Landesverordnung über die Anerkennung von Aus- oder Weiterbildungen in psychosozialer Prozessbegleitung im Strafverfahren Vom 5. Dezember 2016
Landesverordnung über die Anerkennung von Aus- oder Weiterbildungen in psychosozialer Prozessbegleitung im Strafverfahren Vom 5. Dezember 2016
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Landesverordnung über die Anerkennung von Aus- oder Weiterbildungen in psychosozialer Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 5. Dezember 2016 | 01.01.2017 |
Eingangsformel | 01.01.2017 |
§ 1 - Inhalte und Lernziele von Aus- oder Weiterbildungen | 01.01.2017 |
§ 2 - Form und Ausgestaltung von Aus- oder Weiterbildungen | 01.01.2017 |
§ 3 - Inkrafttreten | 01.01.2017 |
Anlage | 01.01.2017 |
Aufgrund des § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Landesgesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 21. Oktober 2016 (GVBl. S. 549, BS 3214-3) wird verordnet:
§ 1 Inhalte und Lernziele von Aus- oder Weiterbildungen
Die in den Aus- oder Weiterbildungen nach § 3 Abs. 2 des Landesgesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 21. Oktober 2016 (GVBl. S. 549, BS 3214-3) in der jeweils geltenden Fassung zu vermittelnden Inhalte müssen die Teilnehmenden befähigen, selbstständig psychosoziale Prozessbegleitung im Sinne des § 406g der Strafprozessordnung durchzuführen. Die zu vermittelnden Inhalte haben mindestens die in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Pflichtfächer zu umfassen.
§ 2 Form und Ausgestaltung von Aus- oder Weiterbildungen
(1) Die Aus- oder Weiterbildungen erfolgen in der Regel in Form von mehrtägigen Modulen.
(2) Mit der Durchführung von Lehrveranstaltungen soll neben qualifiziertem Lehrpersonal für die jeweiligen Fachgebiete auch ein erfahrener psychosozialer Prozessbegleiter betraut werden.
(3) Die Lehrveranstaltungen in den in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Pflichtfächern sind durch begleitende Prozessbeobachtungen zu ergänzen. Im Einzelfall können die begleitenden Prozessbeobachtungen durch gleichwertige Ausbildungsmodule ersetzt werden.
(4) Die Aus- oder Weiterbildungen sind mit einer Abschlussarbeit oder einem Abschlusskolloquium zu beenden.
§ 3 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.
Anlage
(zu den §§ 1 und 2 Abs. 3)
1.
Rechtliche Grundlagen:
a)
Rechtsgrundlagen und Grundsätze des Strafverfahrens,
b)
Rechte und Pflichten der Verletzten und der Bezugspersonen im Strafverfahren, beispielsweise die Möglichkeiten der aktiven Teilnahme am Verfahren sowie der Schutz vor Belastungen,
c)
besondere Rechte und Pflichten von Kindern und Jugendlichen im Strafverfahren,
d)
das Ermittlungsverfahren, insbesondere die Strafanzeige,
e)
Funktion und Tätigkeit von Polizei und Staatsanwaltschaft,
f)
die Strafverteidigung,
g)
Rechtsbeistand und Nebenklage,
h)
Aussagepsychologische Begutachtung,
i)
das Hauptverfahren,
j)
Stellung der psychosozialen Prozessbegleitung im Strafverfahren,
k)
Möglichkeiten der Entschädigung von Verletzten, einschließlich Ansprüchen nach dem Opferentschädigungsgesetz, Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie mögliche Kostenfolgen für Verletzte,
l)
Täter-Opfer-Ausgleich,
m)
Grundlagen weiterer opferrelevanter Rechtsgebiete, zum Beispiel Familienrecht, Zivilrecht, Gewaltschutzgesetz;
2.
Viktimologie:
a)
Viktimologische Grundlagen, darunter
aa)
Theorien der Viktimisierung,
bb)
Bedürfnisse von Opfern,
cc)
Verarbeitungsprozesse und Bewältigungsstrategien von Opfern,
dd)
Sekundäre Viktimisierung,
ee)
Umgang mit Scham und Schuld;
b)
Wissen über spezielle Opfergruppen, darunter
aa)
Kinder und Jugendliche,
bb)
Personen mit Behinderung,
cc)
Personen mit einer psychischen Beeinträchtigung,
dd)
Betroffene von Sexualstraftaten,
ee)
Betroffene von Menschenhandel,
ff)
Betroffene von Gewalttaten mit schweren physischen, psychischen oder finanziellen Folgen oder längerem Tatzeitraum, insbesondere Verletzte von häuslicher Gewalt oder Nachstellung,
gg)
Betroffene von vorurteilsmotivierter Gewalt und sonstiger Hasskriminalität;
c)
Grundlagen gendersensibler und interkultureller Kommunikation;
3.
Psychologie und Psychotraumatologie:
a)
Zielgruppenspezifische Belastungsfaktoren von Zeugen im Strafverfahren,
b)
Aspekte der Aussagepsychologie,
c)
Trauma und Traumabehandlung,
d)
Stabilisierungstechniken;
4.
Theorie und Praxis der psychosozialen Prozessbegleitung:
a)
Ziele und Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung, insbesondere die Trennung von Beratung und Begleitung;
b)
Leistungen und Methoden, insbesondere
aa)
die Leistungen der psychosozialen Prozessbegleitung während der verschiedenen Phasen des Strafverfahrens,
bb)
Methodenkompetenz, darunter adressatengerechte Kommunikation, fachgerechter Umgang mit Zeugenaussagen, Dokumentation und Aufklärung über das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht,
cc)
Kooperation mit anderen Professionen sowie Netzwerkarbeit;
5.
Qualitätssicherung und Eigenvorsorge:
a)
Formen der Dokumentation,
b)
Möglichkeiten und Grenzen der Integration der psychosozialen Prozessbegleitung in das eigene Arbeitsfeld,
c)
Methoden zur Selbstreflexion, insbesondere kollegiale Beratung sowie Supervision,
d)
interdisziplinärer Austausch,
e)
Reflexion der eigenen Motivation zur Opferhilfe,
f)
Methoden der Selbstfürsorge in der professionellen Opferarbeit, zum Beispiel Vermeidung von Überidentifikation und Burn-Out-Prävention.
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