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Gesetz über die Hamburgische Beauftragte oder den Hamburgischen Beauftragten für Opfer von Terror- und Großschadensereignissen und deren Angehörige (Hamburgisches Opferbeauftragtengesetz) Vom 24. Januar 2023

Gesetz über die Hamburgische Beauftragte oder den Hamburgischen Beauftragten für Opfer von Terror- und Großschadensereignissen und deren Angehörige (Hamburgisches Opferbeauftragtengesetz) Vom 24. Januar 2023
Zum 14.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über die Hamburgische Beauftragte oder den Hamburgischen Beauftragten für Opfer von Terror- und Großschadensereignissen und deren Angehörige (Hamburgisches Opferbeauftragtengesetz) vom 24. Januar 202311.04.2023
Eingangsformel11.04.2023
§ 1 - Opferbeauftragte oder Opferbeauftragter11.04.2023
§ 2 - Begriffsbestimmungen11.04.2023
§ 3 - Zuständigkeiten11.04.2023
§ 4 - Einbindung11.04.2023
§ 5 - Aufgaben11.04.2023
§ 6 - Auskunft und Unterrichtungspflicht11.04.2023
§ 7 - Verarbeitung personenbezogener Daten11.04.2023
§ 8 - Inkrafttreten11.04.2023
Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft beschlossene Gesetz:

§ 1 Opferbeauftragte oder Opferbeauftragter

Der Senat bestimmt die Hamburgische Beauftragte oder den Hamburgischen Beauftragten für Opfer von Terror- und Großschadensereignissen und deren Angehörige.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet der Ausdruck
1.
Opfer: eine Person, die als direkte Folge eines Ereignisses nach § 3 Absatz 1 eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung oder einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat,
2.
Angehörige: natürliche Personen, die mit dem Opfer in enger persönlicher und sozialer Verbindung stehen,
3.
Betroffene: Opfer und deren Angehörige,
4.
Terrorfall: eine vorsätzlich herbeigeführte Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, durch die eine unbestimmte Anzahl von Personen betroffen ist, eine erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Lebens und/oder die Zerstörung wichtiger öffentlicher Infrastrukturen eingetreten ist oder in der der Generalbundesanwalt für die strafrechtlichen Ermittlungen aufgrund eines Verdachtes einer terroristischen Straftat zuständig ist,
5.
Großschadenslage: ein Ereignis, das Leben oder Gesundheit einer großen Anzahl von Menschen, erhebliche Sachwerte oder die Umwelt gefährdet oder beeinträchtigt, zu deren wirksamen Bekämpfung die im Regeldienst vorgehaltenen Kräfte und Mittel der Gefahrenabwehr nicht ausreichen und bei dem eine überörtliche oder zentrale Einsatzführung notwendig ist.

§ 3 Zuständigkeiten

(1) Die oder der Opferbeauftragte ist zentrale Ansprechperson für Betroffene von
1.
Terrorfällen,
2.
Großschadenslagen,
3.
mit Terrorfällen und Großschadenslagen vergleichbaren Ereignissen, insbesondere solchen, die den Rechtsfrieden erheblich beeinträchtigen, politisch oder religiös motiviert sind oder aus sonstigen Gründen eine hohe gesellschaftliche Bedeutung aufweisen und das Leben oder die Gesundheit von Menschen, erhebliche Sachwerte oder die Umwelt gefährden oder beeinträchtigen,
auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg.
(2) Eine Zuständigkeit ist auch gegeben, wenn die gegenwärtige Einschätzung der Lage das Vorliegen eines Terrorfalls, einer Großschadenslage oder eines Ereignisses nach Absatz 1 Nummer 3 erwarten lässt. Die oder der Opferbeauftragte entscheidet, ob ein ihre oder seine Zuständigkeit begründendes Ereignis nach Absatz 1 Nummer 3 vorliegt.
(3) In Fällen der Absätze 1 und 2 außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg ist die oder der Opferbeauftragte ebenfalls zentrale Ansprechperson für Betroffene mit Wohnsitz in Hamburg.

§ 4 Einbindung

(1) In Terrorfällen und bei Großschadenslagen binden die zuständigen Stellen die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten unverzüglich ein.
(2) In Fällen des § 3 Absatz 1 Nummer 3 liegt es, bis eine Entscheidung der oder des Opferbeauftragten nach § 3 Absatz 2 Satz 2 vorliegt, im Ermessen der zuständigen Einsatzleitung, die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten in den Einsatz einzubinden. Eine Nichteinbindung steht der späteren Betreuung der Betroffenen durch die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten nicht entgegen.

§ 5 Aufgaben

(1) Die oder der Opferbeauftragte nimmt insbesondere folgende Aufgaben wahr:
1.
Koordinierung der Beratung und Hilfen für Betroffene zwischen den beteiligten Stellen,
2.
Proaktive Kontaktaufnahme mit Betroffenen,
3.
Beratung und Betreuung von Betroffenen hinsichtlich psychosozialer, finanzieller und sonstiger Hilfen,
4.
Weitergabe der für die Betroffenen relevanten Informationen an diese,
5.
Durchführung von Fallkonferenzen zur Klärung von konkreten Anliegen der Betroffenen mit den beteiligten Stellen,
6.
Vermittlung der Betroffenen in geeignete Angebote der hamburgischen Opferhilfelandschaft,
7.
Beteiligung an der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
8.
Zusammenarbeit mit zuständigen öffentlichen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg sowie solchen der Länder und des Bundes,
9.
Zusammenarbeit mit Opferbeauftragten, Opferschutzbeauftragten und zentralen Anlaufstellen anderer Länder oder des Bundes.
(2) Die Aufgabenwahrnehmung der oder des Opferbeauftragten ist von Neutralität gegenüber dem Strafverfahren geprägt. Sie darf nicht zu einer Beeinflussung der Zeugen oder einer Beeinträchtigung der Zeugenaussage führen. Entsprechend stimmen sich im Rahmen eines laufenden Strafverfahrens die oder der Opferbeauftragte und die Staatsanwaltschaft oder das erkennende Gericht insbesondere zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummern 2, 4 und 7 eng ab. Zeugen sind über das Neutralitätsgebot sowie über das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht der oder des Opferbeauftragten von dieser oder diesem zu Beginn der Betreuung zu informieren.

§ 6 Auskunft und Unterrichtungspflicht

(1) Die oder der Opferbeauftragte darf, soweit dies zu Wahrnehmung der Aufgaben nach § 5 Absatz 1 erforderlich ist, Auskunft von öffentlichen Stellen verlangen. Von nichtöffentlichen Stellen, die im Bereich der Opferhilfe tätig sind, darf die oder der Opferbeauftragte, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgabe nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 erforderlich ist, Auskunft verlangen. Diese sind zur Auskunftserteilung sowie zur Offenlegung personenbezogener Daten, auch solcher nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. EU 2016 Nr. L 119 S. 1, L 314 S. 72, 2018 Nr. L 127 S. 2, 2021 Nr. L 74 S. 35), verpflichtet.
(2) Die in Ereignisfällen nach § 3 Absatz 1 zuständigen öffentlichen Stellen haben die im Rahmen der eigenen Aufgabenerfüllung zum konkreten Ereignis erhobenen oder erlangten und dort vorhandenen relevanten Informationen, die für die Aufgabenerfüllung der oder des Opferbeauftragten erforderlich sind, insbesondere zu Anzahl und Identität von Opfern und zur Lage, unverzüglich an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten weiterzugeben, soweit nicht einsatztaktische Gründe oder Zwecke des Strafverfahrens, auch die Gefährdung des Untersuchungszwecks in anderen Strafverfahren, entgegenstehen. Die Datenübermittlung umfasst auch personenbezogene Daten der besonderen Kategorien nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679.
(3) Entgegenstehende gesetzliche Bestimmungen, insbesondere § 479 der Strafprozessordnung, bleiben unberührt.

§ 7 Verarbeitung personenbezogener Daten

(1) Die oder der Opferbeauftragte darf, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 5 Absatz 1 erforderlich ist, personenbezogene Daten verarbeiten, insbesondere Nachnamen, Vornamen, Geburtsdatum, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Aufenthalt und Versicherungsnummer sowie Reise- und Unterbringungsdaten.
(2) Die oder der Opferbeauftragte darf, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 5 Absatz 1 Nummern 1, 2, 5 und 6 unbedingt erforderlich ist, personenbezogene Daten nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 von Opfern verarbeiten, insbesondere zur Verletzung, dem Gesundheitszustand und der Unterbringung in einem Krankenhaus, einer Rehabilitationseinrichtung oder der Inanspruchnahme ambulanter Versorgungs-, Behandlungs- und Beratungseinrichtungen.
(3) Die oder der Opferbeauftragte darf unter Anwendung der allgemeinen Zweckänderungsbefugnisse die nach den Absätzen 1 und 2 verarbeiteten Daten an die zuständigen öffentlichen Stellen für deren Aufgabenerfüllung übermitteln.
(4) Die oder der Opferbeauftragte nimmt seine Aufgaben nach § 5 Absatz 1 Nummern 5 und 6 nur mit Zustimmung der Betroffenen wahr.
(5) Werden personenbezogene Daten nach Absatz 2 verarbeitet, so sind angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorzusehen. Zu diesen können technische und organisatorische Maßnahmen gehören, um sicherzustellen, dass die Verarbeitung im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 erfolgt. Als technische und organisatorische Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:
1.
Verschlüsselung personenbezogener Daten,
2.
Pseudonymisierung personenbezogener Daten,
3.
Sicherstellung der Fähigkeit, Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Systeme und Dienste im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich der Fähigkeit, die Verfügbarkeit und den Zugang bei einem physischen oder technischen Zwischenfall rasch wiederherzustellen,
4.
zur Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung die Einrichtung eines Verfahrens zur regelmäßigen Überprüfung, Bewertung und Evaluierung der Wirksamkeit der technischen und organisatorischen Maßnahmen,
5.
Maßnahmen, die gewährleisten, dass nachträglich überprüft und festgestellt werden kann, ob und von wem personenbezogene Daten eingegeben, verändert oder entfernt worden sind,
6.
Sensibilisierung der an Verarbeitungsvorgängen Beteiligten,
7.
Vorschriften und Anweisungen, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln und
8.
Beschränkung des Zugangs zu personenbezogenen Daten innerhalb der verantwortlichen Stelle und von Auftragsverarbeitern.

§ 8 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt nach Ablauf von zwei Monaten nach der Verkündung in Kraft.
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