ThürVgG
DE - Landesrecht Thüringen

Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz - ThürVgG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2020

Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz - ThürVgG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2020
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz - ThürVgG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 202001.12.2019
Eingangsformel01.12.2019
§ 1 - Sachlicher Anwendungsbereich01.12.2019
§ 2 - Persönlicher Anwendungsbereich01.12.2019
§ 3 - Mittelstandsförderung01.12.2019
§ 4 - Umweltverträgliche Beschaffung, Open-Source-Software, Berücksichtigung umweltbezogener und sozialer Aspekte im Vergabeverfahren01.12.2019
§ 5 - Definition des Auftragsgegenstands01.12.2019
§ 6 - Technische Spezifikation01.12.2019
§ 7 - Auswahl der Bieter01.12.2019
§ 8 - Erteilung des Zuschlags01.12.2019
§ 9 - Bedingungen für die Ausführung des Auftrags, umweltverträgliche Auftragsausführung01.12.2019
§ 10 - Tariftreue, Mindestentgelt und Entgeltgleichheit01.12.2019
§ 10a - Betreiberwechsel bei der Erbringung von Personenverkehrsdiensten01.12.2019
§ 11 - ILO - Kernarbeitsnormen01.12.2019
§ 12 - Nachunternehmereinsatz01.12.2019
§ 12a - Verfahrensanforderungen zu den Erklärungen, Bestbieterprinzip01.12.2019
§ 13 - Berücksichtigung von sozialen oder umweltbezogenen Maßnahmen bei gleichwertigen Angeboten01.12.2019
§ 14 - Wertung unangemessen niedriger Angebote01.12.2019
§ 15 - Wertungsausschluss01.12.2019
§ 16 - Sicherheitsleistung bei Bauleistungen01.12.2019
§ 17 - Kontrollen01.12.2019
§ 18 - Sanktionen01.12.2019
§ 19 - Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte01.12.2019
§ 20 - Evaluierung01.12.2019
§ 21 - Gleichstellungsbestimmung01.12.2019
§ 22 - Übergangsregelung01.12.2019
§ 22a - Übergangsregelung zu § 1001.12.2019
(§ 23 - Inkrafttreten01.12.2019
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Sachlicher Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Sinne der §§ 103 und 104 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245) in der jeweils geltenden Fassung ungeachtet des Erreichens der Schwellenwerte nach § 106 GWB, soweit bei Bauaufträgen ein geschätzter Auftragswert von 50.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ein geschätzter Auftragswert von 20.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) überschritten wird. Für die Schätzung gilt § 3 der Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind ungeachtet der Auftragswertgrenzen des Absatzes 1 unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 GWB die Regelungen
1.
der Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU- Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung - UVgO-) vom 2. Februar 2017 (BAnz. AT 07.02.2017 B1, AT 08.02.2017 B1) und
2.
des Teils A Abschnitt 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) vom 22. Juni 2016 (BAnz. AT 01.07.2016 B4)
jeweils in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das für Angelegenheiten im öffentlichen Auftragswesen zuständige Ministerium kann Einzelheiten zu den Verfahren und Grenzen für Auftragswerte festlegen, bis zu deren Erreichen eine Auftragsvergabe im Wege einer Beschränkten Ausschreibung, einer Verhandlungsvergabe oder einer Freihändigen Vergabe nach den Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Unterschwellenvergabeordnung zulässig ist. Die Beschaffung preisgebundener Schulbücher kann unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 GWB durch eine Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb erfolgen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes und aufgrund dieses Gesetzes gehen den Bestimmungen nach Satz 1 vor.
(3) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf
1.
die in den §§ 107, 108, 109, 116, 117 und 145 GWB genannten Sachverhalte,
2.
die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit sowie
3.
die Vergabe von Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, soweit der geschätzte Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert nach § 106 GWB nicht erreicht; es gilt § 50 UVgO.
(4) Sollen öffentliche Aufträge gemeinsam mit Auftraggebern anderer Bundesländer, des Bundes oder aus Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland vergeben werden, soll mit diesen eine Einigung über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes angestrebt werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann von den Bestimmungen dieses Gesetzes abgewichen werden.

§ 2 Persönlicher Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für alle staatlichen und kommunalen Auftraggeber, sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, für die § 55 der Thüringer Landeshaushaltsordnung in der Fassung vom 19. September 2000 (GVBl. S. 282) oder § 31 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung vom 26. Januar 1993 (GVBl. S. 181) beziehungsweise § 24 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung Doppik vom 11. Dezember 2008 (GVBl. S. 504) jeweils in der jeweils geltenden Fassung gilt. Die Auftraggeber stellen sicher, dass die mit der Vergabe öffentlicher Aufträge befassten Beschäftigten über angemessene Kenntnisse im Vergaberecht verfügen. Zuwendungsempfänger haben dieses Gesetz zu beachten, soweit sie nach den allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen hierzu verpflichtet werden.
(2) Kommunale Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind die Gemeinden, die Landkreise, die kommunalen Anstalten, die Zweckverbände, die gemeinsamen kommunalen Anstalten sowie die Verwaltungsgemeinschaften.
(3) Für juristische Personen des Privatrechts, die die Voraussetzungen des § 99 Nr. 2 GWB erfüllen, gilt Absatz 1 entsprechend.

§ 3 Mittelstandsförderung

(1) Die Auftraggeber sind verpflichtet, kleine und mittlere Unternehmen bei Beschränkten Ausschreibungen, Verhandlungsvergaben und Freihändigen Vergaben in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern.
(2) Unbeschadet der Verpflichtung zur Teilung der Leistungen in Fach- und Teillose nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung, der Unterschwellenvergabeordnung und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen ist das Vergabeverfahren, soweit nach Art und Umfang der anzubietenden Leistungen möglich, so zu wählen und die Verdingungsunterlagen so zu gestalten, dass kleine und mittlere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und beim Zuschlag berücksichtigt werden können.
(3) Staatliche Auftraggeber im Sinne des § 2 Abs. 1 haben die Bekanntmachung eines öffentlichen Auftrages in elektronischer Form auf der zentralen Landesvergabeplattform zu veröffentlichen. Sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 2 Abs. 1, kommunale Auftraggeber im Sinne des § 2 Abs. 2, und juristische Personen im Sinne des § 2 Abs. 3 können die zentrale Landesvergabeplattform für ihre Bekanntmachungen von öffentlichen Aufträgen nutzen.

§ 4 Umweltverträgliche Beschaffung, Open-Source-Software, Berücksichtigung umweltbezogener und sozialer Aspekte im Vergabeverfahren

(1) Staatliche Auftraggeber sollen bei der Beschaffung eines Investitionsgutes mit einem Stückwert von mehr als 1.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) neben den voraussichtlichen Anschaffungskosten unter Berücksichtigung des Lebenszyklusprinzips die voraussichtlichen Betriebskosten über die Nutzungsdauer, die Kosten für den Energieverbrauch sowie die Entsorgungskosten berücksichtigen. Die kommunalen Auftraggeber und die sonstigen Auftraggeber im Sinne des § 2 können nach Satz 1 verfahren.
(2) Bei der Beschaffung von IT- und IT-gestützten Produkten gilt § 4 des Thüringer Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (ThürEGovG) in der jeweils geltenden Fassung. Dort, wo es technisch möglich und wirtschaftlich ist, soll der Einsatz von Open-Source-Software vorrangig erfolgen. Darüber hinaus sollen auch die Aspekte Bedienbarkeit, Zukunftssicherheit, Interoperabilität und IT-Sicherheit berücksichtigt werden. Unter Open-Source- Produkten sind solche Produkte zu verstehen, deren Quellcode öffentlich zugänglich ist und deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung nicht einschränkt.
(3) Umweltbezogene und soziale Aspekte können auf allen Stufen des Vergabeverfahrens, namentlich bei der Definition des Auftragsgegenstands, dessen technischer Spezifikation, der Auswahl der Bieter, der Erteilung des Zuschlags und den Bedingungen für die Ausführung des Auftrags berücksichtigt werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit der Auftragsleistung stehen und in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen angegeben sind.
(4) Als umweltbezogene und soziale Aspekte nach Absatz 3 können insbesondere in Betracht kommen:
1.
der Anteil sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer,
2.
die Einbeziehung von Auszubildenden, Langzeitarbeitslosen oder schwerbehinderten Menschen in geeignetem Umfang,
3.
die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen,
4.
Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
5.
die umweltbezogene und soziale Verträglichkeit der verwendeten Produkte einschließlich deren Herkunft und Produktion,
6.
die Energieeffizienz.

§ 5 Definition des Auftragsgegenstands

Bereits bei der Definition des Auftragsgegenstands kann der Auftraggeber ökologische und soziale Belange berücksichtigen, soweit nicht haushaltsrechtliche Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, Vorgaben des Umweltrechts oder Unionsrecht, insbesondere keine Beeinträchtigung des Marktzugangs für ausländische Bieter entgegenstehen.

§ 6 Technische Spezifikation

(1) Bei der technischen Spezifikation eines Auftrages können Umwelteigenschaften oder Auswirkungen bestimmter Warengruppen oder Dienstleistungen auf die Umwelt, oder auch beide, festgelegt werden. Hierzu können geeignete Spezifikationen verwendet werden, die in Umweltgütezeichen definiert sind. Für die Anforderungen an Umweltgütezeichen gelten die jeweils einschlägigen Bestimmungen der Vergabeverordnung, der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Unterschwellenvergabeordnung.
(2) Andere geeignete Beweismittel, insbesondere technische Unterlagen der Hersteller oder Prüfberichte anerkannter Stellen, sind ebenfalls zulässig. Die technischen Spezifikationen dürfen die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern.

§ 7 Auswahl der Bieter

(1) Vor Erteilung des Zuschlags hat der öffentliche Auftraggeber zu prüfen, ob die Bieter die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen.
(2) Den Nachweis seiner Eignung kann der Bieter auch durch eine gültige Bescheinigung eines in der Vergabeverordnung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Unterschwellenvergabeordnung genannten Präqualifizierungsverfahrens führen. Das für Angelegenheiten im öffentlichen Auftragswesen zuständige Ministerium kann weitere Präqualifizierungsverfahren und besondere Zertifizierungen in den Bereichen Ökologie, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung durch Richtlinien regeln.
(2a) Hat ein Bieter in den letzten zwölf Monaten vor Ablauf der Angebotsfrist einem Auftraggeber bereits den Nachweis nach Absatz 2 oder andere Eignungsnachweise nach der Vergabeverordnung, der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen oder der Unterschwellenvergabeordnung vorgelegt, so hat er den Auftraggeber unter Benennung des Vergabeverfahrens darauf hinzuweisen. In den Fällen des Satzes 1 fordert derselbe Auftraggeber von dem Bieter diese Eignungsnachweise nur dann an, wenn begründete Zweifel an der Eignung des Bieters bestehen.
(3) Ausgeschlossen werden kann ein Bieter insbesondere, wenn dieser bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat oder der Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Bieter Vereinbarungen mit anderen Bietern getroffen hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.
(4) Im Rahmen der zu überprüfenden technischen Fachkunde können mit Ausnahme bei Lieferaufträgen Umweltbelange Berücksichtigung finden. Der öffentliche Auftraggeber kann mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende und ihm angemessene Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit des Bieters aufstellen, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen anzugeben sind. Diese können bei umweltrelevanten öffentlichen Bau- und Dienstleistungsaufträgen in der Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen bestehen, die bei der Ausführung des Auftrags zur Anwendung kommen sollen. Zum Nachweis dafür, dass der Bieter bestimmte Normen für das Umweltmanagement erfüllt, kann der Auftraggeber die Vorlage von Bescheinigungen unabhängiger Stellen verlangen.
(5) Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) ist als europäische Auszeichnung für betriebliches Umweltmanagement zum Nachweis der Erfüllung von bestimmten Normen für das Umweltmanagement geeignet. Die Eintragung eines Unternehmens in das EMAS-Register kann für die Beurteilung der technischen Fachkunde eines Bieters unter folgenden Bedingungen herangezogen werden:
1.
die Vergabestellen dürfen nicht auf die Registrierung als solche abstellen, sondern es muss ein Bezug zur Ausführung des Auftrags vorhanden sein und
2.
dem EMAS gleichwertige Nachweise für Umweltmanagementmaßnahmen sind anzuerkennen.

§ 8 Erteilung des Zuschlags

Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung von Umweltkriterien bei der Zuschlagserteilung ist zulässig, wenn
1.
die Umweltkriterien mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen,
2.
die Umweltkriterien im Leistungsverzeichnis oder in der Bekanntmachung des Auftrags ausdrücklich genannt sind,
3.
dem Auftraggeber durch die Festlegung des Kriteriums keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit eingeräumt wird und
4.
alle Grundsätze des Unionsrechts, vor allem das Diskriminierungsverbot, gewahrt werden.

§ 9 Bedingungen für die Ausführung des Auftrags, umweltverträgliche Auftragsausführung

(1) Der Auftraggeber kann zusätzliche Bedingungen für die Ausführung des Auftrags vorschreiben, wenn diese
1.
mit Unionsrecht vereinbar sind, insbesondere keinen diskriminierenden Charakter haben,
2.
in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen angegeben werden,
3.
keine versteckten technischen Spezifikationen, Auswahl- oder Zuschlagskriterien darstellen und
4.
alle Bewerber in der Lage sind, diesen Bedingungen nachzukommen, falls sie den Zuschlag erhalten.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann bei geeigneten umweltbedeutsamen Aufträgen, bei denen ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand besteht, der Auftraggeber einen Nachweis dafür verlangen, dass bestimmte Umweltmanagementmaßnahmen bei der Ausführung des Auftrags ergriffen werden.
(3) Staatliche Auftraggeber sollen für die Ausführung des Auftrags in geeigneten Fällen mindestens einen umweltbezogenen Aspekt vorschreiben, sofern nicht bereits im Rahmen der Leistungsbeschreibung oder der Zuschlagskriterien mindestens ein umweltbezogener Aspekt vorgegeben wurde. Als umweltbezogene Aspekte in diesem Sinne gelten umweltfreundliche und energieeffiziente Produkte, Materialien und Verfahren, wie zum Beispiel:
1.
Geräte, Fahrzeuge, Gebäude oder Gebäudebestandteile mit hoher Energieeffizienzklasse,
2.
Produkte, die aus recycelten Materialien hergestellt wurden,
3.
ressourcenschonend hergestellte Produkte, Materialien oder der Einsatz ressourcenschonender Verfahren bei der Auftragsausführung,
4.
Verfahren, die einen möglichst geringen Schadstoffausstoß (zum Beispiel niedriger CO
2
-Fußabdruck), möglichst geringe Geräusch-, Geruchs- oder sonstige Emissionen verursachen oder weitestgehend auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden verzichten sowie
5.
Produkte, Materialien oder Verfahren, die Umweltgütezeichen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 3 tragen.

§ 10 Tariftreue, Mindestentgelt und Entgeltgleichheit

(1) Für Bauleistungen und andere Dienstleistungen, die das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799) oder die das Tarifvertragsgesetz in der Fassung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323) jeweils in der jeweils geltenden Fassung erfasst, dürfen öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichtet haben, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung dieser Leistungen Arbeitsbedingungen zu gewähren, die mindestens den Vorgaben desjenigen Tarifvertrages entsprechen, an den das Unternehmen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gebunden ist oder der nach dem Tarifvertragsgesetz für allgemein verbindlich erklärt wurde. Satz 1 gilt entsprechend für Beiträge an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Sinne des § 5 Satz 1 Nr. 3 AEntG sowie für andere gesetzliche Bestimmungen über Mindestentgelte.
(2) Öffentliche Aufträge für Dienstleistungen der allgemein zugänglichen Beförderung von Personen im öffentlichen Personennahverkehr dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichtet haben, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung der Leistung mindestens das in Thüringen für diese Leistung in einem einschlägigen und repräsentativen mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbarten Tarifvertrag vorgesehene Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Modalitäten zu zahlen und während der Ausführungslaufzeit Änderungen des Tarifentgelts nachzuvollziehen. Das für Arbeit zuständige Ministerium gibt im Einvernehmen mit dem für das Verkehrswesen zuständigen Ministerium im Thüringer Staatsanzeiger bekannt, welcher Tarifvertrag beziehungsweise welche Tarifverträge als repräsentativ im Sinne des Satzes 1 anzusehen sind. Der Auftraggeber führt diesen oder diese in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen auf. Bei mehreren festgestellten Tarifverträgen darf die Wahlmöglichkeit des sich bewerbenden Unternehmens nicht beschränkt werden.
(3) Bei der Feststellung der Repräsentativität eines oder mehrerer Tarifverträge nach Absatz 2 ist auf die Bedeutung des oder der Tarifverträge im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs für die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer abzustellen. Hierbei kann insbesondere auf
1.
die Zahl der von den jeweils tarifgebundenen Arbeitgebern unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer oder
2.
die Zahl der jeweils unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Mitglieder der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag geschlossen hat
Bezug genommen werden. Es wird ein beratender Ausschuss für die Feststellung der Repräsentativität eines Tarifvertrages oder mehrerer Tarifverträge nach den Sätzen 1 und 2 bei dem für das Verkehrswesen zuständigen Ministerium errichtet. Dieser ist paritätisch aus jeweils drei Vertretern der Gewerkschaften, die auf deren Vorschlag durch das für Arbeit zuständige Ministerium zu benennen sind, und der Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, die auf deren Vorschlag durch das für Verkehrswesen zuständige Ministerium zu benennen sind, zusammenzusetzen. Die Beratungen koordiniert und leitet eine von dem für Verkehrswesen zuständigen Ministerium beauftragte Person, die kein Stimmrecht hat. Das für Arbeit zuständige Ministerium entsendet einen nicht stimmberechtigten Vertreter in den Ausschuss, um die Mitglieder in Angelegenheiten des Arbeits- und Tarifrechts zu unterstützen. Das für Verkehrswesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Arbeit zuständigen Ministerium das Nähere zur Errichtung und Bestellung des Ausschusses, zur Amtsdauer und Amtsführung der Mitglieder, zur Vertretung der Mitglieder, zum Beratungsverfahren und zur Beschlussfassung sowie zur Geschäftsordnung durch Rechtsverordnung zu regeln.
(4) Staatliche Auftraggeber vergeben Aufträge an Unternehmen nur dann, wenn diese sich verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung der Leistung mindestens das in Thüringen für die jeweilige Branche in einem einschlägigen und repräsentativen mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbarten Tarifvertrag vorgesehene Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Modalitäten zu zahlen und während der Ausführungslaufzeit Änderungen des Tarifentgelts nachzuvollziehen. Bei mehreren als repräsentativ festgestellten Tarifverträgen darf die Wahlmöglichkeit des sich bewerbenden Unternehmens nicht beschränkt werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das für Arbeit zuständige Ministerium gibt im Thüringer Staatsanzeiger bekannt, welcher Tarifvertrag beziehungsweise welche Tarifverträge für die jeweilige Branche als repräsentativ im Sinne des Satzes 1 anzusehen sind; Absatz 3 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das für Arbeit zuständige Ministerium die in Absatz 3 geregelten Rechte und Pflichten in alleiniger Zuständigkeit wahrnimmt. Unterfällt die ausgeschriebene Leistung keinem als repräsentativ festgestellten Tarifvertrag im Sinne des Satzes 1 oder liegt keine Bekanntgabe im Sinne des Satzes 4 vor, vergeben staatliche Auftraggeber Aufträge an Unternehmen nur dann, wenn diese sich verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung der Leistung ein Mindeststundenentgelt von 11,42 Euro (brutto) zu zahlen. Gleiches gilt, wenn das in dem als repräsentativ festgestellten Tarifvertrag vorgesehene Stundenentgelt geringer ist als das in Satz 5 genannte Mindeststundenentgelt. Als Entgelt im Sinne der Sätze 1 und 5 gelten alle Zahlungen, die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit gezahlt werden. Die Verpflichtung zur Zahlung der in Satz 1 oder Satz 5 genannten Mindeststundenentgelte gilt nicht, wenn die ausgeschriebene Leistung im sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich
1.
eines nach dem Tarifvertragsgesetz für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder
2.
eines Tarifvertrages, dessen Geltung durch eine Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt wurde,
liegt und sich hieraus ein Mindeststundenentgelt ergibt.
(5) Auszubildende, Praktikanten und Teilnehmende an Bundes- und Jugendfreiwilligendiensten gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Absatzes 4. Setzt das Unternehmen Leiharbeitnehmer im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158) in der jeweils geltenden Fassung ein, muss es sicherstellen, dass diese bei der Ausführung des öffentlichen Auftrages nach Maßgabe der Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes für die gleiche Tätigkeit ebenso entlohnt werden, wie die in seinem Unternehmen vergleichbaren Arbeitnehmer; ihr Entgelt muss mindestens der durch Rechtsverordnung verbindlich festgelegten Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz entsprechen. Liegt eine Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht vor, muss das Unternehmen sicherstellen, dass die eingesetzten Leiharbeitnehmer bei der Ausführung des öffentlichen Auftrages unbeschadet der Verpflichtung nach Satz 2 mindestens das in Absatz 4 Satz 1, Satz 5 oder Satz 6 genannte Stundenentgelt erhalten. Schließt das Unternehmen Verträge mit Nachunternehmen, muss es sicherstellen, dass die vom Nachunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer bei der Ausführung des öffentlichen Auftrages mindestens das in Absatz 4 Satz 1, Satz 5 oder Satz 6 genannte Mindeststundenentgelt erhalten, sofern für diese nicht ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 4 Satz 8 oder eine Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein Mindeststundenentgelt vorsehen.
(6) Das für Arbeit zuständige Ministerium passt die Höhe des Mindeststundenentgeltes jährlich, erstmals zum 1. Januar 2021, an und veröffentlicht diese im Thüringer Staatsanzeiger. Die Anpassung richtet sich nach der prozentualen Veränderungsrate im Index der tariflichen Monatsverdienste des Statistischen Bundesamtes für die Gesamtwirtschaft in Deutschland (ohne Sonderzahlungen); bei der Ermittlung der Veränderungsrate ist jeweils der Durchschnitt der veröffentlichten Daten für die letzten vier Quartale zugrunde zu legen.
(7) Die kommunalen Auftraggeber und die sonstigen Auftraggeber im Sinne des § 2 können nach den Absätzen 4 und 5 verfahren.
(8) Die Absätze 4 und 5 gelten auch bei der Leistungserbringung durch Unternehmen oder vorgesehene Nachunternehmen mit Sitz im Ausland, soweit die Leistung im Inland erbracht wird.
(9) Auf bevorzugte Bieter nach § 224 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch findet Absatz 4 keine Anwendung.
(10) Die Bieter haben zu erklären, dass sie bei der Auftragsdurchführung ihren Arbeitnehmern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gleiches Entgelt zahlen.

§ 10a Betreiberwechsel bei der Erbringung von Personenverkehrsdiensten

Öffentliche Auftraggeber können nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung verlangen, dass der ausgewählte Betreiber eines öffentlichen Dienstes die Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers zu den Arbeitsbedingungen übernimmt, die diesen von dem vorherigen Betreiber gewährt wurden. Die bisherigen Betreiber sind verpflichtet, den öffentlichen Auftraggebern auf Anforderung die hierzu erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen oder Einsicht in Lohn- und Meldeunterlagen, Geschäftsbücher und andere Geschäftsunterlagen und Aufzeichnungen zu gewähren, aus denen Umfang, Art, Dauer und tatsächliche Entlohnung der Arbeitnehmer hervorgehen oder abgeleitet werden können. Die im Rahmen des Verfahrens nach Satz 2 entstehenden Aufwendungen des bisherigen Betreibers werden durch den öffentlichen Auftraggeber erstattet. Das Verlangen der Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers nach Satz 1 ist in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen anzugeben.

§ 11 ILO - Kernarbeitsnormen

(1) Bei der Vergabe von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen sollen keine Waren Gegenstand der Leistung sein, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind. Diese Mindeststandards ergeben sich aus:
1.
dem Übereinkommen Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit vom 28. Juni 1930 (BGBl. 1956 II S. 640 -641-),
2.
dem Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes vom 9. Juli 1948 (BGBl. 1956 II S. 2072 -2073-),
3.
dem Übereinkommen Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen vom 1. Juli 1949 (BGBl. 1955 II S. 1122 -1123-),
4.
dem Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit vom 29. Juni 1951 (BGBl. 1956 II S. 23 -24-),
5.
dem Übereinkommen Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit vom 25. Juni 1957 (BGBl. 1959 II S. 441-442-),
6.
dem Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vom 25. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 97 -98-),
7.
dem Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung vom 26. Juni 1973 (BGBl. 1976 II S. 201 -202-),
8.
dem Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit vom 17. Juni 1999 (BGBl. 2001 II S. 1290 -1291-)
jeweils in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Aufträge über Lieferleistungen dürfen nur an solche Auftragnehmer vergeben werden, die sich verpflichtet haben, den Auftrag gemäß der Leistungsbeschreibung ausschließlich mit Waren auszuführen, die nachweislich oder gemäß einer entsprechenden Zusicherung unter Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen nach Absatz 1 gewonnen oder hergestellt worden sind. Hierzu sind von den Bietern entsprechende Nachweise oder Erklärungen zu verlangen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Waren, die im Rahmen der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen verwendet werden.

§ 12 Nachunternehmereinsatz

(1) Der Auftragnehmer darf Bau- und Dienstleistungen nur auf Nachunternehmer übertragen, wenn der Auftraggeber im Einzelfall in der für Erklärungen des Auftragnehmers nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 bestimmten Form zugestimmt hat. Die Zustimmung ist nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingestellt ist. Die Bieter haben bereits bei Abgabe ihres Angebots ein Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen vorzulegen.
(2) Soweit Leistungen nach Absatz 1 auf Nachunternehmer übertragen werden, hat sich der Auftragnehmer auch zu verpflichten, den Nachunternehmern die für Auftragnehmer geltenden Pflichten der Absätze 3 und 4 sowie der §§ 10, 11 und 17 Abs. 2 aufzuerlegen und die Beachtung dieser Pflichten durch die Nachunternehmer zu kontrollieren.
(3) Die nachträgliche Einschaltung oder der Wechsel eines Nachunternehmers bedarf der Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers; Absatz 1 Satz 2 und § 15 Abs. 2 gelten entsprechend. Die Zustimmung darf nur wegen mangelnder Fachkunde, Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers, des Vorliegens von zwingenden oder fakultativen Ausschlussgründen nach den Bestimmungen der jeweils einschlägigen Vergabeverordnung, der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Unterschwellenvergabeordnung sowie wegen Nichterfüllung der Nachweispflicht nach § 15 Abs. 2 versagt werden.
(4) Die Auftragnehmer sind für den Fall der Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmer vertraglich zu verpflichten,
1.
bevorzugt kleine und mittlere Unternehmen zu beteiligen, soweit es mit der vertragsgemäßen Ausführung des Auftrags zu vereinbaren ist,
2.
Nachunternehmer davon in Kenntnis zu setzen, dass es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt,
3.
bei der Weitergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B), bei der Weitergabe von Dienstleistungen die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/B) zum Vertragsbestandteil zu machen und
4.
den Nachunternehmern keine, insbesondere hinsichtlich der Zahlungsweise, ungünstigeren Bedingungen aufzuerlegen, als zwischen dem Auftragnehmer und dem öffentlichen Auftraggeber vereinbart sind.

§ 12a Verfahrensanforderungen zu den Erklärungen, Bestbieterprinzip

(1) Die nach diesem Gesetz verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise sind nur von demjenigen Bieter, dem nach Abschluss der Wertung der Angebote der Zuschlag erteilt werden soll (Bestbieter), vorzulegen. Der Auftraggeber bestimmt unter Beachtung der jeweils einschlägigen vergaberechtlichen Formvorschriften in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen, in welcher Form die Erklärungen und Nachweise übermittelt werden müssen.
(2) Der Auftraggeber ist verpflichtet, in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen darauf hinzuweisen, dass der Bestbieter im Fall der beabsichtigten Zuschlagserteilung die nach diesem Gesetz verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise nach Aufforderung innerhalb einer nach Tagen bestimmten Frist vorlegen muss und dass, bei nicht fristgerechter Vorlage der verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise, das Angebot von der Wertung auszuschließen ist. Die Frist muss mindestens drei Werktage betragen und darf fünf Werktage nicht überschreiten.
(3) Der Auftraggeber fordert den Bestbieter auf, die nach diesem Gesetz verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise innerhalb der Frist nach Absatz 2 vorzulegen. Die Frist beginnt an dem Tag, der auf die Absendung dieser Aufforderung folgt. Der Auftraggeber kann im Ausnahmefall die Frist verlängern, wenn die nach diesem Gesetz verpflichtenden Erklärungen und Nachweise nicht innerhalb des nach Satz 1 bestimmten Zeitraumes vorgelegt werden können oder dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftrages angemessen erscheint.
(4) Werden die nach diesem Gesetz verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise nicht innerhalb der in Absatz 3 bestimmten Frist rechtzeitig beim Auftraggeber vorgelegt, ist das Angebot abweichend von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 von der Wertung auszuschließen. In diesem Fall ist das in der Wertungsrangfolge nächste Angebot heranzuziehen; auf dieses Angebot finden diese Vorschriften Anwendung.
(5) Bei nicht von dem Auftraggeber zu vertretender, objektiver Dringlichkeit kann dieser vom Bestbieterprinzip absehen. In diesem Fall sind von den Bietern mit der Abgabe des Angebotes die nach diesem Gesetz verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise dem Auftraggeber vorzulegen. In der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen ist darauf hinzuweisen, dass die verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise mit der Abgabe des Angebotes vorgelegt werden müssen. Es gilt § 15.

§ 13 Berücksichtigung von sozialen oder umweltbezogenen Maßnahmen bei gleichwertigen Angeboten

Bei der Entscheidung über den Zuschlag auf ein Angebot ist bei sonst gleichwertigen Angeboten über die bereits auf den vorhergehenden Stufen des Vergabeverfahrens im sachlichen Zusammenhang mit der Auftragsleistung berücksichtigten umweltbezogenen und sozialen Aspekte hinaus das Angebot des Bieters zu bevorzugen, der in seinem Unternehmen gemessen an seiner Betriebsstruktur mehr als ein anderer Bieter mit gleichwertigem Angebot soziale oder umweltbezogene Maßnahmen durchführt. Derartige Maßnahmen können insbesondere sein:
1.
die bestehende Tarifbindung,
2.
der Anteil sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer,
3.
Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
4.
die Beteiligung an der beruflichen Erstausbildung,
5.
die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen oder schwerbehinderten Menschen,
6.
Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz oder anderer ökologischer Ziele.
In der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen ist anzugeben, welche Maßnahme oder Maßnahmen bei sonst gleichwertigen Angeboten nach Satz 1 zugrunde gelegt werden.

§ 14 Wertung unangemessen niedriger Angebote

(1) Der Auftraggeber hat ungewöhnlich niedrige Angebote, auf die der Zuschlag erfolgen soll, zu überprüfen. Dies gilt unabhängig von der nach der Vergabeverordnung, der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Unterschwellenvergabeordnung vorgegebenen Prüfung unangemessen niedrig erscheinender Angebote.
(2) Weicht ein Angebot für die Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, um mindestens 20 vom Hundert vom nächsthöheren Angebot ab, so hat der Auftraggeber die Kalkulation des Angebots zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung ist der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen. Kommt der Bieter dieser Verpflichtung auch nach Aufforderung des Auftraggebers nicht nach, so ist er vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.

§ 15 Wertungsausschluss

(1) Hat der Bieter
1.
aktuelle Nachweise über die vollständige Entrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen,
2.
eine Erklärung nach den §§ 10, 11, 12 und 17 oder
3.
sonstige Nachweise oder Erklärungen
nicht zum geforderten Zeitpunkt vorgelegt, entscheidet die Vergabestelle auf der Grundlage der Bestimmungen der Vergabeverordnung, der Unterschwellenvergabeordnung und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, ob das Angebot von der Wertung ausgeschlossen wird. Fremdsprachige Bescheinigungen oder Erklärungen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegt worden sind.
(2) Soll die Ausführung eines Teils des Auftrags über die Erbringung von Bauleistungen oder Dienstleistungen einem Nachunternehmer übertragen werden, so sind vor der Auftragserteilung auch die auf den Nachunternehmer lautenden Nachweise und Erklärungen nach Absatz 1 vorzulegen. Soweit eine Benennung von Nachunternehmern nach Auftragserteilung zulässig ist, sind die erforderlichen Nachweise und Erklärungen nach Absatz 1 bei der Benennung vorzulegen.

§ 16 Sicherheitsleistung bei Bauleistungen

(1) Für die vertragsgemäße Erfüllung von Bauleistungen sollen bei Öffentlicher Ausschreibung und Offenem Verfahren ab einer Auftragssumme von 250 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) Sicherheitsleistungen verlangt werden. Bei Beschränkter Ausschreibung, Beschränkter Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb, Freihändiger Vergabe, Nichtoffenem Verfahren und Verhandlungsverfahren sollen Sicherheitsleistungen in der Regel nicht verlangt werden.
(2) Für die Erfüllung der Mängelansprüche sollen Sicherheitsleistungen in der Regel ab einer Auftragssumme oder Abrechnungssumme von 250 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) verlangt werden.

§ 17 Kontrollen

(1) Der Auftraggeber kann Kontrollen durchführen, um die Einhaltung der dem Auftragnehmer aufgrund dieses Gesetzes auferlegten Verpflichtungen zu überprüfen. Der Auftraggeber hat zu diesem Zweck mit dem Auftragnehmer vertraglich zu vereinbaren, dass ihm auf Verlangen die Entgeltabrechnungen des Auftragnehmers und der Nachunternehmer sowie die Unterlagen über die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und die zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmer abgeschlossenen Werkverträge vorgelegt werden. Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in Verbindung mit dem Thüringer Datenschutzgesetz vom 6. Juni 2018 (GVBl. S. 229) jeweils in der jeweils geltenden Fassung sind im Umgang mit personenbezogenen Daten zu beachten. Der Auftragnehmer hat seine Beschäftigten auf die Möglichkeit solcher Kontrollen hinzuweisen.
(2) Der Auftragnehmer und seine Nachunternehmer haben vollständige und prüffähige Unterlagen nach Absatz 1 über die eingesetzten Beschäftigten bereitzuhalten.

§ 18 Sanktionen

(1) Um die Einhaltung der Verpflichtungen nach den §§ 10, 11, 12 und 17 Abs. 2 zu sichern, ist zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer für jeden schuldhaften Verstoß regelmäßig eine Vertragsstrafe von bis zu fünf von Hundert des Auftragswerts zu vereinbaren; bei mehreren Verstößen darf die Summe der Vertragsstrafen fünf von Hundert des Auftragswertes (netto) nicht überschreiten. Der Auftragnehmer ist zur Zahlung einer Vertragsstrafe nach Satz 1 auch für den Fall zu verpflichten, dass der Verstoß durch einen von ihm eingesetzten Nachunternehmer oder einen von diesem eingesetzten Nachunternehmer begangen wird, es sei denn, dass der Auftragnehmer den Verstoß weder kannte noch kennen musste.
(2) Der Auftraggeber hat mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren, dass die schuldhafte Nichterfüllung der aus den §§ 10 und 11 resultierenden Anforderungen durch den Auftragnehmer oder seine Nachunternehmer sowie schuldhafte Verstöße gegen die Verpflichtungen der §§ 12 und 17 Abs. 2 den Auftraggeber zur fristlosen Kündigung des Vertrags berechtigen.
(3) Hat der Auftragnehmer, ein Bewerber oder Bieter gegen die sich aus den §§ 10, 11, 12 und 17 Abs. 2 ergebenden Verpflichtungen verstoßen, soll jeweils der Auftraggeber dieses Unternehmen von der öffentlichen Auftragsvergabe für die Dauer von bis zu drei Jahren ausschließen. Satz 1 gilt auch für Nachunternehmer. Vor dem Ausschluss ist dem Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ein ausgeschlossenes Unternehmen ist auf dessen Antrag allgemein oder teilweise wieder zuzulassen, wenn der Grund des Ausschlusses weggefallen ist.
(4) Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 bleiben von der Geltendmachung einer Vertragsstrafe aus anderem Grunde sowie von der Geltendmachung sonstiger Ansprüche unberührt.

§ 19 Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte

(1) Unterhalb der Schwellenwerte nach§ 106 GWB informiert der Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes und den frühestmöglichen Zeitpunkt der Zuschlagserteilung. Er gibt die Information in der nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 bestimmten Form spätestens sieben Kalendertage vor dem Vertragsabschluss ab.
(2) Beanstandet ein Bieter vor Ablauf der Frist in der nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 bestimmten Form beim Auftraggeber eine Verletzung seiner Rechte durch die Nichteinhaltung der Vergabevorschriften und hilft der Auftraggeber der Beanstandung nicht ab, ist die Nachprüfungsbehörde durch Übersendung der vollständigen Vergabeakten zu unterrichten. Der Zuschlag darf in dem Fall nur erteilt werden, wenn die Nachprüfungsbehörde nicht innerhalb von 14 Kalendertagen nach Unterrichtung das Vergabeverfahren mit Gründen beanstandet; andernfalls hat der Auftraggeber die Auffassung der Nachprüfungsbehörde zu beachten. Die Frist beginnt am Tag nach dem Eingang der Unterrichtung. In Ausnahmefällen ist eine einmalige Verlängerung der Frist durch die Nachprüfungsbehörde um weitere sieben Kalendertage möglich; diese Verlängerung ist zu begründen. Ein Anspruch des Bieters auf Tätigwerden der Nachprüfungsbehörde besteht nicht. Im Falle ihres Tätigwerdens entscheidet die Nachprüfungsbehörde abschließend, ob der Bieter durch die Nichteinhaltung von Vergabevorschriften in seinen Rechten verletzt wurde.
(3) Nachprüfungsbehörde ist die beim Landesverwaltungsamt nach § 2 Abs. 1 der Thüringer Vergabekammerverordnung (ThürVkVO) vom 10. Juni 1999 (GVBl. S. 417), in der jeweils geltenden Fassung, eingerichtete Vergabekammer. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 ThürVkVO gelten nicht.
(4) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der voraussichtliche Gesamtauftragswert bei Bauleistungen 150 000 Euro (ohne Umsatzsteuer), bei Leistungen und Lieferungen 50 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) nicht übersteigt.
(5) Für Amtshandlungen der Nachprüfungsbehörde werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Thüringer Verwaltungskostengesetz (ThürVwKostG) vom 23. September 2005 (GVBl. S. 325) in der jeweils geltenden Fassung, findet Anwendung. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Nachprüfungsbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands der Nachprüfung. Die Gebühr beträgt mindestens 100 Euro, soll aber den Betrag von 1 000 Euro nicht überschreiten. Ergibt die Nachprüfung, dass ein Bieter zu Recht das Vergabeverfahren beanstandet hat, sind keine Kosten zu seinen Lasten zu erheben.

§ 20 Evaluierung

(1) Dieses Gesetz wird acht Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes und anderer haushaltsrechtlicher Vorschriften einer Evaluierung unterzogen.
(2) Hinsichtlich der Auswirkungen des § 10 Abs. 4 bis 8 auf die Lohnentwicklung im Niedriglohnsektor und die Preissteigerungen öffentlicher Aufträge erfolgt eine Evaluation bereits vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes und anderer haushaltsrechtlicher Vorschriften.

§ 21 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten für alle Geschlechter.

§ 22 Übergangsregelung

(1) Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits begonnene Vergabeverfahren werden nach dem bisherigen Recht fortgesetzt und abgeschlossen.
(2) Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes und anderer haushaltsrechtlicher Vorschriften bereits begonnene Vergabeverfahren werden nach dem Thüringer Vergabegesetz in der am Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes und anderer haushaltsrechtlicher Vorschriften geltenden Fassung fortgesetzt und abgeschlossen.

§ 22a Übergangsregelung zu § 10

§ 10 Abs. 4 und 5 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Regelungen zu den Entgelten auf Grundlage repräsentativer Tarifverträge bis einschließlich 29. Juli 2020 nicht anzuwenden sind.

(§ 23 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden ersten Kalendermonats in Kraft.)
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