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Gesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission (Härtefallkommissionsgesetz - HFKG) Vom 30. September 2008

Gesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission (Härtefallkommissionsgesetz - HFKG) Vom 30. September 2008
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: §§ 7, 8a geändert, § 11 aufgehoben, § 12 wird § 11 durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. November 2014 (GVBl. S. 313)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission (Härtefallkommissionsgesetz - HFKG) vom 30. September 200815.10.2008
§ 1 - Einrichtung einer Härtefallkommission15.10.2008
§ 2 - Zusammensetzung23.12.2009
§ 3 - Geschäftsstelle, Vorprüfungsausschuss und Verfahrensgrundsätze15.10.2008
§ 4 - Verfahren15.10.2008
§ 5 - Vorprüfung durch die Geschäftsstelle der Härtefallkommission15.10.2008
§ 6 - Zurückstellung aufenthaltsbeendender Maßnahmen15.10.2008
§ 6a - Zulässigkeit23.12.2009
§ 7 - Beschlussfassung der Härtefallkommission10.12.2014
§ 8 - Umsetzung der Ersuchen der Härtefallkommission15.10.2008
§ 8a - Ausschluss der Anordnung10.12.2014
§ 9 - Rechtswegausschluss15.10.2008
§ 10 - Verschwiegenheitspflicht der Kommissionsmitglieder15.10.2008
§ 11 - Inkrafttreten10.12.2014

§ 1 Einrichtung einer Härtefallkommission

Aufgrund von § 23a Abs. 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313), in Verbindung mit Art. 80 Abs. 4 des Grundgesetzes wird bei dem für das Aufenthaltsrecht der Ausländer zuständigen Ministerium eine Härtefallkommission eingerichtet.

§ 2 Zusammensetzung

(1) Die Härtefallkommission ist ein behördenunabhängiges Gremium, das sich zusammensetzt aus:
1.
je einer Vertreterin oder einem Vertreter der Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirchen,
2.
zwei Vertreterinnen oder Vertretern der Liga der freien Wohlfahrtspflege,
3.
einer Vertreterin oder einem Vertreter des Hessischen Flüchtlingsrates,
4.
einer Vertreterin oder einem Vertreter von Amnesty International,
5.
einer Vertreterin oder einem Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen,
6.
einer Vertreterin der Beratungseinrichtungen für Frauen auf Vorschlag der Landesarbeitsgemeinschaft der hessischen Frauenbüros,
7.
einer Vertreterin oder einem Vertreter der Beratungseinrichtungen für Opfer von Menschenhandel auf Vorschlag der vom Land Hessen geförderten, auf diesem Gebiet tätigen Organisationen,
8.
zwei Vertreterinnen oder Vertretern des Ministeriums nach § 1,
9.
einer Vertreterin oder einem Vertreter mit medizinischem Sachverstand auf Vorschlag der Landesärztekammer,
10.
jeweils einer Vertreterin oder einem Vertreter der drei kommunalen Spitzenverbände,
11.
einer Vertreterin oder einem Vertreter des für Integrationspolitik zuständigen Ministeriums,
12.
einer Vertreterin oder einem Vertreter des für soziale Existenzsicherung zuständigen Ministeriums,
13.
einer Vertreterin oder einem Vertreter der zentralen Ausländerbehörden sowie
14.
fünf Abgeordneten des Hessischen Landtages, die entsprechend der Stärke der Fraktionen benannt werden.
Das Ministerium nach § 1 bestellt die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Härtefallkommission auf Vorschlag der entsendenden Institutionen für einen Zeitraum von zwei Jahren. Eine wiederholte Bestellung ist zulässig.
(2) Der Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz der Härtefallkommission obliegen den Vertreterinnen oder den Vertretern des Ministeriums nach § 1.

§ 3 Geschäftsstelle, Vorprüfungsausschuss und Verfahrensgrundsätze

(1) Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission wird bei dem Ministerium nach § 1 eingerichtet.
(2) Es wird ein Vorprüfungsausschuss gebildet. Er setzt sich zusammen aus einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Geschäftsstelle und zwei durch die Kommission zu benennenden Mitgliedern. Es wird jeweils eine Stellvertretung benannt.
(3) Die Härtefallkommission beschließt über die Verfahrensgrundsätze und gibt sich eine Geschäftsordnung.

§ 4 Verfahren

(1) Die Härtefallkommission wird nur bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern tätig, für die eine hessische Ausländerbehörde zuständig ist. Bei Eingaben sind alle Gesichtspunkte darzulegen, die trotz einer bestehenden Ausreisepflicht die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen rechtfertigen könnten. Die Härtefallkommission wird ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Dritte können nicht verlangen, dass die Härtefallkommission sich mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder eine bestimmte Entscheidung trifft. Die Entscheidung für ein Härtefallersuchen setzt voraus, dass nach den Feststellungen der Härtefallkommission dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen.
(2) Eingaben an die Härtefallkommission sollen in der Regel innerhalb von drei Monaten ab Eingang bei der Geschäftsstelle abschließend behandelt werden.

§ 5 Vorprüfung durch die Geschäftsstelle der Härtefallkommission

(1) Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission führt eine Vorprüfung der Eingaben durch.
(2) Zur Vorprüfung bittet die Geschäftsstelle die zuständige Ausländerbehörde um Stellungnahme.
(3) Nach der Vorprüfung entscheidet die Geschäftsstelle im Auftrag der Härtefallkommission, ergänzenden Vortrag anzuregen, die Eingabe der Härtefallkommission vorzulegen oder in den durch die Geschäftsordnung der Härtefallkommission bestimmten Fällen zu verwerfen.
(4) Aufgabe des Vorprüfungsausschusses nach § 3 ist es, in Zweifelsfällen oder Eilfällen im Rahmen der Vorprüfung zu entscheiden. Kommt kein einheitliches Votum zustande, legt der Vorprüfungsausschuss die Eingabe der Härtefallkommission vor.

§ 6 Zurückstellung aufenthaltsbeendender Maßnahmen

Die Geschäftsstelle ersucht die Ausländerbehörde, soweit erforderlich, bis zu einer abschließenden Entscheidung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen.

§ 6a Zulässigkeit

(1) Eine Behandlung in der Härtefallkommission ist nur in den Fällen zulässig, in denen eine Petition beim Hessischen Landtag abgeschlossen wurde und keine Ausschlussgründe nach Abs. 2 für die Behandlung vorliegen.
(2) Eine Behandlung als Härtefall ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer in den letzten drei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugend- oder Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt worden ist.
(3) Ob ein Ausschlussgrund nach Abs. 2 vorliegt, entscheidet der Vorprüfungsausschuss. § 5 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend. Über ablehnende Entscheidungen des Vorprüfungsausschusses wird die Härtefallkommission in der jeweils folgenden Sitzung informiert. Ist eine Behandlung nach Abs. 1 im Übrigen unzulässig, lehnt die Geschäftsstelle die Befassung mit der Eingabe oder deren weitere Behandlung ab.

§ 7 Beschlussfassung der Härtefallkommission

(1) Die Härtefallkommission tagt in der Regel einmal im Monat. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Die Kommission ist beschlussfähig, wenn ihre Mitglieder ordnungsgemäß zur Sitzung eingeladen worden sind. Näheres regelt die Geschäftsordnung. Die Härtefallkommission trifft ihre Entscheidung mit der Mehrheit der gesetzlich bestimmten Mitglieder. Stimmberechtigt sind die Mitglieder, im Verhinderungsfall deren Vertreterinnen oder Vertreter.
(2) Von der Beschlussfassung ausgeschlossen sind Mitglieder, wenn die Tätigkeit oder die Entscheidung in der Angelegenheit ihnen selbst, ihren Ehegattinnen oder Ehegatten, ihren eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern, ihren Verwandten bis zum dritten oder Verschwägerten bis zum zweiten Grad oder einer von ihnen kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.
(3) Die Kommission kann Personen anhören und darüber hinaus weitere Informationen einholen.
(4) Die Härtefallkommission entscheidet nach Abwägung aller für und gegen das Bestehen eines humanitären oder persönlichen Härtefalls sprechenden Gesichtspunkte. Sie richtet ein Ersuchen auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis an das Ministerium nach § 1, wenn nach ihrer Ansicht dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit der Ausländerin oder des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen.

§ 8 Umsetzung der Ersuchen der Härtefallkommission

(1) Die Geschäftsstelle setzt unverzüglich die betroffene Person oder ihre Vertreterin oder ihren Vertreter, die zuständige Ausländerbehörde und das Ministerium nach § 1 über die Beschlussfassung in Kenntnis. Sie leitet ein Ersuchen nach § 7 Abs. 4 unverzüglich an das Ministerium nach § 1 weiter.
(2) Das Ministerium nach § 1 entscheidet über die Verlängerung oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Entspricht es dem Ersuchen der Härtefallkommission, ordnet es die Verlängerung oder Erteilung an. Will das Ministerium nach § 1 dem Ersuchen der Härtefallkommission nicht entsprechen, hat es vor einer abschließenden Entscheidung die Härtefallkommission über die Gründe für diese abweichende Entscheidung zu informieren. Die Geschäftsstelle unterrichtet die Mitglieder der Härtefallkommission.

§ 8a Ausschluss der Anordnung

(1) Eine Anordnung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 ist ausgeschlossen, wenn
1.
Ausschlussgründe nach § 6a Abs. 2 vorliegen oder
2.
die Ausländerin oder der Ausländer nicht in der Lage ist, überwiegend den Lebensunterhalt einschließlich des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes zu sichern; dabei bleiben Kindergeld und Erziehungsgeld sowie öffentliche Mittel, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, außer Betracht.
(2) In den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 kann dennoch in Ausnahmefällen eine Anordnung erlassen werden, wenn
1.
kommunale Behörden, die Leistungen im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 erbringen müssen, ihr Einvernehmen zu einem Härtefallersuchen erteilen oder
2.
eine Verpflichtungserklärung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgegeben wird, die den Lebensunterhalt einschließlich des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes für die Dauer des Aufenthalts sichern kann, oder
3.
die Erwerbsfähigkeit aufgrund von Alter, nachgewiesener Krankheit, Behinderung oder familiären Gründen nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 muss die sich verpflichtende Person glaubhaft machen, dass ihr ausreichende Mittel zur Erfüllung der Verpflichtung zur Verfügung stehen.

§ 9 Rechtswegausschluss

Beschlüsse der Härtefallkommission unterliegen nicht der gerichtlichen Nachprüfung.

§ 10 Verschwiegenheitspflicht der Kommissionsmitglieder

Die Mitglieder der Härtefallkommission sind verpflichtet, über alle Angelegenheiten, die mit der Mitgliedschaft in der Kommission zusammenhängen, Verschwiegenheit zu wahren.

§ 11 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 15. Oktober 2008 in Kraft.
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