Vereinbarung
zwischen der Schweiz und Italien über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen im Bahnhof Chiasso und die Grenzabfertigung während der Fahrt auf der Strecke Lugano–Como Abgeschlossen am 24. November 2015 In Kraft getreten am 1. März 2016 (Stand am 1. März 2016) ¹ Übersetzung des italienischen Originaltextes.
Der Schweizerische Bundesrat
und die Regierung der Italienischen Republik,
gestützt auf Artikel 2 Absätze 2 und 3 des am 11. März 1961² in Bern unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über die nebeneinanderliegenden Grenzabfertigungsstellen und die Grenzabfertigung während der Fahrt, sind übereingekommen, ein Abkommen über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen im Bahnhof Chiasso und die Grenzabfertigung während der Fahrt auf der Strecke Lugano–Como abzuschliessen,
und haben zu diesem Zweck Folgendes vereinbart:
² SR 0.631.252.945.460
Art. 1
1. Im internationalen Bahnhof Chiasso, auf schweizerischem Hoheitsgebiet, werden nebeneinanderliegende Grenzabfertigungsstellen errichtet. Bei diesen Grenzabfertigungsstellen werden die schweizerischen und die italienischen Eingangs- und Ausgangsabfertigungen vorgenommen.
2. Im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 des Abkommens vom 11. März 1961 (hiernach «Rahmenabkommen» genannt) wird das auf schweizerischem Hoheitsgebiet gelegene italienische Dienstgebäude («Agenzia delle Dogane e dei Monopoli» und «Guardia di Finanza») der Gemeinde Como zugeordnet.
Art. 2
1. Im Bahnhof Chiasso werden zwei verschiedene Zonen eingerichtet, die eine für den Reiseverkehr (Personen, welche die Grenze in Reisezügen überschreiten, wie auch ihr Gepäck, die Privatwaren, Handelsmuster, kleine Mengen Handelswaren von unbedeutendem Wert, Devisen und Wertpapiere, welche diese Personen für persönliche Zweck mit sich führen), die andere für den Güterverkehr.
2. Eine Kopie der detaillierten amtlichen Pläne der in den Artikeln 3 und 4 des Abkommens erwähnten Zonen (siehe Anhang zum Abkommen) wird in den jeweiligen Dienstgebäuden angeschlagen.
3. Im Sinne dieses Abkommens ist der Begriff «Richtung Norden» zu verstehen als «in Richtung Schweiz», während der Begriff «Richtung Süden» «in Richtung Italien» bedeutet.
Art. 3
1. Die Zone für den Reiseverkehr umfasst:
a) die Einfahrtgeleise einschliesslich des Zwischengleisstücks, von der Grenze bis zum Ende der Bahnsteige I und II in Richtung Norden, mit den Bezeichnungen 1/61, 2/62, 3, 256/266/4/64, 7/67, 8/68, 9, sowie die Ein- und Ausfahrtgleise für die italienischen Lokalzüge, mit den Bezeichnungen 12 und 13;
b) die Bahnsteige I und II bis zu deren Ende in Richtung Norden, ausgenommen der mit einem Gitter abgegrenzte Teil für den innerschweizerischen Reiseverkehr, sowie der Wartsaal und der Gang, der vom Revisionsraum des Bahnsteigs II zur Unterführung führt;
c) die im nachfolgenden Absatz 2 genannten Teile des Hauptgebäudes des Personenbahnhofs und der Bauten auf dem Bahnsteig II.
2. Die Zone ist in zwei Sektoren geteilt:
a) einen von den Bediensteten beider Staaten gemeinsam benützten Sektor, umfassend: – die in Absatz 1 Buchstaben a) und b) aufgeführten Geleise und Bahnsteige,
– im Hauptgebäude des Personenbahnhofs, Ostflügel, Erdgeschoss: – die Gänge für die Reisenden von und nach Italien, die neben den Kontrollgebäuden liegen, einschliesslich des Abschnitts, der vom Billettschalter bis zum Ausgang Süd reicht
– die Toiletten
– den Wartsaal für Reisende nach Italien, einschliesslich des Warteraums
– das Magazin für Handgepäck in der Gepäckaufbewahrung
– die CCE-Gebäude (elektronische Schaltzentrale) und die angrenzenden SBB-Dienstgebäude,
– in den Gebäuden auf dem Bahnsteig II: – der gemeinsame Revisionsraum für Reisende und Handgepäck
– die Toiletten;
b) einen den italienischen Bediensteten vorbehaltenen Sektor, umfassend: – im Erdgeschoss des Hauptgebäudes des Personenbahnhofs: – die Dienstgebäude und die Räume der «Agenzia delle Dogane e dei Monopoli» und der «Guardia di Finanza»,
– in den Gebäuden auf dem Bahnsteig II: – die Dienstgebäude der «Agenzia delle Dogane e dei Monopoli»
– das Dienstgebäude der «Guardia di Finanza».
3. Wenn Züge oder Zugsteile wegen ihrer Länge oder aus Manövriergründen über die Zone hinaus reichen oder ausserhalb der Zone abgestellt werden, werden diese Züge oder Zugsteile sowie das ihrer Länge entsprechende Zwischengleisstück auch noch als Reisendenzone im Sinne dieses Artikels betrachtet.
Entsprechend können die schweizerischen Bediensteten die Abfertigung in solchen Zügen oder Zugsteilen vornehmen, die aus Manövriergründen auf dem in Italien liegenden Teil des Bahnhofs abgestellt werden. In diesem Fall ist die Zone für die schweizerischen Bediensteten der Gemeinde Chiasso zugeordnet.
Art. 4
1. Die Zone für den Güterverkehr umfasst, ausser der im vorstehenden Artikel 3 erwähnten Zone:
alle anderen Geleise, die nicht in der Reisendenzone von der Grenze bis zur Höhe der Unterführungen der via Rampa enthalten sind. Vorbehalten bleibt die in Artikel 6 Absatz 1 erwähnte Einschränkung;
die Gleisgruppen T und M. Vorbehalten bleibt die in Artikel 6 Absatz 1 erwähnte Einschränkung;
die Gleisgruppe: – N und O,
– P, R und S sowie Z2, 3, 4, 30, 31, 40 und 50. Vorbehalten bleibt die in Artikel 6 Absatz 1 erwähnte Einschränkung,
– K 2-8 und K 11;
der Vorplatz zum Magazin X zwischen den Geleisen Z3 und Z4 und der als «scalo locale» bezeichneten Rampe neben den Geleisen R 13/14. Vorbehalten bleibt die in Artikel 6 Absatz 1 erwähnte Einschränkung;
die Gleisgruppe L, mit Ausnahme des von Norden kommenden Zufahrtsgleises K 1;
die Gleisgruppe U, einschliesslich des Gebiets zwischen dieser Gruppe und der Zufahrtslinie von Süden;
die dem Fuss des Hügels von Pedrinate entlang führende Zufahrtlinie von Süden, von der Grenze bis zur Einmündung in die Ankunftgruppe U und L;
alle Bauten und Einrichtungen, die zu den im folgenden Absatz 2 aufgeführten Gleisgruppen und zur Zufahrtlinie gehören, wie auch die Bahnwege (Dienstwege), die im Innern oder unmittelbar anschliessend an die erwähnten Gleisgruppen verlaufen.
2. Die Zone ist in zwei Sektoren eingeteilt:
a) einen von den Bediensteten beider Staaten gemeinsam benützten Sektor, umfassend: – die in Absatz 1 aufgeführten Gleisgruppen,
– die Bahnsteige und Laderampen sowie Bahnwege, die zu den Anlagen der oben erwähnten Gleise gehören,
– die Reparaturwerkstätte für Rollmaterial;
b) einen den italienischen Bediensteten vorbehaltenen Sektor, umfassend: – die von der «Agenzia delle Dogane e dei Monopoli» benützten Dienstgebäude und Lokale: – im Gebäude Scalo PV
– in den Gebäuden L und U,
– die von der «Guardia di Finanza» im Gebäude U benützten Dienstgebäude.
Art. 5
Die Zone umfasst auch den Abhang des Bahndamms oder des Geländeeinschnitts, in dem die Bahnlinie verläuft; in ebenem Gelände erstreckt sich die Zone bis 5 m vom äusseren Schienenstrang entfernt. Nicht zur Zone gehören aber in jedem Fall all die privaten Grundstücke, öffentliche Wege entlang der Zone und der Öffentlichkeit zugängliche Ober- und Unterführungen, unter Vorbehalt der Bestimmungen von Artikel 8.
Art. 6
1. Die italienischen Bediensteten haben keine Abfertigungsbefugnis in Bezug auf den innerschweizerischen Verkehr und den von der Schweiz ausgehenden, aber Italien nicht berührenden internationalen Verkehr.
2. Die Tätigkeit von Personen, die nicht mit dem Verkehr von und nach Italien beschäftigt sind, kann nur kontrolliert werden, wenn diese in der Zone offenkundig die Rechtsvorschriften des Nachbarstaates auf dem Gebiet des Zollwesens verletzen.
Art. 7
Die am Orte diensttuenden italienischen Bediensteten haben die Befugnis, Grenzabfertigungshandlungen in allen Räumen des Bahnhofs Chiasso vorzunehmen, die für andere öffentliche italienische Verwaltungen bestimmt sind, jedoch nur zu den im Rahmenabkommen vorgesehenen Zwecken.
Art. 8
Sofern besondere Bedürfnisse des Zolls es nötig machen, Wertgegenstände und Waren – auch mit Automobilen – von der Zone zur Grenze und umgekehrt oder aus einem Teil der Zone in einen anderen überzuführen, haben die italienischen Bediensteten das Recht, diese Transporte zu begleiten und deren ordnungsgemässe Durchführung zu überwachen. Während einer solchen Fahrt gilt das Fahrzeug selbst als Zone. In solchen Fällen wird die in den Absätzen 3 und 4 des Artikels 10 des Rahmenabkommens vorgesehene Zusammenarbeit auf Übertretungen ausgedehnt, die an den auf dem Fahrzeug befindlichen Waren von Personen ausserhalb des Fahrzeugs begangen werden. Während solcher Beförderungen ist jedes nicht verkehrsbedingte Anhalten zu vermeiden. Die erwähnte Begleitung lässt die Befugnisse des Schweizer Zolls unberührt.
Art. 9
1. Für die Anwendung von Artikel 6 des Rahmenabkommens im Reiseverkehr wird die Absicht, sich nach Italien zu begeben, bei allen Personen vermutet, die im Verlauf der von den italienischen Bediensteten vorgenommenen Grenzabfertigungshandlungen diesen gegenüber die verlangte Zollerklärung (auch eine negative) abgegeben haben, vorausgesetzt, dass die schweizerische Grenzabfertigung vorgenommen oder auf diese verzichtet wurde.
2. Im Sinne der Bestimmung von Artikel 7 Absatz 2 des Rahmenabkommens gelten die in den Zügen an Reisenden und ihrem Gepäck vom Ausgangsstaat vorzunehmenden Abfertigungshandlungen in der Regel als beendet, wenn die Bediensteten dieses Staates das Zugsabteil verlassen haben.
Art. 10
1. Die in einem Teil der Zone aufgegriffenen, festgenommenen Personen, die nach Artikel 4 und 6 des Rahmenabkommens weiterer und vertiefter Kontrollen bedürfen, sowie die sichergestellten Waren können von den italienischen Bediensteten zu jedem italienischen Büro in der Zone gebracht werden, und zwar:
– im Reiseverkehr: durch die Unterführung des Personenbahnhofs;
– im Güterverkehr: innerhalb der Zone unter tunlicher Benützung der Bahndienstwege oder durch die erwähnte Unterführung.
Verbringungen durch die Unterführung des Personenbahnhofs gelten als in der Zone vorgenommen.
Für die Beförderung sichergestellter Waren innerhalb der Zone vom Ort der Beschlagnahme zu den italienischen Diensträumen in der Zone gewähren die Schweizerischen Bundesbahnen ihre Unterstützung, nach vorherigen Abmachungen zwischen den zuständigen örtlichen Stellen.
2. Die in einem Teil der Zone aufgegriffenen, festgenommenen Personen, die nach Artikel 4 und 6 des Rahmenabkommens weiterer und vertiefter Kontrollen bedürfen, werden von den italienischen Bediensteten mit der Bahn nach Italien verbracht, das heisst entweder zu Fuss, nach Absprache mit der Grenzwacht und der Kantonspolizei, indem sie die im nachfolgenden Artikel 11 angegebene Strecke benützen, oder mit einem Dienstfahrzeug ohne Aufenthalt die von den in Artikel 14 genannten Behörden vereinbarte Strecke benützen.
Art. 11
Die italienischen Bediensteten in Uniform können an ihren Dienstort in der Zone gelangen oder von dort zurückkehren, indem sie zu Fuss, nach Möglichkeit in geschlossener Formation, entlang dem Perron rechts neben der Strasse, die vom Bahnhof Chiasso bis zur italienischen Grenze in Ponte Chiasso führt, oder mit einem Fahrzeug ohne Aufenthalt die von den in Artikel 14 genannten Behörden vereinbarte Strecke benützen.
Art. 12
In Anwendung der Bestimmung in Artikel 17 Buchstabe a) des Rahmenabkommens werden die für die Vornahme der Kontrollen bei den nebeneinanderliegenden Grenzabfertigungsstellen im internationalen Bahnhof Chiasso benötigten Räumlichkeiten dem italienischen Zoll und der italienischen Polizei unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
Art. 13
1. Im Reiseverkehr können die schweizerische und die italienische Eingangs- und Ausgangsabfertigung in den Zügen während der Fahrt auf der Strecke Lugano-Como und umgekehrt vorgenommen werden.
Die Abfertigungen beziehen sich auf die Personen und ihr persönliches Gepäck.
2. Die nach Artikel 14 bestimmten Züge bilden jeweils auf dem im Gebietsstaat gelegenen Teil der im vorhergehenden Absatz erwähnten Strecken die Zone für die Bediensteten des Nachbarstaates.
3. An den Endstationen der in Absatz 1 dieses Artikels angegebenen Strecken haben die Bediensteten des Nachbarstaates das Recht, in den Zügen aufgegriffene, festgehaltene Personen, die weiterer und eingehender Kontrollen bedürfen, sowie sichergestellte Waren oder andere Vermögenswerte auf dem Bahnsteig oder in den ihnen zur Verfügung gestellten Räumen des Bahnhofs in Gewahrsam zu behalten. Für die Aufrechterhaltung solcher amtlicher Massnahmen gelten die Bahnsteige und die genannten Räume sowie die erforderlichen Verbindungswege als «Zonen».
4. Die aufgegriffenen, festgenommenen Personen, die weiterer und vertiefter Kontrollen bedürfen, sowie sichergestellte Waren oder andere Vermögenswerte dürfen auf der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Strecke mit dem nächsten geeigneten Zug in den Nachbarstaat verbracht werden, sofern dafür die im vorangehenden Artikel 10 genannte Strecke benützt wird.
5. Die im Dienst stehenden Bediensteten beider Staaten haben Anspruch auf kostenlose Beförderung auf der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Strecke.
6. Im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 des Rahmenabkommens wird die Zone für die schweizerischen Bediensteten der Gemeinde Chiasso, die Zone für die italienischen Bediensteten der Gemeinde Como zugeordnet.
Art. 14
1. Die Vorsitzenden der beiden Delegationen in der von Artikel 25 des Rahmenabkommens vorgesehenen gemischten Kommission können durch Briefwechsel an den in den Artikeln 3 und 4 beschriebenen Zonen allfällige Änderungen vornehmen, die aus technischen, organisatorischen oder betrieblichen Gründen nötig werden könnten. Solche Änderungen, die keine Erweiterung des Zonenumfangs mit sich bringen dürfen, sind auf den in Artikel 2 Absatz 2 erwähnten amtlichen Plänen nachzutragen.
2. Die Direktion des Zollamtes in Como einerseits sowie die Direktion des IV. Zollkreises in Lugano und das Polizeikommando des Kantons Tessin in Bellinzona andererseits legen im gegenseitigen Einvernehmen und im Einverständnis mit den Eisenbahnbehörden die Einzelheiten fest, insbesondere betreffend den Verkehrsablauf und die Benützung der Zonen.
3. Die genannten Verwaltungen legen nach Bedarf und Zweckmässigkeit die Fälle fest, in denen die Grenzabfertigung in den Zügen während der Fahrt vorgenommen werden soll.
4. Die am Ort diensttuenden ranghöchsten Bediensteten sind ermächtigt, im gegenseitigen Einvernehmen die für den Augenblick oder für kurze Zeitabschnitte nötigen Massnahmen zu ergreifen, insbesondere zur Beseitigung von Schwierigkeiten, die sich bei der Grenzabfertigung ergeben können; Entscheide grundsätzlicher Natur sind dagegen immer gemeinsam von den vorgesetzten Direktionen oder Dienststellen zu treffen.
Art. 15
Die vorliegende Vereinbarung tritt am ersten Tag des vierten Monats nach ihrer Unterzeichnung in Kraft.
Vom Datum des Inkrafttretens der vorliegenden Vereinbarung an wird das analoge Abkommen zwischen der Schweiz und Italien über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen im Bahnhof Chiasso und die Grenzabfertigung während der Fahrt auf der Strecke Lugano–Como, unterzeichnet in Rom am 28. Februar 1974³ und in Kraft getreten am 1. Juli 1974 beendet.
Jeder der beiden Staaten kann die vorliegende Vereinbarung durch schriftliche Anzeige jederzeit kündigen. Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Empfänger wirksam.
³ [ AS 1974 1245 ]
Unterschriften
Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten Vertreter, von ihren Regierungen gehörig bevollmächtigt, diese Vereinbarung unterzeichnet.
Geschehen zu Bern am 24. November 2015, in doppelter Originalausfertigung in italienischer Sprache.
Für den Rudolf Dietrich | Für die Cosimo Risi |
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