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Landesgesetz zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Landesinklusionsgesetz) Vom 17. Dezember 2020

Landesgesetz zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Landesinklusionsgesetz) Vom 17. Dezember 2020
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch § 36 des Gesetzes vom 17.12.2020 (GVBl. S. 719)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Landesgesetz zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Landesinklusionsgesetz) vom 17. Dezember 202022.12.2020
Eingangsformel22.12.2020
§ 1 - Ziel des Gesetzes22.12.2020
§ 2 - Geltungsbereich22.12.2020
§ 3 - Begriffsbestimmungen22.12.2020
§ 4 - Benachteiligungsverbot22.12.2020
§ 5 - Besondere Belange von Menschen mit Behinderungen22.12.2020
§ 6 - Maßnahmen öffentlicher Stellen zur Verwirklichung von Gleichstellung und Barrierefreiheit22.12.2020
§ 7 - Gebärdensprache und andere Kommunikationsformen22.12.2020
§ 8 - Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken22.12.2020
§ 9 - Verständlichkeit und Leichte Sprache22.12.2020
§ 10 - Barrierefreie Informationstechnik22.12.2020
§ 11 - Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr22.12.2020
§ 12 - Landesfachstelle für Barrierefreiheit22.12.2020
§ 13 - Verbandsklagerecht01.07.2022
§ 14 - Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren22.12.2020
§ 15 - Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen22.12.2020
§ 16 - Kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen22.12.2020
§ 17 - Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen22.12.2020
§ 18 - Monitoringstelle22.12.2020
§ 19 - Besuchskommission22.12.2020
§ 20 - Berichtspflicht22.12.2020
§ 21 - Förderung der Partizipation22.12.2020
§ 22 - Übergangsbestimmungen22.12.2020
§§ 23 - 36 - [Änderungsanweisungen]22.12.2020
§ 37 - Inkrafttreten22.12.2020
Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel dieses Gesetzes ist es, auf der Grundlage des Artikels 64 der Verfassung für Rheinland-Pfalz und in Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1419 - 1420-) den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Rechte durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten, die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern und dabei insbesondere die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten, ihre Inklusion zu fördern und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

§ 2 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für öffentliche Stellen, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(2) Öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes sind
1.
die Verwaltungen des Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften, die ihnen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden, und
2.
die weiteren in Artikel 3 Nr. 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. EU Nr. L 327 S. 1) genannten öffentlichen Stellen.

§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.
(2) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit Behinderungen oder Menschen, die von Behinderung bedroht sind, aufgrund ihrer Behinderung ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft oder in ihrer selbstbestimmten Lebensführung unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine Benachteiligung umfasst jede Unterscheidung, jeden Ausschluss oder jede Beschränkung aufgrund von Behinderung und die Versagung angemessener Vorkehrungen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Auch eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einer Behinderung im Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
(3) Angemessene Vorkehrungen sind Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit Anderen alle Rechte selbstbestimmt genießen und ausüben können, und sie die öffentlichen Stellen nicht unverhältnismäßig oder unbillig belasten.
(4) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Zur Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit gehört auch die Gewährleistung der Verständlichkeit von Kommunikation. Eine besondere Erschwernis liegt auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird.
(5) Verbände der Selbstvertretung und der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen sind Organisationen von Menschen mit Behinderungen, deren Mitglieder mindestens zur Hälfte aus Menschen mit Behinderungen bestehen, die von Menschen mit Behinderungen verwaltet, geführt und gelenkt werden sowie auf Grundlage des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen dem Ziel verpflichtet sind, gemeinsam für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu handeln, sich zu äußern, sie zu fördern und sie zu verteidigen.
(6) Ein universelles Design ist ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass diese von allen Menschen möglichst weitgehend ohne Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. Das universelle Design schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen nicht aus.

§ 4 Benachteiligungsverbot

(1) Öffentliche Stellen dürfen Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen nicht benachteiligen.
(2) Öffentliche Stellen haben in ihrem Verantwortungsbereich Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass es zu Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen kommt. Bestehende Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen sind abzubauen.
(3) Besteht Streit über das Vorliegen einer Benachteiligung und machen Menschen mit Behinderungen Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung vermuten lassen, so trägt die Gegenseite die Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung vorliegt. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Vorschriften abweichende Bestimmungen enthalten. Bei einem Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit wird das Vorliegen einer Benachteiligung widerleglich vermutet.
(4) Besondere Benachteiligungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

§ 5 Besondere Belange von Menschen mit Behinderungen

Bei der Verwirklichung der Gleichstellung von allen Menschen mit Behinderungen, unabhängig von Geschlecht und Alter, haben öffentliche Stellen die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Ungleichheiten zulässig.

§ 6 Maßnahmen öffentlicher Stellen zur Verwirklichung von Gleichstellung und Barrierefreiheit

(1) Die öffentlichen Stellen haben im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in § 1 genannten Ziele zu berücksichtigen und aktiv zu fördern. Sie sollen darauf hinwirken, dass Leistungserbringer öffentlich-rechtlicher Leistungen die Ziele nach § 1 in angemessener Weise berücksichtigen.
(2) Öffentliche Stellen haben im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit zu ergreifen, soweit diese in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich noch nicht gewährleistet ist.
(3) Öffentliche Stellen, die Zuwendungen gewähren, sollen prüfen, ob und inwieweit die Grundzüge dieses Gesetzes bei der Gewährung der Zuwendung in angemessener Weise berücksichtigt werden können. Sofern Dritte für öffentliche Stellen Aufgaben wahrnehmen oder Angebote bereitstellen, die im erheblichen Interesse der öffentlichen Stellen liegen, sind letztere verpflichtet, zu prüfen und aktiv darauf hinzuwirken, dass die Ziele nach § 1 beachtet werden.

§ 7 Gebärdensprache und andere Kommunikationsformen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.
(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.
(3) Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen haben das Recht, mit öffentlichen Stellen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Öffentliche Stellen haben auf Verlangen der Berechtigten die geeigneten Kommunikationshilfen im erforderlichen Umfang kostenfrei zur Verfügung zu stellen oder die hierfür notwendigen Aufwendungen zu tragen. Im schulischen Bereich wird das Nähere zur Kommunikation in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden und durch andere geeignete Kommunikationshilfen durch Rechtsverordnung des für die Angelegenheiten des Schulwesens zuständigen Ministeriums festgelegt.
(4) Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung sowie hörsehbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 5 das Recht, auch außerhalb eines Verwaltungsverfahrens, soweit dies zur Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen der elterlichen Sorge nach § 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches erforderlich ist,
1.
in schulischen Belangen an Schulen in öffentlicher Trägerschaft und Ersatzschulen sowie staatlich anerkannten internationalen Schulen,
2.
in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die Kosten trägt das Land.
(5) Das fachlich zuständige Ministerium wird ermächtigt, nach Anhörung des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zur Ausführung der Bestimmungen der Absätze 3 und 4 zu treffen, insbesondere zu
1.
Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen,
2.
Art und Weise der Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen,
3.
den Grundsätzen für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für den Einsatz geeigneter Kommunikationshilfen und
4.
geeigneten Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 3 Satz 1.

§ 8 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Öffentliche Stellen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Blinden und sehbehinderten Menschen sind die in Satz 1 genannten Dokumente auf ihren Wunsch ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.
(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zu erlassen, zu welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 2 geregelte Verpflichtung umzusetzen ist.

§ 9 Verständlichkeit und Leichte Sprache

(1) Öffentliche Stellen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 sollen mit Menschen mit geistigen oder seelischen Behinderungen, Gehörlosen und Menschen mit Hörbehinderungen in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren. Auf Verlangen sollen sie ihnen insbesondere die sie betreffenden Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträge und Vordrucke in einfacher und verständlicher Weise erläutern.
(2) Ist die Erläuterung nach Absatz 1 nicht ausreichend, sollen öffentliche Stellen auf Verlangen Menschen mit geistigen oder seelischen Behinderungen Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in Leichter Sprache erläutern.
(3) Kosten für Erläuterungen im notwendigen Umfang nach Absatz 1 oder Absatz 2 sind von den zuständigen öffentlichen Stellen zu tragen. Der notwendige Umfang bestimmt sich nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.
(4) Die Landesregierung wirkt darauf hin, dass die Leichte Sprache vermehrt eingesetzt und angewandt wird und entsprechende Kompetenzen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden.

§ 10 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die öffentlichen Stellen gestalten ihre Auftritte und Angebote im Internet und im Intranet, Apps und sonstige Anwendungen für mobile Endgeräte sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Artikel 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 technisch und inhaltlich barrierefrei im Sinne der Anforderungen nach den Artikeln 4 und 12 der Richtlinie (EU) 2016/2102 so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Sie stellen Erklärungen zur Barrierefreiheit nach Artikel 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 bereit und aktualisieren diese regelmäßig.
(2) Die barrierefreie Gestaltung ist bereits bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung, insbesondere bei Neuanschaffungen, Erweiterungen und Überarbeitungen, zu berücksichtigen.
(3) Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 gelten nur, soweit dies nicht eine unverhältnismäßige Belastung für die öffentliche Stelle bewirken würde. Ob eine unverhältnismäßige Belastung bewirkt würde, ist aktenkundig aufgrund einer abwägenden Bewertung unter Beachtung der Vorgaben in Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 festzustellen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 und 5 gelten nicht für Websites und mobile Anwendungen von Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder in Trägerschaft öffentlicher Stellen, mit Ausnahme der Inhalte, die sich auf wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen beziehen. Sie gelten auch nicht, soweit die Geltung der Richtlinie (EU) 2016/2102 für Websites und mobile Anwendungen und deren Inhalte nach Artikel 1 Abs. 3 und 4 der Richtlinie (EU) 2016/2102 ausgeschlossen ist.
(5) Das fachlich zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für die zentrale Steuerung von E-Government und der IT-Angelegenheiten der Landesverwaltung zuständigen Ministerium und nach Anhörung des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch Rechtsverordnung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 Bestimmungen zu erlassen über:
1.
die spezifischen technischen Standards und die Standards zu Erläuterungen in Deutscher Gebärdensprache und Leichter Sprache, die die öffentlichen Stellen bei der barrierefreien Gestaltung der Websites und mobilen Anwendungen anzuwenden haben,
2.
das Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung der Standards der Informationstechnik bezogen auf die barrierefreie Gestaltung von Websites und mobilen Anwendungen,
3.
die konkreten Anforderungen an die Erklärung zur Barrierefreiheit nach Artikel 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 und das Verfahren zur regelmäßigen Aktualisierung,
4.
die Anforderungen und das Verfahren zum Feedback-Mechanismus gemäß Artikel 7 Abs. 1 Unterabs. 4 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2016/2102,
5.
die Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Durchsetzungsverfahrens, um die Einhaltung der Anforderungen aus den Artikeln 4, 5 und 7 der Richtlinie (EU) 2016/2102 zu gewährleisten, gemäß Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2016/2102 sowie die dafür zuständige Stelle,
6.
das Abwägungsverfahren nach Absatz 3,
7.
das Verfahren der Überwachung und zur Berichterstattung nach Artikel 8 der Richtlinie (EU) 2016/2102 sowie die dafür zuständige Stelle,
8.
die Durchführung von Schulungsprogrammen für öffentliche Stellen im Land.

§ 11 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Bauliche Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der für den jeweiligen Bereich geltenden Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten. Bereits bestehende Bauten sollen soweit wie möglich schrittweise entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung die Anforderungen an die Barrierefreiheit in gleichem Maße erfüllt werden können.
(2) Die barrierefreie Gestaltung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten im Eigentum öffentlicher Stellen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 soll entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfolgen. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung die Anforderungen an die Barrierefreiheit in gleichem Maße erfüllt werden.
(3) Abweichend von Absatz 2 gilt für öffentliche Stellen der kommunalen Gebietskörperschaften und ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, dass diese
1.
bei der barrierefreien Gestaltung von Neubauten sowie bei großen Um- oder Erweiterungsbauten die allgemein anerkannten Regeln der Technik soweit wie möglich berücksichtigen und
2.
die bereits bestehenden Bauten schrittweise entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik soweit wie möglich barrierefrei gestalten sollen.
Sie können hierzu Umsetzungspläne erstellen.
(4) Öffentliche Stellen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 mit Ausnahme der kommunalen Gebietskörperschaften und ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen künftig vorrangig nur solche Bauten anmieten, die barrierefrei sind soweit die Anmietung die öffentlichen Stellen nicht unverhältnismäßig oder unbillig belastet.

§ 12 Landesfachstelle für Barrierefreiheit

(1) Das fachlich zuständige Ministerium richtet im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltsmittel eine Landesfachstelle für Barrierefreiheit ein. Es kann hierfür auch eine nachgeordnete Behörde der Landesverwaltung oder Dritte beauftragen.
(2) Die Landesfachstelle für Barrierefreiheit ist zentrale Anlaufstelle für die Erstberatung zur Barrierefreiheit in Rheinland-Pfalz. Sie soll insbesondere
1.
öffentliche Stellen, Unternehmen, Verbände und natürliche Personen auf Anfrage bei der Entwicklung von Konzepten und der Umsetzung von konkreten Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit beraten und unterstützen,
2.
den Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen auf Anfrage bei der Durchsetzung von Barrierefreiheit beraten und unterstützen,
3.
Informationen zur Herstellung von Barrierefreiheit bereitstellen, bündeln, weiterentwickeln und veröffentlichen und
4.
die Bewusstseinsbildung der Allgemeinheit durch Öffentlichkeitsarbeit in Fragen der Barrierefreiheit fördern.

§ 13 Verbandsklagerecht

(1) Ein von dem fachlich zuständigen Ministerium anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch öffentliche Stellen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 gegen
1.
§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 7, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 oder gegen Bestimmungen der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen,
2.
§ 51 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz,
3.
§ 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Landeswahlordnung,
4.
§ 11 Abs. 3 Satz 1 des Landesstraßengesetzes,
5.
§ 3 Abs. 7 des Nahverkehrsgesetzes,
6.
§ 30 Abs. 3 des Landeskrankenhausgesetzes und
7.
gegen sonstige Bestimmungen des Landesrechts zur Herstellung von Barrierefreiheit, soweit dort auf die Barrierefreiheit nach § 3 Abs. 4 verwiesen wird.
Ein Verbandsklagerecht nach Satz 1 Nr. 1 besteht bei einem Verstoß gegen § 10 oder gegen Bestimmungen der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen nur, soweit es sich um einen erheblichen Verstoß handelt.
(2) Eine Klage nach Absatz 1 ist nicht zulässig, wenn die angegriffene Maßnahme
1.
den Verband nicht in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt,
2.
aufgrund einer Entscheidung in einem gerichtlichen Verfahren erfolgt oder
3.
in einem gerichtlichen Verfahren als rechtmäßig bestätigt worden ist.
Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist eine Klage nach Absatz 1 nur zulässig, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der angegriffenen Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt; dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt.
(3) Vor Erhebung einer Klage nach Absatz 1 ist ein Vorverfahren entsprechend den Bestimmungen der §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung oder der §§ 78 bis 86b des Sozialgerichtsgesetzes durchzuführen; dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist.
(4) Die Anerkennung eines Verbands nach Absatz 1 soll nach Anhörung des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erteilt werden, wenn der Verband
1.
nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange von Menschen mit Behinderungen fördert,
2.
nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Interessen von Menschen mit Behinderungen auf der Ebene des Bundes oder des Landes zu vertreten,
3.
zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in dieser Zeit im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
4.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet und
5.
den Anforderungen der Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit im Sinne der Abgabenordnung genügt.
Ein nach vergleichbaren Bestimmungen vom Bund anerkannter Verband gilt als anerkannt im Sinne des Absatzes 1.

§ 14 Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren

Werden Menschen mit Behinderungen in den in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 aufgeführten Rechten dieses Gesetzes verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach § 13 Abs. 4, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

§ 15 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen

(1) Die Landesregierung bestellt im Benehmen mit dem Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen für die Dauer der Wahlperiode des Landtags eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Sie oder er bleibt bis zur Nachfolgebestellung im Amt; Wiederbestellung ist zulässig. Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen ist in ihrer oder seiner Tätigkeit unabhängig, weisungsungebunden und ressortübergreifend tätig.
(2) Die Landesregierung stellt der oder dem Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen die für die Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel zur Verfügung.
(3) Aufgabe der oder des Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen ist es, darauf hinzuwirken, dass die in § 1 dieses Gesetzes genannten Ziele verwirklicht, die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Vorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden. Sie oder er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen berücksichtigt und bestehende Benachteiligungen von Frauen mit Behinderungen beseitigt werden.
(4) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen steht im Sinne einer Ombudsfunktion als Mittler zwischen den Interessen von Menschen mit und ohne Behinderungen, Verbänden und Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, Rehabilitationsträgern, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung. Sie oder er hat Eingaben von Menschen mit Behinderungen oder zugunsten von Menschen mit Behinderungen zu prüfen und auf eine einvernehmliche, die besonderen Interessen der Menschen mit Behinderungen berücksichtigende Erledigung der Eingaben hinzuwirken. Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen fungiert als Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zur Barrierefreiheit und zur Umsetzung dieses Gesetzes. Das fachlich zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen Bestimmungen zur Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens, zur Organisation der Schlichtungsstelle und zu Umfang und Qualifikation des für diese Aufgabe einzusetzenden Personals zu erlassen.
(5) Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich an die oder den Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen wenden. Niemand darf deswegen benachteiligt werden.
(6) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen ist innerhalb der Landesregierung bei allen grundsätzlichen Fragen, die die Belange von Menschen mit Behinderungen betreffen, rechtzeitig zu beteiligen. Öffentliche Stellen haben die oder den Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen bei der Wahrnehmung der Aufgaben zu unterstützen. Sie haben insbesondere Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren; § 29 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt hinsichtlich der Erteilung von Auskünften und der Gewährung von Akteneinsicht entsprechend.

§ 16 Kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Zur Verwirklichung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen kann in einer kommunalen Gebietskörperschaft eine Person zur Beratung und Unterstützung in Fragen der Behindertenpolitik (kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen) bestellt werden. Das Nähere zur Bestellung kommunaler Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen, insbesondere deren Aufgaben und ihre Beteiligung bei behindertenspezifischen Belangen, regeln die kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit.

§ 17 Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

(1) Es wird ein Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gebildet, der die Landesregierung und die oder den Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen in allen wesentlichen Fragen, die die Belange von Menschen mit Behinderungen berühren, berät und unterstützt. Die obersten Landesbehörden haben den Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bei der Erstellung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften und bei sonstigen Vorhaben, soweit diese für Menschen mit Behinderungen von besonderer Bedeutung sind, innerhalb einer angemessenen Frist anzuhören.
(2) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen ist vorsitzendes Mitglied des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ohne Stimmrecht. Das fachlich zuständige Ministerium legt die Anzahl der weiteren Mitglieder des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen fest und beruft diese auf Vorschlag insbesondere
1.
von Verbänden der Selbstvertretung und der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen,
2.
der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Rheinland-Pfalz e. V.,
3.
der kommunalen Spitzenverbände,
4.
der gesetzlichen Sozialversicherungen und
5.
von Gewerkschaften und von Unternehmerverbänden.
Für jedes weitere Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu berufen, welches die Aufgaben des Mitglieds im Vertretungsfall wahrnimmt. Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen kann eine Person bestimmen, die im Vertretungsfall anstelle der oder des Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen an Sitzungen des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen als stellvertretendes vorsitzendes Mitglied teilnimmt. Dem Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gehören Frauen und Männer in gleicher Zahl an. § 31 Abs. 2 des Landesgleichstellungsgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass von einer paritätischen Besetzung des Landesbeirats insofern abgewichen werden kann, dass auch Personen zu berücksichtigen sind, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich deswegen dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen.
(3) Die weiteren Mitglieder des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen werden für die Amtszeit der oder des Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen berufen; erneute Berufung ist zulässig. Sie können ihr Amt jederzeit niederlegen. Auf Antrag der vorschlagenden Stelle hat sie die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen abzuberufen.
(4) Die stimmberechtigte Mehrheit im Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen bilden Vertreterinnen und Vertreter der Selbstvertretung und der Selbsthilfe.
(5) Der Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gibt sich eine Geschäftsordnung. In der Geschäftsordnung sind insbesondere Regelungen über die Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Sitzungen, über die Bildung von Arbeitsgruppen, über die Beteiligung weiterer sachverständiger Personen und über die Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu treffen; Regelungen über die Aufwandsentschädigung bedürfen der Zustimmung des fachlich zuständigen Ministeriums.
(6) Die Geschäfte des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen werden von dem fachlich zuständigen Ministerium geführt. Die Landesregierung unterrichtet den Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen frühzeitig über Gesetzesvorhaben, die die Belange von Menschen mit Behinderungen betreffen.

§ 18 Monitoringstelle

Zur Unterstützung der Umsetzung dieses Gesetzes und zur Sicherstellung einer erfolgreichen Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beauftragt das fachlich zuständige Ministerium im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltsmittel eine unabhängige Monitoringstelle.

§ 19 Besuchskommission

(1) Das fachlich zuständige Ministerium beruft im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden in Rheinland-Pfalz, der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit, der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Behinderte Rheinland-Pfalz und der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege e. V. in Rheinland-Pfalz eine unabhängige Besuchskommission, die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und diesen angegliederte Förder- und Betreuungsbereiche, andere Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sowie Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot nach § 4 des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe vom 22. Dezember 2009 (GVBl. S. 399, BS 217-1), in der jeweils geltenden Fassung und deren Außenwohngruppen besucht. Die Besuchskommission überprüft, ob den Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine selbstbestimmte Lebensführung unter Beachtung von Gewaltprävention und Gewaltschutz möglich ist. Die von der Besuchskommission zu besuchenden Einrichtungen sind verpflichtet, die Besuchskommission zu unterstützen und Auskünfte zu erteilen. Die Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen in den Einrichtungen sind bei den Besuchen in geeigneter Form zu beteiligen und vor der Durchführung des Besuchs rechtzeitig zu informieren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt. Den Menschen mit Behinderungen, ihren gesetzlichen Vertretern und der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen ist Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden gegenüber der Besuchskommission vorzutragen.
(2) Die Mitglieder der Besuchskommission dürfen an Überprüfungen nicht mitwirken, die sich auf Einrichtungen beziehen, in denen sie leben oder dort beschäftigt oder ehrenamtlich tätig sind. Sie sind zur Verschwiegenheit in persönlichen Angelegenheiten der in Einrichtungen nach Absatz 1 betreuten Personen verpflichtet.
(3) Die Besuchskommission legt spätestens zwei Monate nach dem Besuch einer Einrichtung deren Träger, der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen in den besuchten Einrichtungen und dem fachlich zuständigen Ministerium einen Bericht vor. Personenbezogene Daten dürfen dabei nur in anonymisierter Form übermittelt werden.
(4) Die Aufsichtspflichten und Befugnisse der zuständigen Behörden sowie das Recht der Betroffenen, andere Instanzen anzurufen, bleiben unberührt.

§ 20 Berichtspflicht

(1) Die Landesregierung berichtet dem Landtag alle fünf Jahre über die Lage der Menschen mit Behinderungen unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Frauen mit Behinderungen und über die Umsetzung dieses Gesetzes. Die Berichte werden mit den Aktionsplänen der Landesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen verbunden.
(2) In den Berichten nach Absatz 1 ist auch auf die Situation am Arbeitsmarkt, gegliedert nach den einzelnen Gruppen von Menschen mit Behinderungen, einzugehen.
(3) In die Berichte nach Absatz 1 ist auch eine geschlechtsspezifisch und nach Ressortbereichen gegliederte statistische Darstellung der Entwicklung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in öffentlichen Stellen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 aufzunehmen.

§ 21 Förderung der Partizipation

Das Land kann im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltsmittel Maßnahmen von Verbänden zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten fördern, die die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 5 erfüllen.

§ 22 Übergangsbestimmungen

(1) Die oder der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestellte Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen gilt als Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Sinne des § 15 dieses Gesetzes als bestellt.
(2) Der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes gebildete Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen bleibt für den Rest der Amtszeit seiner Mitglieder als Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bestehen; im Übrigen finden die Bestimmungen des § 17 dieses Gesetzes Anwendung.

§§ 23 - 36 [Änderungsanweisungen]

§ 37 Inkrafttreten

(1) Es treten in Kraft:
1.
§ 36 am 1. Juli 2022,
2.
das Gesetz im Übrigen am Tage nach der Verkündung.
(2) Das Landesgesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen vom 16. Dezember 2002 (GVBl. S. 481), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Mai 2019 (GVBl. S. 63), tritt am Tage vor Inkrafttreten des Landesinklusionsgesetzes vom 17. Dezember 2020 (GVBl. S. 719, BS 87-1) außer Kraft.
Mainz, den 17. Dezember 2020 Die Ministerpräsidentin Malu Dreyer
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