Verordnung über die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel (531.215.32)
    CH - Schweizer Bundesrecht

    Verordnung über die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel

    vom 12. August 2015 (Stand am 1. September 2023)
    Der Schweizerische Bundesrat,
    gestützt auf Artikel 57 Absatz 1 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 2016¹,²
    verordnet:
    ¹ SR 537 ² Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 10. Mai 2017, in Kraft seit 1. Juni 2017 ( AS 2017 3179 ).
    Art. 1 Grundsätze
    ¹ Zur Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Humanarzneimitteln führt der Fachbereich Heilmittel³ der Organisation wirtschaftliche Landesver­sorgung eine Meldestelle.
    ² Als lebenswichtig gelten vom Schweizerischen Heilmittelinstitut zugelassene Humanarzneimittel:
    a. die nicht oder nur eingeschränkt ersetzbar sind; und
    b. deren Fehlen über längere Zeit gravierende gesundheitliche Folgen hätte.
    ³ Die Meldestelle arbeitet mit den Gesundheitsbehörden des Bundes und der Kan­tone zusammen.
    ³ Ausdruck gemäss Ziff. I 1 der V vom 10. Mai 2017, in Kraft seit 1. Juni 2017 ( AS 2017 3179 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
    Art. 2 Aufgaben der Meldestelle
    ¹ Die Meldestelle nimmt folgende Aufgaben wahr:
    a. Sie führt ein Datenbearbeitungssystem über zu meldende Versorgungsengpässe und Lieferunterbrüche von lebenswichtigen Humanarzneimitteln.
    b. Sie nimmt die Meldungen der Meldepflichtigen entgegen und bearbeitet sie.
    c. Sie wertet die Daten aus und erstattet dem Bundesrat regelmässig Bericht.
    d. Sie informiert die Gesundheitsbehörden der Kantone und des Bundes sowie die folgenden Leistungserbringer nach Artikel 35 Absatz 2 des Bundes­gesetzes vom 18. März 1994⁴ über die Krankenversicherung: 1. Ärzte und Ärztinnen,
    2. Apotheker und Apothekerinnen,
    3. Hebammen,
    4. Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen, und Organisationen, die solche Personen beschäftigen,
    5. Spitäler,
    6. Geburtshäuser,
    7. Pflegeheime,
    8. Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen.
    e. Sie kann Versorgungsengpässe und Lieferunterbrüche untersuchen.
    ² Der Fachbereich Heilmittel analysiert die eingegangenen Meldungen zu Versorgungsengpässen und Lieferunterbrüchen.
    ³ Er unterstützt die Gesundheitsbehörden der Kantone und des Bundes sowie die betroffenen Leistungserbringer, indem er:
    a. sie über alternative Wirkstoffe und Ersatzmöglichkeiten informiert;
    b. Empfehlungen abgibt: 1. zur Beschränkung des Einsatzes von Humanarzneimitteln bei bestimmten Indikationen oder für bestimmte Patientenpopulationen,
    2. zur Einfuhr von Humanarzneimitteln, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, aus einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle.
    ⁴ Er unterstützt das Schweizerische Heilmittelinstitut, indem er Empfehlungen zur Genehmigung von Gesuchen der Zulassungsinhaberinnen um befristetes Inverkehrbringen identischer Humanarzneimittel in ausländischer Aufmachung abgibt.
    ⁵ Er kann zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den Absätzen 2–4 Fachausschüsse bilden.
    ⁴ SR 832.10
    Art. 3 Meldepflicht
    ¹ Meldepflichtig sind Zulassungsinhaberinnen, die Humanarzneimittel in Verkehr bringen, die einen im Anhang aufgeführten Wirkstoff enthalten.
    ² Der Meldestelle ist Folgendes zu melden:
    a. Versorgungsengpässe oder Lieferunterbrüche für eine bestimmte Dosierungsstärke einer Darreichungsform, die voraussichtlich mehr als vierzehn Tage dauern;
    b. voraussehbare Versorgungsengpässe oder geplante Lieferunterbrüche für eine bestimmte Dosierungsstärke einer Darreichungsform, die mehr als vierzehn Tage dauern.
    ³ Mit der Meldung eines Versorgungsengpasses oder Lieferunterbruchs ist auch mitzuteilen, wann die betroffenen Dosierungsstärken wieder lieferbar sind oder voraussichtlich wieder lieferbar sein werden.
    ⁴ Nicht zu melden sind Versorgungsengpässe oder Lieferunterbrüche, wenn lediglich die Packungsgrösse einer bestimmten Darreichungsform betroffen ist und diese durch eine andere Packungsgrösse ersetzt werden kann.
    ⁵ Die Meldungen müssen innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Kenntnis des Versorgungsengpasses oder Lieferunterbruchs erfolgen.
    ⁶ Stellen die Kantone, Spitäler, Ärzte und Ärztinnen, Apotheker und Apothekerinnen oder Grosshändler einen Versorgungsengpass oder Lieferunterbruch fest, so können sie die Meldestelle darüber informieren. Die betroffene Zulassungsinhaberin muss den Versorgungsengpass oder Lieferunterbruch vorgängig bestätigen.
    Art. 4 Inhalt und Form der Meldung
    ¹ Die Meldungen müssen die für die Beurteilung des Engpasses erforderlichen Informationen enthalten.
    ² Gemeldet werden müssen insbesondere:
    a. Name und Adresse des oder der Meldepflichtigen nach Artikel 3 Absatz 1 sowie die Ansprechperson;
    b. die Zulassungsnummer und die weltweit geltende Handelsnummer (Global Trade Item Number, GTIN) des Humanarzneimittels;
    c. die genaue Bezeichnung des Humanarzneimittels, einschliesslich Wirkstoff, galenische Form, Dosierung und Packungsgrösse;
    d. eine möglichst genaue Beschreibung des Sachverhalts, einschliesslich Ursachen, betroffene Stellen im In- und Ausland, aktuelle Lagerbestände und erwartete Absätze;
    e. die Angabe, ob eine gleichwertige Alternative im In- oder Ausland vorhanden ist;
    f. der Beginn, die voraussichtliche Dauer und das wahrscheinliche Ausmass des Versorgungsengpasses oder Lieferunterbruchs;
    g. eine vollständige Beschreibung der von der jeweiligen Zulassungsinhaberin getroffenen und geplanten Massnahmen.
    ³ Es ist das von der Meldestelle zur Verfügung gestellte Meldeformular zu verwenden.
    Art. 5 Zugriff auf das Datenbearbeitungssystem
    Zugriff im Abrufverfahren auf das Datenbearbeitungssystem der Meldestelle haben:
    a. die Organe des Bereichs Heilmittel;
    b. der Datenschutzberater oder die Datenschutzberaterin des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung zur Erfüllung seiner beziehungsweise ihrer Kontrollfunktion;
    c. die für den Betrieb und den Unterhalt des Systems zuständigen Personen.
    Art. 6 Weitergabe von Daten
    ¹ Die Weitergabe von Daten ist nicht zulässig; die Absätze 2 und 3 bleiben vorbehalten.
    ² Die Meldestelle kann Daten an eine Gesundheitsbehörde der Kantone oder des Bundes weiterleiten, wenn diese die Daten für die Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags benötigt.
    ³ Sie kann Daten an Dritte weiterleiten, wenn die Daten ausschliesslich zu wissenschaft­lichen Zwecken verwendet werden.
    ⁴ Sie anonymisiert die Daten vor der Weiterleitung an Dritte und stellt sicher, dass die Daten keine Rückschlüsse auf ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis ermöglichen.
    Art. 7 Aufbewahrungsdauer und Vernichtung der Daten
    Die im Datenbearbeitungssystem erfassten Daten werden ab dem Zeitpunkt der Erfassung während mindestens zehn Jahren aufbewahrt. Die Einträge werden spätestens 15 Jahre nach der Erfassung einzeln vernichtet.
    Art. 8 Datensicherheit
    ¹ Der Fachbereich Heilmittel regelt in einem Datenbearbeitungsreglement die organisatorischen und technischen Massnahmen, die nötig sind, um die unbefugte Bearbeitung der Daten zu verhindern und die automatische Protokollierung der Datenbearbeitung sicherzustellen.
    ² Im Übrigen gelten:
    a.⁵
    die Datenschutzverordnung vom 31. August 2022⁶;
    b. die Cyberrisikenverordnung vom 27. Mai 2020⁷.⁸
    ⁵ Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. II 67 der Datenschutzverordnung vom 31. Aug. 2022, in Kraft seit 1. Sept. 2023 ( AS 2022 568 ).
    ⁶ SR 235.11
    ⁷ SR 120.73
    ⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 29 der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 ( AS 2021 132 ).
    Art. 9 Finanzierung
    Der Bund finanziert die Meldestelle.
    Art. 10 Vollzug
    ¹ Der Fachbereich Heilmittel vollzieht diese Verordnung.
    ² Der Koordinierte Sanitätsdienst betreibt das Datenbearbeitungssystem und sorgt für dessen Unterhalt. Das Datenbearbeitungssystem ist Teil des Informations- und Einsatzsystems des Koordinierten Sanitätsdienstes. Der Fachbereich Heilmittel erlässt ein Bearbeitungsreglement sowie Weisungen über die Überwachung des Daten­bearbeitungssystems.
    Art. 11 Änderung des Anhangs
    Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung kann den Anhang nach Anhörung der Kantone, der beteiligten Wirtschaftskreise und der Gesundheitsinstitutionen ändern.
    Art. 12 Inkrafttreten
    Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 2015 in Kraft.

    Anhang ⁹

    ⁹ Fassung gemäss Ziff. I der V des WBF vom 4. Dez. 2019, in Kraft seit 15. Jan. 2020 ( AS 2019 4763 ).
    (Art. 3 Abs. 1)

    Wirkstoffliste

    ATC-Code¹⁰

    Wirkstoff

    Bemerkung

    A07A

    Intestinale Antiinfektiva

    A09AA02

    Multienzyme (Lipase, Protease etc.)

    A10A

    Insuline und Analoga

    A12CC02

    Magnesiumsulfat

    parenterale Formen

    B02BD

    Blutgerinnungsfaktoren

    B02AA02

    Tranexamsäure

    parenterale Formen

    C01CA02

    Isoprenalin

    C01CA24

    Adrenalin

    C07AB02

    Metoprolol

    parenterale Formen

    C07AG01

    Labetalol

    G02AD05

    Sulproston

    H01AA02

    Tetracosactid

    H01BA02

    Desmopressin

    parenterale Formen

    H01BB02

    Oxytocin

    parenterale Formen

    H01BB03

    Carbetocin

    J01

    Antibiotika zur systemischen Anwendung

    ohne J01Z

    J02

    Antimykotika zur systemischen Anwendung

    J04A

    Mittel zur Behandlung
    der Tuberkulose

    J05AB06

    Ganciclovir

    J05AB14

    Valganciclovir

    J05AD01

    Foscarnet

    J05AH02

    Oseltamivir

    J06BA01

    Humane Immunglobuline, unspezifisch,
    extravaskulär

    J06BA02

    Humane Immunglobuline, unspezifisch,
    intravaskulär

    J06BB01

    Anti-D-Immunglobulin

    J06BB02

    Tetanus-Immunglobulin

    J06BB03

    Varizella/Zoster Immunglobulin

    J06BB04

    Hepatitis B-Immunglobulin

    ATC-Code

    Wirkstoff

    Bemerkung

    J06BB05

    Tollwut-Immunglobulin

    J07

    Impfstoffe

    L01AA02

    Chlorambucil

    L01AA03

    Melphalan

    L01AX04

    Dacarbazin

    L01BA01

    Methotrexat

    L01BB02

    Mercaptopurin

    L01BB03

    Tioguanin

    L01BB05

    Fludarabin

    L01BC01

    Cytarabin

    L01BC05

    Gemcitabin

    L01DB01

    Doxorubicin

    L01DB03

    Epirubicin

    L01DB07

    Mitoxantron

    L01DC01

    Bleomycin

    L01XA01

    Cisplatin

    L01XA02

    Carboplatin

    L01XX01

    Amsacrin

    L01XX19

    Irinotecan

    L04AA04

    Antithymocytäres Immunglobulin (Kaninchen)

    L04AA13

    Leflunomid

    L04AC02

    Basiliximab

    L04AB06

    Golimumab

    L04AX01

    Azathioprin

    perorale Formen

    M03AB01

    Suxamethonium

    M03AC09

    Rocuronium

    M03CA01

    Dantrolen

    N01AB07

    Desfluran

    N01AF03

    Thiopental

    N01AH

    Opioidanästhetika

    parenterale Formen

    N01AX03

    Ketamin

    N01AX10

    Propofol

    N01BB02

    Lidocain

    parenterale Formen

    N01BB03

    Mepivacain

    N01BB04

    Prilocain

    N02AA01

    Morphin

    N02AA03

    Hydromorphon

    N02AA05

    Oxycodon

    N02AA55

    Oxycodon und Naloxon

    N02AB02

    Pethidin

    N02AB03

    Fentanyl

    N03AX18

    Lacosamid

    N05BA01

    Diazepam

    parenterale Formen
    und Tropfen

    N05BA06

    Lorazepam

    parenterale Formen

    N07BC02

    Methadon

    R03CC02

    Salbutamol

    parenterale Formen

    R03CC05

    Hexoprenalin

    S01AD03

    Aciclovir

    Augensalbe

    S01JA01

    Fluorescein

    Augentropfen

    V03AB14

    Protamin

    V03AB35

    Sugammadex

    V03AF03

    Calciumfolinat/Folinsäure

    V03AE02

    Sevelamer

    V03AE03

    Lanthan III-carbonat

    V03AE05

    Eisen(III)-oxidhydroxid

    Saccharose-Stärke-Komplex

    V03AE07

    Calciumacetat

    V08AA

    Wasserlösliche nephrotrope hochosmolare Röntgenkontrastmittel

    V08AB

    Wasserlösliche nephrotrope niederosmolare Röntgenkontrastmittel

    V08BA

    Bariumhaltige Röntgenkontrastmittel

    V08CA

    Paramagnetische Kontrastmittel

    V08DA

    Ultraschallkontrastmittel

    ¹⁰ Der ATC-Code (Code des Wirkstoffs im «Anatomical Therapeutic Chemical Classification System») kann in der offiziellen englischen Fassung auf der Website des «Collaborating Centre for Drug Statistics Methodology» der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter folgender Adresse abgerufen werden: www.whocc.no > ATC/DDD Index. Die Zuteilung der Produkte folgt der ATC-Einteilung des Schweizerischen Heilmittelinstituts.
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