JAVollzG M-V
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Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern (Jugendarrestvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - JAVollzG M-V) Vom 27. Mai 2016

Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern (Jugendarrestvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - JAVollzG M-V) Vom 27. Mai 2016
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Zum 15.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. November 2020 (GVOBl. M-V S. 1254, 1292)
Fußnoten
*)
Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung weiterer Gesetze (GS Meckl.-Vorp. Gl. Nr. 312 - 14) vom 27. Mai 2016 (GVOBl. M-V S. 302)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes in Mecklenburg-Vorpommern (Jugendarrestvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - JAVollzG M-V) vom 27. Mai 201604.06.2016
Inhaltsverzeichnis03.12.2020
Erster Abschnitt - Vollzug des Jugendarrestes04.06.2016
Erster Titel - Allgemeine Bestimmungen04.06.2016
§ 1 - Anwendungsbereich04.06.2016
§ 2 - Ziel des Vollzugs04.06.2016
§ 3 - Stellung der Arrestierten, Mitwirkung04.06.2016
§ 4 - Grundsätze der Vollzugsgestaltung04.06.2016
§ 5 - Maßnahmen erzieherischer Gestaltung04.06.2016
§ 6 - Zusammenarbeit, Einbeziehung Dritter04.06.2016
Zweiter Titel - Aufnahme, Planung04.06.2016
§ 7 - Aufnahmeverfahren04.06.2016
§ 8 - Arrestplan04.06.2016
Dritter Titel - Unterbringung, Versorgung04.06.2016
§ 9 - Unterbringung während der Einschlusszeiten, Trennungsgebot04.06.2016
§ 10 - Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten04.06.2016
§ 11 - Gewahrsam an Gegenständen04.06.2016
§ 12 - Kleidung04.06.2016
§ 13 - Verpflegung04.06.2016
§ 14 - Freizeit und Medien04.06.2016
§ 15 - Gesundheitsschutz und Hygiene04.06.2016
Vierter Titel - Außenkontakte04.06.2016
§ 16 - Schriftwechsel, Pakete04.06.2016
§ 17 - Besuche, Telefongespräche04.06.2016
§ 18 - Aufenthalte außerhalb der Anstalt04.06.2016
Fünfter Titel - Religionsausübung04.06.2016
§ 19 - Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften04.06.2016
Sechster Titel - Sicherheit und Ordnung04.06.2016
§ 20 - Grundsatz04.06.2016
§ 21 - Allgemeine Verhaltenspflichten04.06.2016
§ 22 - Reaktionen auf Pflichtverstöße04.06.2016
§ 23 - Durchsuchung, Absuchung04.06.2016
§ 24 - Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch04.06.2016
§ 25 - Festnahmerecht04.06.2016
§ 26 - Besondere Sicherungsmaßnahmen03.12.2020
§ 27 - Unmittelbarer Zwang04.06.2016
Siebter Titel - Entlassung, Nachsorge04.06.2016
§ 28 - Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassungsbeihilfe04.06.2016
§ 29 - Schlussbericht, Entlassungsgespräch04.06.2016
Achter Titel - Beschwerde04.06.2016
§ 30 - Beschwerderecht04.06.2016
Neunter Titel - Aufbau und Organisation der Anstalt04.06.2016
§ 31 - Einrichtung und Ausstattung der Anstalt04.06.2016
§ 32 - Leitung der Anstalt und Leitung des Vollzugs04.06.2016
§ 33 - Personelle Ausstattung, ärztliche Versorgung, Seelsorge04.06.2016
§ 34 - Hausordnung04.06.2016
§ 35 - Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften04.06.2016
§ 36 - Beirat04.06.2016
Zweiter Abschnitt - Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Arrest neben Jugendstrafe04.06.2016
§ 37 - Grundsatz04.06.2016
§ 38 - Freizeit- und Kurzarrest04.06.2016
§ 39 - Nichtbefolgungsarrest04.06.2016
§ 40 - Jugendarrest neben Jugendstrafe04.06.2016
Dritter Abschnitt - Kriminologische Forschung03.12.2020
§ 41 - Kriminologische Forschung03.12.2020
§ 42 - (aufgehoben)03.12.2020
Vierter Abschnitt - Schlussvorschriften04.06.2016
§ 43 - Ersetzung von Bundesrecht04.06.2016
§ 44 - Einschränkung von Grundrechten04.06.2016
Inhaltsübersicht
Erster Abschnitt Vollzug des Jugendarrestes
Erster Titel Allgemeine Bestimmungen
§ 1Anwendungsbereich
§ 2Ziel des Vollzugs
§ 3Stellung der Arrestierten, Mitwirkung
§ 4Grundsätze der Vollzugsgestaltung
§ 5Maßnahmen erzieherischer Gestaltung
§ 6Zusammenarbeit, Einbeziehung Dritter
Zweiter Titel Aufnahme, Planung
§ 7Aufnahmeverfahren
§ 8Arrestplan
Dritter Titel Unterbringung, Versorgung
§ 9Unterbringung während der Einschlusszeiten, Trennungsgebot
§ 10Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten
§ 11Gewahrsam an Gegenständen
§ 12Kleidung
§ 13Verpflegung
§ 14Freizeit und Medien
§ 15Gesundheitsschutz und Hygiene
Vierter Titel Außenkontakte
§ 16Schriftwechsel, Pakete
§ 17Besuche, Telefongespräche
§ 18Aufenthalte außerhalb der Anstalt
§ 19Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften
Sechster Titel Sicherheit und Ordnung
§ 20Grundsatz
§ 21Allgemeine Verhaltenspflichten
§ 22Reaktionen auf Pflichtverstöße
§ 23Durchsuchung, Absuchung
§ 24Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch
§ 25Festnahmerecht
§ 26Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 27Unmittelbarer Zwang
Siebter Titel Entlassung, Schlussbericht
§ 28Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassungsbeihilfe
§ 29Schlussbericht, Entlassungsgespräch
Achter Titel Beschwerde
§ 30Beschwerderecht
Neunter Titel Aufbau und Organisation der Anstalt
§ 31Einrichtung und Ausstattung der Anstalt
§ 32Leitung der Anstalt und Leitung des Vollzugs
§ 33Personelle Ausstattung, ärztliche Versorgung, Seelsorge
§ 34Hausordnung
§ 35Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
§ 36Beirat
Zweiter Abschnitt Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Arrest neben Jugendstrafe
§ 37Grundsatz
§ 38Freizeit- und Kurzarrest
§ 39Nichtbefolgungsarrest
§ 40Jugendarrest neben Jugendstrafe
Dritter Abschnitt Kriminologische Forschung
§ 41Kriminologische Forschung
§ 42(weggefallen)
Vierter Abschnitt Schlussvorschriften
§ 43Ersetzung von Bundesrecht
§ 44Einschränkung von Grundrechten

Erster Abschnitt Vollzug des Jugendarrestes

Erster Titel Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrestes (Vollzug) in einer Jugendarrestanstalt (Anstalt).

§ 2 Ziel des Vollzugs

Der Vollzug soll den Arrestierten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst machen. Er soll einen Beitrag leisten, die Arrestierten zu einem eigenverantwortlichen Leben ohne weitere Straftaten zu befähigen.

§ 3 Stellung der Arrestierten, Mitwirkung

(1) Die Persönlichkeit der Arrestierten ist zu achten.
(2) Die Arrestierten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, können ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und sollen die Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
(3) Die Arrestierten sind verpflichtet, an Maßnahmen, die der Erreichung des Vollzugsziels dienen, mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. Die Maßnahmen sind ihnen zu erläutern.

§ 4 Grundsätze der Vollzugsgestaltung

(1) Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten und auf die Erreichung des Vollzugsziels auszurichten.
(2) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arrestierten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Herkunft, religiöses Bekenntnis und Behinderung sind zu berücksichtigen.

§ 5 Maßnahmen erzieherischer Gestaltung

(1) Orientiert an einem geregelten und strukturierten Tagesablauf sollen den Arrestierten sozial angemessene Verhaltensweisen unter der Achtung der Rechte Dritter vermittelt werden. Die erzieherische Gestaltung erfolgt insbesondere durch Maßnahmen zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arrestierten im Hinblick auf ein künftiges Leben ohne Straftaten.
(2) Den Arrestierten ist ihr Fehlverhalten bewusst zu machen und in geeigneter Weise zu vermitteln, dass sie Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen und die notwendigen Konsequenzen für ihr künftiges Leben ziehen müssen. Einzel- und Gruppenmaßnahmen richten sich auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen.
(3) Ihr Einfühlungsvermögen in die Situation der Opfer von Straftaten und ihr Verantwortungsgefühl sind zu fördern. Das Bewusstsein für den dem Opfer zugefügten Schaden soll geweckt werden.
(4) Die Arrestierten werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, auch den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wieder gutzumachen.
(5) Auch an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen sind geeignete Maßnahmen durchzuführen.

§ 6 Zusammenarbeit, Einbeziehung Dritter

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.
(2) Die Anstalt arbeitet eng mit anderen staatlichen Stellen, außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie Personen zusammen, um das Vollzugsziel zu erreichen und eine Durchführung der im Einzelfall für erforderlich erachteten Maßnahmen nach der Entlassung zu ermöglichen.
(3) Die Personensorgeberechtigten sollen angemessen einbezogen werden, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft. Über besondere Begebenheiten während des Vollzugs sind sie zu informieren.

Zweiter Titel Aufnahme, Planung

§ 7 Aufnahmeverfahren

(1) Mit den Arrestierten ist unverzüglich im Rahmen der Aufnahme ein Gespräch zu führen, in dem die gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird. Während dieses Gesprächs dürfen andere Arrestierte nicht zugegen sein.
(2) Die Arrestierten werden über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Ihnen wird die Hausordnung ausgehändigt und auf Verlangen ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich gemacht.
(3) Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden von der Aufnahme unverzüglich benachrichtigt. Stehen Arrestierte unter Bewährung, ist von der Aufnahme auch die Bewährungshilfe zu unterrichten.
(4) Die Arrestierten werden nach der Aufnahme alsbald ärztlich untersucht.
(5) Werden der Anstalt Tatsachen bekannt, die ein Absehen von der Vollstreckung oder deren Unterbrechung rechtfertigen können, unterrichtet sie unverzüglich die Vollstreckungsleiterin oder den Vollstreckungsleiter (Vollstreckungsleitung).

§ 8 Arrestplan

(1) Nach dem Aufnahmeverfahren wird alsbald ein ausführliches Gespräch mit den Arrestierten geführt. Dabei wird der Maßnahmenbedarf unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit und ihrer Lebensverhältnisse ermittelt. Erkenntnisse aus den Vollstreckungsunterlagen, der Jugendgerichtshilfe sowie bei unter Bewährung stehenden Arrestierten der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers (Bewährungshilfe) werden einbezogen.
(2) Die mit den Arrestierten befassten Bediensteten oder Mitarbeiter legen für die Dauer des Vollzugs und die Zeit danach die notwendigen Maßnahmen fest, wobei die Anregungen und Vorschläge der Arrestierten angemessen einbezogen werden, soweit sie dem Vollzugsziel dienen. Der Arrestplan wird schriftlich niedergelegt und den Arrestierten ausgehändigt sowie auf Verlangen auch den Personensorgeberechtigten übermittelt.
(3) Insbesondere kommen in Betracht:
1.
Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz wie Konfliktfähigkeit und Verantwortungsübernahme,
2.
Maßnahmen der Gewalt-, Suchtprävention und Schuldentilgung,
3.
Maßnahmen zur lebenspraktischen, beruflichen und schulischen Entwicklung,
4.
angemessene Beschäftigung, gemeinnützige Arbeit,
5.
Sportangebote und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit,
6.
Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen.

Dritter Titel Unterbringung, Versorgung

§ 9 Unterbringung während der Einschlusszeiten, Trennungsgebot

(1) Die Arrestierten werden in Arresträumen einzeln untergebracht.
(2) Sie können gemeinsam untergebracht werden, wenn dies zumindest für eine oder einen der beiden Arrestierten förderlich ist, schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind und erzieherische Gründe dem nicht entgegenstehen.
(3) Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend aus zwingenden Gründen zulässig.
(4) Weibliche und männliche Arrestierte werden getrennt untergebracht.

§ 10 Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten

(1) Außerhalb der Einschlusszeiten halten sich die Arrestierten grundsätzlich in Gemeinschaft auf.
(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden,
1.
wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,
2.
wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Arrestierte zu befürchten ist.

§ 11 Gewahrsam an Gegenständen

Die Arrestierten dürfen Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt einbringen oder in Gewahrsam haben. Die Anstalt kann die Zustimmung verweigern, wenn die Gegenstände geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels zu gefährden. Gegenstände, die die Arrestierten nicht in Gewahrsam haben dürfen, werden von der Anstalt aufbewahrt, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist.

§ 12 Kleidung

(1) Die Arrestierten tragen Anstaltskleidung.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter (Anstaltsleitung) kann eine abweichende Regelung treffen. Für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel eigener Kleidung haben die Arrestierten selbst zu sorgen.

§ 13 Verpflegung

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung entsprechen den Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Arrestierten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

§ 14 Freizeit und Medien

(1) Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Vollzugsziel. Die Anstalt hat Angebote zur sinnvollen Freizeitgestaltung vorzuhalten. Sie stellt insbesondere eine angemessen ausgestattete Mediathek sowie Zeitungen und Zeitschriften zur Verfügung. Die Arrestierten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Maßnahmen der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten.
(2) Dem Sport kommt bei der Gestaltung des Vollzugs besondere Bedeutung zu. Die Anstalt bietet täglich Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung an. Sie fördert die Bereitschaft der Arrestierten, sich sportlich zu betätigen.
(3) Der Zugang zum Rundfunk ist zu ermöglichen. Eigene Hörfunk- oder Fernsehgeräte und eigene Geräte der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik sind nicht zugelassen.

§ 15 Gesundheitsschutz und Hygiene

(1) Die Anstalt unterstützt die Arrestierten bei der Erhaltung ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Sie fördert das Bewusstsein für gesunde Ernährung und Lebensführung. Insbesondere ist auf die Gefährdung durch Infektionen, Drogen, Tabak und Alkohol hinzuweisen. Das Rauchen in den Anstaltsgebäuden und auf dem Anstaltsgelände ist untersagt. Die Arrestierten haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.
(2) Den Arrestierten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.
(3) Arrestierte, die nicht krankenversichert sind, haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und unter Berücksichtigung des allgemeinen Standards der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Dauer des Vollzugs. Auch Arrestierten, die krankenversichert sind, können Leistungen nach Satz 1 gewährt werden, wenn dies aus vollzuglichen Gründen erforderlich ist.

Vierter Titel Außenkontakte

§ 16 Schriftwechsel, Pakete

(1) Die Arrestierten haben das Recht, Schreiben zu empfangen und abzusenden. Die Anstalt fördert die schriftliche Kommunikation. Sie kann die Kosten für abgehende Schreiben in angemessenem Umfang übernehmen, wenn die Arrestierten dazu nicht in der Lage sind.
(2) Die Arrestierten haben das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, die sie unverzüglich weiterleitet. Eine inhaltliche Kontrolle findet nicht statt. Ein- und ausgehende Schreiben können in Gegenwart der Arrestierten, an die sie adressiert oder von denen sie verfasst sind, auf verbotene Gegenstände kontrolliert werden.
(3) Den Arrestierten kann in begründeten Ausnahmefällen gestattet werden, Pakete zu empfangen. Pakete sind in Gegenwart der Arrestierten zu öffnen und zu kontrollieren.

§ 17 Besuche, Telefongespräche

(1) Den Arrestierten kann gestattet werden, Besuch zu empfangen oder Telefongespräche zu führen, wenn dies dem Vollzugsziel förderlich ist und die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt hierdurch nicht gefährdet wird.
(2) Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherinnen oder Besucher durchsuchen oder mit technischen Hilfsmitteln absuchen lassen. Besuche können beaufsichtigt werden. Sie können abgebrochen werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet ist. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden.
(3) Besuche von Verteidigerinnen oder Verteidigern, von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes, von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten und Notarinnen oder Notaren in einer die Arrestierten betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Besuche von Verteidigerinnen oder Verteidigern und Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes werden nicht beaufsichtigt. Dies gilt für Telefongespräche entsprechend.

§ 18 Aufenthalte außerhalb der Anstalt

(1) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können geeigneten Arrestierten gewährt werden, wenn es sich um Maßnahmen der Anstalt handelt oder dies sonst zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlich ist.
(2) Sie können darüber hinaus aus wichtigem Anlass gewährt werden, insbesondere zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen, zur medizinischen Behandlung sowie bei einer akut lebensgefährlichen Erkrankung oder dem Tod naher Angehöriger.
(3) Zur Ausgestaltung der Aufenthalte können den Arrestierten Weisungen erteilt werden. Soweit dies erforderlich ist, werden sie begleitet oder ständig und unmittelbar beaufsichtigt (Ausführung).

Fünfter Titel Religionsausübung

§ 19 Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

(1) Den Arrestierten ist seelsorgerliche und religiöse Betreuung zu ermöglichen. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit der Seelsorge in Verbindung zu treten.
(2) Die Arrestierten können grundlegende religiöse Schriften sowie in angemessenem Umfang Gegenstände des religiösen Gebrauchs besitzen. Diese können ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Die Arrestierten haben das Recht, am Gottesdienst und anderen religiösen Veranstaltungen teilzunehmen.
(4) Arrestierte können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
(5) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

Sechster Titel Sicherheit und Ordnung

§ 20 Grundsatz

(1) Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die Erreichung des Vollzugsziels ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei, dass in der Anstalt ein gewaltfreies Klima herrscht.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Arrestierten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

§ 21 Allgemeine Verhaltenspflichten

(1) Die Arrestierten sind für das geordnete Zusammenleben in der Anstalt mitverantwortlich und müssen mit ihrem Verhalten dazu beitragen.
(2) Die Arrestierten sind verpflichtet, die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen.
(3) Die Arrestierten haben ihre Arresträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die Arrestierten haben Umstände, die eine Gefahr für eine Person oder eine erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung begründen, unverzüglich zu melden.

§ 22 Reaktionen auf Pflichtverstöße

(1) Verstöße der Arrestierten gegen Pflichten, die ihnen durch oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind unverzüglich in einem erzieherischen Gespräch aufzuarbeiten.
(2) Soweit ein erzieherisches Gespräch nicht ausreicht, um den Arrestierten ihr Fehlverhalten bewusst zu machen, können darüber hinaus Maßnahmen angeordnet werden, insbesondere die Erteilung von Weisungen, die Beschränkung oder der Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung bis zu einer Dauer von zwei Tagen oder der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu einer Dauer von einem Tag.
(3) Es sollen solche Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung und der Persönlichkeit der Arrestierten in Zusammenhang stehen.
(4) In geeigneten Fällen sollen im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden. Insbesondere kommen die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei den Geschädigten, die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft und das vorübergehende Verbleiben im Arrestraum in Betracht. Erfüllen die Arrestierten die Vereinbarung, so ist die Anordnung von Maßnahmen nach Absatz 2 unzulässig.

§ 23 Durchsuchung, Absuchung

(1) Die Arrestierten, ihre Sachen und die Arresträume können, auch mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln, abgesucht und durchsucht werden. Die Durchsuchung Arrestierter ist nur von Personen gleichen Geschlechts vorzunehmen. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Anstaltsleitung im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung Arrestierter vorzunehmen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Durchsuchung ist an einem Ort durchzuführen, der einen Sichtkontakt Unbeteiligter nicht zulässt. Andere Arrestierte dürfen nicht anwesend sein.
(3) Die Anstaltsleitung kann allgemein anordnen, dass die Arrestierten in der Regel bei der Aufnahme nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.

§ 24 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder aus Gründen der Gesundheitsvorsorge können im Einzelfall Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch angeordnet werden. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.

§ 25 Festnahmerecht

Arrestierte, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf deren Veranlassung festgenommen und zurückgebracht werden. Führt die Verfolgung oder die von der Anstalt veranlasste Fahndung nicht alsbald zur Wiederergreifung, so sind die weiteren Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde zu überlassen.

§ 26 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Soweit in den nachfolgenden Absätzen nicht abweichend geregelt, können gegen Arrestierte besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1.
der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
2.
die Beobachtung der Arrestierten, auch mit technischen Hilfsmitteln,
3.
die Trennung von allen anderen Arrestierten bis zu 24 Stunden (Absonderung),
4.
die Unterbringung in einem besonders gesicherten Arrestraum ohne gefährdende Gegenstände bis zu 24 Stunden oder
5.
die vorübergehende Fesselung oder vorübergehende Fixierung.
(3) Wenn es zur Abwehr einer Selbsttötung oder erheblichen Selbstverletzung oder bei erhöhter konkreter Gefahr der Entweichung anlässlich einer unaufschiebbaren Ausführung unerlässlich ist, ist eine vorübergehende Fesselung zulässig, die in der Regel nur einige Minuten oder allenfalls wenige Stunden andauern darf.
(4) Eine vorübergehende Fesselung der Arrestierten, durch welche die Bewegungsfreiheit vollständig aufgehoben wird (vorübergehende Fixierung), ist nur zulässig, soweit und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist.
(5) Vorbehaltlich des Absatzes 7 Satz 1 ordnet die Anstaltsleitung besondere Sicherungsmaßnahmen an; dies gilt auch für kurzfristige vorübergehende Fixierungen, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreiten. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Anstaltsleitung ist unverzüglich einzuholen.
(6) Werden die Arrestierten ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der besonderen Sicherungsmaßnahme, ist vor der Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme nach Absatz 5 eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt.
(7) Eine nicht nur kurzfristige vorübergehende Fixierung, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde überschreitet, bedarf grundsätzlich der vorherigen richterlichen Anordnung durch das gemäß § 93 des Jugendgerichtsgesetzes zuständige Amtsgericht. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung der Fixierung durch die Anstaltsleitung oder einen anderen zuständigen Bediensteten der Anstalt getroffen werden. Sofern nicht die in Satz 4 benannten Ausnahmen vorliegen, ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachträglich einzuholen. Eine richterliche Entscheidung ist nicht erforderlich, wenn bereits zu Beginn einer solchen Fixierung abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes für die Fixierung ergehen wird, oder die Fixierung vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine zeitnahe Wiederholung zu erwarten ist. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Fixierung vor deren Erlangung beendet worden, ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.
(8) Die Entscheidung über die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 5 oder Absatz 7 Satz 2 wird den Arrestierten mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung aktenkundig gemacht. Bei einer vorübergehenden Fixierung nach Absatz 5 oder Absatz 7 Satz 2 haben die Anstalten darüber hinaus die Anordnung und die dafür maßgeblichen Gründe zu dokumentieren. Im Übrigen sind bei allen Fixierungen der Verlauf, die Dauer, die Art der Überwachung und die Beendigung zu dokumentieren. Nach Beendigung einer Fixierung, die nicht gerichtlich angeordnet wurde, sind die Gefangenen auf ihr Recht hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahme bei dem für die Überprüfung vollzuglicher Maßnahmen zuständigen Gericht überprüfen zu lassen; auch dieser Hinweis ist aktenkundig zu machen.
(9) Während der Absonderung und während der Unterbringung im besonders gesicherten Arrestraum sowie während einer Fixierung sind die Untergebrachten in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Arrestierten fixiert oder in einer anderen Art vorübergehend gefesselt, sind sie durch Bedienstete ständig und in unmittelbarem Sicht- und Sprechkontakt zu beobachten. Für diese Aufgaben dürfen bei einer Fixierung nur Bedienstete eingesetzt werden, die in diese Aufgaben eingewiesen worden sind. Während einer Fixierung ist unverzüglich eine Ärztin oder ein Arzt herbeizuziehen.
(10) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen. Unterbringungen nach Absatz 2 Nummer 4 werden auf die Höchstfrist nach Absatz 2 Nummer 3 nicht angerechnet. In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 4 ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich zu berichten.

§ 27 Unmittelbarer Zwang

(1) Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang im Sinne des § 81 des Strafvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (StVollzG M-V) anwenden, wenn sie Maßnahmen des Vollzugs rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Schusswaffen dürfen nicht gebraucht werden.
(2) Gegen andere Personen als Arrestierte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Arrestierte zu befreien oder widerrechtlich in die Einrichtung einzudringen oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt. Für das Handeln auf Anordnung ist § 97 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend anzuwenden.
(4) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
(5) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.

Siebter Titel Entlassung, Nachsorge

§ 28 Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassungsbeihilfe

(1) Die Anstalt unterstützt und berät die Arrestierten in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, freien Trägern sowie bei unter Bewährung stehenden Arrestierten der Bewährungshilfe bei der Einleitung von nachsorgenden Maßnahmen.
(2) Die Entlassung kann am Tag des Ablaufs der Arrestzeit vorzeitig erfolgen, wenn die Arrestierten aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen sind oder die Verkehrsverhältnisse dies erfordern.
(3) Bedürftigen Arrestierten kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

§ 29 Schlussbericht, Entlassungsgespräch

(1) Zum Ende des Vollzugs wird ein Schlussbericht erstellt, der insbesondere folgende Angaben enthält:
1.
Übersicht über den Vollzugsverlauf, insbesondere über die durchgeführten Maßnahmen,
2.
Aussagen zur Persönlichkeit und zu den gegenwärtigen Lebensumständen der Arrestierten sowie zu ihrer Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels,
3.
Darlegung des Erziehungsbedarfs der Arrestierten sowie Empfehlung von weiteren externen Hilfsangeboten,
4.
Vorschläge zu Auflagen und Weisungen im Falle einer Bewährungsunterstellung.
(2) Der Inhalt des Schlussberichts wird den Arrestierten in einem Entlassungsgespräch erläutert.
(3) Der Schlussbericht ist für die Vollzugs- und Strafakten bestimmt. Eine Ausfertigung des Berichts ist den Arrestierten, der Jugendgerichtshilfe und bei unter Bewährungsaufsicht stehenden Arrestierten der Bewährungshilfe sowie auf Verlangen der Arrestierten oder der Personensorgeberechtigten diesen zu übermitteln.

Achter Titel Beschwerde

§ 30 Beschwerderecht

(1) Die Arrestierten erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen oder von gemeinsamem Interesse sind, an die Anstaltsleitung zu wenden.
(2) Besichtigen Vertreterinnen oder Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Arrestierten sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeiten der Dienstaufsichtsbeschwerde und des gerichtlichen Rechtsschutzes bleiben unberührt.

Neunter Titel Aufbau und Organisation der Anstalt

§ 31 Einrichtung und Ausstattung der Anstalt

(1) Der Jugendarrest wird in Jugendarrestanstalten der Justizverwaltung oder Teilanstalten der Jugendanstalten vollzogen.
(2) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Arrestanstalt so fest, dass eine angemessene Unterbringung im Sinne des § 9 gewährleistet ist.
(3) Es sind bedarfsgerechte Räumlichkeiten für Gruppen- und Einzelmaßnahmen vorzusehen. Gleiches gilt für Besuche, Freizeit, Sport und Seelsorge.

§ 32 Leitung der Anstalt und Leitung des Vollzugs

(1) Die Anstaltsleitung trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug und vertritt die Anstalt nach außen. Sie kann einzelne Aufgabenbereiche und Befugnisse auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.
(2) Die Aufsichtsbehörde überträgt die Leitung der Anstalt einer Beamtin oder einem Beamten der Laufbahngruppe zwei, erstes oder zweites Einstiegsamt. In diesem Fall bleibt die Regelung des § 85 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes unberührt mit der Maßgabe, dass für die Abgabe der Vollstreckung an die Stelle der oder des als Vollzugsleiterin oder Vollzugsleiter zuständigen Jugendrichterin oder Jugendrichters die oder der am Ort des Vollzugs nach der Geschäftsverteilung des betreffenden Amtsgerichts zuständige Jugendrichterin oder Jugendrichter tritt.
(3) Die Aufsichtsbehörde kann abweichend von Absatz 2 die Jugendrichterin oder den Jugendrichter am Ort der Anstalt zur Anstaltsleitung bestellen. Ist dort eine Jugendrichterin oder ein Jugendrichter nicht oder sind dort mehrere Jugendrichterinnen oder Jugendrichter tätig, bestimmt die Aufsichtsbehörde eine Jugendrichterin oder einen Jugendrichter zur Anstaltsleitung.

§ 33 Personelle Ausstattung, ärztliche Versorgung, Seelsorge

(1) Die Anstalt wird mit dem für die Erreichung des Vollzugsziels und für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal ausgestattet. Die Bediensteten müssen für die erzieherische Gestaltung des Vollzugs geeignet und qualifiziert sein.
(2) Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung sind zu gewährleisten.
(3) Die ärztliche Versorgung und die seelsorgerliche Betreuung der Arrestierten sind sicherzustellen.

§ 34 Hausordnung

Die Anstaltsleitung erlässt zur Gestaltung und Organisation des Vollzugsalltags auf der Grundlage dieses Gesetzes eine Hausordnung. Darin sind insbesondere die Rechte und Pflichten der Arrestierten und der strukturierte Tagesablauf aufzunehmen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung vorbehalten.

§ 35 Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften

(1) Das für Justiz zuständige Ministerium führt die Aufsicht über die Anstalten (Aufsichtsbehörde).
(2) Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten in einem Vollstreckungsplan.
(3) Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Arrest auch in Anstalten der Justizverwaltungen anderer Länder vorgesehen werden.

§ 36 Beirat

(1) Bei der Anstalt kann ein Beirat gebildet werden. Bedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein. Das Nähere regelt die Aufsichtsbehörde.
(2) Die Mitglieder des Beirats wirken beratend bei der Gestaltung des Vollzugs und der Vermittlung der Arrestierten in nachsorgende Maßnahmen mit. Sie fördern das Verständnis für den Arrest und seine gesellschaftliche Akzeptanz und vermitteln Kontakte zu öffentlichen und privaten Einrichtungen.
(3) Der Beirat steht der Anstaltsleitung, den Bediensteten und den Arrestierten als Ansprechpartner zur Verfügung.
(4) Die Mitglieder des Beirats können sich über die Unterbringung der Arrestierten und die Gestaltung des Arrestes sowie die Arbeitsbedingungen der Bediensteten unterrichten und die Anstalt besichtigen. Hierzu können sie die Arrestierten in ihren Räumen aufsuchen.
(5) Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Arrestierten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.

Zweiter Abschnitt Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Arrest neben Jugendstrafe

§ 37 Grundsatz

Für den Vollzug des
1.
Freizeit- und Kurzarrestes nach § 16 Absatz 2 und 3 des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
Nichtbefolgungsarrestes nach § 11 Absatz 3, § 15 Absatz 3 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4, § 29 Satz 2 und § 88 Absatz 6 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes und nach § 98 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) sowie
3.
Jugendarrestes neben Jugendstrafe nach § 16a des Jugendgerichtsgesetzes gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.

§ 38 Freizeit- und Kurzarrest

(1) Maßnahmen nach § 5 Absatz 2 sind anzubieten, soweit die kurze Dauer des Vollzugs dies zulässt und sinnvoll erscheinen lässt.
(2) § 8 Absatz 1 findet keine Anwendung. Ein Arrestplan nach § 8 Absatz 2 wird nicht erstellt, ein Schlussbericht nach § 29 nur dann, wenn dies aus besonderen Gründen erforderlich ist. § 7 Absatz 4 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass eine ärztliche Untersuchung nur erfolgt, wenn Anhaltspunkte für eine Arrestuntauglichkeit bestehen.

§ 39 Nichtbefolgungsarrest

(1) Im Vollzug des Nichtbefolgungsarrestes sollen mit den Arrestierten die Gründe für die Nichterfüllung der auferlegten Pflichten erörtert werden. Sie sollen dazu angehalten und motiviert werden, die ihnen erteilten Weisungen oder Anordnungen zu befolgen und ihre Auflagen zu erfüllen.
(2) In den Fällen des § 98 Absatz 2 OWiG tritt an die Stelle der Auseinandersetzung mit der Straftat nach § 5 Absatz 2 eine Auseinandersetzung mit der zu Grunde liegenden Ordnungswidrigkeit.
(3) Der Schlussbericht (§ 29) enthält zudem Angaben über die Befolgung von Weisungen oder Anordnungen sowie die Erfüllung von Auflagen während des Vollzugs.
(4) Für den Nichtbefolgungsarrest in Form eines Freizeit- und Kurzarrestes findet zusätzlich § 38 Anwendung.

§ 40 Jugendarrest neben Jugendstrafe

(1) Die Gestaltung des Arrestes und seine Einzelmaßnahmen haben sich zusätzlich an den gemäß § 16a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Jugendgerichtsgesetzes genannten Anordnungsgründen zu orientieren.
(2) Die Bewährungshilfe hält während des Vollzugs Kontakt zu den Arrestierten und wirkt an der Planung und Einleitung nachsorgender Maßnahmen mit, um eine bestmögliche Vorbereitung der Bewährungszeit nach dem Vollzug zu gewährleisten.
(3) In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 2 des Jugendgerichtsgesetzes sind den Arrestierten Kontakte zu Personen des sozialen Umfeldes nur dann zu gestatten, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.
(4) Für den Arrest neben Jugendstrafe in Form eines Freizeit- und Kurzarrestes findet zusätzlich § 38 Anwendung.

Dritter Abschnitt Kriminologische Forschung

§ 41 Kriminologische Forschung

Der Vollzug, insbesondere seine Gestaltung sowie die Maßnahmen und deren Wirkungen auf die Erreichung des Vollzugsziels, soll von dem Kriminologischen Dienst in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder anderen Stellen wissenschaftlich begleitet werden.

§ 42 (aufgehoben)

Vierter Abschnitt Schlussvorschriften

§ 43 Ersetzung von Bundesrecht

(1) Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich § 90 des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Es ersetzt weiterhin die Jugendarrestvollzugsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 3270), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864), mit Ausnahme der Bestimmungen über die Vollstreckung des Jugendarrestes (§ 4, § 5 Absatz 3, § 17 Absatz 4, § 25 Absatz 1, 3 und 4).

§ 44 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte auf die körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), die Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), die Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes) sowie das Elternrecht (Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
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