereinkommen und dem Pariser Übereinkommen durch wechselseitige Ausdehnung der Vorteile der in den jeweiligen Übereinkommen festgelegten Sonderregelung der zivilrechtlichen Haftung für nukleare Schäden eine Verbindung herzustellen und Konflikte aufgrund der gleichzeitigen Anwendung beider Übereinkommen auf ein nukleares Ereignis zu beseitigen,
    sind wie folgt übereingekommen:
    ³ Nicht veröffentlicht in der AS. ⁴ SR 0.732.44
    Art. I
    In diesem Protokoll bedeutet:
    a) «Wiener Übereinkommen» das Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schäden sowie jede für eine Vertragspartei des Protokolls in Kraft befindliche Änderung des Übereinkommens;
    b) «Pariser Übereinkommen» das Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie sowie jede für eine Vertragspartei des Protokolls in Kraft befindliche Änderung des Übereinkommens.
    Art. II
    Im Sinne dieses Protokolls
    a) haftet der Inhaber einer im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei des Wiener Übereinkommens gelegenen Kernanlage nach diesem Übereinkommen für nukleare Schäden, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei sowohl des Pariser Übereinkommens als auch des Protokolls entstanden sind;
    b) haftet der Inhaber einer im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei des Pariser Übereinkommens gelegenen Kernanlage nach diesem Übereinkommen für nukleare Schäden, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei sowohl des Wiener Übereinkommens als auch des Protokolls entstanden sind.
    Art. III
    (1)  Auf ein nukleares Ereignis findet entweder das Wiener Übereinkommen oder das Pariser Übereinkommen unter Ausschluss des jeweils anderen Übereinkommens Anwendung.
    (2)  Tritt in einer Kernanlage ein nukleares Ereignis ein, so ist das Übereinkommen anwendbar, dessen Vertragspartei der Staat ist, in dessen Hoheitsgebiet die betreffende Anlage gelegen ist.
    (3)  Tritt ausserhalb einer Kernanlage im Verlauf einer Beförderung von Kernmaterialien ein nukleares Ereignis ein, so ist das Übereinkommen anwendbar, dessen Vertragspartei, der Staat ist, in dessen Hoheitsgebiet die Kernanlage, deren Inhaber entweder nach Artikel II Absatz 1 Buchstabe b und c des Wiener Übereinkommens oder nach Artikel 4 Buchstabe a und b des Pariser Übereinkommens haftet, gelegen ist.
    Art. IV
    (1)  Die Artikel I bis XV des Wiener Übereinkommens finden auf die Vertragsparteien dieses Protokolls, die Vertragsparteien des Pariser Übereinkommens sind, in gleicher Weise Anwendung wie zwischen den Vertragsparteien des Wiener Übereinkommens.
    (2)  Die Artikel 1 bis 14 des Pariser Übereinkommens finden, auf die Vertragsparteien dieses Protokolls, die Vertragsparteien des Wiener Übereinkommens sind, in gleicher Weise Anwendung wie zwischen den Vertragsparteien des Pariser Übereinkommens.
    Art. V
    Dieses Protokoll liegt vom 21. September 1988 bis zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens für alle Staaten, die entweder das Wiener Übereinkommen oder das Pariser Übereinkommen unterzeichnet oder ratifiziert haben oder einem der beiden Übereinkommen beigetreten sind, am Sitz der Internationalen Atomenergie-Organisation zur Unterzeichnung auf.
    Art. VI
    (1)  Dieses Protokoll bedarf der Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder des Beitritts. Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden nur von Staaten angenommen, die Vertragsparteien des Wiener Übereinkommens oder des Pariser Übereinkommens sind. Jeder dieser Staaten, der das Protokoll nicht unterzeichnet hat, kann ihm beitreten.
    (2)  Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden werden beim Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation hinterlegt, der hiermit zum Verwahrer⁵ dieses Protokolls bestimmt wird.
    ⁵ Republik Österreich und Schweizerische Eidgenossenschaft: Depositar
    Art. VII
    (1)  Dieses Protokoll tritt drei Monate nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden von mindestens fünf Staaten die Vertragsparteien des Wiener Übereinkommens sind, und fünf Staaten, die Vertragsparteien des Pariser Übereinkommens sind, in Kraft. Für jeden Staat, der nach Hinterlegung der genannten Urkunden das Protokoll ratifiziert, annimmt, genehmigt oder ihm beitritt, tritt es drei Monate nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
    (2)  Dieses Protokoll bleibt so lange in Kraft, wie sowohl das Wiener Übereinkommen als auch das Pariser Übereinkommen in Kraft sind.
    Art. VIII
    (1)  Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll durch schriftliche Notifikation an den Verwahrer⁶ kündigen.
    (2)  Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Notifikation beim Verwahrer⁷ wirksam.
    ⁶ Republik Österreich und Schweizerische Eidgenossenschaft: Depositar
    ⁷ Republik Österreich und Schweizerische Eidgenossenschaft: Depositar
    Art. IX
    (1)  Jede Vertragspartei, die aufhört, Vertragspartei des Wiener Übereinkommens oder des Pariser Übereinkommens zu sein, notifiziert dem Verwahrer⁸, dass sie die Anwendung des jeweiligen Übereinkommens für sich beendet, und den Zeitpunkt, zu dem diese Beendigung wirksam wird.
    (2)  Dieses Protokoll tritt für eine Vertragspartei, welche die Anwendung des Wiener Übereinkommens oder des Pariser Übereinkommens beendet hat, zu dem Zeitpunkt ausser Kraft, zu dem diese Beendigung wirksam wird.
    ⁸ Republik Österreich und Schweizerische Eidgenossenschaft: Depositar
    Art. X
    Der Verwahrer⁹ notifiziert den Vertragsparteien und den zu der Konferenz über das Verhältnis zwischen dem Pariser Übereinkommen und dem Wiener Übereinkommen eingeladenen Staaten sowie dem Generalsekretär der Organisation für Wirtschaft­liche Zusammenarbeit und Entwicklung umgehend
    a) jede Unterzeichnung dieses Protokolls;
    b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde zu dem Protokoll;
    c) das Inkrafttreten des Protokolls;
    d) jede Kündigung;
    e) jede nach Artikel IX eingegangene Information.
    ⁹ Republik Österreich und Schweizerische Eidgenossenschaft: Depositar
    Art. XI
    Die Urschrift dieses Protokolls, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, wird beim Verwahrer hinterlegt; dieser übermittelt den Vertragsparteien und den zu der Konferenz über das Verhältnis zwischen dem Pariser Übereinkommen und dem Wiener Übereinkommen eingeladenen Staaten sowie dem Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beglaubigte Abschriften.

    Unterschriften

    Zu Urkund dessen haben die hierzu von ihren Regierungen gehörig befugten Unterzeichneten dieses Gemeinsame Protokoll unterschrieben.
    Geschehen zu Wien am 21. September 1988.
    (Es folgen die Unterschriften)

    Geltungsbereich am 25. Januar 2022 ¹⁰

    ¹⁰ Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereichs ist auf der Publikationsplattform des Bundesrechts «Fedlex» unter folgender Adresse veröffentlicht: www.fedlex.admin.ch/de/treaty.

    Vertragsstaaten

    Ratifikation
    Beitritt (B)

    Inkrafttreten

    Ägypten a

    10. August

    1989

    27. April

    1992

    Benin a

    18. September

    2019 B

    18. Dezember

    2019

    Bulgarien a

    24. August

    1994 B

    24. November

    1994

    Chile a

    23. November

    1989

    27. April

    1992

    Deutschland b

    13. Juni

    2001

    13. September

    2001

    Dänemark b c

    26. Mai

    1989

    27. April

    1992

    Estland a

      9. Mai

    1994 B

      9. August

    1994

    Finnland b

      3. Oktober

    1994

      3. Januar

    1995

    Frankreich* b

    30. April

    2014

    30. Juli

    2014

    Ghana a

    30. Juli

    2020 B

    30. Oktober

    2020

    Griechenland b

    16. Mai

    2001

    16. August

    2001

    Italien b

    31. Juli

    1991

    27. April

    1992

    Kamerun a

    28. Oktober

    1991

    27. April

    1992

    Kroatien a

    10. Mai

    1994 B

    10. August

    1994

    Lettland a

    15. März

    1995 B

    15. Juni

    1995

    Litauen a

    20. September

    1993 B

    20. Dezember

    1993

    Montenegro a

    14. Februar

    2019 B

    14. Mai

    2019

    Niederlande b d

      1. August

    1991

    27. April

    1992

    Norwegen b

    11. März

    1991

    27. April

    1992

    Polen a

    23. Januar

    1990 B

    27. April

    1992

    Rumänien a

    29. Dezember

    1992 B

    29. März

    1993

    Schweden b

    27. Januar

    1992

    27. April

    1992

    Schweiz* b

      7. Januar

    2022

      7. April

    2022

    Slowakei a

      7. März

    1995 B

      7. Juni

    1995

    Slowenien b

    27. Januar

    1995 B

    27. April

    1995

    St. Vincent und die Grenadinen a

    18. September

    2001 B

    18. Dezember

    2001

    Tschechische Republik a

    24. März

    1994 B

    24. Juni

    1994

    Türkei b

    26. März

    2007

    26. Juni

    2007

    Ukraine a

    24. März

    2000 B

    24. Juni

    2000

    Ungarn a

    26. März

    1990

    27. April

    1992

    Uruguay a

    28. Juli

    2009 B

    28. Oktober

    2009

    Vereinigte Arabische Emirate a

    29. August

    2012 B

    29. November

    2012

    * Vorbehalte und Erklärungen.
    Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme jener der Schweiz. Die englischen Texte können auf der Internetseite der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA): www.iaea.org/ > Resources > Treaties eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.
    a
    Dieser Staat ist Vertragspartei des Wiener Übereinkommens vom 21. Mai 1963 über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schäden.
    b
    Dieser Staat ist Vertragspartei des Übereinkommens vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 1964, des Protokolls vom 16. November 1982 und des Protokolls vom 12. Februar 2004.
    c
    Das Protokoll gilt nicht für die Färöer.
    d
    Für das Königreich in Europa.

    Schweiz

    Vorbehalt
    Die Schweiz hat bei der Ratifikation folgenden Vorbehalt angebracht:
    Die Schweizerische Eidgenossenschaft behält sich das Recht vor, bei einem nuklearen Ereignis auf ihrem Hoheitsgebiet, bei dem der Inhaber einer schweizerischen Kernanlage haftet, vorzusehen, dass der Inhaber für nukleare Schäden im Ausland bis zum Betrag haftet, den die nationale Gesetzgebung des betroffenen Staates im Zeitpunkt des nuklearen Ereignisses im Verhältnis zur Schweiz vorsieht, für Staaten, die eine betragsmässig begrenzte Haftung des Inhabers vorsehen, und die Vertragsstaaten des Wiener Übereinkommens und des gemeinsamen Protokolls sind.
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