ThürVIBSVO
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Thüringer Verordnung über die Anforderungen an geeignete Stellen nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung und über das Anerkennungsverfahren (ThürVIBSVO) Vom 1. Juni 2006

Thüringer Verordnung über die Anforderungen an geeignete Stellen
nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung und über das Anerkennungsverfahren
(ThürVIBSVO) Vom 1. Juni 2006
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert, § 3 neu gefasst durch Verordnung vom 14. August 2019 (GVBl. S. 366)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Verordnung über die Anforderungen an geeignete Stellen nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung und über das Anerkennungsverfahren (ThürVIBSVO) vom 1. Juni 200601.07.2006
Eingangsformel01.07.2006
§ 1 - Zuverlässigkeit22.09.2017
§ 2 - Anzahl der Beschäftigten25.09.2019
§ 3 - Qualifikation25.09.2019
§ 4 - Fortbildung, Supervision22.09.2017
§ 5 - Ausstattung der geeigneten Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren22.09.2017
§ 6 - Interessenkollision01.07.2006
§ 7 - Antragstellung22.09.2017
§ 8 - Neueinstellung01.07.2006
§ 9 - Nachweis über das Fortbestehen der Anerkennungsvoraussetzungen22.09.2017
§ 10 - Widerruf und Erlöschen der Anerkennung01.07.2006
§ 11 - Bestandskraft der Anerkennung01.07.2006
§ 12 - Gleichstellungsbestimmung01.07.2006
§ 13 - In Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten30.06.2011
Aufgrund des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6
und des § 2 Abs. 4 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung (ThürAGInsO)
in der Fassung vom 3. Februar 2006 (GVBl. S. 44) verordnet das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit:

§ 1 Zuverlässigkeit

(1) Der Träger einer geeigneten Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren stellt sicher, dass diese von einer zuverlässigen Person geleitet wird, die auch die Zuverlässigkeit der einzelnen Mitarbeiter überwacht.
(2) Als zuverlässig gelten Personen,
1.
die in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben und
2.
bei denen keine einschlägigen Vorstrafen vorliegen oder Strafverfahren anhängig sind; einschlägige Straftatbestände sind insbesondere Eigentums- und Vermögensdelikte sowie Bestechung und Bestechlichkeit.
(3) Es wird widerlegbar vermutet, dass eine Person nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, wenn ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet oder sie in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis nach
§ 882b der Zivilprozessordnung eingetragen ist.

§ 2 Anzahl der Beschäftigten

(1) In einer geeigneten Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren müssen mindestens zwei hauptamtliche Beratungsfachkräfte beschäftigt sein, von denen eine über mindestens dreijährige praktische Erfahrungen in der Schuldner- oder Verbraucherinsolvenzberatung verfügen muss. Eine Teilzeitbeschäftigung ist ausreichend. Die Leitung der Beratungsstelle muss durch eine mit mindestens 20 Wochenstunden hauptamtlich beschäftigte Beratungsfachkraft sichergestellt werden.
(2) Das für Verbraucherinsolvenzberatung zuständige Ministerium kann in geeigneten Fällen Ausnahmen von Absatz 1 zulassen.

§ 3 Qualifikation

(1) Beratungsfachkräfte in einer geeigneten Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren sollen über eine der folgenden Qualifikationen verfügen:
1.
Diplom-, Bachelor-, Master- oder Magisterabschluss oder Staatsexamen in einem Studiengang
a)
der Sozialen Arbeit mit Staatlicher Anerkennung,
b)
des Sozialmanagements,
c)
der Betriebswirtschaftslehre,
d)
der Rechtswissenschaften oder des Wirtschaftsrechts oder
e)
der Erziehungswissenschaften,
2.
die Befähigung zum Richteramt oder für den gehobenen Verwaltungs- oder Justizdienst oder
3.
eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt, Ökonom oder Bankkaufmann.
(2) Von einer nach Absatz 1 erforderlichen Qualifikation kann abgesehen werden, wenn die Beratungsfachkraft
1.
am 21. September 2017 bereits in zulässiger Weise in der Verbraucherinsolvenzberatung tätig war oder
2.
über einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss verfügt und mindestens 5000 Arbeitsstunden auf dem Gebiet der Schuldnerberatung nachweist.
(3) Beratungsfachkräfte müssen über ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung verfügen. Diese sind anzunehmen, wenn Kenntnisse und Fähigkeiten im allgemeinen Schuldrecht, Zwangsvollstreckungsrecht und Insolvenzrecht sowie in psychosozialer und pädagogischer Beratung nachgewiesen oder aufgrund der Ausbildung oder praktischer Erfahrung vorausgesetzt werden können. Werden zum Zeitpunkt der Einstellung in einzelnen der nach Satz 2 genannten Bereiche noch keine Kenntnisse nachgewiesen, sind sie durch entsprechende Fortbildungen zum nächstmöglichen Termin, spätestens aber innerhalb von zwölf Monaten nach der Einstellung, nachzuholen und gegenüber dem für Verbraucherinsolvenzberatung zuständigen Ministerium nachzuweisen.

§ 4 Fortbildung, Supervision

(1) Der Träger einer geeigneten Stelle hat eine kontinuierliche Fortbildung der Beratungsfachkräfte sicherzustellen. Je nach Inhalt, Umfang und Dauer der Fortbildung sollte jede Beratungsfachkraft an mindestens einer fachlich fundierten, auf die Verbraucherinsolvenzberatung ausgerichteten Fortbildungsmaßnahme pro Jahr teilnehmen. Von der Fachberatungsstelle angebotene Veranstaltungen können als Fortbildung anerkannt werden, wenn sie vom zeitlichen Umfang her ausreichend Gelegenheit bieten, sich mit der Thematik intensiv auseinanderzusetzen. Dies ist der Fall, wenn die Veranstaltung mindestens acht Unterrichtsstunden umfasst.
(2) Der Träger einer geeigneten Stelle hat eine mindestens sechsmalige 90-minütige Supervision pro Jahr zu gewährleisten.

§ 5 Ausstattung der geeigneten Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren

(1) Die geeignete Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren muss über zeitgemäße technische, organisatorische und räumliche Voraussetzungen verfügen. Dazu gehören insbesondere
1.
geeignete Räume, in denen Vertraulichkeit und Datenschutz gewährleistet sind,
2.
ein eigener Telefonanschluss und Internetzugang einschließlich der Kommunikationsmöglichkeit mittels E-Mail,
3.
ein Hinweisschild auf die Beratungsstelle und deren Öffnungszeiten am Eingang,
4.
regelmäßige Öffnungszeiten an mindestens vier Werktagen sowie eine fernmündliche Erreichbarkeit an den übrigen Werktagen ausgenommen samstags; Berufstätige müssen auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten beraten werden können.
(2) Die als geeignet anerkannten Stellen können in Abstimmung mit den für die allgemeine Schuldnerberatung zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten dezentrale Beratungsangebote entsprechend den regionalen Bedarfen vorhalten. Für diese Angebote ist Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 nicht anzuwenden.

§ 6 Interessenkollision

Träger von geeigneten Stellen im Verbraucherinsolvenzverfahren haben zu erklären, dass sie weder selbst unter dem jetzigen oder einem anderen Namen noch mit ihnen durch Personenidentität oder sonstige Verpflichtungen verbundene Organisationen, Vereine oder Gesellschaften derzeit und in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung Kredit-, Finanz-, Finanzvermittlungs- oder vergleichbare Dienste betreiben oder betrieben haben.

§ 7 Antragstellung

(1) Der Antrag auf Anerkennung als geeignete Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren ist schriftlich bei dem für Verbraucherinsolvenzberatung zuständigen Ministerium zu stellen.
(2) Dem Antrag sind beizufügen:
1.
eine Bescheinigung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ThürAGInsO
,
2.
die Vereinssatzung sowie ein aktueller Auszug aus dem Vereinsregister,
3.
der Nachweis, dass ein Führungszeugnis des Leiters nach
§ 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes
beantragt wurde,
4.
die schriftliche Versicherung des Leiters, dass gegen ihn keine Strafverfahren anhängig sind, er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt und er keine Kredit-, Finanz-, Finanzvermittlungs- oder ähnliche Dienste betreibt beziehungsweise in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung betrieben hat,
5.
der Nachweis über die Anzahl der hauptamtlichen Beratungsfachkräfte sowie ihre Qualifikation und Berufserfahrung in der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung nach Maßgabe der
§§ 2 und 3
,
6.
ein Wirtschaftsplan oder eine Darstellung der Finanzierung der Stelle, für die die Anerkennung beantragt wird, als Nachweis der Dauerhaftigkeit nach
§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ThürAGInsO ,
7.
die Darstellung, wie die erforderliche Rechtsberatung nach
§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ThürAGInsO sichergestellt wird,
8.
eine schriftliche Versicherung, dass neben der Verbraucherinsolvenzberatung keiner der in
§ 1 Abs. 2 ThürAGInsO genannten Dienste betrieben wird, sowie eine Erklärung des Trägers nach
§ 6 ,
9.
die Darstellung der Ausstattung und Lage der Räume sowie Angabe der Öffnungszeiten,
10.
eine Konzeption zur Beratungstätigkeit und
11.
die Bestätigung der Gemeinnützigkeit bei nicht kommunalen Einrichtungen.

§ 8 Neueinstellung

Die Einstellung einer neuen Beratungsfachkraft oder eines neuen Leiters bedarf der vorherigen Zustimmung des für Verbraucherinsolvenzberatung zuständigen Ministeriums. Die nach
§ 3 vorgeschriebene Qualifikation ist dabei nachzuweisen. Wird ein neuer Leiter eingestellt oder eine bereits in der geeigneten Stelle beschäftigte Beratungskraft zum neuen Leiter ernannt, gilt zudem
§ 7 Abs. 2 Nr. 3 und 4 entsprechend.

§ 9 Nachweis über das Fortbestehen der Anerkennungsvoraussetzungen

Die als geeignet anerkannten Stellen im Verbraucherinsolvenzverfahren sind verpflichtet, jährlich, jeweils bis zum 30. April des Folgejahres, dem für Verbraucherinsolvenzberatung zuständigen Ministerium in einem Tätigkeitsbericht nach dessen Vorgaben nachzuweisen, dass die Anerkennungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen. Mit dem jährlichen Tätigkeitsbericht sind auch die personengebundenen Nachweise über die Teilnahme der Beratungsfachkräfte an Fortbildungsveranstaltungen und Supervision vorzulegen.

§ 10 Widerruf und Erlöschen der Anerkennung

(1) Die Anerkennung als geeignete Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren ist zu widerrufen, wenn eine der Anerkennungsvoraussetzungen nach
§ 1 Abs. 1 und 2 ThürAGInsO oder nach den
§§ 1 bis 3 , 5
oder 6 dieser Verordnung nicht mehr vorliegt oder eine sachgemäße Beratung nicht mehr gewährleistet ist.
(2) Die Anerkennung kann widerrufen werden, wenn der Träger der als geeignet anerkannten Stelle seinen Pflichten nach
§ 2 Abs. 3 ThürAGInsO oder nach den
§§ 4 oder 9 dieser Verordnung nicht nachkommt.
(3) Die Anerkennung erlischt bei Orts- oder Trägerschaftswechsel sowie bei nicht nur vorübergehender Einstellung der Beratungstätigkeit.

§ 11 Bestandskraft der Anerkennung

Anerkennungen, die vor dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung erteilt wurden, gelten bis zur ersten Änderung anerkennungsrelevanter Tatsachen fort.

§ 12 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 13 In Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2006 in Kraft.
(2) Gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten nach Absatz 1 treten die Grundsätze für die Anerkennung von geeigneten Stellen im Verbraucherinsolvenzverfahren auf der Grundlage des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung außer Kraft.
Erfurt, den 1. Juni 2006
Der Minister für Soziales,
Familie und Gesundheit
Klaus Zeh
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