SchlichtG HE 2001
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Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung Vom 6. Februar 2001

Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung Vom 6. Februar 2001
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 01.09.2018 bis 31.12.2025
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. August 2018 (GVBl. S. 362)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung vom 6. Februar 200101.01.2004 bis 31.12.2025
Erster Abschnitt - Allgemeine Vorschriften08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 1 - Sachlicher Anwendungsbereich01.09.2018 bis 31.12.2025
§ 2 - Räumlicher Anwendungsbereich08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 3 - Sachliche Zuständigkeit08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 4 - Örtliche Zuständigkeit08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 5 - Erfolglosigkeitsbescheinigung08.12.2005 bis 31.12.2025
Zweiter Abschnitt - Einrichtung und Anerkennung von Gütestellen08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 6 - Gütestellen und Schiedsämter01.09.2018 bis 31.12.2025
§ 7 - Aufgaben08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 8 - Persönliche Voraussetzungen08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 9 - Schlichtungsordnung07.04.2010 bis 31.12.2025
§ 10 - Haftpflichtversicherung01.09.2018 bis 31.12.2025
§ 11 - Aktenführung08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 12 - Rücknahme und Widerruf der Anerkennung08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 13 - Zuständigkeit, Gebühren und Verfahren08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 14 - Anfechtung von Entscheidungen01.09.2018 bis 31.12.2025
§ 15 - Bestehende Gütestellen08.12.2005 bis 31.12.2025
Dritter Abschnitt - Geltungsdauer08.12.2005 bis 31.12.2025
§ 16 - In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten01.09.2018 bis 31.12.2025

Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

§ 1 Sachlicher Anwendungsbereich

(1) Die Erhebung einer Klage vor Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist erst zulässig, nachdem von einer in § 3 genannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen,
1.
in Streitigkeiten über Ansprüche wegen
a)
der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelten Einwirkungen, sofern es sich nicht um Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs handelt,
b)
Überwuchses nach § 910 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
c)
Hinüberfalls nach § 911 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
d)
eines Grenzbaums nach § 923 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
e)
der im Hessischen Nachbarrechtsgesetz vom 24. September 1962 (GVBl. I S. 417), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. September 2014 (GVBl. S. 218), geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs handelt,
2.
in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzungen der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind.
(2) Abs. 1 findet keine Anwendung auf
1.
Klagen nach §§ 323, 324, 328 der Zivilprozessordnung, Widerklagen und Klagen, die binnen einer gesetzlichen oder gerichtlich angeordneten Frist zu erheben sind,
2.
Streitigkeiten in Familiensachen,
3.
Wiederaufnahmeverfahren,
4.
Ansprüche, die im Urkunden- oder Wechselprozess geltend gemacht werden,
5.
die Durchführung des streitigen Verfahrens, wenn ein Anspruch im Mahnverfahren geltend gemacht worden ist,
6.
Klagen wegen vollstreckungsrechtlicher Maßnahmen, insbesondere nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung,
7.
Klagen, die auf Duldung gerichtet und im Gewerbebetrieb der klagenden Partei begründet sind,
8.
Anträge, die im Adhäsionsverfahren (§ 403 der Strafprozessordnung) gestellt werden,
9.
Klagen, für die nach anderen Vorschriften ein obligatorisches Vorverfahren angeordnet ist.

§ 2 Räumlicher Anwendungsbereich

Ein Einigungsversuch nach § 1 Abs. 1 ist nur erforderlich, wenn die Parteien in Hessen wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung haben.

§ 3 Sachliche Zuständigkeit

(1) Das Schlichtungsverfahren nach diesem Gesetz führt das Schiedsamt oder eine andere von der Landesjustizverwaltung eingerichtete oder anerkannte Gütestelle nach Maßgabe der jeweils für sie geltenden Verfahrensordnung durch (obligatorische Streitschlichtung).
(2) Das Erfordernis eines Einigungsversuchs vor dieser Stelle entfällt, wenn die Parteien einvernehmlich versucht haben, ihren Streit vor einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt, beizulegen (fakultative Streitschlichtung). Die Aufgaben der sonstigen Gütestellen können auch von den Mitgliedern der Rechtsanwalts- und Notarkammern wahrgenommen werden.
(3) Im Rahmen der fakultativen Streitschlichtung sind die Mitglieder der Notarkammern befugt, eidesstattliche Versicherungen entgegenzunehmen und formbedürftige Erklärungen zu protokollieren.

§ 4 Örtliche Zuständigkeit

Das Schlichtungsverfahren ist bei der Gütestelle einzuleiten, in deren Bezirk die Gegenpartei wohnt. Bei Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- und Pachtverhältnissen über Räume ist die Gütestelle ausschließlich zuständig, in deren Bezirk sich die Räume befinden.

§ 5 Erfolglosigkeitsbescheinigung

(1) Über einen ohne Erfolg durchgeführten Schlichtungsversuch ist den Parteien von der anerkannten Gütestelle eine Bescheinigung zu erteilen. Die Bescheinigung ist auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei Monaten das Einigungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.
(2) Die Bescheinigung muss enthalten
1.
Name und Anschrift der Parteien,
2.
Angaben über den Gegenstand des Streites, insbesondere die Anträge.
Außerdem sollen Beginn und Ende des Verfahrens vermerkt werden.
(3) Das Scheitern einer Streitschlichtung vor einer sonstigen Gütestelle ist durch eine Bescheinigung nachzuweisen, die den Anforderungen des Abs. 2 entspricht.

Zweiter Abschnitt Einrichtung und Anerkennung von Gütestellen

§ 6 Gütestellen und Schiedsämter

(1) Als Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung können juristische Personen oder bei diesen bestehende Stellen eingerichtet oder anerkannt werden. Auch natürliche Personen können als Gütestellen anerkannt werden.
(2) Schiedsämter im Sinne des Hessischen Schiedsamtsgesetzes vom 23. März 1994 (GVBl. I S. 148), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. August 2018 (GVBl. S. 362), stehen den von der Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestellen gleich.

§ 7 Aufgaben

Aufgabe der Gütestelle ist es, die außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern und die Inanspruchnahme der Gerichte in geeigneten Fällen entbehrlich zu machen. Ihr obliegt die einvernehmliche Streitbeilegung nach § 1.

§ 8 Persönliche Voraussetzungen

(1) Natürliche Personen können als Gütestellen anerkannt werden, wenn sie nach ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten für das Amt geeignet sind und sich verpflichtet haben, die Schlichtung als dauerhafte Aufgabe zu betreiben.
(2) Nicht anerkannt werden kann, wer
1.
die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt,
2.
unter Betreuung steht,
3.
durch sonstige, nicht unter Nr. 2 fallende gerichtliche Anordnungen in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist.
(3) Juristische Personen oder deren Einrichtungen können als Gütestellen anerkannt werden, wenn gewährleistet ist, dass die von ihnen bestellte Schlichtungsperson die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 erfüllt. Es muss darüber hinaus gewährleistet sein, dass die Schlichtungsperson im Rahmen ihrer Schlichtungstätigkeit unabhängig und an Weisungen nicht gebunden ist. Die Bestellung als Schlichtungsperson muss für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren erfolgen. Eine Abberufung darf nur stattfinden, wenn Tatsachen vorliegen, die eine unabhängige Erledigung der Schlichtertätigkeit nicht mehr erwarten lassen.

§ 9 Schlichtungsordnung

(1) Die Gütestelle bedarf einer Schlichtungsordnung. Diese muss den Parteien des Schlichtungsverfahrens zugänglich sein.
(2) Die Schlichtungsordnung muss vorsehen, dass
1.
die Schlichtungsperson die Schlichtungstätigkeit nicht ausüben darf
a)
in Angelegenheiten, in denen sie selbst Partei ist oder in denen sie zu einer Partei in dem Verhältnis einer Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht,
b)
in Angelegenheiten ihrer Ehegattin, ihres Ehegatten, ihrer Lebenspartnerin, ihres Lebenspartners, ihrer Verlobten oder ihres Verlobten, auch wenn die Ehe, Lebenspartnerschaft oder das Verlöbnis nicht mehr besteht,
c)
in Angelegenheiten einer Person, mit der sie in gerader Linie verwandt, verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch die die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht,
d)
in Angelegenheiten, in denen sie als Prozessbevollmächtigte oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzliche Vertreterin einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder war,
e)
in Angelegenheiten einer Person, bei der sie gegen Entgelt beschäftigt oder bei der sie als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist oder war,
2.
die am Schlichtungsverfahren beteiligten Parteien Gelegenheit erhalten, selbst oder durch von ihnen beauftragte Personen Tatsachen und Rechtsansichten vorzubringen und sich zu dem Vortrag der Gegenseite zu äußern.

§ 10 Haftpflichtversicherung

(1) Soweit die Gütestelle nicht von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt getragen wird, muss eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden bestehen und die Versicherung während der Dauer der Anerkennung als Gütestelle aufrechterhalten bleiben. Die Versicherung muss bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen zu den nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214), eingereichten Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgenommen werden und sich auf solche Vermögensschäden erstrecken, für die die Gütestelle nach § 278 oder § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches einzustehen hat.
(2) Der Versicherungsvertrag hat Versicherungsschutz für jede einzelne Pflichtverletzung zu gewähren, die gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts gegen die Gütestelle zur Folge haben könnte.
(3) Die Mindestversicherungssumme beträgt zweihundertfünfzigtausend Euro für jeden Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden.
(4) Die Vereinbarung eines Selbstbehalts bis zu 1 vom Hundert der Mindestversicherungssumme ist zulässig.
(5) Im Versicherungsvertrag ist der Versicherer zu verpflichten, der für die Anerkennung von Gütestellen zuständigen Stelle den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen.
(6) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Abs. 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214), ist die für die Anerkennung als Gütestelle zuständige Stelle.

§ 11 Aktenführung

(1) Die Gütestelle hat durch Anlegung von Handakten einen geordneten Überblick über die von ihr entfaltete Tätigkeit zu ermöglichen. In diesen Akten sind insbesondere zu dokumentieren
1.
der Zeitpunkt der Anbringung eines Güteantrags bei der Gütestelle, weiterer Verfahrenshandlungen der Parteien und der Gütestelle sowie der Beendigung des Güteverfahrens,
2.
der Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs.
(2) Die Gütestelle hat die Akten auf die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung des Verfahrens aufzubewahren.
(3) Innerhalb des in Abs. 2 genannten Zeitraums können die Parteien von der Gütestelle gegen Kostenerstattung beglaubigte Ablichtungen der Handakten und Ausfertigungen geschlossener Vergleiche verlangen.
(4) Zur Überprüfung der Geschäftsführung sind die Akten auf Verlangen der nach § 13 Abs. 1 zuständigen Behörde vorzulegen.

§ 12 Rücknahme und Widerruf der Anerkennung

(1) Die Anerkennung als Gütestelle ist mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, bei deren Kenntnis die Zulassung hätte versagt werden müssen.
(2) Die Anerkennung ist zu widerrufen, wenn
1.
die Schiedsperson nicht mehr die persönlichen Voraussetzungen des § 8 erfüllt,
2.
die Schlichtungsordnung nicht mehr den Anforderungen des § 9 entspricht,
3.
die erforderliche Haftpflichtversicherung (§ 10) nicht mehr besteht,
4.
die Gütestelle auf die Rechte aus ihrer Anerkennung gegenüber der für die Anerkennung zuständigen Behörde schriftlich verzichtet hat.

§ 13 Zuständigkeit, Gebühren und Verfahren

(1) Zuständige Behörde für die Anerkennung sowie die Rücknahme und den Widerruf der Anerkennung als Gütestelle ist das Oberlandesgericht als Verwaltungsbehörde.
(2) Die Anträge sind schriftlich zu stellen. Die Schlichtungsordnung ist beizufügen.
(3) Für die Anerkennung als Gütestelle wird eine Gebühr in Höhe von 125 Euro erhoben. Wird der Antrag auf Anerkennung abgelehnt oder wird dieser zurückgenommen, so beträgt die Gebühr 25 Euro.
(4) Wird eine andere Schlichtungsperson tätig oder die Schlichtungsordnung geändert, so ist dies der nach Abs. 1 zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen.
(5) Die Anerkennung als Gütestelle sowie die Rücknahme oder der Widerruf der Anerkennung sind öffentlich bekannt zu machen. Die nach Abs. 1 zuständige Behörde führt eine Liste der in ihrem Bezirk anerkannten Gütestellen. Die hierfür erforderlichen Daten dürfen erhoben und gespeichert werden. Die erstellten Listen dürfen in automatisierte Abrufverfahren eingestellt werden.

§ 14 Anfechtung von Entscheidungen

Über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen nach diesem Abschnitt entscheiden auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Die §§ 23 bis 30a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3546), gelten mit der Maßgabe, dass ein Vorverfahren nach § 24 Abs. 2 nicht stattfindet.

§ 15 Bestehende Gütestellen

Dieser Abschnitt findet auf die zum Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens bereits anerkannten Gütestellen mit der Maßgabe Anwendung, dass es einer erneuten Anerkennung nach § 6 nicht bedarf.

Dritter Abschnitt Geltungsdauer

§ 16 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.
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