Übereinkommen zwischen der Schweiz und Italien betreffend eine elektrische Schmalspurbahn von Locarno nach Domodossola
Abgeschlossen am 12. November 1918 Von der Bundesversammlung genehmigt am 23. Dezember 1921² Ratif ikationsurkunden ausgetauscht am 3. Mai 1924 In Kraft getreten am 3. Mai 1924 ¹ Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ² AS 40 275 . Der Genehmigungsbeschluss war gemäss Art. 89 BV ( SR 101 ) dem Referendum unterstellt.
Der Schweizerische Bundesrat und Seine Majestät der König von Italien
sind übereingekommen, eine Übereinkunft betreffend eine elektrische Schmalspurbahn von Domodossola nach Locarno abzuschliessen, und haben zu diesem Zwecke als ihre Bevollmächtigten ernannt:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
welche nach Auswechslung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgende Artikel
vereinbart haben:
Art. 1
Die beiden Regierungen verpflichten sich, den Betrieb der Schmalspurbahn von Locamo (Schweiz) nach Domodossola (Italien) auf Grund der Konzessionen zu sichern, welche in der Schweiz der Strassenbahngesellschaft von Locarno, der Eisenbahngesellschaft Locarno–Pontebrolla–Bignasco (Linie Val Maggia) und der «Ferrovie Regionali Ticinesi» für die Teilstrecke Locarno–Camedo (italienische Grenze) und in Italien der «Società Subalpina di Imprese Ferroviarie» in Rom für die Teilstrecke von Domodossola bis zur Schweizer Grenze erteilt wurden.
Art. 2
Der Geleiseanschluss der schweizerischen und italienischen Strecke der Linie Locarno–Domodossola wird an der Grenze der beiden Staaten in Borgnone‑Camedo vollzogen und soll abgesteckt werden.
Art. 3
Da die Pläne für den Bau der beiden Teilstrecken und das Betriebsmaterial nach einheitlichen Grundsätzen festgelegt wurden, in der Weise, dass ein gemeinsamer Betrieb auf beiden Teilstrecken ermöglicht wird und dass namentlich das Betriebsmaterial von der einen Linie auf die andere gebracht und daselbst benützt werden kann, so wird das Betriebsmaterial, welches von einer der beiden Regierungen kontrolliert wurde, ohne neue Prüfung auf der Linie des andern Landes zugelassen werden.
Art. 4
An der Grenze hat ein Betriebswechsel nicht stattzufinden. Die aus dem Königreiche Italien kommenden Züge werden bis nach Locarno fahren und die aus der Schweiz bis Domodossola.
Art. 5
Die einzelnen Bestimmungen des gemeinsamen Betriebsdienstes werden direkt zwischen der italienischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn vereinbart werden und sollen Gegenstand einer besondern Übereinkunft bilden, welche auf Verlangen der zuständigen Behörden der Genehmigung durch die beiden vertragschliessenden Regierungen unterstellt wird.
Art. 6
Die Zollabfertigung wird gemäss den Zollvorschriften des betreffenden Landes, für Italien bei der «fermata della dogana» und für die Schweiz bei der Haltestelle «Camedo‑Confine» für den Reisendenverkehr und beim Bahnhof von Camedo für den Waren‑ und Tierverkehr, statthaben.
Art. 7
Der Post‑, Telefon‑ und gegebenenfalls der Telegrafenverkehr werden durch ein besonderes Abkommen zwischen den zuständigen Verwaltungen der beiden Länder geregelt werden.
Art. 8
Die Betriebsverwaltungen werden durch die Regierungen der beiden vertragschliessenden Teile ermächtigt, alles zu ihrem Betriebsdienst notwendige Material zollfrei und in erforderlicher Menge auf das Gebiet des andern Staates zu befördern.
Art. 9
Die Bahnpolizei wird durch Beamte der Betriebsverwaltungen unter Aufsicht der zuständigen Organe jedes der beiden Länder und gemäss den auf jedem der beiden Gebiete geltenden Vorschriften gehandhabt werden.
Art. 10
Bei Anordnung der Verhaftung eines Betriebsbeamten der Eisenbahn Locarno–Domodossola werden die Behörden der vertragschliessenden Teile auf die Bedürfnisse des Eisenbahndienstes Rücksicht nehmen und, falls es die Umstände erlauben, die Dienststelle, welcher der Beamte unmittelbar untersteht, davon in Kenntnis setzen, damit er nötigenfalls rechtzeitig ersetzt werden kann.
Art. 11
Das vorliegende Übereinkommen wird ratifiziert, und die Ratifikationsurkunden werden sobald als möglich in Rom ausgetauscht werden. Es tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft und bleibt bis zum Ablaufe eines Jahres vom Tage der Kündigung seitens des einen oder des andern der hohen vertragschliessenden Teile verbindlich.
Unterschriften
Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das vorliegende Übereinkommen unterzeichnet und ihm ihre Siegel beigesetzt.
So geschehen in doppelter Ausfertigung in Rom, den 12. November 1918.
H. de Segesser | S. Sonnino |
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