PsychKHG
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Gesetz Nr. 2069 über Hilfen bei psychischen Erkrankungen (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG) Vom 16. März 2022

Gesetz Nr. 2069 über Hilfen bei psychischen Erkrankungen (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG) Vom 16. März 2022
Zum 16.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz Nr. 2069 über Hilfen bei psychischen Erkrankungen (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG) vom 16. März 202215.04.2022
Eingangsformel15.04.2022
Inhaltsverzeichnis15.04.2022
Teil 1 - Allgemeine Bestimmungen15.04.2022
§ 1 - Anwendungsbereich15.04.2022
§ 2 - Grundsätze15.04.2022
Teil 2 - Stärkung der psychiatrischen Versorgung15.04.2022
§ 3 - Hilfen15.04.2022
§ 4 - Sozialpsychiatrischer Dienst15.04.2022
§ 5 - Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagement15.04.2022
§ 6 - Zusammenarbeit und Prävention15.04.2022
§ 7 - Saarländischer Psychiatrie-Expertenrat15.04.2022
§ 8 - Psychiatriebericht15.04.2022
§ 9 - Landespsychiatrieplan15.04.2022
Teil 3 - Öffentlich-rechtliche Unterbringung15.04.2022
Abschnitt 1 - Voraussetzungen, Einrichtungen, Fachaufsicht, Besuchskommission15.04.2022
§ 10 - Voraussetzung der Unterbringung, Verhältnismäßigkeit15.04.2022
§ 11 - Ziel der Unterbringung15.04.2022
§ 12 - Rechtsstellung der untergebrachten Person15.04.2022
§ 13 - Einrichtungen zur Unterbringung15.04.2022
§ 14 - Fachaufsicht15.04.2022
§ 15 - Besuchskommission15.04.2022
Abschnitt 2 - Zuständigkeit, Ärztliches Zeugnis, Verfahren, vorläufige Unterbringung15.04.2022
§ 16 - Zuständigkeit15.04.2022
§ 17 - Ärztliches Zeugnis15.04.2022
§ 18 - Verfahren der Unterbringung15.04.2022
§ 19 - Vorläufige Unterbringung15.04.2022
Abschnitt 3 - Gestaltung der Unterbringung und Behandlung15.04.2022
§ 20 - Aufnahme15.04.2022
§ 21 - Behandlung15.04.2022
§ 22 - Gestaltung der Unterbringung, Belastungserprobung15.04.2022
§ 23 - Besuche15.04.2022
§ 24 - Persönliches Eigentum, Telefonverkehr15.04.2022
§ 25 - Schriftverkehr15.04.2022
§ 26 - Recht auf Religionsausübung15.04.2022
Abschnitt 4 - Sicherungsmaßnahmen15.04.2022
§ 27 - Durchsuchung15.04.2022
§ 28 - Besondere Sicherungsmaßnahmen in Gefahrensituationen15.04.2022
§ 29 - Sicherungsmaßnahmen beim Risiko des Entweichens15.04.2022
§ 30 - Unmittelbarer Zwang15.04.2022
Abschnitt 5 - Beendigung der Unterbringung, Kosten15.04.2022
§ 31 - Beendigung der Unterbringung15.04.2022
§ 32 - Kosten15.04.2022
Abschnitt 6 - Aktenführung, Melderegister, Auskünfte15.04.2022
§ 33 - Aktenführung15.04.2022
§ 34 - Melderegister15.04.2022
§ 35 - Auskünfte15.04.2022
§ 36 - Information der betroffenen Person, Auskunfts- und Einsichtsrecht15.04.2022
Abschnitt 7 - Datenschutz15.04.2022
§ 37 - Datenschutz15.04.2022
§ 38 - Datenschutz bei Forschungsvorhaben15.04.2022
Teil 4 - Schlussvorschriften15.04.2022
§ 39 - Einschränkung von Grundrechten15.04.2022
§ 40 - Erlass von Verwaltungsvorschriften15.04.2022
§ 41 - Belastungsausgleich15.04.2022
§ 42 - Inkrafttreten15.04.2022
Der Landtag des Saarlandes hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Inhaltsübersicht
Teil 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1Anwendungsbereich
§ 2Grundsätze
Teil 2 Stärkung der psychiatrischen Versorgung
§ 3Hilfen
§ 4Sozialpsychiatrischer Dienst
§ 5Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagement
§ 6Zusammenarbeit und Prävention
§ 7Saarländischer Psychiatrie-Expertenrat
§ 8Psychiatriebericht
§ 9Landespsychiatrieplan
Teil 3 Öffentlich-rechtliche Unterbringung
Abschnitt 1 Voraussetzungen, Einrichtungen, Fachaufsicht, Besuchskommission
§ 10Voraussetzung der Unterbringung, Verhältnismäßigkeit
§ 11Ziel der Unterbringung
§ 12Rechtsstellung der untergebrachten Personen
§ 13Einrichtungen der Unterbringung
§ 14Fachaufsicht
§ 15Besuchskommission
Abschnitt 2 Zuständigkeit, Ärztliches Zeugnis, Verfahren, vorläufige Unterbringung
§ 16Zuständigkeit
§ 17Ärztliches Zeugnis
§ 18Verfahren der Unterbringung
§ 19Vorläufige Unterbringung
Abschnitt 3 Gestaltung der Unterbringung und Behandlung
§ 20Aufnahme
§ 21Behandlung
§ 22Gestaltung der Unterbringung, Belastungserprobung
§ 23Besuche
§ 24Persönliches Eigentum, Telefonverkehr
§ 25Schriftverkehr
§ 26Recht auf Religionsausübung
Abschnitt 4 Sicherungsmaßnahmen
§ 27Durchsuchung
§ 28Besondere Sicherungsmaßnahmen in Gefahrensituationen
§ 29Sicherungsmaßnahmen beim Risiko des Entweichens
§ 30Unmittelbarer Zwang
Abschnitt 5 Beendigung der Unterbringung, Kosten
§ 31Beendigung der Unterbringung
§ 32Kosten
Abschnitt 6 Aktenführung, Melderegister, Auskünfte
§ 33Aktenführung
§ 34Melderegister
§ 35Auskünfte
§ 36Information der betroffenen Person, Auskunfts- und Einsichtsrecht
Abschnitt 7 Datenschutz
§ 37Datenschutz
§ 38Datenschutz bei Forschungsvorhaben
Teil 4 Schlussvorschriften
§ 39Einschränkung von Grundrechten
§ 40Erlass von Verwaltungsvorschriften
§ 41Belastungsausgleich
§ 42Inkrafttreten

Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

1
Dieses Gesetz regelt die Beratung, Hilfe- und Schutzmaßnahmen einschließlich der öffentlich-rechtlichen Unterbringung für Personen, die infolge einer psychischen Störung oder psychischen Erkrankung funktionseingeschränkt, krank oder behindert sind.
2
Hierzu zählt auch eine mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehende Abhängigkeit von Suchtstoffen.

§ 2 Grundsätze

(1)
1
Bei allen Hilfen und Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes sind die Würde der Betroffenen zu schützen und ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren.
2
Auf die Beachtung des Rechts auf Selbstbestimmung der Menschen mit psychischen Erkrankungen ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen.
(2) Ziel des Gesetzes ist es, geeignete Hilfen anzubieten und Zwangsmaßnahmen soweit als möglich zu vermeiden.

Teil 2 Stärkung der psychiatrischen Versorgung

§ 3 Hilfen

(1)
1
Hilfen nach diesem Gesetz sind Leistungen, die über die Hilfen nach anderen Rechtsvorschriften hinaus Personen nach § 1 befähigen sollen, eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu leben.
2
Zu den Hilfen gehören insbesondere die Beratung, Betreuung, Hinführung zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung, die Vermittlung von Hilfen zur Selbsthilfe und Angeboten der Sozialen Arbeit sowie ehrenamtliche Hilfen.
(2)
1
Beratung und Informationsangebote können auch Personen in Anspruch nehmen, die mit einer psychisch kranken Person in Beziehung stehen.
2
Sie sollen Verständnis für die besondere Lage der psychisch erkrankten Person wecken und insbesondere die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Unterstützung der psychisch erkrankten Person fördern.
(3) Im Rahmen einer bedarfsgerechten Versorgung werden Hilfen nach diesem Gesetz ergänzend zu Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erbracht.

§ 4 Sozialpsychiatrischer Dienst

(1)
1
Zu den Aufgaben der bei den Landkreisen und beim Regionalverband Saarbrücken eingerichteten Sozialpsychiatrischen Dienste gehört die Beratung und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie die Initiierung und Koordinierung von Hilfsmaßnahmen, die Hinführung zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung, die Vermittlung von Hilfen zur Selbsthilfe.
2
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben haben die Sozialpsychiatrischen Dienste insbesondere darauf hinzuwirken, dass die von niedergelassenen Leistungserbringern, Krankenhäusern, den Leistungserbringern der Eingliederungs- und Kinder- und Jugendhilfe, den Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts, den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und allen sonstigen geeigneten öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Organisationen, Einrichtungen und Stellen angebotenen Hilfen vorrangig in Anspruch genommen werden.
3
Die Sozialpsychiatrischen Dienste sollen auch darauf hinwirken, dass betroffene Personen etwaige Ansprüche nach dem Neunten und Elften Buch Sozialgesetzbuch geltend machen.
4
Soweit und solange eine Inanspruchnahme der in Satz 2 genannten Hilfsangebote nicht möglich ist, soll der Sozialpsychiatrische Dienst die erforderliche ambulante ärztliche, psychotherapeutische und psychosoziale Beratung und Betreuung selbst durchführen.
(2) Die Leistungen umfassen die Sozialpsychiatrische Vorsorge, Nachsorge und die Psychosoziale Krisenintervention, auch aufsuchend, sowie die Vermittlung sozialer Hilfen für insbesondere chronisch psychisch kranke oder behinderte Menschen, die nicht mehr oder noch nicht zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage sind.
(3)
1
Die Hilfen werden von qualifizierten Fachkräften erbracht.
2
Sie ergänzen die ärztlich-psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung.
3
Die Sozialpsychiatrischen Dienste sollen daher insbesondere eng mit Ärztinnen und Ärzten, Psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten, ambulanten Pflegediensten sowie der rechtlichen Betreuung sowie Bevollmächtigten zusammenarbeiten.
4
Diese Zusammenarbeit schließt den niedergelassenen Bereich sowie Krankenhäuser, Tageskliniken und Institutsambulanzen im Einzugsbereich des jeweiligen Sozialpsychiatrischen Dienstes ein.
(4) Für eine Person mit psychischen Erkrankungen ist der Sozialpsychiatrische Dienst zuständig, in dessen Einzugsgebiet diese Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte oder in dem der Anlass für ein Tätigwerden hervortritt.

§ 5 Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagement

1
Die Selbsthilfe für Personen mit psychischen Erkrankungen und ihre Angehörigen sowie das bürgerschaftliche Engagement für Personen mit psychischen Erkrankungen und ihre Angehörigen sind zu unterstützen und zu fördern und in die Versorgung einzubeziehen.
2
Soweit dies dem Bedarf und den Wünschen der Personen mit psychischen Erkrankungen entspricht, haben diese Hilfen Vorrang vor öffentlichen Hilfen.

§ 6 Zusammenarbeit und Prävention

(1)
1
Zur Sicherstellung der psychiatrischen, psychotherapeutischen, psychosomatischen oder sozialen Versorgung sowie zur Unterstützung und Ergänzung der eigenen Maßnahmen arbeiten die Träger der Hilfen insbesondere mit
1.
Betroffenen- und Angehörigenorganisationen (Selbsthilfe),
2.
Krankenhäusern,
3.
niedergelassenen (Fach-)Ärztinnen und (Fach-)Ärzten,
4.
niedergelassenen psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten,
5.
Einrichtungen der Suchthilfe,
6.
sonstigen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens,
7.
Eingliederungs-, Sozial- und Jugendhilfe,
8.
Betreuungsbehörden und -vereinen sowie
9.
mit Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege
10.
Wohnungslosenhilfe
vertrauensvoll zusammen.
2
Ziel der Zusammenarbeit ist auch, psychischen Störungen, insbesondere psychischen Erkrankungen, möglichst vorzubeugen, Unterbringungen zu vermeiden, Personen nach § 1 in ihren Fähigkeiten zur Selbsthilfe zu stärken und ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern.
(2)
1
Auf Ebene der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken soll je eine regionale Psychiatriekommission gebildet werden.
2
Hierzu schließen sich alle wesentlichen Träger und Leistungserbringer sowie die Angebote zur Selbsthilfe zum Zwecke der Kooperation zusammen.
3
Sie verpflichten sich in einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung zur Kooperation sowie zur Organisation umfassender psychiatrischer Hilfen, vor allem für Menschen mit schweren akuten und langdauernden psychischen Erkrankungen und einem komplexen Hilfebedarf, die ihre erforderlichen Leistungen nicht selbst koordinieren können.
4
Hierbei wird ein besonderes Augenmerk gerichtet auf:
1.
Beachtung des Rechts auf Selbstbestimmung der Menschen mit psychischen Erkrankungen,
2.
Maßnahmen zur Vermeidung von Zwang,
3.
personenzentrierte Organisation der Hilfen,
4.
Vorrang nicht-psychiatrischer Hilfen,
5.
Zusammenarbeit mit Angehörigen und sonstigen Bezugspersonen,
6.
Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen,
7.
Beachtung des Datenschutzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

§ 7 Saarländischer Psychiatrie-Expertenrat

(1) Der Saarländische Psychiatrie-Expertenrat (SPE) unterstützt das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bei der Psychiatrieplanung und -weiterentwicklung.
(2) Der Vorsitz und die Geschäftsführung obliegen dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.
(3) Der Saarländische Psychiatrie-Expertenrat gibt sich eine Geschäftsordnung.

§ 8 Psychiatriebericht

1
Die Landesregierung berichtet dem Landtag einmal in der Legislaturperiode über die Situation der psychiatrischen Versorgung im Saarland.
2
Der Bericht soll epidemiologische Basisdaten bezogen auf die Wohnbevölkerung des Saarlandes enthalten sowie die bestehende Versorgungslandschaft gemäß Sozialgesetzbuch abbilden und Veränderungen deutlich machen.

§ 9 Landespsychiatrieplan

(1) Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie erstellt einen Landespsychiatrieplan.
(2) Der Landespsychiatrieplan enthält die Rahmenplanung für die psychiatrische Versorgung im Saarland.
(3) Bei der Erstellung des Landespsychiatrieplans wird das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie vom Saarländischen Psychiatrie-Expertenrat beraten.
(4)
1
Der Landespsychiatrieplan wird je nach Bedarf fortgeschrieben.
2
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie prüft jeweils alle fünf Jahre, ob eine Fortschreibung erforderlich ist.

Teil 3 Öffentlich-rechtliche Unterbringung

Abschnitt 1 Voraussetzungen, Einrichtungen, Fachaufsicht, Besuchskommission

§ 10 Voraussetzung der Unterbringung, Verhältnismäßigkeit

(1) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn eine Person nach § 1 gegen ihren Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in eine Einrichtung nach diesem Gesetz eingewiesen wird oder in der Einrichtung verbleiben soll.
(2)
1
Eine Person nach § 1 darf nur untergebracht werden, wenn und solange durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aufgehoben ist und gegenwärtig ihr Leben, ihre Gesundheit oder andere eigene bedeutende Rechtsgüter oder bedeutende Rechtsgüter Dritter erheblich gefährdet und diese Gefahr nicht durch weniger einschneidende Mittel abgewendet werden kann.
2
Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des Satzes 1 besteht dann, wenn infolge der psychischen Erkrankung ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.
3
Die fehlende Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, rechtfertigt für sich allein keine Unterbringung.
(3)
1
Die Unterbringung darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.
2
Sie ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.
3
Dies gilt entsprechend für Maßnahmen während der Unterbringung.
4
Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die untergebrachte Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
(4) Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Unterbringung finden keine Anwendung, wenn eine Person durch eine hierzu befugte andere Person in Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches mit richterlicher Genehmigung untergebracht ist und die in Absatz 2 Satz 1 genannten Gefahren dadurch sämtlich abgewendet sind.
(5)
1
Die Unterbringung kann nur vollzogen werden, wenn keine Maßnahmen nach den §§ 81, 126a der Strafprozessordnung oder den §§ 63, 64 und 67a des Strafgesetzbuches, gegebenenfalls in Verbindung mit § 7 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes, getroffen sind.
2
Ist jemand auf Grund dieses Gesetzes untergebracht und werden Maßnahmen auf Grund der in Satz 1 genannten Bestimmungen getroffen, ist die Unterbringungsanordnung nach diesem Gesetz außer Vollzug zu setzen.
3
Sie kann aufgehoben werden, wenn nach den Umständen nicht zu erwarten ist, dass die Unterbringungsanordnung später wieder vollzogen werden muss.

§ 11 Ziel der Unterbringung

(1) Ziel der Unterbringung ist es einerseits, die untergebrachte Person zu behandeln, ihren Gesundheitszustand zu verbessern, ihre Selbstbestimmung wiederherzustellen und ihren Zustand soweit zu stabilisieren, dass von ihr keine Gefährdungen nach § 10 Absatz 2 mehr ausgehen, sowie andererseits die von ihr ausgehenden Gefahren abzuwehren.
(2) Bei allen Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes soll auf das Alter, das Geschlecht, die ethnische Herkunft, den Gesundheitszustand, das Vorliegen einer Behinderung und die Lebensumstände der untergebrachten Person Rücksicht genommen werden.

§ 12 Rechtsstellung der untergebrachten Person

(1)
1
Der untergebrachten Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung unerlässlich sind.
2
Alle Beschränkungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und hinsichtlich ihrer Notwendigkeit ständig überprüft werden.
(2)
1
Der untergebrachten Person ist Gelegenheit zu geben, an der Gestaltung ihrer Behandlung und der weiteren Maßnahmen mitzuwirken.
2
Ihre Bereitschaft zur Mitwirkung ist zu wecken und zu fördern.
(3)
1
Im Rahmen der Unterbringung getroffene Entscheidungen und Anordnungen sind der untergebrachten Person unverzüglich bekannt zu geben und, soweit es ihr Gesundheitszustand zulässt, zu erläutern.
2
Hat die untergebrachte Person einen Vertreter, wird dieser über wesentliche Entscheidungen und Anordnungen informiert.
3
Weitergehende Beteiligungsrechte rechtlicher Betreuer, Vorsorgebevollmächtigter und Sorgeberechtigter nach diesem Gesetz oder allgemeinen Vorschriften bleiben unberührt.

§ 13 Einrichtungen zur Unterbringung

(1)
1
Die Unterbringung erfolgt möglichst wohnortnah in psychiatrischen Fachkrankenhäusern, in psychiatrischen Fachabteilungen von Allgemeinkrankenhäusern, in psychiatrischen Hochschulkliniken, in psychiatrischen Fachabteilungen von Hochschulkliniken.
2
Eine Unterbringung von Kindern und Jugendlichen erfolgt in Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, in Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie von Allgemeinkrankenhäusern, Kinder- und Hochschulkliniken.
3
Die Unterbringung soll so weit wie möglich in offenen und freien Formen durchgeführt werden, soweit der Zweck der Unterbringung dies zulässt und dies von der ärztlichen Leitung der Einrichtung verantwortet wird.
(2) Die Krankenhäuser für Psychiatrie und Psychotherapie und Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie die entsprechenden Fachabteilungen von Allgemeinkrankenhäusern und Hochschulkliniken können vom fachlich zuständigen Ministerium einen regionalen Pflichtversorgungsauftrag erhalten.
(3)
1
Bei der Auswahl der Einrichtung sollen die Wünsche der unterzubringenden Person und die Wohnortnähe berücksichtigt werden.
2
Die in Absatz 2 genannte Versorgungsverpflichtung bleibt unberührt.
(4)
1
Die Einrichtungen müssen so ausgestattet sein, dass eine auf die unterschiedlichen Anforderungen der untergebrachten Personen abgestimmte Unterbringung und Behandlung ermöglicht und die soziale Wiedereingliederung der untergebrachten Personen gefördert wird.
2
Kinder und Jugendliche sind in Krankenhäusern oder Fachabteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie unterzubringen.
(5)
1
Die Einrichtungen sollen grundsätzlich offen und genesungsfördernd ausgestaltet sein.
2
Gleichzeitig müssen sie über die erforderlichen Sicherungsvorkehrungen verfügen, um zu verhindern, dass sich untergebrachte Personen der Unterbringung entziehen.
(6)
1
Sofern die Träger der nach Absatz 1 genannten Einrichtungen keine juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind, bedarf die Übertragung der Aufgabe der Unterbringung einer Beleihung mit den für die Durchführung dieser Aufgabe erforderlichen hoheitlichen Befugnissen.
2
Die Beleihung erfolgt durch Bescheid des zuständigen Ministeriums an den Krankenhausträger.
3
Die Übertragung der Aufgaben der Unterbringung darf nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 4 und 5 erfüllt sind.
4
Verantwortlich für die Wahrnehmung der Aufgaben im Zusammenhang mit der Unterbringung ist die fachliche Leitung der Einrichtung.
5
Die fachliche Leitung der Einrichtung und die Stellvertretung werden widerruflich vom zuständigen Ministerium für die Durchführung der Aufgaben nach diesem Gesetz bestellt.
6
Die vorgeschlagenen Personen müssen fachlich und persönlich geeignet sein.

§ 14 Fachaufsicht

(1)
1
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie führt die Fachaufsicht über die Unterbringungen nach diesem Gesetz.
2
Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ist dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Einsicht in Patientenakten und sonstige Schriftstücke sowie Zugang zu den Räumlichkeiten der Einrichtungen zu gewähren, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(2) Die Einrichtungen unterrichten das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie über alle wesentlichen Angelegenheiten und über besondere Vorkommnisse und erteilen auf Anfrage die erforderlichen Auskünfte.

§ 15 Besuchskommission

(1)
1
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie beruft unabhängige Besuchskommissionen.
2
Diese überprüfen, ob die Einrichtungen die Vorschriften dieses Gesetzes einhalten, insbesondere die mit der Unterbringung und der Behandlung verbundenen Aufgaben erfüllen und die Rechte der untergebrachten Personen wahren.
3
Dabei können die untergebrachten Personen Wünsche und Beschwerden vorbringen.
(2)
1
Jeder Besuchskommission gehören mindestens an:
1.
eine Beamtin oder ein Beamter des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes, die oder der die Geschäfte der Kommission führt,
2.
eine Fachärztin oder ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, beim Besuch der Einrichtung für Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
3.
eine Betreuungsrichterin oder ein Betreuungsrichter, beim Besuch einer Einrichtung für Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Familienrichterin oder ein Familienrichter, soweit diese weder in der zu besichtigenden Einrichtung tätig noch mit der Bearbeitung von Unterbringungssachen im Amtsgerichtsbezirk der zu besichtigenden Einrichtung unmittelbar befasst sind,
4.
eine Gesundheits- oder Krankenpflegerin oder ein Gesundheits- oder Krankenpfleger mit Berufserfahrung im Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie,
5.
eine psychologische Psychotherapeutin oder ein psychologischer Psychotherapeut, beim Besuch einer Einrichtung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie eine psychologische Psychotherapeutin oder ein psychologischer Psychotherapeut mit Erfahrung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie,
6.
eine psychiatrieerfahrene Person und
7.
eine Vertretung des Sozialpsychiatrischen Dienstes des zuständigen Landkreises bzw. des Regionalverbandes Saarbrücken, die nicht unmittelbar mit der Bearbeitung von Unterbringungssachen in der zu besichtigenden Einrichtung befasst ist.
2
Die in Satz 1 genannten Personen dürfen weder in der zu besichtigenden Einrichtung tätig noch mit der Bearbeitung von Unterbringungssachen im Einzugsbereich der zu besichtigenden Einrichtung unmittelbar befasst sein.
3
Sie werden für die Dauer von fünf Jahren bestellt.
4
Für jedes Mitglied wird ein Stellvertreter bestellt.
(3)
1
Jede Einrichtung, in der Betroffene nach diesem Gesetz untergebracht sind, soll mindestens einmal jährlich, unangemeldet oder angemeldet, besucht werden.
2
Den Besuchskommissionen ist ungehinderter Zugang zu den Einrichtungen zu gewähren.
3
Die Mitglieder der Besuchskommission können untergebrachte Personen in ihren Räumen aufsuchen, soweit der Besuch keine Gefährdung des Therapieerfolges erwarten lässt.
4
Die Einrichtungen sind verpflichtet, die Besuchskommissionen bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen und ihnen die gewünschten Auskünfte zu erteilen.
5
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist den Besuchskommissionen Einsicht in die hierfür erforderlichen Unterlagen zu gewähren.
6
Personenbezogene Unterlagen dürfen von der Besuchskommission nur mit ausdrücklicher Einwilligung der jeweiligen untergebrachten Person oder ihrer rechtlichen Betreuer, Vorsorgebevollmächtigten und Sorgeberechtigten eingesehen werden.
7
Die Einrichtungen haben den untergebrachten Personen Gelegenheit zu geben, sich bei einem Besuch der Besuchskommission an diese oder einzelne Mitglieder mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden zu wenden.
(4)
1
Über jeden Besuch ist ein Besuchsbericht mit dem Ergebnis der Überprüfung zu fertigen, der dem jeweiligen Einrichtungsträger zur Stellungnahme vorzulegen ist.
2
Die zuständige Aufsichtsbehörde erhält eine Durchschrift dieses Berichts.
3
Kenntnisse über persönliche Belange von untergebrachten Personen dürfen nur in einer Form in die Berichte aufgenommen werden, die keine identifizierenden Rückschlüsse auf einzelne Personen zulässt, es sei denn, diese Kenntnisse sind zur Darstellung des Sachzusammenhangs in einem Bericht unerlässlich und die untergebrachte Person hat in die Aufnahme eingewilligt.
(5)
1
Die Mitglieder der Besuchskommission nach Absatz 2 Ziffer 2 bis 6 sind nicht an Weisungen gebunden.
2
Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
3
Ihre Aufgaben nehmen sie ehrenamtlich wahr.
4
Sie enthalten eine Entschädigung entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder von Kommissionen und Ausschüssen.
(6) Dem Saarländischen Psychiatrie-Expertenrat wird ein jährlicher Gesamtbericht über das Ergebnis der Besuche vorgelegt, zu welchem dieser Stellung nimmt und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie vorlegt.

Abschnitt 2 Zuständigkeit, Ärztliches Zeugnis, Verfahren, vorläufige Unterbringung

§ 16 Zuständigkeit

(1) Zuständige Behörde für die im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchführung des Unterbringungsverfahrens einschließlich des gerichtlichen Verfahrens anfallenden Aufgaben sind die Landkreise, der Regionalverband Saarbrücken und die Landeshauptstadt Saarbrücken.
(2)
1
Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Bereich die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2
Liegt der gewöhnliche Aufenthalt außerhalb des Saarlandes oder lässt sich ein solcher nicht feststellen, so ist die Behörde zuständig, in deren Bereich das Bedürfnis für die behördlichen Maßnahmen hervortritt.
3
Befindet sich die betroffene Person bereits in einer Einrichtung im Sinne des § 11 Absatz 1, so ist die Behörde zuständig, in deren Bereich die Einrichtung liegt.
4
Für eilige behördliche Maßnahmen ist neben der nach Satz 1 oder Satz 2 zuständigen Behörde auch die Behörde einstweilen zuständig, in deren Bereich das Bedürfnis für diese Maßnahmen hervortritt; in diesem Fall ist die nach Satz 1 oder Satz 2 zuständige Behörde unverzüglich über die getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.
(3)
1
Zur Gewährleistung einer Rufbereitschaft an Samstagen, Sonn- und Feiertagen oder an außerordentlichen Schließtagen kann eine Zentralisierung der Zuständigkeit auf eine oder mehrere Verwaltungsbehörden durch Verwaltungsvereinbarung zwischen Landkreisen, dem Regionalverband, der Landeshauptstadt Saarbrücken oder den Mittelstädten Völklingen und St. Ingbert geschaffen werden.
2
Entsprechende Vereinbarungen im Sinne des Dritten Abschnitts des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1997 (Amtsbl. S. 723), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 8./9. Dezember 2020 (Amtsbl. S. 1341), in der jeweils geltenden Fassung sind dem Zentralen Bereitschaftsgericht für das Saarland bekannt zu geben.
(4) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 kann sich die zuständige Behörde der Vollzugshilfe der Polizei gemäß dem Saarländischen Polizeigesetz und der Mitwirkung des Rettungsdienstes gemäß dem Saarländischen Rettungsdienstgesetz bedienen.

§ 17 Ärztliches Zeugnis

Das Ärztliche Zeugnis hat folgenden Inhalt:
1.
das Vorliegen der Voraussetzungen für die Unterbringung nach § 10 Absatz 2 und 3,
2.
Ausführungen, ob die betroffene Person offensichtlich nicht in der Lage ist, ihren Willen frei zu bilden und kundzutun, und
3.
Ausführungen, ob von der persönlichen Anhörung der betroffenen Person durch das Gericht erhebliche Nachteile für ihre Gesundheit oder eine Gefährdung für den Anhörenden oder andere Personen zu besorgen sind.
4.
Das ärztliche Zeugnis muss auf den gegenwärtigen Gesundheitszustand der betroffenen Person abstellen.

§ 18 Verfahren der Unterbringung

(1) Die Unterbringung wird vom zuständigen Gericht auf schriftlichen Antrag der zuständigen Behörde angeordnet.
(2)
1
Dem Antrag ist ein, die Notwendigkeit der Unterbringung begründendes ärztliches Gutachten beizufügen.
2
Das Gutachten soll auch Aussagen zur voraussichtlich notwendigen Dauer der Unterbringungsmaßnahme beinhalten.
3
Die Erstellung des Gutachtens soll in der Regel durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erfolgen; in jedem Fall muss es eine Ärztin oder ein Arzt mit Erfahrung auf dem Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie sein.
4
Das Gutachten muss auf einer höchstens bis zu fünf Tagen vor der Antragstellung erfolgten, von der Ärztin oder dem Arzt selbst durchgeführten Untersuchung der betroffenen Person beruhen.
5
Aus ihm muss hervorgehen, aus welchen Tatsachen und ärztlichen Beurteilungen sich ergibt, dass die Unterbringung geboten ist und aus welchen Gründen die Unterbringung nicht durch Hilfen oder sonstige Maßnahmen vermieden werden kann.
6
Aus dem Gutachten soll hervorgehen, ob die betroffene Person ohne erhebliche Nachteile für ihre Gesundheit durch das Gericht persönlich angehört werden kann.
(3)
1
Der Vorlage eines Gutachtens bedarf es nicht, wenn sie wegen Gefahr im Verzug nicht möglich ist.
2
In diesem Fall ist dem Antrag eine Darstellung des wesentlichen Sachverhalts und ein ärztliches Zeugnis gemäß § 17 beizufügen.
3
Die Nichtvorlage des Gutachtens ist im Antrag zu begründen.
(4) Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 19 Vorläufige Unterbringung

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 10 Absatz 2 vorliegen und kann eine gerichtliche Entscheidung nach § 331 oder nach § 322 in Verbindung mit § 284 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Februar 2021 (BGBl. S. 226), nicht mehr rechtzeitig ergehen, um die in § 10 Absatz 2 bezeichnete Gefahr abzuwenden, so kann die zuständige Behörde die betroffene Person in Gewahrsam nehmen und die vorläufige Unterbringung längstens bis zum Ende des auf die Ingewahrsamnahme folgenden Tages in einer Einrichtung nach § 13 Absatz 1 anordnen.
(2)
1
In unaufschiebbaren Fällen des Absatzes 1 kann die Vollzugspolizei die betroffene Person in einer Einrichtung im Sinne des § 13 Absatz 1 unterbringen.
2
Die Vollzugspolizei hat das nach § 313 Absatz 3 in Verbindung mit § 312 Nummer 4, § 151 Nummer 7 und § 167 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständige Gericht, die nach § 16 zuständige Behörde sowie die nächsten Angehörigen oder die zuständige betreuende Person unverzüglich von der Unterbringung zu verständigen.
3
Die Befugnisse der Polizei, Personen gemäß den Bestimmungen des Saarländischen Polizeigesetzes in Gewahrsam zu nehmen, bleiben unberührt.
4
Absatz 3 gilt entsprechend, Absatz 5 bleibt unberührt.
5
Satz 1 gilt auch in den Fällen, in denen sich eine Person mit psychischer Erkrankung entgegen der Entscheidung des Gerichts der Obhut der Einrichtung entzieht.
(3)
1
Voraussetzung der Anordnung der vorläufigen Unterbringung ist, dass eine Ärztin oder ein Arzt - nach Möglichkeit mit Erfahrung auf dem Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie - die betroffene Person untersucht und aufgrund des Ergebnisses der Untersuchung die Notwendigkeit der vorläufigen Unterbringung festgestellt hat.
2
Ein Ärztliches Zeugnis gemäß § 17 sowie ein Protokoll über die Untersuchung und ihr Ergebnis sind zu erstellen.
3
Zur Durchführung der ärztlichen Untersuchung kann die betroffene Person in Gewahrsam genommen werden.
(4)
1
Der betroffenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, Angehörige oder Personen ihres Vertrauens zu benachrichtigen.
2
Ist sie selbst zu einer solchen Benachrichtigung nicht in der Lage, übernimmt dies der zuständige Dienst der aufnehmenden Einrichtung, sofern dies nicht dem mutmaßlichen Willen der betroffenen Person widerspricht.
3
Die rechtlichen Betreuer, Vorsorgebevollmächtigten und Sorgeberechtigten sind im Rahmen ihres Aufgabenbereichs unverzüglich zu benachrichtigen.
(5)
1
Bei der Aufnahme in die Einrichtung ist die betroffene Person unverzüglich ärztlich zu untersuchen.
2
Dies soll durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bei Minderjährigen durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie erfolgen; in jedem Fall muss es eine Ärztin oder ein Arzt mit Erfahrung auf dem Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie, bei Minderjährigen auf dem Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein.
3
Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die vorläufige Unterbringung vorliegen.
4
Über das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung ist die zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten.
5
Sie hat die vorläufige Unterbringung aufzuheben, wenn aufgrund der ärztlichen Untersuchung erhebliche Zweifel an dem Vorliegen der Voraussetzungen für die vorläufige Unterbringung bestehen.
6
In den Fällen der Unterbringung nach Absatz 2 hat sie außerdem die zuständige Polizeibehörde über die Aufhebung der vorläufigen Unterbringung zu informieren.
(6) Im Fall der Anordnung einer vorläufigen Unterbringung hat die zuständige Behörde unverzüglich die gerichtliche Anordnung der Unterbringung zu beantragen, sofern sie die weitere Unterbringung für erforderlich hält.
(7)
1
Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung kann die betroffene Person auch schon vor der gerichtlichen Anordnung der Unterbringung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen.
2
Über den Antrag entscheidet das Betreuungsgericht, bei Minderjährigen das Familiengericht, in dessen Zuständigkeit die Maßnahme erfolgt.
3
§ 327 FamFG ist entsprechend anzuwenden.

Abschnitt 3 Gestaltung der Unterbringung und Behandlung

§ 20 Aufnahme

1
Die untergebrachte Person ist durch die aufnehmende Ärztin oder den aufnehmenden Arzt unverzüglich zu untersuchen und in einer für sie verständlichen Form und Sprache über das Ergebnis der Untersuchung sowie über ihre Rechte und Pflichten während der Unterbringung aufzuklären.
2
Sollte es ihr Gesundheitszustand nicht erlauben, ist dies so bald wie möglich nachzuholen.
3
Rechtlichen Betreuern, Vorsorgebevollmächtigten und Sorgeberechtigten ist Gelegenheit zu geben, an der Unterrichtung teilzunehmen.
4
Die Aufklärung ist zu dokumentieren und von der untergebrachten Person sobald als möglich mit Unterschrift zu bestätigen.
5
Die Unterschriftsverweigerung ist ebenfalls, idealerweise mit Angabe einer bezeugenden Person, zu dokumentieren.

§ 21 Behandlung

(1)
1
Die untergebrachte Person hat Anspruch auf die erforderliche Behandlung ihrer psychischen Erkrankung.
2
Ihren Wünschen soll im Rahmen der Behandlung soweit wie möglich Rechnung getragen und ihre Bereitschaft, an der Erreichung des Zwecks ihrer Unterbringung mitzuwirken, soll geweckt werden.
3
Die Einrichtung soll Angehörige und weitere, die Behandlung und Wiedereingliederung der untergebrachten Person unterstützende Personen aktiv in die Behandlung einbeziehen und sich um die hierfür erforderliche Einwilligung der untergebrachten Person bemühen.
(2)
1
Die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Behandlung der Erkrankung, die zur Unterbringung geführt hat (Anlasserkrankung), sind der untergebrachten Person zu erläutern.
2
Ist sie in der Lage, den Grund, die Art, den Umfang und die Tragweite der erforderlichen Behandlung einzusehen, so soll die Erläuterung darauf gerichtet sein, ihre Zustimmung zur Behandlung zu erreichen.
3
Die Behandlung erfolgt nach einem Behandlungsplan, der mit der untergebrachten Person abgestimmt werden soll.
4
Rechtlichen Betreuern, Vorsorgebevollmächtigten und Sorgeberechtigten ist Gelegenheit zu geben, im Rahmen ihres Aufgabenbereichs an der Erläuterung teilzunehmen.
(3)
1
Sowohl die Behandlung der Anlasserkrankung als auch die Behandlung einer sonstigen Erkrankung bedürfen der Einwilligung der untergebrachten Person.
2
Im Übrigen gelten für die Einwilligung und die ärztliche Aufklärung die Vorschriften der §§ 630d und 630e des BGB entsprechend.
3
Die im einwilligungsfähigen Zustand erklärte oder die als natürlicher Wille geäußerte Ablehnung der Behandlung sowie eine wirksame Patientenverfügung sind zu beachten.
4
Die Bestimmungen der Absätze 4 bis 8 bleiben unberührt.
(4) Eine Behandlung der Anlasserkrankung gegen den natürlichen Willen der untergebrachten Person unter Anwendung von Zwang ist ohne deren Einwilligung oder eine Einwilligung rechtlicher Betreuer, Vorsorgebevollmächtigter und Sorgeberechtigter zulässig, wenn
1.
die untergebrachte Person aufgrund der Anlasserkrankung zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit und zu einer darauf gründenden Einwilligung in die Behandlung nicht fähig ist und der Einrichtung keine wirksame, die Behandlung untersagende Patientenverfügung der untergebrachten Person vorliegt und die Behandlung ausschließlich zum Ziel hat,
a)
die tatsächlichen Voraussetzungen der Ausübung freier Selbstbestimmung der untergebrachten Person zu schaffen oder wiederherzustellen, um die Beendigung der Unterbringung zu ermöglichen oder
b)
eine konkrete Gefahr für das Leben oder eine konkrete schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person abzuwenden, oder
2.
die Behandlung dazu dient, eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person in der Einrichtung abzuwenden.
(5) Eine nach Absatz 4 zulässige Behandlung der Anlasserkrankung darf nur unter Einhaltung der folgenden Maßgaben durchgeführt werden:
1.
Die Behandlung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn weniger eingreifende Behandlungen nicht vorgenommen werden können oder sich als aussichtslos erwiesen haben.
2.
Ein ausführliches ärztliches Aufklärungsgespräch, in dem die vorgesehene Behandlung, deren Erforderlichkeit und mögliche damit verbundene Risiken in einer den Verständnismöglichkeiten der untergebrachten Person entsprechenden Weise erläutert wurden, ist erfolgt. Dabei ist der ernsthafte mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch, eine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zur Behandlung zu erreichen, erfolglos geblieben.
3.
Die vorgesehene Behandlung muss Erfolg versprechend sein; ihr Nutzen muss deutlich feststellbar die mit ihr einhergehenden Belastungen überwiegen.
4.
Die Anordnung hat durch eine Ärztin oder einen Arzt zu erfolgen, die/der auch die Art und die Intensität der ärztlichen und pflegerischen Überwachung festlegt und die Durchführung der angeordneten Behandlung kontrolliert.
5.
Die anzuwendenden Behandlungsmaßnahmen sind hinsichtlich ihrer Art festzulegen und hinsichtlich ihrer Dauer zeitlich zu begrenzen. Eine vorgesehene Medikation und die durchzuführenden Kontrollen sind genau zu bestimmen.
6.
Vor der Durchführung der Behandlung hat die Einrichtung bei einer volljährigen untergebrachten Person die Genehmigung des Betreuungsgerichts, bei einer minderjährigen untergebrachten Person die Genehmigung des Familiengerichts einzuholen. In den Fällen des Absatzes 4 Nummer 1b und 2 kann von einer Genehmigung nach Satz 1 abgesehen werden, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus erhebliche Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden. In diesem Fall ist unverzüglich eine Genehmigung des zuständigen Gerichtes nach Maßgabe des § 18 Absatz 1 zu beantragen. Bei Minderjährigen ist der Personensorgeberechtigte unverzüglich zu benachrichtigen. Die Aufklärung nach Absatz 5 Nummer 2 ist nachzuholen, sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person zulässt.
7.
Die Behandlung ist unter Angabe ihrer maßgeblichen Gründe, der Art und Weise der Durchführung, der vorgenommenen Kontrollen und der Überwachung ihrer Wirkung ausführlich zu dokumentieren.
(6)
1
In Notfällen darf eine Behandlung der Anlasserkrankung oder einer sonstigen Erkrankung ohne Einwilligung der untergebrachten Person und erforderlichenfalls auch gegen ihren natürlichen Willen unter Anwendung von Zwang durchgeführt werden, wenn
1.
die untergebrachte Person zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit und zu einer darauf gründenden Einwilligung in die Behandlung nicht fähig ist und die Behandlung dazu dient, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person abzuwenden und der Einrichtung keine wirksame, die Behandlung untersagende Patientenverfügung der untergebrachten Person vorliegt oder
2.
die Maßnahme dazu dient, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit einer anderen Person abzuwenden.
2
Absatz 5 Nummer 1, 3 bis 5 und 7 gilt entsprechend; ist eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar, so ist die Leistung Erster Hilfe durch andere Personen auch ohne ärztliche Anordnung zulässig, wenn mit einem Aufschub eine Lebensgefahr für die untergebrachte Person verbunden ist.
(7)
1
Die Einrichtung soll der untergebrachten Person nahestehende oder andere für ihre Behandlung als förderlich anzusehende Bezugspersonen über eine ohne Einwilligung der untergebrachten Person erfolgende Durchführung von Behandlungsmaßnahmen zeitnah unterrichten und ihnen die Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme zu der untergebrachten Person geben, sofern dies nicht dem mutmaßlichen Willen der betroffenen Person widerspricht.
2
Die vertretungsberechtigte Person ist im Rahmen ihres Aufgabenbereichs unverzüglich zu benachrichtigen.
(8)
1
Sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person zulässt, soll nach Beendigung einer Maßnahme nach den Absätzen 4 bis 7 eine Nachbesprechung dieser Maßnahme durch maßgeblich beteiligte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der untergebrachten Person erfolgen.
2
Der Abschluss von Behandlungsvereinbarungen ist anzubieten und zu fördern.
(9)
1
In Fällen notwendiger Behandlung von nicht psychischen Erkrankungen kann eine untergebrachte Person durch die Leitung der anerkannten Einrichtung für die Dauer der notwendigen Heilbehandlung mit oder ohne Begleitung in eine andere Fachabteilung eines Krankenhauses oder in andere geeignete Behandlungseinrichtungen verlegt werden.
2
Das Betreuungsgericht und die für die Unterbringung zuständige Behörde sind hierüber vorher zu benachrichtigen.
3
Bei Minderjährigen ist anstelle des Betreuungsgerichts das Familiengericht vorher zu benachrichtigen.
4
In unaufschiebbaren Fällen hat eine Benachrichtigung unverzüglich im Anschluss an die Verlegung zu erfolgen.

§ 22 Gestaltung der Unterbringung, Belastungserprobung

(1)
1
Um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen, soll die Unterbringung nach Möglichkeit gelockert und weitestgehend in freien Formen durchgeführt werden, sobald der Gesundheitszustand der untergebrachten Person und das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit dies zulassen.
2
Sie ist unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen.
3
Hierzu sollen auch Anregungen und Angebote zur Beschäftigung und Freizeitgestaltung sowie der tägliche Aufenthalt im Freien gehören.
(2)
1
Der untergebrachten Person sind so wenig Beschränkungen wie möglich aufzuerlegen.
2
Die Leitung der Einrichtung kann der untergebrachten Person bis zu vier Wochen Erleichterung in der Unterbringung (Belastungserprobung) gewähren.
3
Die stundenweise Belastungserprobung (Ausgang) kann auch unter Aufsicht einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters der Einrichtung gewährt werden.
(3) Die Belastungserprobung kann mit Auflagen, insbesondere der Verpflichtung zur Weiterführung der ärztlichen Behandlung, verbunden werden.
(4) Die Belastungserprobung kann jederzeit widerrufen, eingeschränkt, nur unter Aufsicht gewährt oder mit Absprachen verbunden werden, insbesondere, wenn sich der gesundheitliche Zustand der untergebrachten Person verschlechtert oder Auflagen nicht befolgt werden oder dies im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit erforderlich ist.
(5) Von der bevorstehenden Lockerung der Unterbringung oder der Gewährung einer Belastungserprobung sind bei Personen, von denen eine Fremdgefährdung ausgehen kann, die zuständige Behörde und die Polizeibehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Bedürfnis für die Unterbringung aufgetreten ist, zu benachrichtigen.

§ 23 Besuche

(1) Die untergebrachte Person darf innerhalb der für die Einrichtung üblichen Besuchszeiten regelmäßig Besuch empfangen.
(2) Das Recht, Besuch zu empfangen, darf nur aus erheblichen Gründen der Gefährdung der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung eingeschränkt werden.
(3)
1
Besuche der rechtlichen, anwaltlichen oder notariellen Vertretung in einer die untergebrachte Person betreffenden Rechtssache dürfen nicht beschränkt werden.
2
Dies gilt für Telefongespräche entsprechend.

§ 24 Persönliches Eigentum, Telefonverkehr

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, ihre persönliche Kleidung zu tragen, persönliche Gegenstände zu erwerben, zu benutzen und in ihrem Zimmer aufzubewahren, soweit es ihr Gesundheitszustand gestattet, die Ziele der Unterbringung, die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung nicht gestört wird.
(2) Ausgeschlossene Gegenstände werden auf Kosten der untergebrachten Person aufbewahrt oder an eine von ihr benannte Person übergeben oder versandt oder auf Kosten der untergebrachten Person aus der Einrichtung entfernt.
(3) Der Besitz von Bild-, Ton- und Datenträgern, Fernsprechgeräten und digitalen Endgeräten kann davon abhängig gemacht werden, dass die untergebrachte Person deren Überprüfung zustimmt und keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Besitz die Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung gefährdet.
(4)
1
Unter den gleichen Voraussetzungen ist die untergebrachte Person berechtigt, Telefongespräche zu empfangen und auf eigene Kosten zu führen.
2
Die Möglichkeiten, Telefonate zu führen, können eingeschränkt werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Umfang der Telefonate zu einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung der untergebrachten Person führen könnte oder geeignet ist, die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erheblich zu gefährden.
(5) Die untergebrachte Person darf Presseerzeugnisse in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Einrichtung beziehen, sofern dies nicht geeignet sind, die Ziele der Unterbringung zu gefährden.

§ 25 Schriftverkehr

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, uneingeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.
(2)
1
Der Schriftwechsel der untergebrachten Person mit ihrer gesetzlichen Vertretung, ihren Verfahrenspflegern, mit dem Verfahrensbeistand einer minderjährigen untergebrachten Person, den in einer Angelegenheit der Betroffenen tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten oder Notarinnen und Notaren, Beschwerdestellen, Behörden oder Gerichten, den unabhängigen Datenaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder sowie Aufsichtsbehörden nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes, Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie deren Mitgliedern, dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und weiteren Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist, sowie bei ausländischen Staatsangehörigen mit den diplomatischen und konsularischen Vertretungen ihres Heimatlandes in der Bundesrepublik Deutschland darf nicht geöffnet und nicht zurückgehalten werden, wenn die schriftlichen Mitteilungen an die Anschriften dieser Stellen gerichtet sind und die Absenderin oder den Absender zutreffend angeben.
2
Die Schreiben dürfen, ohne sie zu öffnen, auf verbotene Gegenstände untersucht werden.
(3)
1
Der Schriftwechsel darf überwacht und beschränkt werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gefahr der Einbringung von Suchtstoffen oder gefährlichen Gegenständen besteht.
2
Schreiben können eingesehen und angehalten werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie zu einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung der untergebrachten Person führen können oder geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erheblich zu gefährden.
3
Angehaltene Schreiben werden an die Person, die sie abgesandt hat, zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, aufbewahrt.
4
Die aufbewahrten Schreiben werden der untergebrachten Person spätestens bei ihrer Entlassung aus der Einrichtung ausgehändigt.
(4) Im Übrigen dürfen schriftliche Mitteilungen der untergebrachten Person und an die untergebrachte Person nur eingesehen werden, wenn dies erforderlich ist, um ihren Gesundheitszustand ärztlich zu beurteilen oder wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Weiterleitung der untergebrachten Person gesundheitlichen Schaden oder sonst erhebliche Nachteile zufügen oder den Zweck der Unterbringung gefährden könnte oder dass durch die Weiterleitung an die untergebrachte Person die Sicherheit oder Ordnung der anerkannten Einrichtung gefährdet werden könnte.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Postsendungen, Telegramme, Telefaxe, elektronische Nachrichten und andere Formen der Telekommunikation.

§ 26 Recht auf Religionsausübung

(1)
1
Der untergebrachten Person darf die religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden.
2
Auf ihren Wunsch ist ihr zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten.
3
Sie hat das Recht, innerhalb der Einrichtung am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen und ihren Glauben nach den Regeln ihrer Religionsgemeinschaft auszuüben.
(2)
1
Die untergebrachte Person darf religiöse Schriften besitzen.
2
Gegenstände des religiösen Gebrauchs sind ihr in angemessenem Umfang zu belassen.
3
Beides darf ihr nur bei einem groben Fehlverhalten entzogen werden.
(3)
1
Aus zwingenden Gründen der Behandlung sowie aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung kann in die Freiheit der Religionsausübung eingegriffen werden.
2
Die für die Religionsgemeinschaft der untergebrachten Person zuständige Seelsorgerin oder der zuständige Seelsorger soll nach Möglichkeit vorher gehört werden.
(4) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

Abschnitt 4 Sicherungsmaßnahmen

§ 27 Durchsuchung

(1) Untergebrachte Personen, ihre Sachen sowie die Räume der Einrichtung dürfen durchsucht werden, wenn dies der Zweck der Unterbringung oder schwerwiegende Gründe der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erfordern.
(2)
1
Liegen Anhaltspunkte vor, dass eine untergebrachte Person Waffen oder andere gefährliche Gegenstände oder Stoffe, die dem Betäubungsmittelgesetz oder dem Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz unterliegen, am Körper mit sich führt, darf bei ihr eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorgenommen werden.
2
Frauen sollen nur durch weibliches Personal, Männer nur durch männliches Personal durchsucht werden.
3
Die Durchsuchung soll zu zweit durchgeführt werden.
4
Sie muss in einem geschlossenen Raum durchgeführt werden; andere Patienten dürfen nicht anwesend sein.
5
Das Schamgefühl der untergebrachten Person ist zu achten.
(3) Eine Durchsuchung ist mit Anlass, Namen der beteiligten Personen und dem Ergebnis zu dokumentieren.

§ 28 Besondere Sicherungsmaßnahmen in Gefahrensituationen

(1)
1
Bei einer von einer untergebrachten Person ausgehenden gegenwärtigen erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit der untergebrachten Person oder Dritter können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, soweit diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann.
2
Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1.
die ständige Beobachtung der untergebrachten Person, auch durch technische Hilfsmittel, wenn sichergestellt ist, dass nur befugte Personen den Überwachungsbildschirm einsehen können,
2.
die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände,
3.
Fixierungsmaßnahmen, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person vollständig aufgehoben wird,
4.
die sonstige Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch eine mechanische Vorrichtung.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Nummer 1 oder 2 sind auch zulässig, wenn in erhöhtem Maße die Gefahr besteht, dass sich die untergebrachte Person selbst oder mit der Hilfe einer dritten Person der Obhut der Einrichtung entzieht oder wenn eine gegenwärtige Gefahr für bedeutende Rechtsgüter Dritter nicht anders abgewendet werden kann.
(3)
1
Die behandelnde Einrichtung (§ 13) kann bei der Durchsetzung einer angeordneten Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 bis 4 mittels unmittelbaren Zwangs erforderlichenfalls um Unterstützung der Vollzugspolizei ersuchen.
2
Die vollzugspolizeiliche Unterstützung richtet sich nach den Grundsätzen der Vollzugshilfevorschriften der §§ 41 bis 43 des Saarländischen Polizeigesetzes.
3
Die Vollzugspolizei bleibt über die nach diesem Gesetz zulässigen Maßnahmen auch zu Maßnahmen in eigener Zuständigkeit nach anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem Saarländischen Polizeigesetz, berechtigt, soweit dies nicht einer ärztlichen Anordnung im Hinblick auf den Gesundheitszustand der untergebrachten Person widerspricht.
(4)
1
Bei besonderen Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 4 wird eine angemessene Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal sichergestellt.
2
Wird eine besondere Sicherungsmaßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 vorgenommen, hat eine engmaschige Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu erfolgen.
3
Bei besonderen Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 3 ist grundsätzlich eine Eins-zu-eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu gewährleisten.
4
Die ärztliche Kontrolle ist im erforderlichen Maß zu gewährleisten.
(5)
1
Die Maßnahmen nach Absatz 1 sind anzukündigen.
2
Die Ankündigung darf nur unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die besondere Sicherungsmaßnahme sofort umgesetzt werden muss, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
(6)
1
Wenn der untergebrachten Person durch besondere Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 2 oder Absatz 1 Nummer 4 über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll, bedarf es der vorherigen richterlichen Anordnung.
2
Ohne richterliche Anordnung sind diese Maßnahmen nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
3
In diesem Fall ist unverzüglich eine nachträgliche richterliche Genehmigung zu beantragen, es sei denn, es ist absehbar, dass die besondere Sicherungsmaßnahme vor der Erlangung einer richterlichen Entscheidung beendet sein und eine zeitnahe Wiederholung nicht erforderlich werden wird.
4
Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Maßnahme vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.
5
Das Antragsrecht auf eine gerichtliche Entscheidung steht der behandelnden Einrichtung zu.
(7)
1
Die Maßnahme nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 erfordert eine vorherige richterliche Anordnung des zuständigen Gerichts, wenn es sich nicht nur um eine kurzfristige Fixierung handelt, von der in der Regel auszugehen ist, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreitet.
2
Absatz 6 Sätze 2 bis 5 gelten entsprechend.
(8)
1
Die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme nach Absatz 1 hat durch eine Ärztin oder einen Arzt der behandelnden Einrichtung zu erfolgen.
2
Die Anordnung ist zu befristen und unverzüglich aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Anordnung entfallen sind.
(9)
1
Maßnahmen nach Absatz 1 sind durch die behandelnde Einrichtung einem bereits bestellten Betreuer oder einem bereits bestellten Verfahrenspfleger mitzuteilen; ist weder ein Betreuer noch ein Verfahrenspfleger bestellt oder erreichbar, so ist die Mitteilung an eine vom Untergebrachten benannte Person seines Vertrauens oder an einen nahen Angehörigen der betroffenen Person zu richten.
2
Abhängig vom Gesundheitszustand der untergebrachten Person soll eine Nachbesprechung der Anwendung von Maßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 zeitnah und durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt erfolgen.
3
Eine vom Untergebrachten benannte Person seines Vertrauens kann hinzugezogen werden.
4
Nach Beendigung der Maßnahme ist die untergebrachte Person und deren Betreuer oder Betreuerin oder deren Verfahrenspfleger oder Verfahrenspflegerin durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit einer nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 4 durchgeführten Maßnahme durch das zuständige Gericht überprüfen zu lassen.
5
Für Anträge auf gerichtliche Überprüfung der Zulässigkeit von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die behandelnde Einrichtung liegt, in der sich die betroffene Person befindet; es gelten die §§ 312 Nummer 4 und 151 Nummer 8 FamFG entsprechend.
(10)
1
Die Maßnahmen nach Absatz 1 sind hinsichtlich ihrer Anordnung, Begründung, Durchsetzung, Dauer sowie Überwachung, je nach Zuständigkeit durch eine Ärztin oder einen Arzt oder das Pflegepersonal der behandelnden Einrichtung zu dokumentieren.
2
Gleichfalls zu dokumentieren sind die Nachbesprechung gemäß Absatz 9 Satz 2 und der Hinweis gemäß Absatz 9 Satz 4.
(11) Hinsichtlich ärztlicher Zwangs- und besonderer Sicherungsmaßnahmen in Gefahrensituationen gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 29 Sicherungsmaßnahmen beim Risiko des Entweichens

(1)
1
Während Ausgängen, der Vorführung oder des Transports ist bei einer in erhöhtem Maße bestehenden Gefahr der Entweichung die Anordnung der Fesselung zulässig, wenn und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann.
2
Die Fesselung darf nur aufrechterhalten werden, soweit und solange ihr Zweck es erfordert.
3
Anordnungsbefugt ist eine Ärztin oder ein Arzt der behandelnden Einrichtung.
4
§ 27 Absatz 4 Satz 3, § 27 Absatz 9 Satz 4 sowie § 27 Absatz 10 gelten entsprechend.
(2) Es gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 30 Unmittelbarer Zwang

(1)
1
Das ärztliche, therapeutische, pflegerische und sonstige mit der Aufsicht betraute Personal der Einrichtung darf im Rahmen der Unterbringung unmittelbaren Zwang anwenden, wenn und solange dies erforderlich ist, um die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung bei einer erheblichen Gefährdung aufrechtzuerhalten oder um die untergebrachte Person, die sich selbst zu schädigen droht, zu schützen.
2
Sie bedürfen der ärztlichen Anordnung.
(2) Anordnungen nach § 28 Absatz 1 dürfen im Wege des unmittelbaren Zwangs gegenüber der untergebrachten Person durchgesetzt werden, wenn der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(3)
1
Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen.
2
Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist.
(4) Die Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwangs aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.
(5) Hält sich die untergebrachte Person ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung auf, so kann sie durch Beschäftigte der Einrichtung oder auf deren Veranlassung hin festgehalten und in die Einrichtung zurückgebracht werden.

Abschnitt 5 Beendigung der Unterbringung, Kosten

§ 31 Beendigung der Unterbringung

(1) Die untergebrachte Person ist zu entlassen,
1.
wenn das zuständige Gericht die von ihm angeordnete Unterbringung aufgehoben hat,
2.
wenn das zuständige Gericht die Vollziehung der Unterbringung ausgesetzt hat,
3.
wenn die vom zuständigen Gericht bestimmte Dauer der Unterbringung abgelaufen ist, sofern nicht das zuständige Gericht vorher die Unterbringung verlängert hat,
4.
im Fall einer vorläufigen Unterbringung nach § 19
a)
nach Aufhebung der vorläufigen Unterbringung,
b)
nach Ablauf der in § 19 Absatz 1 bestimmten Frist, sofern nicht das zuständige Gericht vorher eine Unterbringung angeordnet hat,
soweit nicht die untergebrachte Person rechtswirksam einem weiteren Verbleiben in der Einrichtung ausdrücklich zustimmt.
(2) Ergibt eine ärztliche Untersuchung, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, ist von allen Beteiligten unverzüglich auf die gerichtliche Aufhebung der Unterbringung hinzuwirken.
(3) Die Einrichtung hat der vertretungsberechtigten Person die bevorstehende Entlassung rechtzeitig mitzuteilen.

§ 32 Kosten

(1)
1
Die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung einschließlich der Transportkosten trägt die untergebrachte Person, soweit nicht wegen der Behandlung im Sinne des § 21 nach anderen Vorschriften sonstige Sozialleistungsträger Leistungen zu erbringen haben.
2
Die Pflicht zur Erstattung der Kosten durch Dritte bleibt hiervon unberührt.
(2) Soweit die untergebrachte Person kostenpflichtig bleibt, kann in besonderen Härtefällen das Land die Kosten übernehmen.
(3) Wird ein Antrag auf gerichtliche Anordnung der Unterbringung zurückgenommen oder im Fall des § 19 ein Antrag auf gerichtliche Anordnung der Unterbringung nicht gestellt, weil die Voraussetzungen hierfür nachträglich entfallen sind, so trägt die Kosten einer vorläufigen Unterbringung in einer Einrichtung einschließlich der Transportkosten der Träger der nach § 16 Absatz 1 zuständigen Behörde, soweit nicht Unterhaltspflichtige, Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte zur Kostentragung verpflichtet sind.
(4) Hat die zuständige Behörde die sofortige Unterbringung angeordnet oder die Vollzugspolizei die betroffene Person in eine Einrichtung im Sinne des § 13 Absatz 1 eingeliefert, ohne dass die Voraussetzungen dafür vorlagen, fallen die Unterbringungs- und Heilbehandlungskosten der Körperschaft, für die die zuständige Behörde gehandelt hat, oder dem Saarland als Träger der Vollzugspolizei zur Last.

Abschnitt 6 Aktenführung, Melderegister, Auskünfte

§ 33 Aktenführung

1
Zu jeder untergebrachten Person ist eine Patientenakte zu führen.
2
Die §§ 630f und 630g BGB gelten entsprechend.

§ 34 Melderegister

1
Alle Unterbringungen, Zwangs- und besondere Sicherungsmaßnahmen nach diesem Gesetz werden von den Trägern der Einrichtung in verschlüsselter und anonymisierter Form erfasst und der Fachaufsicht gemeldet.
2
Die Meldung erfolgt spätestens bis zum 31. März des Folgejahres.

§ 35 Auskünfte

Die Mitglieder der Delegation des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und die Mitglieder einer durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe legitimierten Stelle erhalten während des Besuchs des psychiatrischen Krankenhauses auf Verlangen Einsicht in die Patientenakte der untergebrachten Person, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses oder der Stelle erforderlich ist.

§ 36 Information der betroffenen Person, Auskunfts- und Einsichtsrecht

(1) Werden im Zusammenhang mit der Durchführung von Hilfen, Schutzmaßnahmen und Unterbringungen Feststellungen getroffen, die für die Belange der betroffenen Person von Bedeutung sein können, so sind ihr diese in einer für sie verständlichen Form und Sprache mitzuteilen.
(2) Auf Antrag ist der betroffenen Person unentgeltlich
1.
Auskunft über die im Zusammenhang mit der Durchführung von Hilfen, Schutzmaßnahmen und Unterbringungen zu ihrer Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft und die Personen und Stellen, an die die Daten übermittelt worden sind, beziehen, und
2.
Einsicht in die im Zusammenhang mit der Durchführung von Hilfen, Schutzmaßnahmen und Unterbringungen zu ihrer Person geführten Akten zu gewähren.
(3)
1
Die Feststellungen nach Absatz 1 sind auch der vertretungsberechtigten Person mitzuteilen; das Auskunftsrecht und das Akteneinsichtsrecht nach Absatz 2 steht auch der vertretungsberechtigten Person zu.
2
Die Mitteilung und die Gewährung von Auskunft und Akteneinsicht nach Satz 1 erfolgen bei volljährigen Personen nur, soweit dies für die Wahrnehmung der Aufgaben der vertretungsberechtigten Person erforderlich ist.
(4) Im Übrigen bleiben die Bestimmungen zu den Rechten der betroffenen Person nach der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Warenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung unberührt.

Abschnitt 7 Datenschutz

§ 37 Datenschutz

Die §§ 13 und 13a des Saarländischen Krankenhausgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. November 2015 (Amtsbl. I S. 857), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. August 2018 (Amtsbl. I S. 674), gelten entsprechend.

§ 38 Datenschutz bei Forschungsvorhaben

§ 14 des Saarländischen Krankenhausgesetzes gilt entsprechend.

Teil 4 Schlussvorschriften

§ 39 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz können die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes - GG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 GG), das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 GG), Religionsausübungsfreiheit (Artikel 4 Absatz 2 GG), Schutz von Ehe und Familie (Artikel 6 GG), Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 GG), Freizügigkeit (Artikel 11 GG), Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 GG) und Eigentum (Artikel 14 GG) eingeschränkt werden.

§ 40 Erlass von Verwaltungsvorschriften

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie wird ermächtigt, zur Durchführung dieses Gesetzes im Einvernehmen mit dem Ministerium für Justiz und dem Ministerium für Inneres, Bauen und Sport Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

§ 41 Belastungsausgleich

(1) Die Gemeindeverbände als untere Gesundheitsbehörden im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Gesundheitsdienstgesetzes vom 19. Mai 1999 (Amtsbl. S. 844), in der jeweils geltenden Fassung erhalten für die Durchführung der ihnen mit diesem Gesetz übertragenen Aufgaben einen jährlichen Belastungsausgleich.
(2) Der Belastungsausgleich für das Jahr 2022 beträgt 400 000 Euro und ist nach § 4 Absatz 5 des Konnexitätsausführungsgesetzes Saarland vom 9. November 2016 (Amtsbl. I S. 1058), in der jeweils geltenden Fassung im Landeshaushalt zu veranschlagen.
(3) Die dem Belastungsausgleich nach Absatz 2 zugrundeliegende Kostenfolgeabschätzung wird erstmals zum 31. Dezember 2023, danach alle drei Jahre, im Einvernehmen mit dem Landkreistag Saarland nach den Grundsätzen des § 3 des Konnexitätsausführungsgesetzes Saarland überprüft und angepasst.
(4) Die Verteilung des Belastungsausgleichs auf die Gemeindeverbände erfolgt entsprechend ihrer Einwohnerzahl (Stand: 31. Dezember des jeweiligen Vorjahres).
(5) Die Auszahlung des Betrages erfolgt jährlich zum 31. Dezember des Jahres, für das jeweils ein Belastungsausgleich gewährt wird.

§ 42 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt das Unterbringungsgesetz vom 11. November 1992 (Amtsbl. S. 1271), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Mai 2020 (Amtsbl. I S. 332), außer Kraft.
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