Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit Vom 19. Januar 1993
Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit Vom 19. Januar 1993
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit vom 19. Januar 1993 | 02.01.1993 |
Eingangsformel | 02.01.1993 |
§ 1 - Allgemeines | 02.01.1993 |
§ 2 - Verfahren | 02.01.1993 |
§ 3 - Weisungen | 02.01.1993 |
§ 4 - Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe | 02.01.1993 |
§ 5 - Ablehnung | 02.01.1993 |
§ 6 - Tilgung der Geldstrafe | 02.01.1993 |
§ 7 - Widerruf, Beendigung | 02.01.1993 |
§ 8 - Nachweis der Arbeitsleistung | 02.01.1993 |
§ 9 - Beteiligung von Sozialarbeitern | 02.01.1993 |
§ 10 - Inkrafttreten | 02.01.1993 |
Aufgrund des Artikels 293 Abs. 1 Satz 1 und 4 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469; 1975 I S. 1916; 1976 I S. 507), zuletzt geändert durch Artikel I Satz 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885, 889, 954 - 957), in Verbindung mit Anlage I Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt II Nr. 1 und Abschnitt III Nr. 2 zum Einigungsvertrag und des § 1 der Thüringer Verordnung zur Übertragung der Ermächtigung nach Artikel 293 Absatz 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 9. April 1992 (GVBl. S. 135) verordnet der Justizminister:
§ 1 Allgemeines
(1) Zur Vermeidung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe kann die Strafvollstreckungsbehörde einem Verurteilten auf Antrag gestatten, eine uneinbringliche Geldstrafe durch freie Arbeit zu tilgen.
(2) Freie Arbeit im Sinne dieser Verordnung ist gemeinnützige, unentgeltliche Tätigkeit. Geringfügige freiwillige Zuwendungen an den Verurteilten berühren die Unentgeltlichkeit nicht.
§ 2 Verfahren
(1) Ist eine Geldstrafe uneinbringlich und die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet, so weist die Strafvollstreckungsbehörde den Verurteilten darauf hin, daß er einen Antrag nach § 1 Abs. 1 stellen kann, und setzt ihm hierzu eine Frist; zugleich gibt sie dem Verurteilten Gelegenheit, eine ihm mögliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 sowie eine geeignete Beschäftigungsstelle vorzuschlagen. Dies gilt nicht, wenn der Verurteilte sich nicht auf freiem Fuß befindet oder unbekannten Aufenthaltes ist.
(2) Die Strafvollstreckungsbehörde ist dem Verurteilten bei der Vermittlung eines Beschäftigungsverhältnisses behilflich. Sie stimmt mit der Beschäftigungsstelle Inhalt und Umstände der zu leistenden Tätigkeit ab.
(3) Gestattet die Strafvollstreckungsbehörde die Tilgung der Geldstrafe durch freie Arbeit, so gibt sie zugleich die Beschäftigungsstelle, die voraussichtliche Arbeitszeit, die Art der Tätigkeit und die Anrechnung auf die Geldstrafe an.
(4) Zur Tilgung eines Tagessatzes der Geldstrafe sind sechs Stunden freie Arbeit zu leisten. Die Strafvollstreckungsbehörde kann in Ausnahmefällen, insbesondere mit Rücksicht auf Art und Umstände der zu leistenden Tätigkeit oder auf besondere persönliche Verhältnisse des Verurteilten, den Anrechnungsmaßstab abweichend von Satz 1 auf bis zu drei Stunden herabsetzen.
§ 3 Weisungen
Der Verurteilte hat den Weisungen der Strafvollstreckungsbehörde und hinsichtlich der ihm obliegenden Pflichten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses den Anordnungen des Beschäftigungsgebers nachzukommen.
§ 4 Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe
Die Ersatzfreiheitsstrafe wird nicht vollstreckt, solange
1.
die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 gesetzte Frist nicht abgelaufen ist,
2.
über den erstmaligen Antrag nach § 1 Abs. 1 von der Strafvollstreckungsbehörde nicht entschieden ist,
3.
dem Verurteilten die Tilgung der Geldstrafe durch freie Arbeit gestattet ist.
§ 5 Ablehnung
Die Strafvollstreckungsbehörde lehnt den Antrag ab, wenn
1.
Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß der Verurteilte freie Arbeit nicht leisten will oder dazu in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein wird,
2.
ein Beschäftigungsverhältnis in angemessener Zeit nicht zustande kommt,
3.
an der vom Verurteilten vorgeschlagenen Beschäftigungsstelle die allgemeinen Strafzwecke nicht erreicht werden könnten und die Vermittlung eines anderen Beschäftigungsverhältnisses scheitert.
§ 6 Tilgung der Geldstrafe
(1) Die Geldstrafe wird entsprechend dem nach § 2 Abs. 4 festgesetzten Anrechnungsmaßstab durch die Leistung der freien Arbeit getilgt.
(2) Bleibt der Verurteilte der Arbeit fern, so wird die versäumte Arbeitszeit auch dann nicht auf die Gesamtarbeitszeit angerechnet, wenn das Fernbleiben entschuldigt ist.
(3) Der Verurteilte kann jederzeit die noch nicht getilgte Geldstrafe bezahlen.
§ 7 Widerruf, Beendigung
(1) Die Strafvollstreckungsbehörde kann die Gestattung nach Anhörung des Verurteilten widerrufen, wenn er
1.
ohne genügende Entschuldigung nicht zur Arbeit erscheint oder die Arbeit abbricht,
2.
trotz Abmahnung des Beschäftigungsgebers mit seiner Arbeitsleistung hinter den Anforderungen zurückbleibt, die billigerweise an ihn gestellt werden können,
3.
gröblich oder beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen oder Anordnungen verstößt,
4.
durch sonstiges schuldhaftes Verhalten seine Weiterbeschäftigung für den Beschäftigungsgeber unzumutbar macht.
(2) Die Gestattung endet, wenn der Verurteilte bei dem bisherigen Beschäftigungsgeber nicht mehr weiter tätig sein kann und ein neues Beschäftigungsverhältnis in angemessener Zeit nicht zustande gekommen ist.
§ 8 Nachweis der Arbeitsleistung
Hat der Verurteilte die ihm aufgetragene freie Arbeit geleistet, so weist er dies der Strafvollstreckungsbehörde nach.
§ 9 Beteiligung von Sozialarbeitern
(1) Die Strafvollstreckungsbehörde soll sich insbesondere bei der Vermittlung eines Beschäftigungsverhältnisses (§ 2) und vor einem Widerruf (§ 7) der Unterstützung und Beratung eines Gerichts- oder Bewährungshelfers bedienen.
(2) In der Straffälligenhilfe tätige und anerkannte gemeinnützige Vereine und Organisationen können bei der Vermittlung in freie Arbeit beteiligt werden.
§ 10 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 2. Januar 1993 in Kraft.
Erfurt, den 19. Januar 1993
Der Justizminister
Dr. Jentsch
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