Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
1 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
181.411
1. 7. 05 - 49 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer (vom 27. Mai 2004)
1 Die Konkordatskonferenz, gestützt auf Art. 5 lit. b und Art.
9 des Konkordats be treffend die gemein same Ausbildung der evangelisch-r eformierten Pfarrerinnen und Pfar rer und ihre Zulassung zum Kirc hendienst vom 28. November 2002
2 , beschliesst: I. Grundsätzliches
§ 1.
Die Ausbildung hat in ihrer Gesamtheit zum Ziel, a) für den Auftrag der Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi zu befähigen, b) für den Dienst an unterschiedlic hen Orten der gegenwärtigen Kirche vorzubereiten, c) theoretische Kenntnisse und prakti sche Fähigkeiten zu vermitteln, um christliche Inhalte theolo gisch fachkundig und verantwortungs bewusst in reformatorischem Ge ist und ökumenischer Perspektive in den gesellschaftliche n Diskurs einzubringen, d) den Reichtum evangel ischer Glaubensformen für die Entwicklung der eigenen Spiritualität fruchtbar zu machen.
§ 2.
Die Ausbildung zur Pfarrerin bzw. zum Pfarrer einer Konkor datskirche umfasst einen universit ären und einen kirchlichen Teil. Diese bilden zusammen eine didaktische Einheit.
§ 3.
Die universitäre Au sbildung umfasst Bachelor- und Master- Studium in den Hauptdisziplinen de r Theologie (Bibelwissenschaften, Historische Theologie, Systematis che Theologie und Praktische Theo logie) sowie Studien in für die Theo logie relevanten anderen Bereichen. Die theologischen Master-Abschlü sse der theologischen Fakultäten der Universitäten Basel und Zürich bilden den Referenzpunkt für die Feststellung der Gleichwertigkeit von Studienabschlüssen an anderen Hochschulen.
2
181.411 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
§ 4.
Die kirchliche Ausbildung umfasst a) das Mentorat (MT), b) die Entwicklungso rientierte Eignung sabklärung (EA), c) das Ekklesiologisch-Praktische Semester (EPS), d) das Lernvikariat (LV), e) die Weiterbildung in den ersten Amtsjahren (WEA). II. Die Ausbildungskommission
§ 5.
Zusammensetzung und Aufgaben der Ausbildungskommission richten sich nach Art. 9 des Konkordats
2 . Die Ausbildungskommiss ion konstituiert sich selbst und ist be
- schlussfähig, wenn die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist. Die Präsidentin /der Präsident stimmt mit. Bei Stimmengleichheit gilt der
- jenige Antrag als angenommen, für den die Präsidentin/der Präsident gestimmt hat. Jedes Mitglied ist zur Stimmabgabe verpflichtet. Über die Sitzungen der Ausbildung skommission wird ein Protokoll geführt. Eine Beauftrag te/ein Beauftragter der Arbeitsstelle für die kirchliche Ausbildung f ührt das Sekretariat.
§ 6.
Der Ausbildungskommission obliegen über die Aufgaben gemäss Art. 9 Abs. 3 des Konkordats
2 hinaus im Besonderen: a) die Umsetzung der Ausbildungsordnung, b) die Kontrolle über die Einhaltung der Zulassungsbedingungen zur kirchlichen Ausbildung, c) die Evaluierung und Weiterentwic klung der Ausbildung unter dem Gesichtspunkt der didaktischen Einheit des universitären und kirchlichen Teils, d) die Festlegung der Qualifikation der Pfarrerinnen und Pfarrer, die im Bereich der Ausbildung tätig sind, e) die Zusammenarbeit mit den th eologischen Fakultäten Basel und Zürich in Bezug auf die Ausbildun gsinhalte und ihre Ansetzung im Lauf des Studiums und im Rahm en der kirchlichen Ausbildung (insbesondere im Bereich de r Praktischen Theologie).
§ 7.
Die Ausbildungskommission ka nn der Konkordatskonferenz zusätzliche Ausbildungselemente gemä ss Art. 9 Abs. 3 lit. b des Kon
- kordats
2 beantragen.
§ 8.
Die Ausbildungskommission er stattet der Konkordatskonfe
- renz jährlich Bericht über ihre Tätigkeit.
3 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
181.411
1. 7. 05 - 49 III. Das Mentorat (MT)
§ 9.
Die Konkordatskirchen bestim men geeignete Pfarrerinnen und Pfarrer als Mentorinnen und Me ntoren. Die Studierenden können aus diesen eine ihnen entsprechende Person au swählen. Mentorinnen und Mentoren beraten die Stud ierenden während des Studiums und begleiten sie zu den Exploratione n der Kommission zur Entwicklungs orientierten Eignungsabklärung (KEA).
§ 10.
Inhalte und Ablauf des Mentorats sind in der Verordnung für die Entwicklung sorientierte Eignungsabklärung und das Mentorat geregelt. IV. Die Entwicklungsorientier te Eignungsabklärung (EA)
§ 11.
Ziel der EA ist die Förderun g der emotionalen, sozialen und kommunikativen Entwicklung, di e für den Pfarrberuf notwendig ist. Die Verordnung für die Entwicklun gsorientierte Eignungsabklärung regelt die Organisation der entsprechenden Kommission KEA.
§ 12.
Die ersten zwei Exploratio nen haben fördernden Charak ter. Es können Anregungen, Empfeh lungen oder Auflagen gemacht werden. Die dritte Exploration en tscheidet über die Zulassung oder Nichtzulassung zum Lernvikariat. Das Ergebnis der vierten Explorat ion ist massgebe nd für die Zulas sung zur praktischen Prüfung. Sie hat den Charakter einer abschlies senden Beurteilung der Eignung für den Pfarrdienst ge mäss Art. 18 Abs. 1 lit. a des Konkordats
2 . Das Ergebnis der vier ten Exploration wird der Prüfungskommis sion und der zuständigen Konkordatskirc he in Form einer Empfehlung zur Zulassung oder Nichtzulassung zu r praktischen Prüfung mitgeteilt. V. Das Ekklesiologisch-Pr aktische Semester (EPS)
§ 13.
Ziel des EPS ist es, durch akti ve Mitarbeit in verschiedenen Bereichen von Kirche und Gesell schaft Grundfragen des Lebens und Glaubens zu erkennen. Auf diesem Hintergrund und im Blick auf den Auftrag der Kirche werden theologisch-hermeneutisches Reflektieren eingeübt und erste Erfahrungen in eigener kirchlicher Tätigkeit ge sammelt.
4
181.411 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer Das EPS soll nach Möglichkei t zwischen dem Abschluss des Bachelor- und der Aufnahme des Mast er-Studiums absolviert werden und ist Voraussetzung für die spät ere Aufnahme ins Lernvikariat. Inhalte und Ablauf des EPS sind in der Verordnung für das EPS geregelt.
§ 14.
Das EPS findet einmal pro Ja hr statt und dauert fünf Monate zu je vier Ar beitstagen pro Woche. Organisation und Durch
- führung des EPS obliegen den Beauftr agten der Arbeitsstelle für die kirchliche Ausbildung.
§ 15.
Im EPS bildet ein Dorf oder Quartier den Lernort der Studierenden. In dieser Gemeinde lernen sie durch Hospitation bzw. Mitarbeit für jeweils drei bis sech s Wochen unterschiedliche Erfah
- rungsfelder kennen. Zu den als Lernorte zur Verfüg ung stehenden Gemeinden werden Dossiers erstellt, die über die jewe iligen Handlungsfel der detailliert Auskunft geben. Speziell ausgebildete Pfarrerinne n und Pfarrer leiten das EPS am Ort und koordinieren und unterstützen die Lernerfahrungen und theo
- logischen Reflexionen der Studiere nden. Hinzu kommt eine regelmäs
- sige Gruppensupervision mit eine r aussenstehenden Fachperson.
§ 16.
Integraler Bestandteil des EP S ist ein ekklesiologisches Seminar, das von den Konkordatskirchen verantwortet und in Zusam
- menarbeit mit Dozierenden der theo logischen Fakultäten durchgeführt wird. VI. Das Lernvikariat (LV)
§ 17.
Ziel des Lernvikariats ist die Befähigung zum Pfarrdienst in seiner ganzen Breite. Im Vordergrund stehen dabei: a) die Erarbeitung von Kenntnisse n und Fähigkeiten für die Kom
- munikation des Evangeliums in al len Bereichen des Lebens und der Gesellschaft, b) die Erlangung von Fertigkeiten in den pastoralen Handlungsfeldern, c) die Entwicklung einer Berufsidentität im Ra hmen der evangelisch- reformierten Kirche, d) die Weiterentwicklung der persönlichen Sp iritualität.
5 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
181.411
1. 7. 05 - 49
§ 18.
Gemäss Art. 17 des Konkordats
2 erfolgt die Anmeldung zum Lernvikariat über die Konkordatskirche, welche r die Bewerberin/der Bewerber angehört. Zulassungsvoraussetzungen sind: a) Empfehlung einer Konkordatskirche, b) Handlungsfähigkeit und Vorliege n der notwendigen persönlichen Voraussetzungen, c) Abschluss eines Masterstudiums in evangelischer Theologie an den theologischen Fakultäten der Univ ersitäten Basel oder Zürich oder an einer anderen Hochschule, deren Studienordnung von der Aus bildungskommission als glei chwertig anerkannt ist, d) erfolgreiche Absolvierung der während des Studiums vorgesehenen kirchlichen Ausbildungsveranstal tungen (Ekklesiologisch-Prakti sches Semester im Konk ordat oder Praktisches Semester in Bern), e) Nachweis der vorgeschriebenen Explorationen durch die Kommis sion zur Entwicklungsorienti erten Eignungsabklärung. Darüber hinaus gilt bei Bewerbun gen aus dem Ausland zusätzlich: Die Absolvierung mindestens eine s Studiensemesters an der theo logischen Fakultät Basel oder Zürich sowie eines Kolloquiums mit der Kirchenleitung der empfeh lenden Konkordatskirche.
§ 19.
Das Lernvikariat dauert minde stens zwölf Monate und wird grundsätzlich in einer Kirchgemei nde der Mitglie dkirchen des SEK absolviert. Es besteht aus einem Gemeindeteil, einem Kursteil, den Regionaltagen, einer Ausbildungssupervision (Praxisberatung) und einer praktischen Prüfung zu den vers chiedenen kirchlichen Handlungs feldern. Die Verordnung für das Lern vikariat regelt dessen Inhalt und Ablauf.
§ 20.
Planung, Organisation und Gesamtleitung des Lernvikariats obliegen den Beauftragte n der Arbeitsstelle fü r die kirchliche Aus bildung. Speziell ausgebildete Pfarrerinnen und Pfarrer (Vikariats leitende) leiten die Vikarinnen und Vi kare durch den Ge meindeteil in ihrer Kirchgemeinde und durch das Lernvikariat. Zwischen Leiterin/Leiter des Gemeindeteils und Vikarin/Vikar wird zu Beginn des Lernvikariats ei n Lernkontrakt abgeschlossen, der von einer/einem Beauftrag ten der Arbeitsstelle fü r die kirchliche Aus bildung mitunterzeichnet wird. Vikariatsleiterin/Vika riatsleiter und Vikarin/ Vikar beschreiben je in einem eigenen Schlussbericht zuhanden der Prüfungskommission und der Kirchenleitung derjenig en Konkordatskirche, welcher die Vikarin/der Vikar angehört, die Er fahrungen im Lernvikariat und hal ten fest, inwiefern die Ausbildungsziele gemäss §
17 dieser Ordnung erreicht worden sind.
6
181.411 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
§ 21.
Die Konkordatskonferenz rich tet den Vikarinnen und Vika
- ren eine monatliche Ausbildungsen tschädigung aus. Im Fall der Er
- streckung des Lernvikariats vermi ndern sich die monatlichen Zahlun
- gen entsprechend. Allfällige Famili en- und weitere Sozia lzulagen sind Sache der einzelnen Konkordatskirchen.
§ 22.
Das Lernvikariat entspricht einer vollzeitlichen Beschäfti
- gung, eine Erwerbstätigkeit ist ausgeschlossen. In begründeten Fällen kann der Beschäftigungsgrad bis minimal
50% reduziert werden, bei entspr echender Erstreck ung der Lernvika
- riatszeit auf maximal zwei Jahre. Die Kurse sind in der Regel innerhalb eines Kursjahres zu absolvieren.
§ 23.
Den Abschluss des Lernvikariat s bildet die pr aktische Prü
- fung in verschiedenen kirchlichen Handlungsfeldern. Ihr Bestehen ist Voraussetzung für die Er teilung des Wahlfähigkei tszeugnisses (Art. 19 des Konkordats
2 ). VII. Die Weiterbildung in den ersten Amtsjahren (WEA)
§ 24.
Die WEA ermöglicht in Form von Coaching, Kursen und Gruppensupervisionen die Erweiter ung und Vertiefung von Kenntnis
- sen und Fähigkeiten in pastoralen Handlungsfeldern durch den Aus
- tausch und die Aufarbeitung von Er fahrungen sowie die Vermittlung von theoretischen Impulsen.
§ 25.
Die WEA ist für Pfarrerinnen und Pfarrer in den ersten Amtsjahren obligat orisch. Besuchspflicht, Umfang und Inhalte der WEA richten sich nach de r massgebenden Verordnung. Die Beauftragten der Arbeitsstell e für die kirchliche Ausbildung bestätigen den Besuch der WEA- Veranstaltungen zuhanden der Teil
- nehmenden und ihrer Kirchen.
§ 26.
Die Beauftragten der Arbeitsste lle für die kirchliche Ausbil
- dung erarbeiten in Verbindung mit den zuständigen Stellen der Refor
- mierten Kirchen Bern-Jura-Solot hurn und der Suisse Romande das Jahresprogramm.
7 Ausbildungsordnung für Pfarrerinnen und Pfarrer
181.411
1. 7. 05 - 49 VIII. Übergangs- und Schlussbestimmung
§ 27.
Während der von den theologi schen Fakultäten Basel und Zürich festgelegten Übergangszeit bis zur vollständigen Einführung der neuen Studienordnung gelten fo lgende Übergangsbestimmungen: a) Für die Zulassung zum Lernvikari at gelten neben den anerkannten Masterabschlüssen die bisherigen theologisch-theoretischen Stu dienabschlüsse von Ba sel und Zürich oder vo n gleichwertigen Aus bildungsstätten. b) Für die Zulassung zum Lernvikariat gelten neben der erfolgreichen Absolvierung des Ekklesiologisch- Praktischen Semesters die erfolg reiche Absolvierung de r von der jeweiligen Kirche vorgeschriebe nen Anzahl Praktika während des Studiums.
§ 28.
Die vorliegende Ausbildungso rdnung wurde von der Kon kordatskonferenz am 27. Mai 2004 genehmigt und ersetzt die Ausbil dungsordnung vom 27. November 1981. Sie tritt rückwirkend auf den 1. Januar 2005 in Kraft.
1 OS 60, 99.
2
181.41.
Feedback