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DE - Landesrecht Hamburg

Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden Vom 1. Dezember 1969

Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden Vom 1. Dezember 1969
Zum 14.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 11. Juli 2007 (HmbGVBl. S. 236, 237)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 1. Dezember 196901.01.2004
Eingangsformel01.01.2004
ABSCHNITT I - Einrichtung, Aufgaben und Verfassung der Gutachterstelle01.01.2004
§ 1 - Einrichtung, Aufgaben01.01.2004
§ 2 - Zusammensetzung01.01.2004
§ 3 - Bestellung, Amtszeit01.01.2004
§ 4 - Ende der Mitgliedschaft01.01.2004
§ 5 - Rechtsstellung der Mitglieder01.01.2004
§ 6 - Ausschluss im Einzelfall01.01.2004
§ 7 - Führung der Geschäfte01.01.2004
§ 8 - Eintritt der Stellvertreter01.01.2004
ABSCHNITT II - Verfahren der Gutachterstelle01.01.2004
§ 9 - Antrag01.01.2004
§ 10 - Erhebungen01.01.2004
§ 11 - Aufklärungen, Einwilligung, Einverständnis01.01.2004
§ 12 - Anhörung des Ehegatten28.07.2007
§ 13 - Unmittelbarkeit01.01.2004
§ 14 - Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht01.01.2004
§ 15 - Aktenführung01.01.2004
§ 16 - Entscheidung01.01.2004
§ 17 - Wirksamkeit der Bestätigung01.01.2004
§ 18 - Verfahrenskosten01.01.2004
ABSCHNITT III - Schlussvorschriften01.01.2004
§ 19 - Mitteilungspflicht01.01.2004
§ 20 - (gestrichen)01.01.2004
§ 21 - Erstattung von Auslagen01.01.2004
§ 22 - (gestrichen)01.01.2004
§ 23 - Aufhebung von Vorschriften01.01.2004
§ 24 - Inkrafttreten01.01.2004
Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft beschlossene Gesetz:

ABSCHNITT I Einrichtung, Aufgaben und Verfassung der Gutachterstelle

§ 1 Einrichtung, Aufgaben

(1) Als Einrichtung der Ärztekammer Hamburg wird eine Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden gebildet.
(2) Die Gutachterstelle nimmt die in § 5 Absätze 1 und 2 des Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 15. August 1969 (Bundesgesetzblatt I Seite 1143) - Kastrationsgesetz - bezeichneten Aufgaben wahr.

§ 2 Zusammensetzung

Die Gutachterstelle besteht aus zwei Ärzten, davon mindestens einem Facharzt für Psychiatrie, und einem Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz.

§ 3 Bestellung, Amtszeit

(1)
1
Die Ärztekammer bestellt die Mitglieder der Gutachterstelle und Stellvertreter in erforderlicher Anzahl.
2
Das zum Richteramt befähigte Mitglied und seine Stellvertreter werden auf Vorschlag der zuständigen Behörde bestellt.
(2)
1
Die Mitglieder werden für eine Amtszeit von vier Jahren bestellt.
2
Die erneute Bestellung nach Ablauf der Amtszeit ist zulässig.

§ 4 Ende der Mitgliedschaft

(1) Die Mitglieder können ihr Amt jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber der Ärztekammer niederlegen.
(2) Ein Mitglied ist abzuberufen, wenn
1.
eine Bestellungsvoraussetzung entfällt oder ihr Fehlen sich nachträglich herausstellt,
2.
in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur weiteren Wahrnehmung seiner Aufgaben ergibt.
(3) Begründen Tatsachen den Verdacht auf das Vorliegen eines Abberufungsgrundes, kann dem Mitglied die Amtsführung bis zur Klärung vorläufig untersagt werden.
(4)
1
Die Entscheidungen nach den Absätzen zwei und drei obliegen der Ärztekammer.
2
Hinsichtlich des zum Richteramt befähigten Mitgliedes hört sie vor der Entscheidung die zuständige Behörde.

§ 5 Rechtsstellung der Mitglieder

(1)
1
Die Mitglieder der Gutachterstelle sind ehrenamtlich tätig.
2
Sie sind an Aufträge und Einzelweisungen nicht gebunden.
(2)
1
Sie erhalten von der Ärztekammer eine Entschädigung für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwand.
2
Die Höhe dieser Entschädigung wird von der Ärztekammer im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde festgesetzt.

§ 6 Ausschluss im Einzelfall

Ein Mitglied ist im Einzelfall von der Mitwirkung ausgeschlossen, wenn es
1.
den Betroffenen ärztlich behandelt oder außerhalb des Verfahrens begutachtet hat, für ihn als Rechtsanwalt tätig gewesen ist oder an einem Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen ihn mitgewirkt hat,
2.
zu dem Betroffenen in einem Verhältnis der in § 22 Nummern 2 und 5 der Strafprozessordnung bezeichneten Art steht.

§ 7 Führung der Geschäfte

Dem zum Richteramt befähigten Mitglied obliegt die Führung der Geschäfte der Gutachterstelle.

§ 8 Eintritt der Stellvertreter

(1) Scheidet ein Mitglied vor dem Ende der Amtszeit aus der Gutachterstelle aus, tritt für ihren Rest ein Stellvertreter an seine Stelle.
(2) Ist einem Mitglied die Amtsführung vorläufig untersagt, ist es im Einzelfall von der Mitwirkung ausgeschlossen oder aus anderen Gründen an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert, tritt ein Stellvertreter für die Dauer der Verhinderung ein.
(3) Die Stellvertreter werden in der Reihenfolge einer von der Ärztekammer zu führenden Liste herangezogen.
(4) Die Vorschriften für die Mitglieder gelten für die Stellvertreter entsprechend.

ABSCHNITT II Verfahren der Gutachterstelle

§ 9 Antrag

(1) Die Gutachterstelle wird auf Antrag tätig.
(2) Antragsberechtigt sind der Betroffene und die Personen, deren Einwilligung in die Behandlung in den Fällen des § 3 Absätze 3 und 4 sowie des § 4 des Kastrationsgesetzes erforderlich ist.
(3) Die Gutachterstelle kann die Bearbeitung von Anträgen ablehnen, wenn der Betroffene seinen ständigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg hat.

§ 10 Erhebungen

1
Die Gutachterstelle verschafft sich durch eine ärztliche Untersuchung des Betroffenen und die gebotenen weiteren Erhebungen die Erkenntnisse, derer sie für die Beurteilung bedarf, ob die Voraussetzungen des § 2 des Kastrationsgesetzes gegeben sind.
2
Soweit ihr das erforderlich erscheint, zieht sie die über den Betroffenen in gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren erwachsenen aktenmäßigen Unterlagen heran und wertet sie aus.

§ 11 Aufklärungen, Einwilligung, Einverständnis

(1)
1
Die Gutachterstelle nimmt die Aufklärungen vor, von denen nach den §§ 3 und 4 des Kastrationsgesetzes die Wirksamkeit der für die Zulässigkeit der Kastration oder einer anderen Behandlungsmethode nach § 4 erforderlichen Einwilligung und, im Falle des § 3 Absatz 3 Nummer 1 des Kastrationsgesetzes, des erforderlichen Einverständnisses abhängt.
2
Wird der Betroffene auf richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt, so ist die Aufklärung auch darauf zu erstrecken, dass er durch die Kastration oder die andere Behandlungsmethode nach § 4 des Kastrationsgesetzes keinen Anspruch auf vorzeitige Entlassung erlangt.
(2) Der Betroffene ist darauf hinzuweisen, dass es in seinem eigenen Interesse ratsam ist, sich nach der Kastration Nachuntersuchungen zu unterziehen.
(3) Sodann führt die Gutachterstelle eine schriftliche Erklärung des Aufgeklärten über die Einwilligung (das Einverständnis) herbei oder macht, wenn dies nicht möglich ist, die Einwilligung (das Einverständnis) aktenkundig.

§ 12 Anhörung des Ehegatten

Der Ehegatte oder Lebenspartner des Betroffenen ist anzuhören, sofern nicht der Betroffene widerspricht oder die Anhörung aus Gründen des Einzelfalles untunlich ist.

§ 13 Unmittelbarkeit

(1)
1
Die Gutachterstelle trifft die Maßnahmen nach den §§ 10 bis 12 durch ihre Mitglieder.
2
Zur Vornahme einzelner Maßnahmen kann sie auch andere Ärzte oder Psychologen mit deren Einverständnis zuziehen, wenn ihr das im Einzelfall geboten erscheint.
(2)
1
Um die Vornahme einzelner Maßnahmen kann auch die Gutachterstelle eines anderen Landes ersucht werden.
2
Entsprechende Ersuchen der Gutachterstellen anderer Länder dürfen nicht abgelehnt werden.

§ 14 Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht

In den Fällen des § 6 des Kastrationsgesetzes kann die Bestätigung vor der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung erteilt werden.

§ 15 Aktenführung

1
Zu jedem bei der Gutachterstelle eingehenden Antrag werden Akten angelegt.
2
In ihnen werden die getroffenen Maßnahmen und ihre Ergebnisse festgehalten.

§ 16 Entscheidung

(1) Die Gutachterstelle trifft ihre Entscheidung nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit.
(2) Eine die Bestätigung versagende Entscheidung ist zu begründen.
(3) In die Bestätigung sind aufzunehmen
1.
der Zeitpunkt, an dem die Genehmigung ihre Wirksamkeit verliert,
2.
ein Hinweis auf die ärztliche Mitteilungspflicht nach § 19,
3.
ein Hinweis darauf, dass Nachuntersuchungen ratsam sind (§ 11 Absatz 2),
4.
in den Fällen des § 6 des Kastrationsgesetzes ein Hinweis darauf, dass die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist.
(4) Die Entscheidung ist dem Betroffenen und den weiteren nach § 9 Absatz 2 antragsberechtigten Personen schriftlich bekannt zu geben.

§ 17 Wirksamkeit der Bestätigung

(1) Die Bestätigung wird unwirksam, wenn nicht innerhalb eines Jahres nach ihrer Erteilung die Kastration durchgeführt oder mit einer anderen Behandlung begonnen wird.
(2) Die Gutachterstelle kann auf Antrag einer der in § 9 Absatz 2 bezeichneten Personen die Wirksamkeit der Bestätigung um ein Jahr verlängern.

§ 18 Verfahrenskosten

Das Verfahren vor der Gutachterstelle ist gebühren- und auslagenfrei.

ABSCHNITT III Schlussvorschriften

§ 19 Mitteilungspflicht

Die Durchführung der Kastration oder, im Falle des § 4 des Kastrationsgesetzes, den Beginn der Behandlung hat der ausführende Arzt der Gutachterstelle unverzüglich mitzuteilen.

§ 20 (gestrichen)

§ 21 Erstattung von Auslagen

Der Ärztekammer sind am Schluss eines jeden Rechnungsjahres von der Freien und Hansestadt Hamburg zu erstatten
1.
die Kosten der Aufwandsentschädigungen nach § 5 Absatz 2,
2.
Reisekosten, die Mitgliedern der Gutachterstelle anlässlich von Untersuchungen, Anhörungen oder Aufklärungen erwachsen sind,
3.
Kosten, die durch Aufträge nach § 13 Absatz 1 Satz 2 entstanden sind.

§ 22 (gestrichen)

§ 23 Aufhebung von Vorschriften

1
§ 14 Absatz 2 des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 (Sammlung des bereinigten hamburgischen Landesrechts II 2126-a) wird aufgehoben.
2
§ 14 Absatz 1 desselben Gesetzes sowie Artikel 8 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 5. Dezember 1933 (Sammlung des bereinigten hamburgischen Landesrechts II 2126-a-1) und die Artikel 3 und 4 der Vierten Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 18. Juli 1935 (Sammlung des bereinigten hamburgischen Landesrechts II 2126-a-2) sind auf die Entfernung der Keimdrüsen nicht anzuwenden.

§ 24 Inkrafttreten

Dies Gesetz tritt am 18. Februar 1970 in Kraft.
Ausgefertigt Hamburg, den 1. Dezember 1969.
Der Senat
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