HJWBG M-V
DE - Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern

Gesetz über das Hausrecht bei Gerichten und Staatsanwaltschaften und über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes in Mecklenburg-Vorpommern (Hausrecht- und Justizwachtmeister-Befugnisse-Gesetz - HJWBG M-V) Vom 7. Juni 2021

Gesetz über das Hausrecht bei Gerichten und Staatsanwaltschaften und über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes in Mecklenburg-Vorpommern (Hausrecht- und Justizwachtmeister-Befugnisse-Gesetz - HJWBG M-V) Vom 7. Juni 2021
Zum 15.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über das Hausrecht bei Gerichten und Staatsanwaltschaften und über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes in Mecklenburg-Vorpommern (Hausrecht- und Justizwachtmeister-Befugnisse-Gesetz - HJWBG M-V) vom 7. Juni 202110.06.2021
Eingangsformel10.06.2021
§ 1 - Anwendungsbereich10.06.2021
§ 2 - Hausrecht und Übertragung des Vollzugs10.06.2021
§ 3 - Allgemeine Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes10.06.2021
§ 4 - Besondere Befugnisse und Anwendbarkeit des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes10.06.2021
§ 5 - Anwendbarkeit der Strafvollzugsgesetze10.06.2021
§ 6 - In Anspruch zu nehmende Personen und Entschädigungsansprüche10.06.2021
§ 7 - Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage; Widerspruchsbescheid10.06.2021
§ 8 - Zulässigkeit des Verwaltungszwangs10.06.2021
§ 9 - Zwangsmittel10.06.2021
§ 10 - Ersatzvornahme10.06.2021
§ 11 - Unmittelbarer Zwang10.06.2021
§ 12 - Androhung10.06.2021
§ 13 - Verhältnismäßigkeit10.06.2021
§ 14 - Beleihung und Übertragung von Befugnissen des Justizwachtmeisterdienstes10.06.2021
§ 15 - Einschränkungen von Grundrechten10.06.2021
§ 16 - Inkrafttreten10.06.2021
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Die nachfolgenden Vorschriften regeln die Befugnisse der Leiterinnen und Leiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften oder von ihnen beauftragter Justizbeschäftigter bei der Ausübung des Hausrechtes sowie die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Justizgebäuden, bei der Vollziehung richterlicher oder staatsanwaltschaftlicher Anordnungen und bei der Sicherung des Gewahrsams.
(2)
1
Die Befugnisse der Justizbediensteten aufgrund anderer Vorschriften bleiben unberührt.
2
Zur Vollziehung von Maßnahmen der Sitzungspolizei ist dieses Gesetz nur anwendbar, soweit Bundesrecht keine Regelung enthält.
(3) Die Aufgaben und Befugnisse der Polizei und des Justizvollzugsdienstes bleiben unberührt.

§ 2 Hausrecht und Übertragung des Vollzugs

(1) Die Leiterinnen und Leiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie die von ihnen beauftragten Justizbeschäftigten können zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes nach pflichtgemäßem Ermessen die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Justizgebäude und dem dazugehörigen Grundstück erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere
1.
generelle Einlasskontrollen durchführen, auch unter Einsatz technischer Hilfsmittel, die zum Auffinden von zur Störung der Sicherheit und Ordnung verwendbarer Gegenstände geeignet sind,
2.
die Identität einer Person feststellen,
3.
zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit und Ordnung eine Person vom Grundstück verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten des Grundstücks verbieten,
4.
eine Person und mitgeführte Sachen durchsuchen und unter Einsatz technischer Mittel absuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Sachen mit sich führt, die nach Nummer 5 sichergestellt werden dürfen,
5.
Waffen, gefährliche Gegenstände und sonstige Gegenstände, die geeignet sind, die Sicherheit und Ordnung zu stören, sicherstellen.
(2)
1
Mit dem Vollzug der getroffenen Maßnahmen soll der Justizwachtmeisterdienst beauftragt werden.
2
Der Vollzug des Hausrechts richtet sich nach §§ 8 bis 13.

§ 3 Allgemeine Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes

Der Justizwachtmeisterdienst kann zur Wahrnehmung seiner Aufgaben, unbeschadet seiner Aufgaben nach § 2 Absatz 2, die nach pflichtgemäßen Ermessen notwendigen Maßnahmen treffen.

§ 4 Besondere Befugnisse und Anwendbarkeit des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes

Der Justizwachtmeisterdienst kann, soweit kein Fall von § 5 vorliegt, ausschließlich bezogen auf das Amtsgebäude mit dem dazugehörigen Grundstück:
1.
die Identität einer Person feststellen; § 29 Absatz 1 Satz 1, Satz 2 Nummer 2 sowie Absatz 2 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sind entsprechend anwendbar,
2.
einen Platzverweis aussprechen; § 52 Absatz 1 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes ist entsprechend anwendbar,
3.
Personen durchsuchen; § 29 Absatz 3 Satz 2, § 53 Absatz 1 Nummer 1 und 2 sowie Absatz 4 und 5 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sind entsprechend anwendbar,
4.
Sachen durchsuchen; § 29 Absatz 3 Satz 2, § 57 Absatz 1 Nummer 2, 3 und 5 sowie § 58 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sind entsprechend anwendbar,
5.
Sachen sicherstellen; § 61 Absatz 1 Satz 1 und § 62 Absatz 1 und 2 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sind unter der Maßgabe entsprechend anwendbar, dass die sichergestellte Sache unverzüglich der Polizei zu übergeben ist, es sei denn, die Sache ist in entsprechender Anwendung des § 61 Absatz 3 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes herauszugeben,
6.
Personen in Gewahrsam nehmen; § 55 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und bezogen auf einen Platzverweis auch Nummer 5, Absatz 2, 3 und 5 Satz 1 sowie § 56 Absatz 1 bis 4 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sind unter der Maßgabe entsprechend anwendbar, dass die in Gewahrsam genommene Person unverzüglich der Polizei zu übergeben ist, sofern eine Aufhebung des Gewahrsams nicht in entsprechender Anwendung des § 55 Absatz 5 Satz 1 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes unmittelbar bevorsteht; der Gewahrsam durch den Justizwachtmeisterdienst darf die Dauer von vier Stunden nicht überschreiten.

§ 5 Anwendbarkeit der Strafvollzugsgesetze

1
Auf Maßnahmen des Justizwachtmeisterdienstes gegenüber Personen, die einer Freiheitsentziehung im Sinne der folgenden Vorschriften unterworfen sind, sind unter Ausschluss von §§ 6 bis 14 entsprechend anzuwenden:
1.
bei Freiheitsentziehungen nach § 1 des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern oder nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b des Psychischkrankengesetzes, § 44 Absatz 1 und 2, § 48 Absatz 1, §§ 49, 51, 54 Absatz 1 und 2, §§ 55, 56 und 58 des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, auch in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern;
2.
bei Freiheitsentziehungen nach § 1 des Strafvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern § 74 Absatz 1 und 2, §§ 77, 78, § 81 Absatz 1 und 2, §§ 82, 83 und 84 des Strafvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern;
3.
bei Freiheitsentziehungen nach § 1 des Jugendstrafvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, § 64 Absatz 1 und 2, §§ 69, 70, 72, 76 Absatz 1 und 2, §§ 77, 78 und 80 des Jugendstrafvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern;
4.
bei Freiheitsentziehungen nach § 1 des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern oder nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a des Psychischkrankengesetzes , § 79 Absatz 1 und 2, § 82 Satz 1, §§ 83, 86 Absatz 1 und 2, §§ 87, 88 und 89 des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern.
2
Der Rechtsschutz der in Satz 1 genannten Personen gegen Maßnahmen des Justizwachtmeisterdienstes richtet sich nach § 119a der Strafprozessordnung, §§ 109 bis 121b und 130 des Strafvollzugsgesetzes oder § 92 des Jugendgerichtsgesetzes.

§ 6 In Anspruch zu nehmende Personen und Entschädigungsansprüche

(1) Die Maßnahmen des Justizwachtmeisterdienstes können, soweit nichts anderes bestimmt ist, gegenüber den in §§ 69, 70 und § 71 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes bezeichneten Personen getroffen werden. Die §§ 68 und 70a des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sind entsprechend anwendbar.
(2) Auf Entschädigungsansprüche sind die §§ 72 bis 75 und 77 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes entsprechend anwendbar.

§ 7 Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage; Widerspruchsbescheid

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Über den Widerspruch gegen Verwaltungsakte des Justizwachtmeisterdienstes entscheidet die Behörde, deren Justizwachtmeisterdienst den Verwaltungsakt erlassen hat.

§ 8 Zulässigkeit des Verwaltungszwangs

Soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, richtet sich der Vollzug einer Maßnahme nach § 110 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes.

§ 9 Zwangsmittel

Der Justizwachtmeisterdienst wendet die Zwangsmittel Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang an.

§ 10 Ersatzvornahme

Für die Ausübung der Ersatzvornahme ist § 89 Absatz 1 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes entsprechend anwendbar.

§ 11 Unmittelbarer Zwang

(1) Für die Ausübung des unmittelbaren Zwangs sind die §§ 101, 102,104 bis 106 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes entsprechend anwendbar.
(2)
1
Als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind ausschließlich Fesseln, technische Sperren und Reizstoffe zugelassen.
2
Als Waffen sind nur Schlagstöcke zugelassen.

§ 12 Androhung

1
Die vom Justizwachtmeisterdienst in Aussicht genommenen Zwangsmittel sind konkret vor ihrer Anwendung anzudrohen.
2
Im Übrigen ist auf die Androhung § 111 Absatz 1 Satz 2 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes entsprechend anzuwenden.

§ 13 Verhältnismäßigkeit

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten, § 15 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes ist entsprechend anzuwenden.

§ 14 Beleihung und Übertragung von Befugnissen des Justizwachtmeisterdienstes

(1) Das für Justiz zuständige Ministerium kann natürliche Personen, juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften mit der Wahrnehmung der Zugangskontrolle in den Justizgebäuden seines Geschäftsbereichs durch Verwaltungsakt beleihen.
(2) Die Beleihung ist nur zulässig, wenn
1.
die oder der zu Beleihende für die zu übertragende Aufgabe geeignet, sach- und fachkundig und zuverlässig ist, insbesondere müssen die erforderlichen speziellen rechtlichen und technischen Kenntnisse nachgewiesen werden, und
2.
die Erfüllung der zu übertragenen Aufgaben sichergestellt ist.
(3) Die Beleihung kann jederzeit ganz oder teilweise zurückgenommen, widerrufen oder mit Nebenbestimmungen verbunden werden.
(4) Die oder der Beliehene hat im Rahmen der ihr oder ihm durch die Beleihung übertragenen Aufgabe die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes entsprechend den §§ 3 bis 13.
(5)
1
Die oder der Beliehene untersteht bei ihrer oder seiner Tätigkeit in einer Dienststelle der Aufsicht der Leitung dieser Dienststelle.
2
Die Dienststellenleitung kann einen Beamten oder eine Beamtin des Justizwachtmeisterdienstes zur Aufsicht ermächtigen.
3
Im Übrigen untersteht die oder der Beliehene im Rahmen der Beleihung der Aufsicht des für Justiz zuständigen Ministeriums.
(6)
1
Wird das Land von Dritten wegen eines Schadens in Anspruch genommen, den die oder der Beliehene in Ausübung des ihr oder ihm anvertrauten Amtes diesen durch eine Amtspflichtverletzung zugefügt hat, so kann das Land bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit bei der oder dem Beliehenen Rückgriff nehmen.
2
Vertragliche Ansprüche des Landes aus demselben Schadensereignis gegen Dritte, insbesondere das Arbeit gebende Unternehmen der oder des Beliehenen, bleiben unberührt und sind vorrangig geltend zu machen.

§ 15 Einschränkungen von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und das Recht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 16 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
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