Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und se... (0.311.40)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch

Abgeschlossen in Lanzarote am 25. Oktober 2007 Von der Bundesversammlung genehmigt am 27. September 2013¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 18. März 2014 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Juli 2014 (Stand am 14. Juli 2023) ¹ Art. 1 Abs. 1 des BB vom 27. Sept. 2013 ( AS 2014 1159 )
Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Unterzeichner dieses Übereinkommens;
in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen;
in der Erwägung, dass jedes Kind das Recht auf die Schutzmassnahmen seitens seiner Familie, der Gesellschaft und des Staates hat, die sein Status als minderjährige Person erfordert;
in dem Bewusstsein, dass die sexuelle Ausbeutung von Kindern, insbesondere die Kinderpornografie und die Kinderprostitution, sowie alle Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, einschliesslich der Handlungen, die im Ausland begangen werden, die Gesundheit und die psychosoziale Entwicklung des Kindes zerstören;
in der Erkenntnis, dass die sexuelle Ausbeutung und der sexuelle Missbrauch von Kindern sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, insbesondere im Zusammenhang mit der verstärkten Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien durch Kinder und Täter, beunruhigende Ausmasse angenommen haben und dass zur Verhütung und Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern eine internationale Zusammenarbeit notwendig ist;
in der Erwägung, dass das Wohlergehen und das Wohl der Kinder Grundwerte sind, die von allen Mitgliedstaaten geteilt werden und ohne jegliche Diskriminierung gefördert werden müssen;
eingedenk des auf dem Dritten Gipfel der Staats- und Regierungschefs des Europarats (Warschau, 16.–17. Mai 2005) angenommenen Aktionsplans, in dem die Ausarbeitung von Massnahmen zur Beendigung der sexuellen Ausbeutung von Kindern gefordert wird;
unter Hinweis insbesondere auf die Empfehlung des Ministerkomitees Nr. R (91) 11 über sexuelle Ausbeutung, Pornografie, Prostitution von und Handel mit Kindern und jungen Erwachsenen und auf die Empfehlung Rec (2001)16 über den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung, auf das Übereinkommen über Computerkriminalität (SEV Nr. 185), insbesondere dessen Artikel 9, sowie auf das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (SEV Nr. 197);
eingedenk der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (1950², SEV Nr. 5), der geänderten Europäischen Sozialcharta (1996, SEV Nr. 163) sowie des Europäischen Übereinkommens über die Ausübung von Kinderrechten (1996, SEV Nr. 160);
sowie eingedenk des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes³, insbesondere dessen Artikel 34, des Fakultativprotokolls betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie⁴ sowie des Zusatzprotokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität⁵ sowie des Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation über das Verbot und unverzügliche Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit⁶;
eingedenk des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie (2004/68/JI), des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union über die Stellung des Opfers im Strafverfahren (2001/220/JI) und des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung des Menschenhandels (2002/629/JI);
unter gebührender Berücksichtigung der anderen auf diesem Gebiet einschlägigen völkerrechtlichen Übereinkünfte und internationalen Programme, insbesondere der Erklärung und des Aktionsprogramms von Stockholm, die auf dem 1. Weltkongress gegen die gewerbsmässige sexuelle Ausbeutung von Kindern (27.–31. August 1996) angenommen wurden, der auf dem 2. Weltkongress gegen die gewerbsmässige sexuelle Ausbeutung von Kindern (17.–20. Dezember 2001) angenommenen Globalen Verpflichtung von Yokohama, der Verpflichtung und des Aktionsplans von Budapest, die auf der Konferenz zur Vorbereitung des 2. Weltkongresses gegen die gewerbsmässige sexuelle Ausbeutung von Kindern (20.–21. November 2001) angenommen wurden, der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Resolution S‑27/2 «Eine kindergerechte Welt» und des dreijährigen Programms «Ein Europa von Kindern für Kinder schaffen», das im Anschluss an den Dritten Gipfel verabschiedet wurde und zu dem die Konferenz von Monaco den Anstoss gegeben hat (4.–5. April 2006);
entschlossen, einen wirksamen Beitrag zur Verwirklichung des gemeinsamen Ziels zu leisten, Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu schützen – unabhängig von der Person des Täters – und den Opfern Unterstützung zu gewähren;
anerkennend, dass es notwendig ist, eine umfassende völkerrechtliche Übereinkunft auszuarbeiten, welche die Aspekte der Verhütung, des Schutzes und des Strafrechts bei der Bekämpfung aller Formen der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern zum Schwerpunkt hat und einen besonderen Überwachungsmechanismus einführt;
sind wie folgt übereingekommen:
² SR 0.101 ³ SR 0.107 ⁴ SR 0.107.2 ⁵ SR 0.311.542 ⁶ SR 0.822.728.2

Kapitel I: Zweck, Nichtdiskriminierungsgrundsatz und Begriffsbestimmungen

Art. 1 Zweck
1.  Zweck dieses Übereinkommens ist es:
a) die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhüten und zu bekämpfen;
b) die Rechte kindlicher Opfer sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs zu schützen;
c) die nationale und die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu fördern.
2.  Um die wirksame Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien zu gewährleisten, wird durch dieses Übereinkommen ein besonderer Überwachungsmechanismus eingeführt.
Art. 2 Nichtdiskriminierungsgrundsatz
Die Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien, insbesondere die Inanspruchnahme von Massnahmen zum Schutz der Rechte der Opfer, ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, der sexuellen Ausrichtung, des Gesundheitszustands, einer Behinderung oder des sonstigen Status zu gewährleisten.
Art.  3 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Übereinkommens:
a) bedeutet «Kind» eine Person unter 18 Jahren;
b) schliesst der Ausdruck «sexuelle Ausbeutung und sexueller Missbrauch von Kindern» die Verhaltensweisen nach den Artikeln 18–23 dieses Übereinkommens ein;
c) bedeutet «Opfer» ein Kind, das sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt ist.

Kapitel II: Präventive Massnahmen

Art.  4 Grundsätze
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um alle Formen der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu verhüten und Kinder davor zu schützen.
Art.  5 Beschäftigung, Ausbildung und Sensibilisierung von Personen, die bei ihrer Arbeit Kontakt zu Kindern haben
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um das Bewusstsein für den Schutz und die Rechte des Kindes bei den Personen zu schärfen, die in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Kinder- und Jugendschutz, Justiz, Strafverfolgung sowie im Zusammenhang mit Sport-, Kultur- und Freizeitaktivitäten regelmässige Kontakte zu Kindern haben.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannten Personen über die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern, die Mittel zu ihrer Aufdeckung und die in Artikel 12 Absatz 1 genannte Möglichkeit angemessene Kenntnisse haben.
3.  Jede Vertragspartei trifft im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass durch die Voraussetzungen für den Zugang zu Berufen, deren Ausübung mit regelmässigen Kontakten zu Kindern einhergeht, gewährleistet wird, dass die Bewerber für diese Berufe nicht wegen Handlungen sexueller Ausbeutung oder sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden sind.
Art.  6 Erziehung der Kinder
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass Kinder während ihrer Schulzeit in Grund- und weiterführenden Schulen ihrem Entwicklungsstand entsprechend über die Gefahren sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs sowie über die Möglichkeiten, sich davor zu schützen, aufgeklärt werden. Diese Aufklärung erfolgt, soweit angemessen in Zusammenarbeit mit den Eltern, im Rahmen einer allgemeineren Aufklärung über Sexualität; dabei soll die Aufmerksamkeit vor allem auf gefährliche Situationen, insbesondere solche, die sich durch die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ergeben, gerichtet werden.
Art. 7 Präventive Interventionsprogramme oder -massnahmen
Jede Vertragspartei stellt sicher, dass Personen, die befürchten, sie könnten eine der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten begehen, soweit angemessen, Zugang zu wirksamen Interventionsprogrammen oder ‑massnahmen haben, die dazu dienen sollen, die Gefahr der Begehung einer solchen Tat zu beurteilen und sie zu verhindern.
Art.  8 Massnahmen für die Öffentlichkeit
1.  Jede Vertragspartei fördert oder organisiert Sensibilisierungskampagnen zur Aufklärung der Öffentlichkeit über das Phänomen der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern und über mögliche präventive Massnahmen.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Verbreitung von Material, mit dem für die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten geworben wird, zu verhüten oder zu verbieten.
Art.  9 Beteiligung von Kindern, des privaten Sektors, der Medien und der Zivilgesellschaft
1.  Jede Vertragspartei fördert eine ihrem Entwicklungsstand entsprechende Beteiligung von Kindern an der Ausarbeitung und Umsetzung von staatlichen Konzepten, Programmen oder sonstigen Initiativen zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern.
2.  Jede Vertragspartei ermutigt den privaten Sektor, insbesondere den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, die Tourismus- und Reisebranche, den Banken- und Finanzsektor sowie die Zivilgesellschaft, sich an der Ausarbeitung und Umsetzung von Massnahmen zur Verhütung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu beteiligen und durch Selbstregulierung oder durch gemeinsam von Staat und privatem Sektor zu treffende regulierende Massnahmen innerstaatliche Vorschriften umzusetzen.
3.  Jede Vertragspartei ermutigt die Medien, in angemessener Weise über alle Aspekte der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu informieren; dabei sind die Unabhängigkeit der Medien und die Pressefreiheit gebührend zu beachten.
4.  Jede Vertragspartei fördert, soweit angemessen durch die Einrichtung von Fonds, die Finanzierung von Projekten und Programmen, die von der Zivilgesellschaft durchgeführt werden, um Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu bewahren oder zu schützen.

Kapitel III: Spezialisierte Behörden und Koordinationsstellen

Art.  10 Nationale Massnahmen zur Koordinierung und Zusammenarbeit
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Massnahmen, um auf nationaler oder lokaler Ebene die Koordinierung zwischen den verschiedenen für den Schutz von Kindern, die Verhütung und die Bekämpfung sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs von Kindern zuständigen Stellen, insbesondere des Erziehungs- und Gesundheitswesens, der Sozialdienste, der Strafverfolgungs- und der Justizbehörden, sicherzustellen.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um:
a) unabhängige nationale oder lokale Einrichtungen zu errichten oder zu bestimmen, die für die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes zuständig sind, und sicherzustellen, dass sie mit eigenen Mitteln und Verantwortlichkeiten ausgestattet sind;
b) auf nationaler oder lokaler Ebene und in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft Mechanismen zur Sammlung von Daten oder Anlaufstellen zur Beobachtung und Bewertung des Phänomens der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu errichten oder zu bestimmen, wobei die Erfordernisse des Schutzes personenbezogener Daten gebührend zu beachten sind.
3.  Jede Vertragspartei fördert die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen staatlichen Stellen, der Zivilgesellschaft und dem privaten Sektor, um die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern besser verhüten und bekämpfen zu können.

Kapitel IV: Massnahmen zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer

Art.  11 Grundsätze
1.  Jede Vertragspartei schafft wirksame Sozialprogramme und multidisziplinäre Strukturen, die den Opfern, ihren nahen Angehörigen und allen Personen, die für das Wohl der Opfer verantwortlich sind, die erforderliche Unterstützung gewähren.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass, sofern Ungewissheit über das Alter des Opfers und Grund zur Annahme bestehen, dass das Opfer ein Kind ist, ihm die für Kinder vorgesehenen Schutz- und Unterstützungsmassnahmen gewährt werden, bis sein Alter überprüft und festgestellt worden ist.
Art.  12 Anzeige eines Verdachts auf sexuelle Ausbeutung oder sexuellen Missbrauch
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Vorschriften über die Vertraulichkeit, die nach dem innerstaatlichen Recht für Angehörige bestimmter Berufsgruppen gelten, die Kontakt zu Kindern haben, diesen Personen nicht die Möglichkeit nehmen, den für den Schutz der Kinder zuständigen Stellen jeden Fall anzuzeigen, bei dem sie hinreichende Gründe für die Annahme haben, dass ein Kind Opfer sexueller Ausbeutung oder sexuellen Missbrauchs ist.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um jede Person, die Kenntnis von sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch von Kindern hat oder dies gutgläubig vermutet, zu ermutigen, dies den zuständigen Stellen anzuzeigen.
Art.  13 Beratungsangebote
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Einrichtung von Informationsdiensten, etwa per Telefon oder Internet, zu fördern und zu unterstützen, welche die Ratsuchenden, gegebenenfalls vertraulich oder unter Wahrung ihrer Anonymität, beraten.
Art.  14 Unterstützung der Opfer
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Opfer kurz- oder langfristig bei ihrer körperlichen und psychosozialen Genesung zu unterstützen. Die nach diesem Absatz getroffenen Massnahmen haben den Ansichten, Bedürfnissen und Sorgen des Kindes gebührend Rechnung zu tragen.
2.  Jede Vertragspartei trifft im Einklang mit den in ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Bedingungen Massnahmen, um mit nichtstaatlichen Organisationen, anderen Organisationen oder Teilen der Zivilgesellschaft, die sich für die Unterstützung der Opfer einsetzen, zusammenzuarbeiten.
3.  Sind die Eltern oder Personen, die für das Wohl des Kindes verantwortlich sind, an sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch des Kindes beteiligt, so umfassen die in Anwendung des Artikels 11 Absatz 1 getroffenen Interventionsmassnahmen:
– die Möglichkeit, den Verdächtigen aus dem Umfeld des Kindes zu entfernen;
– die Möglichkeit, das Opfer aus seinem familiären Umfeld zu entfernen. Die Modalitäten und die Dauer dieser Massnahme werden dem Wohl des Kindes entsprechend bestimmt.
4.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass dem Opfer nahestehende Personen gegebenenfalls therapeutische Unterstützung, insbesondere sofortige psychologische Hilfe, erhalten.

Kapitel V: Interventionsprogramme oder -massnahmen

Art. 15 Allgemeine Grundsätze
1.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht für die in Artikel 16 Absätze 1 und 2 genannten Personen wirksame Interventionsprogramme oder ‑massnahmen vor oder fördert diese, um der Gefahr der Wiederholung von Sexualstraftaten an Kindern vorzubeugen und sie zu verringern. Zu diesen Programmen oder Massnahmen müssen die Personen jederzeit während des Verfahrens, innerhalb und ausserhalb der Haftanstalt, unter den im innerstaatlichen Recht festgelegten Bedingungen Zugang haben.
2.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht die Entwicklung von Partnerschaften oder anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen, insbesondere den Gesundheits- und Sozialdiensten, und den Justizbehörden und sonstigen Stellen, die mit der Nachbetreuung der in Artikel 16 Absätze 1 und 2 genannten Personen betraut sind, vor oder fördert diese.
3.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht eine Bewertung der Gefährlichkeit der in Artikel 16 Absätze 1 und 2 genannten Personen und der möglichen Gefahr der Wiederholung der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten durch sie vor, um zu ermitteln, welche Programme oder Massnahmen geeignet sind.
4.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht eine Bewertung der Wirksamkeit der umgesetzten Interventionsprogramme und ‑massnahmen vor.
Art.  16 Adressaten der Interventionsprogramme und -massnahmen
1.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht vor, dass Personen, die wegen einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verfolgt werden, zu den in Artikel 15 Absatz 1 genannten Programmen oder Massnahmen unter Bedingungen, welche die Rechte des Beschuldigten sowie die Erfordernisse eines fairen und unparteiischen Verfahrens nicht beeinträchtigen oder im Widerspruch mit ihnen stehen, und insbesondere unter gebührender Beachtung der im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung geltenden Vorschriften, Zugang haben.
2.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht vor, dass Personen, die wegen der Begehung einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verurteilt wurden, zu den in Artikel 15 Absatz 1 genannten Programmen oder Massnahmen Zugang haben.
3.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht vor, dass Interventionsprogramme oder ‑massnahmen ausgearbeitet oder angepasst werden, die den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder, die Sexualstraftaten begangen haben, einschliesslich derer, die das Alter der strafrechtlichen Verantwortlichkeit noch nicht erreicht haben, gerecht werden, um ihre sexuellen Verhaltensprobleme zu behandeln.
Art.  17 Aufklärung und Zustimmung
1.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht vor, dass die in Artikel 16 genannten Personen, denen Interventionsprogramme oder ‑massnahmen vorgeschlagen werden, umfassend über die Gründe für diesen Vorschlag aufgeklärt werden und dem Programm oder der Massnahme in Kenntnis aller Umstände zustimmen.
2.  Jede Vertragspartei sieht im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht vor, dass die Personen, denen Interventionsprogramme oder ‑massnahmen vorgeschlagen werden, diese ablehnen können und sie, sofern es sich um verurteilte Personen handelt, über die etwaigen Folgen einer Ablehnung aufgeklärt werden.

Kapitel VI: Materielles Strafrecht

Art.  18 Sexueller Missbrauch
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um folgende vorsätzliche Handlungen als Straftaten zu umschreiben:
a) sexuelle Handlungen mit einem Kind, das nach den einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts noch nicht das gesetzliche Alter für sexuelle Handlungen erreicht hat;
b) sexuelle Handlungen mit einem Kind durch: – Nötigung, Gewaltanwendung oder Drohung, oder
– den Missbrauch einer anerkannten Stellung des Vertrauens, der Autorität oder des Einflusses auf das Kind, auch innerhalb der Familie, oder
– die Ausnutzung einer besonderen Hilflosigkeit des Kindes, insbesondere aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder eines Abhängigkeitsverhältnisses.
2.  Für die Zwecke des Absatzes 1 setzt jede Vertragspartei das Alter fest, bis zu dem sexuelle Handlungen mit einem Kind nicht erlaubt sind.
3.  Durch Absatz 1 Buchstabe a sollen nicht die zwischen minderjährigen Personen einvernehmlich vorgenommenen sexuellen Handlungen geregelt werden.
Art.  19 Straftaten im Zusammenhang mit Kinderprostitution
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um folgende vorsätzliche Handlungen als Straftaten zu umschreiben:
a) Anwerbung oder Zuführung eines Kindes zur Prostitution;
b) Nötigung eines Kindes zur Prostitution, Gewinnerzielung hieraus oder sonstige Ausbeutung eines Kindes zu solchen Zwecken;
c) Inanspruchnahme der Prostitution von Kindern.
2.  Im Sinne dieses Artikels bedeutet «Kinderprostitution» die Benutzung eines Kindes bei sexuellen Handlungen, für die Geld oder jede andere Art der Vergütung oder Gegenleistung angeboten oder versprochen wird, unabhängig davon, ob diese Vergütung, dieses Versprechen oder diese Gegenleistung gegenüber dem Kind oder einem Dritten erfolgt.
Art.  20 Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich und rechtswidrig begangen, als Straftaten zu umschreiben:
a) das Herstellen von Kinderpornografie;
b) das Anbieten oder Verfügbarmachen von Kinderpornografie;
c) das Verbreiten oder Übermitteln von Kinderpornografie;
d) das Beschaffen von Kinderpornografie für sich selbst oder einen anderen;
e) den Besitz von Kinderpornografie;
f) den wissentlichen Zugriff auf Kinderpornografie mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien.
2.  Im Sinne dieses Artikels bedeutet «Kinderpornografie» jedes Material mit der bildlichen Darstellung eines Kindes bei wirklichen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen oder jede Abbildung der Geschlechtsteile eines Kindes zu vorwiegend sexuellen Zwecken.
3.  Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 Buchstaben a und e ganz oder teilweise nicht auf das Herstellen und den Besitz pornographischen Materials anzuwenden:
– das ausschliesslich simulierte Darstellungen oder wirklichkeitsnahe Abbildungen eines nicht existierenden Kindes enthält;
– bei dem Kinder dargestellt werden, die das nach Artikel 18 Absatz 2 festgesetzte Alter erreicht haben, wenn diese Bilder von ihnen mit ihrer Zustimmung und allein zu ihrem persönlichen Gebrauch hergestellt worden sind und sich in ihrem Besitz befinden.
4.  Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 Buchstabe f ganz oder teilweise nicht anzuwenden.
Art.  21 Straftaten betreffend die Mitwirkung eines Kindes an pornographischen Darbietungen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, als Straftaten zu umschreiben:
a) Anwerbung eines Kindes zur Mitwirkung an pornographischen Darbietungen oder Veranlassung der Mitwirkung eines Kindes an solchen Darbietungen;
b) Nötigung eines Kindes zur Mitwirkung an pornographischen Darbietungen oder Gewinnerzielung hieraus oder sonstige Ausbeutung eines Kindes zu solchen Zwecken;
c) wissentlicher Besuch pornographischer Darbietungen, an denen Kinder mitwirken.
2.  Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, die Anwendung des Absatzes 1 Buchstabe c auf Fälle zu beschränken, in denen Kinder nach Absatz 1 Buchstabe a oder b angeworben oder genötigt worden sind.
Art.  22 Unsittliches Einwirken auf Kinder
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Handlung, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben, die darin besteht, ein Kind, das noch nicht das in Anwendung von Artikel 18 Absatz 2 festgesetzte Alter erreicht hat, aus sexuellen Gründen zu veranlassen, bei sexuellem Missbrauch oder sexuellen Handlungen zugegen zu sein, selbst wenn es sich nicht daran beteiligen muss.
Art.  23 Kontaktanbahnung zu Kindern zu sexuellen Zwecken
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Handlung eines Erwachsenen, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben, der mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien ein Treffen mit einem Kind, das noch nicht das in Artikel 18 Absatz 2 festgesetzte Alter erreicht hat, vorschlägt, um diesem gegenüber eine Straftat nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a zu begehen, sofern auf diesen Vorschlag auf ein solches Treffen hinführende konkrete Handlungen folgen.
Art.  24 Beihilfe oder Anstiftung und Versuch
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Beihilfe oder Anstiftung zur Begehung einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um den Versuch der Begehung einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben.
3.  Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 2 ganz oder teilweise nicht auf die Straftaten nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben b, d, e und f, 21 Absatz 1 Buchstabe c, 22 und 23 anzuwenden.
Art.  25 Gerichtsbarkeit
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn die Straftat wie folgt begangen wird:
a) in ihrem Hoheitsgebiet;
b) an Bord eines Schiffes, das die Flagge dieser Vertragspartei führt;
c) an Bord eines Luftfahrzeugs, das nach dem Recht dieser Vertragspartei eingetragen ist;
d) von einem ihrer Staatsangehörigen; oder
e) von einer Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat.
2.  Jede Vertragspartei bemüht sich, die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen zu treffen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn die Straftat gegen einen ihrer Staatsangehörigen oder eine Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat, begangen wird.
3.  Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung mitteilen, dass sie sich das Recht vorbehält, die in Absatz 1 Buchstabe e enthaltenen Vorschriften in Bezug auf die Gerichtsbarkeit nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Bedingungen anzuwenden.
4.  Zur Verfolgung der in Übereinstimmung mit den Artikeln 18, 19, 20 Absatz 1 Buchstabe a und 21 Absatz 1 Buchstaben a und b umschriebenen Straftaten trifft jede Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Begründung ihrer Gerichtsbarkeit in Bezug auf Absatz 1 Buchstabe d nicht davon abhängig ist, dass die Handlungen am Tatort strafbar sind.
5.  Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung mitteilen, dass sie sich das Recht vorbehält, die Anwendung des Absatzes 4 in Bezug auf die Straftaten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b zweiter und dritter Anstrich auf die Fälle zu beschränken, in denen ihr Staatsangehöriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat.
6.  Zur Verfolgung der in Übereinstimmung mit den Artikeln 18, 19, 20 Absatz 1 Buchstabe a und 21 umschriebenen Straftaten trifft jede Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Begründung ihrer Gerichtsbarkeit in Bezug auf Absatz 1 Buchstaben d und e nicht davon abhängig ist, dass der Strafverfolgung eine Anzeige des Opfers oder des Staates des Tatorts vorausgegangen ist.
7.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten für den Fall zu begründen, dass der Verdächtige sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und sie ihn nur aufgrund seiner Staatsangehörigkeit nicht an eine andere Vertragspartei ausliefert.
8.  Wird die Gerichtsbarkeit für eine mutmassliche in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebene Straftat von mehr als einer Vertragspartei geltend gemacht, so konsultieren die beteiligten Vertragsparteien einander, soweit angebracht, um die für die Strafverfolgung am besten geeignete Gerichtsbarkeit zu bestimmen.
9.  Unbeschadet der allgemeinen Regeln des Völkerrechts schliesst dieses Übereinkommen die Ausübung einer Strafgerichtsbarkeit durch eine Vertragspartei nach ihrem innerstaatlichen Recht nicht aus.
Art.  26 Verantwortlichkeit juristischer Personen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass juristische Personen für die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verantwortlich gemacht werden können, die zu ihren Gunsten von einer natürlichen Person begangen werden, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person handelt und die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat aufgrund:
a) einer Vertretungsmacht für die juristische Person;
b) einer Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen;
c) einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.
2.  Neben den bereits in Absatz 1 vorgesehenen Fällen trifft jede Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Absatz 1 genannte natürliche Person die Begehung einer in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftat zu Gunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte natürliche Person ermöglicht hat.
3.  Vorbehaltlich der Rechtsgrundsätze der Vertragspartei kann die Verantwortlichkeit einer juristischen Person straf‑, zivil- oder verwaltungsrechtlicher Art sein.
4.  Diese Verantwortlichkeit berührt nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit der natürlichen Personen, welche die Straftat begangen haben.
Art.  27 Sanktionen und Massnahmen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen bedroht werden, die ihrer Schwere Rechnung tragen. Diese schliessen freiheitsentziehende Massnahmen ein, die zur Auslieferung führen können.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass juristische Personen, die nach Artikel 26 verantwortlich gemacht werden, wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen unterliegen, zu denen strafrechtliche oder nicht strafrechtliche Geldsanktionen gehören und andere Massnahmen gehören können, insbesondere:
a) der Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen;
b) das vorübergehende oder dauerhafte Verbot der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit;
c) die gerichtliche Aufsicht;
d) die gerichtlich angeordnete Liquidation.
3.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen:
a) um die Beschlagnahme und Einziehung in Bezug auf Folgendes vorzusehen: – Gegenstände, Schriftstücke oder andere Tatwerkzeuge, die verwendet wurden, um in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebene Straftaten zu begehen oder ihre Begehung zu erleichtern,
– Erträge aus solchen Straftaten oder Vermögenswerte, deren Wert demjenigen solcher Erträge entspricht;
b) um die vorübergehende oder endgültige Schliessung von Einrichtungen, die zur Begehung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten benutzt wurden, unbeschadet der Rechte gutgläubiger Dritter, zu ermöglichen oder um dem Täter vorübergehend oder endgültig die Ausübung einer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit zu untersagen, die Kontakte zu Kindern umfasst und in deren Rahmen diese Straftaten begangen wurden.
4.  Jede Vertragspartei kann andere Massnahmen in Bezug auf die Täter treffen, beispielsweise den Entzug elterlicher Rechte die Nachbetreuung oder die Überwachung verurteilter Personen.
5.  Jede Vertragspartei kann bestimmen, dass die nach diesem Artikel eingezogenen Erträge aus Straftaten oder Vermögenswerte einem besonderen Fonds zugewiesen werden können, um Programme zur Prävention und zur Unterstützung der Opfer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu finanzieren.
Art.  28 Strafverschärfungsgründe
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die folgenden Umstände, soweit sie nicht bereits Tatbestandsmerkmale darstellen, im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts bei der Festsetzung des Strafmasses für die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten als erschwerend berücksichtigt werden können:
a) durch die Straftat wurde die körperliche oder geistige Gesundheit des Opfers schwer geschädigt;
b) Folterungen oder schwere Gewalt gingen der Straftat voraus oder mit ihr einher;
c) die Straftat wurde gegen ein besonders verletzliches Opfer verübt;
d) die Straftat wurde von einem Familienmitglied, einer mit dem Kind zusammenlebenden Person oder einer ihre Autoritätsstellung missbrauchenden Person begangen;
e) die Straftat wurde von mehreren Personen gemeinschaftlich begangen;
f) die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen;
g) der Täter ist bereits wegen gleichartiger Handlungen verurteilt worden.
Art.  29 Vorstrafen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Möglichkeit vorzusehen, bei der Festsetzung des Strafmasses die von einer anderen Vertragspartei wegen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebener Straftaten erlassenen rechtskräftigen Strafurteile zu berücksichtigen.

Kapitel VII: Ermittlungen, Strafverfolgung und Verfahrensrecht

Art.  30 Grundsätze
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass Ermittlungen und Strafverfahren zum Wohl und unter Achtung der Rechte des Kindes durchgeführt werden.
2.  Jede Vertragspartei trägt dem Schutz der Opfer Rechnung, indem sie sicherstellt, dass durch die Ermittlungen und das Strafverfahren das von dem Kind erlittene Trauma nicht verstärkt wird und den strafrechtlichen Massnahmen, soweit angemessen, Unterstützungsmassnahmen folgen.
3.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Ermittlungen und das Strafverfahren vorrangig behandelt und ohne ungerechtfertigte Verzögerung durchgeführt werden.
4.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die nach diesem Kapitel anzuwendenden Massnahmen die Rechte des Beschuldigten sowie die Erfordernisse eines fairen und unparteiischen Verfahrens nach Artikel 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht beeinträchtigen.
5.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um in Übereinstimmung mit den wesentlichen Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts:
– wirksame Ermittlungen wegen und eine wirksame Strafverfolgung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu gewährleisten, die, soweit angemessen, auch die Möglichkeit umfassen, verdeckte Ermittlungen durchzuführen;
– den Ermittlungseinheiten oder ‑diensten zu ermöglichen, die Opfer von in Übereinstimmung mit Artikel 20 umschriebenen Straftaten zu identifizieren, insbesondere durch die Analyse kinderpornographischen Materials, wie Fotografien und audiovisuelle Aufzeichnungen, die über die Kommunikations- und Informationstechnologien übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden.
Art.  31 Allgemeine Schutzmassnahmen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um die Rechte und Interessen der Opfer, insbesondere ihre besonderen Bedürfnisse als Zeugen, in allen Abschnitten der Ermittlungen und des Strafverfahrens zu schützen, indem sie insbesondere:
a) diese über ihre Rechte und die ihnen zur Verfügung stehenden Dienste und – ausser wenn sie dies nicht wünschen – über die aufgrund ihrer Anzeige veranlassten Massnahmen, die Anklagepunkte, den allgemeinen Stand der Ermittlungen oder des Verfahrens und ihre Rolle sowie die in ihrem Fall ergangene Entscheidung unterrichtet;
b) sicherstellt, dass zumindest in den Fällen, in denen die Opfer und ihre Familien in Gefahr sein könnten, diese, sofern erforderlich, über eine vorübergehende oder endgültige Freilassung der verfolgten oder verurteilten Person unterrichtet werden;
c) ihnen in Übereinstimmung mit den Verfahrensvorschriften des innerstaatlichen Rechts die Möglichkeit gibt, gehört zu werden, Beweismittel vorzulegen und die Mittel zu wählen, mit Hilfe derer ihre Ansichten, Bedürfnisse und Sorgen unmittelbar oder über einen Vermittler vorgetragen und geprüft werden;
d) ihnen geeignete Hilfsdienste zur Verfügung stellt, damit ihre Rechte und Interessen in gebührender Weise vorgetragen und berücksichtigt werden;
e) ihre Privatsphäre, ihre Identität und ihr Bildnis schützt und im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht Massnahmen trifft, um die öffentliche Verbreitung von Informationen zu verhindern, die zur Identifikation der Opfer führen könnten;
f) dafür Sorge trägt, dass sie und ihre Familien sowie Belastungszeugen vor Einschüchterung, Vergeltung und davor, erneut Opfer zu werden, sicher sind;
g) sicherstellt, dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen Opfer und Täter in den Räumlichkeiten der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte vermieden wird, sofern die zuständigen Behörden zum Wohl des Kindes oder weil es für die Ermittlungen oder das Verfahren erforderlich ist, nichts anderes beschliessen.
2.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Opfer bereits von ihrem ersten Kontakt mit den zuständigen Behörden an Zugang zu Informationen über die einschlägigen Gerichts- und Verwaltungsverfahren haben.
3.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Opfer, sofern gerechtfertigt unentgeltlich, einen Rechtsbeistand erhalten, wenn sie als Partei in dem Strafverfahren auftreten können.
4.  Jede Vertragspartei sieht die Möglichkeit vor, dass die Justizbehörden einen besonderen Vertreter für das Opfer bestellen, sofern das Opfer nach innerstaatlichem Recht in dem Strafverfahren als Partei auftreten kann und die Inhaber elterlicher Sorge wegen eines Interessenskonflikts zwischen ihnen und dem Opfer von der Vertretung des Kindes in diesem Verfahren ausgeschlossen sind.
5.  Jede Vertragspartei sieht durch gesetzgeberische oder sonstige Massnahmen nach Massgabe ihres innerstaatlichen Rechts für Gruppen, Stiftungen, Vereinigungen oder staatliche oder nichtstaatliche Organisationen die Möglichkeit vor, in Strafverfahren wegen der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten den Opfern beizustehen und/oder sie zu unterstützen, wenn diese einwilligen.
6.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass den Opfern die Auskünfte nach diesem Artikel in einer ihrem Alter und ihrer Reife entsprechenden Weise und in einer ihnen verständlichen Sprache erteilt werden.
Art.  32 Einleitung des Verfahrens
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Ermittlungen wegen oder die Strafverfolgung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten nicht von einer Anzeige oder einer Anklage des Opfers abhängig gemacht werden und das Verfahren fortgeführt werden kann, selbst wenn das Opfer seine Aussage widerruft.
Art.  33 Verjährung
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Verjährungsfrist für die Einleitung der Strafverfolgung wegen den in Übereinstimmung mit den Artikeln 18, 19 Absatz 1 Buchstaben a und b und 21 Absatz 1 Buchstaben a und b umschriebenen Straftaten ausreichend lang ist, um die tatsächliche Einleitung der Strafverfolgung zu ermöglichen, nachdem das Opfer volljährig geworden ist, und im Verhältnis zur Schwere der betreffenden Straftat steht.
Art.  34 Ermittlungen
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die für die Ermittlungen zuständigen Personen, Einheiten oder Dienste auf dem Gebiet der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern spezialisiert sind oder dass Personen zu diesem Zweck geschult werden. Diese Dienste oder Einheiten müssen angemessene finanzielle Mittel erhalten.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass Ungewissheit über das tatsächliche Alter des Opfers die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen nicht verhindert.
Art.  35 Einvernahme des Kindes
1.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass:
a) die Vernehmung des Kindes ohne ungerechtfertigte Verzögerung erfolgt, nachdem den zuständigen Behörden der Sachverhalt zur Kenntnis gebracht worden ist;
b) die Vernehmung des Kindes erforderlichenfalls in zu diesem Zweck gestalteten oder angepassten Räumlichkeiten stattfindet;
c) die Vernehmung des Kindes von zu diesem Zweck geschulten fachkundigen Personen durchgeführt wird;
d) alle Vernehmungen des Kindes, soweit möglich und angemessen, von denselben Personen durchgeführt werden;
e) die Anzahl der Vernehmungen auf ein Mindestmass und das für die Zwecke des Strafverfahrens unbedingt Erforderliche beschränkt wird;
f) das Kind von seinem gesetzlichen Vertreter oder, soweit angemessen, einem Erwachsenen seiner Wahl begleitet werden kann, sofern nicht eine gegenteilige, begründete Entscheidung in Bezug auf diese Person getroffen worden ist.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass nach den Vorschriften ihres innerstaatlichen Rechts die Vernehmung des Opfers oder, soweit angemessen, die Vernehmung eines kindlichen Zeugen auf Video aufgezeichnet werden kann und diese Aufzeichnungen in dem Strafverfahren als Beweismittel zugelassen werden.
3.  Sofern Ungewissheit über das Alter des Opfers und Grund zur Annahme bestehen, dass das Opfer ein Kind ist, so sind die Massnahmen nach den Absätzen 1 und 2 anzuwenden, bis sein Alter überprüft und festgestellt worden ist.
Art.  36 Gerichtsverfahren
1.  Jede Vertragspartei trifft unter gebührender Beachtung der für die Unabhängigkeit der Rechtsberufe geltenden Vorschriften die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass allen am Gerichtsverfahren beteiligten Personen, insbesondere den Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten, Schulungen auf dem Gebiet der Rechte der Kinder, der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern angeboten werden.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass nach den Vorschriften ihres innerstaatlichen Rechts:
a) der Richter anordnen kann, dass die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet;
b) das Opfer vor Gericht vernommen werden kann, ohne dort anwesend zu sein, insbesondere durch den Einsatz geeigneter Kommunikationstechnologien.

Kapitel VIII: Aufzeichnung und Speicherung von Daten

Art.  37 Aufzeichnung und Speicherung nationaler Daten über verurteilte Sexualstraftäter
1.  Zum Zweck der Verhütung und Verfolgung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten trifft jede Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen über den Schutz personenbezogener Daten und anderen im innerstaatlichen Recht vorgesehenen geeigneten Vorschriften und Garantien die Daten über die Identität sowie den genetischen Fingerabdruck (DNA) von Personen aufzuzeichnen und zu speichern, die wegen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verurteilt worden sind.
2.  Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde Name und Anschrift der für die Zwecke des Absatzes 1 zuständigen nationalen Behörde mit.
3.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannten Informationen der zuständigen Behörde einer anderen Vertragspartei im Einklang mit den in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegten Bedingungen und den einschlägigen völkerrechtlichen Übereinkünften übermittelt werden können.

Kapitel IX: Internationale Zusammenarbeit

Art.  38 Allgemeine Grundsätze und Massnahmen der internationalen Zusammenarbeit
1.  Die Vertragsparteien arbeiten untereinander im Einklang mit diesem Übereinkommen im grösstmöglichen Umfang zusammen, indem sie einschlägige geltende internationale und regionale Übereinkünfte sowie Übereinkünfte, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurden, und innerstaatliche Rechtsvorschriften für folgende Zwecke anwenden:
a) die Verhütung und die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern;
b) den Schutz und die Unterstützung von Opfern;
c) die Ermittlungen oder die Verfahren wegen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebener Straftaten.
2.  Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Opfer einer in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen und im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, das nicht das Hoheitsgebiet ist, in dem die Opfer ihren Wohnsitz haben, begangenen Straftat bei den zuständigen Behörden des Wohnsitzstaats Anzeige erstatten können.
3.  Erhält eine Vertragspartei, welche die Rechtshilfe in Strafsachen oder die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Rechtshilfe- oder Auslieferungsersuchen von einer Vertragspartei, mit der sie keinen entsprechenden Vertrag hat, so kann sie dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Rechtshilfe in Strafsachen oder die Auslieferung in Bezug auf die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten ansehen.
4.  Jede Vertragspartei bemüht sich, soweit angemessen, die Verhütung und Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Entwicklungshilfeprogramme zu Gunsten von Drittstaaten aufzunehmen.

Kapitel X: Überwachungsmechanismus

Art.  39 Ausschuss der Vertragsparteien
1.  Der Ausschuss der Vertragsparteien besteht aus den Vertretern der Vertragsparteien des Übereinkommens.
2.  Der Ausschuss der Vertragsparteien wird vom Generalsekretär des Europarats einberufen. Seine erste Sitzung findet innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den zehnten Unterzeichner, der es ratifiziert hat, statt. Danach tritt der Ausschuss immer dann zusammen, wenn mindestens ein Drittel der Vertragsparteien oder der Generalsekretär dies beantragt.
3.  Der Ausschuss der Vertragsparteien gibt sich eine Geschäftsordnung.
Art.  40 Andere Vertreter
1.  Die Parlamentarische Versammlung des Europarats, der Menschenrechtskommissar, der Europäische Ausschuss für Strafrechtsfragen (CDPC) sowie weitere einschlägige zwischenstaatliche Ausschüsse des Europarats benennen jeweils einen Vertreter für den Ausschuss der Vertragsparteien.
2.  Das Ministerkomitee kann weitere Organe des Europarats auffordern, einen Vertreter für den Ausschuss der Vertragsparteien zu benennen, nachdem es diesen konsultiert hat.
3.  Vertreter der Zivilgesellschaft und insbesondere der nichtstaatlichen Organisationen können nach dem durch die einschlägigen Vorschriften des Europarats festgelegten Verfahren im Ausschuss der Vertragsparteien als Beobachter zugelassen werden.
4.  Die nach den Absätzen 1–3 benannten Vertreter nehmen an den Sitzungen des Ausschusses der Vertragsparteien ohne Stimmrecht teil.
Art.  41 Aufgaben des Ausschusses der Vertragsparteien
1.  Der Ausschuss der Vertragsparteien überwacht die Durchführung dieses Übereinkommens. In der Geschäftsordnung des Ausschusses der Vertragsparteien ist das Verfahren zur Bewertung der Durchführung des Übereinkommens festgelegt.
2.  Der Ausschuss der Vertragsparteien erleichtert die Sammlung, Analyse und den Austausch von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den Staaten, um ihre Fähigkeit zu verbessern, sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhüten und zu bekämpfen.
3.  Der Ausschuss der Vertragsparteien wird gegebenenfalls auch:
a) die wirksame Anwendung und Durchführung dieses Übereinkommens erleichtern oder verbessern, einschliesslich der Feststellung aller damit zusammenhängenden Probleme sowie der Auswirkungen aller Erklärungen oder Vorbehalte zu diesem Übereinkommen;
b) eine Stellungnahme zu allen Fragen, welche die Anwendung dieses Übereinkommens betreffen, abgeben und den Informationsaustausch über wichtige rechtliche, politische oder technische Entwicklungen erleichtern.
4.  Der Ausschuss der Vertragsparteien wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach diesem Artikel vom Sekretariat des Europarats unterstützt.
5.  Der CDPC wird in regelmässigen Zeitabständen über die Tätigkeiten nach den Absätzen 1−3 unterrichtet.

Kapitel XI: Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften

Art.  42 Verhältnis zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und dem Fakultativprotokoll zu jenem Übereinkommen betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie
Dieses Übereinkommen lässt die Rechte und Pflichten aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und dem Fakultativprotokoll zu jenem Übereinkommen betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie unberührt; es soll den darin vorgesehenen Schutz verstärken und die darin enthaltenen Standards fortentwickeln und ergänzen.
Art.  43 Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften
1.  Dieses Übereinkommen lässt die Rechte und Pflichten aus anderen völkerrechtlichen Übereinkünften unberührt, denen die Vertragsparteien dieses Übereinkommens jetzt oder künftig als Vertragsparteien angehören und die Bestimmungen zu durch dieses Übereinkommen geregelten Fragen enthalten und die in grösserem Umfang Schutz und Unterstützung für Kinder, die Opfer von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch geworden sind, gewährleisten.
2.  Die Vertragsparteien des Übereinkommens können untereinander zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte über Fragen schliessen, die in diesem Übereinkommen geregelt sind, um seine Bestimmungen zu ergänzen oder zu verstärken oder die Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze zu erleichtern.
3.  Unbeschadet des Ziels und Zwecks dieses Übereinkommens und seiner uneingeschränkten Anwendung gegenüber anderen Vertragsparteien wenden Vertragsparteien, die Mitglieder der Europäischen Union sind, in ihren Beziehungen untereinander die Vorschriften der Gemeinschaft und der Europäischen Union an, soweit es für die betreffende Frage Vorschriften der Gemeinschaft oder der Europäischen Union gibt und diese auf den konkreten Fall anwendbar sind.

Kapitel XII: Änderungen des Übereinkommens

Art.  44 Änderungen
1.  Jeder Änderungsvorschlag einer Vertragspartei zu diesem Übereinkommen wird an den Generalsekretär des Europarats übermittelt, der ihn an die Mitgliedstaaten des Europarats, jeden Unterzeichner, jeden Vertragsstaat, die Europäische Gemeinschaft, jeden nach Artikel 45 Absatz 1 zur Unterzeichnung des Übereinkommens und jeden nach Artikel 46 Absatz 1 zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladenen Staat weiterleitet.
2.  Jede von einer Vertragspartei vorgeschlagene Änderung wird dem CDPC übermittelt; dieser unterbreitet dem Ministerkomitee seine Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag.
3.  Das Ministerkomitee prüft den Änderungsvorschlag und die vom CDPC unterbreitete Stellungnahme und kann nach Konsultation der Nichtmitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, die Änderung beschliessen.
4.  Der Wortlaut jeder vom Ministerkomitee nach Absatz 3 beschlossenen Änderung wird den Vertragsparteien zur Annahme übermittelt.
5.  Jede nach Absatz 3 beschlossene Änderung tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von einem Monat nach dem Tag folgt, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär mitgeteilt haben, dass sie die Änderung angenommen haben.

Kapitel XIII: Schlussbestimmungen

Art.  45 Unterzeichnung und Inkrafttreten
1.  Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, die Nichtmitgliedstaaten, die sich an seiner Ausarbeitung beteiligt haben, und für die Europäische Gemeinschaft zur Unterzeichnung auf.
2.  Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations‑, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
3.  Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Unterzeichner, darunter mindestens drei Mitgliedstaaten des Europarats, nach Absatz 2 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
4.  Drückt ein in Absatz 1 genannter Staat oder die Europäische Gemeinschaft seine oder ihre Zustimmung, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, später aus, so tritt es für ihn oder sie am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikations‑, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Art.  46 Beitritt zum Übereinkommen
1.  Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats nach Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens und mit deren einhelliger Zustimmung jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der sich nicht an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt hat, einladen, dem Übereinkommen beizutreten; der Beschluss dazu wird mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats⁷ vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefasst.
2.  Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
⁷ SR 0.192.030
Art.  47 Räumlicher Geltungsbereich
1.  Jeder Staat oder die Europäische Gemeinschaft kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
2.  Jede Vertragspartei kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, für dessen internationale Beziehungen sie verantwortlich ist oder in dessen Namen Verpflichtungen einzugehen sie ermächtigt ist. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
3.  Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art.  48 Vorbehalte
Mit Ausnahme der ausdrücklich vorgesehenen Vorbehalte sind Vorbehalte zu diesem Übereinkommen nicht zulässig. Sie können jederzeit zurückgenommen werden.
Art.  49 Kündigung
1.  Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
2.  Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art.  50 Notifikation
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, jedem Unterzeichnerstaat, jedem Vertragsstaat, der Europäischen Gemeinschaft, jedem nach Artikel 45 zur Unterzeichnung dieses Übereinkommens und jedem nach Artikel 46 zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staat:
a) jede Unterzeichnung;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 45 und 46;
d) jede nach Artikel 44 beschlossene Änderung sowie den Zeitpunkt, zu dem sie in Kraft tritt;
e) jeden Vorbehalt nach Artikel 48.
f) jede Kündigung nach Artikel 49;
g) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit dem Übereinkommen;

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Lanzarote am 25. Oktober 2007 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt haben, der Europäischen Gemeinschaft und allen zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 14. Juli 2023 ⁸

⁸ AS 2014 1165 ; 2015  3123 ; 2016  2893 ; 2019  1957 ; 2020  4557 ; 2023 383 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereichs ist auf der Publikationsplattform des Bundesrechts «Fedlex» unter folgender Adresse veröffentlicht www.fedlex.admin.ch/de/treaty

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Inkrafttreten

Albanien

14. April

2009

  1. Juli

2010

Andorra*

30. April

2014

  1. August

2014

Armenien*

17. September

2020

  1. Januar

2021

Aserbaidschan*

19. Dezember

2019

  1. April

2020

Belgien* **

  8. März

2013

  1. Juli

2013

Bosnien und Herzegowina*

14. November

2012

  1. März

2013

Bulgarien*

15. Dezember

2011

  1. April

2012

Dänemark*

18. November

2009

  1. Juli

2010

Deutschland* **

18. November

2015

  1. März

2016

Estland*

22. November

2016

  1. März

2017

Finnland

  9. Juni

2011

  1. Oktober

2011

Frankreich*

27. September

2010

  1. Januar

2011

Georgien*

23. September

2014

  1. Januar

2015

Griechenland**

10. März

2009

  1. Juli

2010

Irland*

21. Dezember

2020

  1. April

2021

Island

20. September

2012

  1. Januar

2013

Italien

  3. Januar

2013

  1. Mai

2013

Kroatien

21. September

2011

  1. Januar

2012

Lettland*

18. August

2014

  1. Dezember

2014

Liechtenstein*

11. September

2015

  1. Januar

2016

Litauen

  9. April

2013

  1. August

2013

Luxemburg

  9. September

2011

  1. Januar

2012

Malta

  6. September

2010

  1. Januar

2011

Moldau

12. März

2012

  1. Juli

2012

Monaco*

  7. Oktober

2014

  1. Februar

2015

Montenegro*

29. November

2010

  1. März

2011

Niederlande*

  1. März

2010

  1. Juli

2010

Nordmazedonien

11. Juni

2012

  1. Oktober

2012

Norwegen*

13. Juni

2018

  1. Oktober

2018

Österreich* **

25. Februar

2011

  1. Juni

2011

Polen*

20. Februar

2015

  1. Juni

2015

Portugal

23. August

2012

  1. Dezember

2012

Rumänien

17. Mai

2011

  1. September

2011

Russland*

  9. August

2013

  1. Dezember

2013

San Marino

22. März

2010

  1. Juli

2010

Schweden*

28. Juni

2013

  1. Oktober

2013

Schweiz*

18. März

2014

  1. Juli

2014

Serbien

29. Juli

2010

  1. November

2010

Slowakei*

  1. März

2016

  1. Juli

2016

Slowenien*

26. September

2013

  1. Januar

2014

Spanien*

  5. August

2010

  1. Dezember

2010

Tschechische Republik*

  2. Mai

2016

  1. September

2016

Tunesien*

15. Oktober

2019 B

  1. Februar

2020

Türkei

  7. Dezember

2011

  1. April

2012

Ukraine*

27. August

2012

  1. Dezember

2012

Ungarn*

  3. August

2015

  1. Dezember

2015

Vereinigtes Königreich*

20. Juni

2018

  1. Oktober

2018

Zypern

12. Februar

2015

  1. Juni

2015

* Vorbehalte und Erklärungen.
** Einwendungen.
Die Vorbehalte, Erklärungen und Einwendungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme der Vorbehalte und Erklärungen der Schweiz.. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite des Europarates: www.coe.int > Deutsch > Mehr > Vertragsbüro > Gesamtverzeichnis eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.

Vorbehalte und Erklärungen

Schweiz
Vorbehalt zu Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a und e
Gestützt auf Artikel 20 Absatz 3 zweiter Anstrich behält sich die Schweiz das Recht vor, Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a und e nicht anzuwenden auf die Herstellung und den Besitz pornografischen Materials, in dem Kinder dargestellt werden, die das länderspezifische Mündigkeitsalter erreicht haben, wenn diese Bilder von ihnen mit ihrer Zustimmung und allein zu ihrem persönlichen Gebrauch hergestellt worden sind und sich in ihrem Besitz befinden.
Vorbehalt zu Artikel 24 Absatz 2
Gestützt auf Artikel 24 Absatz 3 behält sich die Schweiz das Recht vor, Artikel 24 Absatz 2 nicht anzuwenden auf den Versuch einer Straftat nach Artikel 23.
Vorbehalt zu Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe e
Gestützt auf Artikel 25 Absatz 3 behält sich die Schweiz das Recht vor, Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe e nicht anzuwenden.
Mitteilung nach Artikel 37 Absatz 2
Zuständige Behörde für die Entgegennahme und Aufbewahrung von Daten nach Artikel 37 Absatz 1 ist das Bundesamt für Polizei (fedpol) des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Nussbaumstrasse 29, 3003 Bern.
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