ThürTierGefG
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Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren (ThürTierGefG) Vom 22. Juni 2011

Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren (ThürTierGefG) Vom 22. Juni 2011
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Mai 2018 (GVBl. S. 224)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren (ThürTierGefG) vom 22. Juni 201101.09.2011
Eingangsformel01.09.2011
§ 1 - Zweck01.09.2011
§ 2 - Allgemeine Regelungen21.02.2018
§ 3 - Gefährliche Tiere21.02.2018
§ 4 - Erlaubnispflicht21.02.2018
§ 5 - Sachkundenachweis21.02.2018
§ 6 - Zuverlässigkeit21.02.2018
§ 7 - Widerruf der Erlaubnis01.09.2011
§ 8 - Anordnungsbefugnisse21.02.2018
§ 9 - Wesenstest21.02.2018
§ 10 - Haltung gefährlicher Tiere21.02.2018
§ 11 - Zucht-, Handels- und Vermehrungsverbot für gefährliche Hunde21.02.2018
§ 12 - Führen gefährlicher Hunde01.09.2011
§ 13 - Ausnahmen21.02.2018
§ 14 - Ordnungswidrigkeiten24.05.2018
§ 15 - Zuständigkeiten21.02.2018
§ 16 - Übergangsbestimmungen21.02.2018
§ 17 - Gleichstellungsbestimmung01.09.2011
§ 18 - Einschränkung von Grundrechten01.09.2011
§ 19 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten01.09.2011
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Zweck

Zweck dieses Gesetzes ist es, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzubeugen und abzuwehren, die mit dem Halten und Führen von gefährlichen und anderen Tieren verbunden sind.

§ 2 Allgemeine Regelungen

(1) Tiere sind so zu halten, dass Menschen und Sachen nicht gefährdet werden. Sie sind insbesondere in sicherem Gewahrsam zu halten.
(2) Halter eines Tieres ist derjenige, der über das Tier bestimmen kann, der für die Kosten und die Unterhaltung des Tieres aufkommt, dem allgemein die Vorteile des Tieres zugute kommen und der das wirtschaftliche Risiko des Verlusts des Tieres trägt.
(3) Die zuständige Behörde kann Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die mit dem Halten und Führen von Tieren verbunden ist, insbesondere Störungen gegen Bestimmungen dieses Gesetzes, abzuwehren. Das Ordnungsbehördengesetz findet Anwendung, soweit in diesem Gesetz keine Regelung getroffen wird.
(4) Der Halter eines Hundes ist verpflichtet, den Hund auf seine Kosten dauerhaft und unverwechselbar mit einem fälschungssicheren elektronisch lesbaren Transponder nach ISO-Standard (Mikrochip) durch einen Tierarzt kennzeichnen zu lassen. Der Halter hat der zuständigen Behörde die Kennzeichnung anzuzeigen. Die zuständige Behörde darf die gespeicherten Daten im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz zur Feststellung der Person des Halters nutzen. Das für Ordnungsrecht zuständige Ministerium regelt im Einvernehmen mit dem für Tierschutz und Tiergesundheit zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung die Art und Weise der Kennzeichnung sowie die Verwendung der personenbezogenen Daten des Hundehalters.
(5) Der Halter eines Hundes oder eines gefährlichen Tieres im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch das Tier verursachten Personen- und Sachschäden mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von 500.000 Euro für Personenschäden und in Höhe von 250.000 Euro für sonstige Schäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Zuständige Stelle nach § 117 Abs. 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 zuständige Behörde. Der Halter hat der zuständigen Behörde den Abschluss der Versicherung durch eine Bescheinigung nach § 113 Abs. 2 VVG nachzuweisen.

§ 3 Gefährliche Tiere

(1) Als gefährliche Tiere im Sinne dieses Gesetzes gelten
1.
Tiere einer wildlebenden Art, die Menschen durch Körperkraft, Gifte oder Verhalten erheblich verletzen können und ihrer Art nach unabhängig von individuellen Eigenschaften allgemein gefährlich sind oder
2.
gefährliche Hunde nach Maßgabe des Absatzes 2.
(2) Als gefährliche Hunde im Sinne dieses Gesetzes gelten Hunde, die aufgrund ihres Verhaltens durch die zuständige Behörde nach Durchführung eines Wesenstests nach § 9 im Einzelfall als gefährlich festgestellt wurden, weil sie
1.
eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft entwickelt haben,
2.
einen Menschen gebissen haben, sofern dies nicht zur Verteidigung anlässlich einer strafbaren Handlung oder aus dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Hundes geschah,
3.
ein Tier gebissen haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein oder einen anderen Hund trotz dessen offensichtlich erkennbarer, artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen und nicht nur geringfügig verletzt haben,
4.
außerhalb des befriedeten Besitztums des Halters wiederholt in aggressiver oder Gefahr drohender Weise Menschen angesprungen oder ein anderes aggressives Verhalten gezeigt haben, das nicht dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Hundes entspringt oder
5.
durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie Vieh, Katzen oder Hunde sowie unkontrolliert Wild hetzen oder reißen.
(3) Das für Ordnungsrecht zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Tierschutz und Tiergesundheit zuständigen Ministerium sowie dem für Artenschutz zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung Tiere zu bestimmen, die als gefährlich im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten.
(4) Die festgestellte Gefährlichkeit eines Hundes im Sinne des Absatzes 2 kann auf Antrag des Halters durch einen erneuten Wesenstest nach § 9, frühestens jedoch nach neun Monaten, widerlegt werden. Die zuständige Behörde stellt fest, ob der Hund gefährlich ist.
(5) Widerspruch und Klage gegen die Feststellung der Gefährlichkeit durch die zuständige Behörde nach Absatz 2 oder Absatz 4 haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 4 Erlaubnispflicht

(1) Wer ein gefährliches Tier halten will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn
1.
der Tierhalter die zur Haltung eines gefährlichen Tieres erforderliche Sachkunde (§ 5) besitzt und das 18. Lebensjahr vollendet hat,
2.
wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Tierhalter die zur Haltung eines gefährlichen Tieres erforderliche Zuverlässigkeit (§ 6) nicht besitzt,
3.
eine Haftpflichtversicherung nach § 2 Abs. 5 nachgewiesen wird und
4.
im Fall der Anschaffung eines gefährlichen Tieres, das giftig ist, das Bereithalten von geeigneten Gegenmitteln und Behandlungsempfehlungen nachgewiesen wird,
5.
im Fall der Anschaffung eines gefährlichen Tieres nachgewiesen wird, dass ein besonderer wissenschaftlicher oder beruflicher Bedarf für die Haltung des Tieres besteht,
6.
der gefährliche Hund gemäß § 2 Abs. 4 unveränderlich elektronisch gekennzeichnet ist und dies durch eine Bescheinigung des Tierarztes, der die Kennzeichnung vorgenommen hat, nachgewiesen wird.
(2) Wird ein gefährliches Tier im Zuge eines Wohnungswechsels nach Thüringen verbracht, ist die Erlaubnis bei der zuständigen Behörde innerhalb eines Monats nach der Begründung der neuen Wohnung zu beantragen. Bei Hunden nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ist die Erlaubnis innerhalb der von der zuständigen Behörde festgesetzten Frist zu beantragen.
(3) Personen, die mit einer nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 des Tierschutzgesetzes erteilten Erlaubnis eine der dort genannten Einrichtungen betreiben, bedürfen hinsichtlich der dort untergebrachten gefährlichen Tiere keiner Erlaubnis nach Absatz 1.
(4) Die Erlaubnis kann befristet und unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Auflagen können auch nachträglich aufgenommen, geändert oder ergänzt werden.
(5) Hat der Halter nicht vor Beginn der Haltung des gefährlichen Tieres einen Antrag auf Erlaubnis nach Absatz 1 gestellt, hat er dies unverzüglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt nachzuholen. Beantragt der Halter eines gefährlichen Tieres eine Erlaubnis nach Absatz 1, gilt das Halten des Tieres bis zur Entscheidung über den Antrag als vorläufig erlaubt. § 2 Abs. 1 und 5, § 10 Abs. 2 und 3 und § 12 finden entsprechende Anwendung.

§ 5 Sachkundenachweis

(1) Die erforderliche Sachkunde besitzt, wer aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ein gefährliches Tier so halten und führen kann, dass von diesem keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Der Nachweis der erforderlichen Sachkunde wird durch die Bescheinigung über die erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung erbracht. Die Prüfungsstandards und die Durchführung der Sachkundeprüfung werden durch Rechtsverordnung des für Ordnungsrecht zuständigen Ministeriums im Einvernehmen mit dem für Tierschutz und Tiergesundheit zuständigen Ministerium sowie dem für Artenschutz zuständigen Ministerium festgelegt. Eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in einem Staat, demgegenüber die Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertragsrechtlich zur Gleichbehandlung seiner Staatsangehörigen verpflichtet sind, oder in einem anderen Bundesland eine den Anforderungen nach dieser Verordnung für die Berechtigung zur Abnahme der Sachkundeprüfung entsprechende gleichwertige Anerkennung erhalten hat, gilt in Thüringen als anerkannt.
(2) Der Sachkundenachweis gilt für den Halter eines gefährlichen Tieres im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 nur hinsichtlich der Tiere, deren Gefährdungspotenzial vergleichbar ist.
(3) Der Sachkundenachweis gilt für den Halter eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 Abs. 2 nur bezogen auf den Hund, mit dem die Sachkundeprüfung abgelegt worden ist.
(4) Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass die Art der Haltung geeignet ist, eine Gefährlichkeit des Hundes entsprechend § 3 Abs. 2 zu fördern, kann die zuständige Behörde das Ablegen einer Sachkundeprüfung anordnen. Der Halter ist zuvor über die beabsichtigte Anordnung zu unterrichten. Dem Halter ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Abhilfe zu geben. Die Tierschutzbehörde ist über den Sachverhalt zu informieren. Die zuständige Behörde stimmt mit der Tierschutzbehörde die notwendigen Maßnahmen ab.
(5) Dem Halter eines Hundes, dessen Gefährlichkeit nicht nach § 3 Abs. 2 festgestellt wurde und das erfolgreiche Ablegen einer Sachkundeprüfung nachweist, kann von der zuständigen Behörde eine Ermäßigung der Hundesteuer gewährt werden. Das Nähere regelt die jeweilige Steuersatzung.
(6) Als sachkundig zur Haltung eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 Abs. 2 gelten auch
1.
Tierärzte sowie Inhaber einer Berufserlaubnis nach § 11 der Bundes-Tierärzteordnung,
2.
Personen, die eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 oder 6 des Tierschutzgesetzes zum Halten von Hunden in einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung für die dort gehaltenen Hunde oder zur Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken für Dritte zur Unterhaltung einer Einrichtung hierfür besitzen,
3.
Personen, die zur Abnahme von Brauchbarkeitsprüfungen für Jagdhunde berechtigt sind,
4.
Personen, die zur Abnahme der Sachkundeprüfung nach diesem Gesetz berechtigt sind,
5.
Rettungshundeführer,
6.
Polizeihundeführer und
7.
Personen, die für die Betreuung eines von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder fremder Streitkräfte gehaltenen Diensthundes verantwortlich sind.
(7) Sachkundebescheinigungen, die von zuständigen Stellen anderer Länder erteilt wurden, werden anerkannt, sofern sie mit den in Thüringen festgelegten Prüfungsstandards gleichwertig sind.
(8) Als Sachkundenachweis gilt auch die bestandene Prüfung des Grundlehrgangs für Diensthundführer der Polizei an einer der von dem für die Polizei zuständigen Ministerium anerkannten Diensthundführerschulen.

§ 6 Zuverlässigkeit

(1) Die zur Haltung eines gefährlichen Tieres erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die
1.
wegen eines vorsätzlichen Angriffs auf das Leben oder die Gesundheit, wegen Vergewaltigung, Zuhälterei, Raubes, Nötigung, Land- oder Hausfriedensbruch, einer gemeingefährlichen Straftat oder Widerstands gegen die Staatsgewalt oder
2.
mindestens zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftat oder
3.
wegen einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz, dem Bundesnaturschutzgesetz (Artenschutzrecht), dem Waffengesetz, dem Bundesjagdgesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der die Person eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregeln verbüßt hat.
(2) Die zur Haltung eines gefährlichen Tieres erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel auch Personen nicht, die
1.
alkohol-, arzneimittel- oder drogenabhängig sind,
2.
keinen festen Wohnsitz haben,
3.
wiederholt gegen Bestimmungen nach § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, den §§ 10 oder 11 Abs. 1 oder § 12 verstoßen haben oder
4.
aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung einen Betreuer nach § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuchs haben.
(3) Zur Prüfung der Zuverlässigkeit hat die zuständige Behörde die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister, eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle sowie eine Auskunft von der zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörde darüber einzuholen, ob Tatsachen im Sinne der Absätze 1 und 2 bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen.
(4) Werden der zuständigen Behörde nachträglich Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nr. 1 begründen, kann die zuständige Behörde der betroffenen Person die Vorlage eines fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens innerhalb einer bestimmten Frist auf deren Kosten aufgeben. Wird der zuständigen Behörde das Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt, wird vermutet, dass die Person unzuverlässig im Sinne des Absatzes 1 ist. Dies gilt nicht, wenn die Person nachweist, dass sie die Fristversäumung nicht zu vertreten hat oder unter Angabe der Gründe eine Verlängerung der Beibringungsfrist beantragt hat. Im Fall einer Fristversäumung hat die zuständige Behörde über die Zuverlässigkeit der Person unter Zugrundelegung des nachgereichten Gutachtens erneut zu entscheiden.

§ 7 Widerruf der Erlaubnis

Die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 kann von der zuständigen Behörde widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr vorliegen.

§ 8 Anordnungsbefugnisse

(1) Liegen der zuständigen Behörde konkrete Informationen darüber vor, dass ein Hund Verhaltensweisen nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 gezeigt hat, ist der Sachverhalt von Amts wegen zu prüfen. Ergibt die Prüfung tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so kann die Behörde die Durchführung eines Wesenstests nach § 9 auf Kosten des Hundehalters anordnen. Widerspruch und Klage gegen die Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die zuständige Behörde kann die Tötung eines gefährlichen Tieres anordnen, wenn
1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von dem Tier eine erhebliche Gefährdung für Menschen oder Tiere ausgeht und
2.
das für den Halter des gefährlichen Tieres zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt der Tötung zustimmt.
Die tierschutzrechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.

§ 9 Wesenstest

(1) Die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten kann nur durch einen Wesenstest nachgewiesen werden. Der Wesenstest erfolgt auf Kosten des Hundehalters. Ein weiterer Wesenstest kann mit demselben Hund frühestens neun Monate nach Ablegung des vorangegangenen Wesenstests durchgeführt werden. Die Prüfungsstandards und die Einzelheiten zur Durchführung des Wesenstests werden durch Rechtsverordnung des für Ordnungsrecht zuständigen Ministeriums im Einvernehmen mit dem für Tierschutz und Tiergesundheit zuständigen Ministerium festgelegt. § 5 Abs. 1 Satz 4 gilt hinsichtlich der Anerkennung von Personen für die Berechtigung zur Durchführung des Wesenstests entsprechend.
(2) Über den Nachweis der Fähigkeit eines Hundes zu sozialverträglichem Verhalten stellt die zuständige Behörde eine Bescheinigung aus. Diese muss insbesondere
1.
die ausstellende Behörde,
2.
das Datum der Bescheinigung,
3.
den Namen, den Vornamen und die Anschrift des Hundehalters,
4.
den Beginn der Haltung,
5.
die Kennnummer des Transponders (§ 2 Abs. 4 Satz 1), das Geschlecht, die Fellfarbe und, soweit bekannt, die Rasse oder Kreuzung und das Geburtsdatum des Hundes sowie
6.
das Ergebnis des Wesenstests nach Absatz 1 zum sozialverträglichen Verhalten des Hundes
enthalten. § 5 Abs. 7 gilt entsprechend. Der Nachweis der Fähigkeit eines Hundes zu sozialverträglichem Verhalten wird durch einen Halterwechsel nicht berührt. Der neue Halter hat bei der zuständigen Behörde unverzüglich die Berichtigung der Bescheinigung nach Satz 1 zu beantragen.

§ 10 Haltung gefährlicher Tiere

(1) Das gefährliche Tier darf nur einer Person zur Obhut überlassen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet hat und die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt; § 6 Abs. 1 und 2 gilt entsprechend. Wer als Halter ein gefährliches Tier einer anderen Person länger als vier Wochen zur Obhut überlässt, hat unter Angabe des Namens und der Anschrift dieser Person den Verbleib des Tieres der für den Wohnort des Halters zuständigen Behörde mitzuteilen. Die zuständige Behörde hat die Überlassung zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dadurch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung begründet wird.
(2) Der Halter eines gefährlichen Tieres hat der bisher zuständigen Behörde einen Wohnungswechsel innerhalb einer Woche anzuzeigen. Für den Fall der Begründung der Zuständigkeit einer neuen Behörde ist der für den neuen Wohnort zuständigen Behörde die Haltung des gefährlichen Tieres innerhalb einer Woche anzuzeigen. Bei einem Halterwechsel hat der bisherige Halter den Namen und die Anschrift des neuen Halters innerhalb einer Woche der bisher zuständigen Behörde anzuzeigen.
(3) Das Abhandenkommen eines gefährlichen Tieres ist vom Halter oder der Person, der es in Obhut gegeben wurde, unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen.
(4) Wer einen gefährlichen Hund hält, hat dies an jedem Zugang des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung durch ein Warnschild kenntlich zu machen.

§ 11 Zucht-, Handels- und Vermehrungsverbot für gefährliche Hunde

(1) Die Zucht mit und die Vermehrung von sowie der Handel mit Hunden, die aufgrund ihres Verhalten nach § 3 Abs. 2 als gefährlich festgestellt wurden, sind verboten. Es ist ferner verboten, Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Angriffsbereitschaft gegenüber Menschen oder Tieren zu züchten, zu vermehren, auszubilden oder sonst im Rahmen der Haltung zu beeinflussen. Eine gesteigerte Aggressivität und Angriffsbereitschaft im Sinne des Satzes 2 liegt vor, wenn das Angriffs- und Kampfverhalten des Hundes durch artgemäße Signale nicht hinreichend gesteuert werden kann.
(2) Ausnahmen vom Zucht- und Vermehrungsverbot können
1.
zum Zwecke der Wissenschaft und Forschung im Einzelfall durch das für Wissenschaft und Forschung zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem für Tierschutz und Tiergesundheit zuständigen Ministerium oder
2.
auf Antrag aus wichtigem Grund nach pflichtgemäßem Ermessen durch die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 zuständige Behörde
zugelassen werden. Über eine Ausnahme nach Satz 1 Nr. 1 ist die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 zuständige Behörde zu informieren.

§ 12 Führen gefährlicher Hunde

(1) Einen gefährlichen Hund darf außerhalb der Wohnung oder des eingefriedeten Besitztums des Halters nur führen, wer körperlich hierzu in der Lage ist und die zur Führung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt; § 6 Abs. 1 und 2 gilt entsprechend. Ein gefährlicher Hund darf einer anderen Person zum Führen nur dann überlassen werden, wenn diese die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt.
(2) Eine Person darf nicht gleichzeitig mit einem gefährlichen Hund weitere Hunde führen.
(3) Innerhalb der Wohnung oder des eingefriedeten Besitztums des Halters ist durch geeignete Maßnahmen durch den Halter sicherzustellen, dass gefährliche Hunde nicht oder nur unter Aufsicht des Halters in Kontakt zu minderjährigen Personen kommen.
(4) Gefährliche Hunde sind außerhalb des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung des Halters an einer höchstens zwei Meter langen Leine zu führen. Ein Leinenzwang besteht nicht auf als Hundeauslaufgebiet gekennzeichneten Flächen, wenn diese eingezäunt sind und eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist.
(5) Gefährlichen Hunden ist beim Führen außerhalb des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung des Halters ein das Beißen verhindernder Maulkorb oder eine in der Wirkung gleichstehende Vorrichtung anzulegen. Satz 1 gilt nicht für Hunde bis zur Vollendung des sechsten Lebensmonats.
(6) In einem fremden eingefriedeten Besitztum oder einer fremden Wohnung kann mit Zustimmung des Hausrechtsinhabers der gefährliche Hund auch ohne Leine gehalten werden, wenn eine Gefährdung Dritter gegen ihren Willen ausgeschlossen ist. Absatz 3 gilt entsprechend.
(7) Der Hundehalter hat beim Führen eines gefährlichen Hundes ein gültiges Personaldokument und die Erlaubnis mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. Die Person, der der Hund nach Absatz 1 Satz 2 zum Führen überlassen wurde, hat ebenfalls ein Personaldokument und die Erlaubnis im Original oder in Kopie mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.

§ 13 Ausnahmen

(1) § 2 Abs. 4 und 5, die §§ 4 und 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie § 10 Abs. 3 finden keine Anwendung auf Personen, die keine Wohnung in Thüringen haben und sich nicht länger als zwei Monate ununterbrochen mit einem gefährlichen Hund in Thüringen aufhalten.
(2) Dieses Gesetz gilt mit Ausnahme von § 2 Abs. 1 nicht für Diensthunde von Behörden, Hunde des Rettungsdienstes oder des Katastrophenschutzes und Blindenführhunde. Für Behindertenbegleithunde, Herdengebrauchshunde und brauchbare Jagdhunde gelten die nach dem Gesetz bestimmten Anleinpflichten im Rahmen ihres bestimmungsgemäßen Einsatzes nicht.

§ 14 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
soweit es sich um ein gefährliches Tier handelt, dieses entgegen § 2 Abs. 1 so hält, dass Menschen, Tiere oder Sachen gefährdet werden,
2.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 2 Abs. 3 und § 8 zuwiderhandelt, soweit es sich um ein gefährliches Tier handelt,
3.
entgegen § 2 Abs. 4 als Halter die Kennzeichnung eines Hundes nicht veranlasst oder der zuständigen Behörde nicht anzeigt,
4.
entgegen § 2 Abs. 5 als Halter eines Hundes oder eines gefährlichen Tieres eine Haftpflichtversicherung nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Höhe abschließt oder sie nicht aufrechterhält oder der zuständigen Behörde den Abschluss der Versicherung nicht durch eine Bescheinigung nach § 113 Abs. 2 VVG nachweist,
5.
entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 ein gefährliches Tier ohne die erforderliche Erlaubnis hält,
6.
entgegen § 5 Abs. 1 den erforderlichen Sachkundenachweis nicht erwirbt,
7.
entgegen § 10 Abs. 1 Satz 1 als Halter ein gefährliches Tier einer anderen Person zur Obhut überlässt, die noch nicht 18 Jahre alt ist oder nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,
8.
entgegen § 10 Abs. 1 Satz 2 als Halter der zuständigen Behörde den Verbleib des gefährlichen Tieres nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt,
9.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 zuwiderhandelt,
10.
entgegen § 10 Abs. 2 einen Wohnungs- oder Halterwechsel nicht, unrichtig, unvollständig oder nicht rechtzeitig anzeigt,
11.
entgegen § 10 Abs. 3 als Halter das Abhandenkommen des gefährlichen Tieres der zuständigen Behörde nicht oder nicht rechtzeitig mitteilt,
12.
entgegen § 10 Abs. 4 nicht durch ein Warnschild die Haltung eines gefährlichen Hundes kenntlich macht,
13.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 1 mit einem gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 züchtet oder Handel treibt oder dessen Vermehrung nicht verhindert oder entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 einen Hund mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Angriffsbereitschaft gegenüber Menschen oder Tieren züchtet, vermehrt, ausbildet oder sonst im Rahmen der Haltung beeinflusst,
14.
entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 einen gefährlichen Hund führt, obwohl er dazu körperlich nicht in der Lage ist oder die zur Führung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt,
15.
entgegen § 12 Abs. 1 Satz 2 einen gefährlichen Hund von einer Person führen lässt, die dazu körperlich nicht in der Lage ist oder nicht die zur Führung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,
16.
entgegen § 12 Abs. 2 gleichzeitig mit einem gefährlichen Hund weitere Hunde führt,
17.
entgegen § 12 Abs. 3 keine geeigneten Maßnahmen trifft oder seiner Aufsichtspflicht nicht genügt,
18.
entgegen § 12 Abs. 4 einen gefährlichen Hund nicht anleint,
19.
entgegen § 12 Abs. 5 einen gefährlichen Hund führt, ohne eine das Beißen verhindernden Maulkorb oder eine in der Wirkung gleichstehende Vorrichtung anzulegen,
20.
entgegen § 12 Abs. 7 beim Führen eines gefährlichen Hundes kein gültiges Personaldokument und die für diesen Hund ausgestellte Erlaubnis im Original oder in Kopie mitführt oder der zuständigen Behörde auf Verlangen diese Dokumente nicht zur Prüfung aushändigt.
(2) Die Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.
(3) Sachlich zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 zuständige Behörde.

§ 15 Zuständigkeiten

(1) Zuständige Behörde nach diesem Gesetz ist die Gemeinde, Verwaltungsgemeinschaft oder erfüllende Gemeinde jeweils im übertragenen Wirkungskreis, in der der Halter des gefährlichen Tieres wohnt. Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen dient. Im Fall des § 4 Abs. 2 ist zuständige Behörde die Gemeinde, Verwaltungsgemeinschaft oder erfüllende Gemeinde, in der der Halter sich überwiegend aufhält. Im Übrigen gilt § 4 Abs. 2 und 3 des Ordnungsbehördengesetzes entsprechend.
(2) Zuständige Behörde für
1.
die Feststellung der Vergleichbarkeit und die Anerkennung von Sachkundebescheinigungen nach § 5 Abs. 7 oder von Bescheinigungen nach § 9 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 7 sowie
2.
die Feststellung der Vergleichbarkeit der Berechtigung zur Abnahme von Sachkundeprüfungen für das Halten gefährlicher Tiere nach § 5 Abs. 1 Satz 4 oder zur Durchführung von Wesenstests nach § 9 Abs. 1 Satz 5
ist das Landesverwaltungsamt. Die Feststellung der Vergleichbarkeit nach Satz 1 Nr. 2 erfolgt im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verbraucherschutz.
(3) Verwaltungsverfahren nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes können über eine einheitliche Stelle im Sinne des Thüringer ES-Errichtungsgesetzes vom 8. Juli 2009 (GVBl. S. 592-596) in der jeweils geltenden Fassung abgewickelt werden. Es gelten die Bestimmungen nach den §§ 71a bis 71e des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung vom 1. Dezember 2014 (GVBl. S. 685) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 16 Übergangsbestimmungen

Ordnungsbehördliche Entscheidungen, Anzeigen und Nachweise, die nach der Thüringer Gefahren-Hundeverordnung vom 21. März 2000 (StAnz. Nr. 15 S. 884), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. September 2003 (StAnz. Nr. 47 S. 2340), erteilt wurden, gelten fort.

§ 17 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 18 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz wird das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten (Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen) eingeschränkt.

§ 19 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Gleichzeitig tritt die Thüringer Gefahren-Hundeverordnung außer Kraft.
Erfurt, den 22. Juni 2011 Die Präsidentin des Landtags Birgit Diezel
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