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Gesetz über die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (AufarbBG LSA) Vom 10. Dezember 2015

Gesetz über die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (AufarbBG LSA) Vom 10. Dezember 2015
Zum 11.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 20. März 2020 (GVBl. LSA S. 64, 71)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (AufarbBG LSA) vom 10. Dezember 201501.01.2017
§ 1 - Zweck des Gesetzes01.01.2017
§ 2 - Anrufung der Landesbeauftragten01.01.2017
§ 3 - Wahl, Berufung, Abwahl27.03.2020
§ 4 - Rechtsstellung01.01.2017
§ 5 - Aufgaben01.01.2017
§ 6 - Befugnisse und Pflichten01.01.2017
§ 7 - Kostenfreiheit01.01.2017
§ 8 - Beirat27.03.2020
§ 9 - Übergangsbestimmungen01.01.2017
§ 10 - Sprachliche Gleichstellung01.01.2017
§ 11 - Folgeänderungen01.01.2017
§ 12 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten01.01.2017

§ 1 Zweck des Gesetzes

Dieses Gesetz regelt die Stellung der Beauftragten des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Landesbeauftragte). Es dient auch der Ausführung von § 38 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes.

§ 2 Anrufung der Landesbeauftragten

Jeder hat das Recht, sich in Angelegenheiten, die mit diesem Gesetz zusammenhängen, an die Landesbeauftragte zu wenden.

§ 3 Wahl, Berufung, Abwahl

(1) Der Landtag wählt die Landesbeauftragte mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Die Wahl erfolgt für die Dauer von fünf Jahren. Die einmalige Wiederwahl ist zulässig. Die Landesbeauftragte muss am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet und darf das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bewerberinnen für das Amt der Landesbeauftragten sind vor jeder Wahl durch öffentliche Stellenausschreibung zu ermitteln.
(2) Die Präsidentin des Landtages beruft die Landesbeauftragte für die Dauer ihrer Amtszeit in das Beamtenverhältnis auf Zeit.
(3) Eine Abwahl der Landesbeauftragten vor Ablauf ihrer Amtszeit ist zulässig. Der Landtag wählt die Landesbeauftragte mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder ab.
(4) Die Landesbeauftragte führt das Amt bis zur Bestellung einer Nachfolgerin fort, längstens jedoch für zwölf Monate nach Ablauf ihrer Amtszeit. Die Amtszeit gilt als entsprechend verlängert.
(5) Die Landesbeauftragte tritt trotz Erreichens der Altersgrenze des § 39 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes erst nach Ablauf ihrer Amtszeit in den Ruhestand. Nach Erreichen dieser Altersgrenze versetzt die Präsidentin des Landtages die Landesbeauftragte auf deren Antrag hin jederzeit in den Ruhestand. Stellt die Präsidentin des Landtages fest, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Sachsen-Anhalt nicht erfüllt sind, so entlässt sie die Landesbeauftragte.

§ 4 Rechtsstellung

(1) Die Landesbeauftragte ist bei der Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Im Übrigen untersteht sie der Dienst- und Rechtsaufsicht der Präsidentin des Landtages. Sie gilt für den Bereich ihrer Geschäftsstelle als oberste Dienstbehörde im Sinne des § 96 der Strafprozessordnung und als oberste Aufsichtsbehörde im Sinne des § 99 der Verwaltungsgerichtsordnung. Die Landesbeauftragte trifft die Entscheidungen nach § 37 des Beamtenstatusgesetzes für sich und die Beschäftigten der Geschäftsstelle in eigener Verantwortung.
(2) Die Geschäftsstelle der Landesbeauftragten wird bei der Präsidentin des Landtages eingerichtet. Die Landesbeauftragte erhält zur Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendige Personal- und Sachausstattung; diese ist im Haushalt des Landes im Einzelplan des Landtages in einem eigenen Kapitel auszuweisen. Die Beschäftigten werden auf Vorschlag der Landesbeauftragten von der Präsidentin des Landtages ernannt oder eingestellt. Ihr Dienstvorgesetzter ist die Landesbeauftragte. Ihre Versetzung oder Abordnung erfolgt nur im Einvernehmen mit der Landesbeauftragten. Sie sind ausschließlich an ihre Weisungen gebunden.
(3) Die Präsidentin des Landtages bestimmt im Einvernehmen mit der Landesbeauftragten deren Stellvertreterin.
(4) Die Landesbeauftragte darf neben ihrem Amt kein weiteres besoldetes Amt und kein Gewerbe ausüben und weder der Leitung oder dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens noch einer Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. Sie darf nicht gegen Entgelt außergerichtliche Gutachten abgeben.

§ 5 Aufgaben

(1) Die Landesbeauftragte hat die Aufgabe, das Gesamtsystem der politischen Verfolgung, insbesondere die Struktur, Methoden, Wirkungsweise und Folgen während der Zeiten der sowjetischen Besatzung und der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt, nach Maßgabe des Absatzes 2 aufzuarbeiten und zu vermitteln. Hierbei soll auch die Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der Deutschen Demokratischen Republik im Zusammenwirken mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und anderen Organisationen berücksichtigt werden.
(2) Die Landesbeauftragte
1.
berät Frauen und Männer, die in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 politisch verfolgt wurden, insbesondere über Rechte nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz und dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, sowie über die Anerkennung von gesundheitlichen Folgeschäden; zur Beratung gehört auch die psychosoziale Betreuung,
2.
berät die Beteiligten bei der Wahrnehmung ihrer Rechte nach den §§ 13 bis 17 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes,
3.
fördert und unterstützt
a)
die Forschung und politische Bildung durch natürliche Personen sowie öffentliche und nichtöffentliche Stellen des Landes,
b)
die im Land tätigen Opfer- und Verfolgtenverbände und andere bürgerschaftliche Initiativen,
4.
informiert und klärt die Öffentlichkeit auf,
5.
unterstützt und ergänzt die Dokumentations-, Bildungs- und Forschungstätigkeit der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, der Landeszentrale für politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt, der wissenschaftlichen Einrichtungen, der Opfer- und Verfolgtenverbände und anderer bürgerschaftlicher Initiativen sowie anderer öffentlicher und nichtöffentlicher Stellen des Landes, der übrigen Länder und des Bundes und arbeitet mit diesen Stellen und Einrichtungen vertrauensvoll zusammen.
(3) Die Landesbeauftragte darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen oder personenbeziehbaren Daten nach Maßgabe des Stasi-Unterlagen-Gesetzes verarbeiten.

§ 6 Befugnisse und Pflichten

(1) Auf Ersuchen der zur Überprüfung berechtigten Stellen kann die Landesbeauftragte zu Überprüfungsverfahren beratend hinzugezogen werden. Im Rahmen dessen kann sie Einsicht in die beigezogenen Unterlagen und Ergebnisse von Überprüfungen von Mitarbeiterinnen und Bewerberinnen bei den zur Überprüfung berechtigten Stellen nehmen.
(2) Auf Ersuchen des Landtages oder der Landesregierung hat die Landesbeauftragte Auskünfte zu erteilen, Stellungnahmen abzugeben und Gutachten zu erstellen.
(3) Die Landesbeauftragte erstattet dem Landtag jährlich zum 31. März, erstmals zum 31. März 2018, einen schriftlichen Tätigkeitsbericht.

§ 7 Kostenfreiheit

(1) Für die Ausstellung von Bestätigungen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes werden keine Kosten erhoben.
(2) Für Amtshandlungen der Landesbeauftragten werden keine Kosten erhoben.

§ 8 Beirat

Die vom Land Sachsen-Anhalt gemäß § 39 Abs. 1 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes zu benennenden Mitglieder im Beirat werden vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt. Die Präsidentin des Landtages benennt die Beiratsmitglieder gegenüber der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde.

§ 9 Übergangsbestimmungen

(1) Ab dem 1. Januar 2017 führt die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik die Amtsbezeichnung „Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“.
(2) Der Landtag tritt in die Rechte und Verpflichtungen ein, die die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erworben hat oder eingegangen ist. Die Amtsinhaberin und die Beschäftigten ihrer Geschäftsstelle werden dem Landtag von Sachsen-Anhalt zugeordnet.

§ 10 Sprachliche Gleichstellung

Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 11 Folgeänderungen

(Änderungsanweisungen)

§ 12 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt das Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 18. August 1993 (GVBl. LSA S. 433), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Mai 2012 (GVB1. LSA S. 150), außer Kraft.
Magdeburg, den 10. Dezember 2015.
Der Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt Der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Die Ministerin für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt
Steinecke Dr. Haseloff Prof. Dr. Kolb
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