Gesetz über die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein Vom 3. Januar 1873
Gesetz über die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein Vom 3. Januar 1873
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: Gesetzesbezeichnung geändert (§ 2 Abs. 2 Ges. v. 05.10.1963, GVOBl. S. 117) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Gesetz über die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein vom 3. Januar 1873 | 01.01.2003 |
Eingangsformel | 01.01.2003 |
§ 1 - Ablösbarkeit | 01.01.2003 |
§ 2 | 01.01.2003 |
§ 3 | 01.01.2003 |
§ 4 | 01.01.2003 |
§ 5 | 01.01.2003 |
§ 6 | 01.01.2003 |
§ 7 - Dienste | 01.01.2003 |
§ 8 | 01.01.2003 |
§ 9 | 01.01.2003 |
§ 10 | 01.01.2003 |
§ 11 | 01.01.2003 |
§ 12 | 01.01.2003 |
§ 13 | 01.01.2003 |
§ 14 - Feste Abgaben in Körnern und anderen Naturalien | 01.01.2003 |
§ 15 | 01.01.2003 |
§ 16 | 01.01.2003 |
§ 17 | 01.01.2003 |
§ 18 | 01.01.2003 |
§ 19 | 01.01.2003 |
§ 20 | 01.01.2003 |
§ 21 | 01.01.2003 |
§ 22 | 01.01.2003 |
§ 23 | 01.01.2003 |
§ 24 | 01.01.2003 |
§ 25 - Naturalfruchtzehnt | 01.01.2003 |
§ 26 | 01.01.2003 |
§ 27 | 01.01.2003 |
§ 28 - Besitzveränderungs-Abgaben | 01.01.2003 |
§ 29 | 01.01.2003 |
§ 30 | 01.01.2003 |
§ 31 | 01.01.2003 |
§ 32 | 01.01.2003 |
§ 33 | 01.01.2003 |
§ 34 - Feste Geldabgaben | 01.01.2003 |
§ 35 - Andere Abgaben und Leistungen | 01.01.2003 |
§ 36 - Gegenleistungen | 01.01.2003 |
§ 37 - Abfindung der Berechtigten | 01.01.2003 |
§ 38 | 01.01.2003 |
§ 39 | 01.01.2003 |
§ 40 | 01.01.2003 |
§ 41 | 01.01.2003 |
§ 42 | 01.01.2003 |
§ 43 | 01.01.2003 |
§ 44 | 01.01.2003 |
§ 45 - Normalpreise und Normalmarktorte | 01.01.2003 |
§ 46 | 01.01.2003 |
§ 47 | 01.01.2003 |
§ 48 | 01.01.2003 |
§ 49 | 01.01.2003 |
§ 50 | 01.01.2003 |
§ 51 - Allgemeine Bestimmungen | 01.01.2003 |
§ 52 | 01.01.2003 |
§ 53 | 01.01.2003 |
§ 54 | 01.01.2003 |
§ 55 | 01.01.2003 |
§ 56 | 01.01.2003 |
§ 57 | 01.01.2003 |
§ 58 | 01.01.2003 |
§ 59 | 01.01.2003 |
§ 60 | 01.01.2003 |
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ec. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, für die Provinz Schleswig-Holstein, was folgt:
§ 1 Ablösbarkeit
Alle beständigen Abgaben und Leistungen, welche auf eigenthümlich oder zu Erbzins, Erbfeste oder Erbpacht besessenen Grundstücken oder Gerechtigkeiten haften (Grund- oder Reallasten), sind nach den Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes ablösbar.
§ 2
Bei den zu Erbzins, Erbfeste oder Erbpacht besessenen Grundstücken und Gerechtigkeiten wird das Obereigenthum und das Heimfallsrecht des Berechtigten und andererseits die Verpflichtung desselben zur Vertretung der auf den pflichtigen Realitäten haftenden Steuern hiermit kraft Gesetzes ohne Entschädigung aufgehoben. Die aus dem Obereigenthum entspringenden Berechtigungen auf Abgaben oder Leistungen oder ausdrücklich vorbehaltene Nutzungen bleiben aber fortbestehend und zwar mit denselben Vorzugsrechten in dem Vermögen der Verpflichteten, welche sie bisher darin hatten. Sie unterliegen der Ablösung nach den Vorschriften dieses Gesetzes.
§ 3
Es werden ferner folgende Berechtigungen, soweit sie noch bestehen, ohne Entschädigung aufgehoben:
1)
die der Gutsherrschaft oder dem Obereigenthümer oder dem zu Reallasten Berechtigten zustehende Befugnis, Verträge, durch welche Grundstücke im Ganzen oder getheilt veräußert oder belastet werden, zu bestätigen oder Urkunden über die Verleihung von Grundstücken auszufertigen oder der Zerstückelung des zu Abgaben und Leistungen pflichtigen Grundstückes zu widersprechen, vorbehaltlich jedoch der Bestimmung des zweiten Absatzes des §. 28.;
2)
alle Abgaben und Leistungen der Nichtangesessenen an die Gutsherrschaft (Verbittels-, Schutz-, Instengeld), soweit dieselben aus diesem Verhältniß herzuleiten sind und nicht auf anderweitigen Verträgen beruhen;
3)
die in den §§. 1. und 4. der Verordnung vom 28. April 1867., betreffend die Einführung der Preußischen Gesetzgebung in Betreff der direkten Steuern in dem Gebiete der Herzogthümer Schleswig und Holstein (Gesetz-Samml. S. 543.), bezeichneten Steuern und steuerartigen Abgaben, welche vom Staate an Privatberechtigte übergegangen sind.
§ 4
Von der Anwendung dieses Gesetzes bleiben ausgeschlossen:
1)
die öffentlichen Lasten, mit Einschluß der Gemeindelasten, Gemeindeabgaben und Gemeindedienste, sowie der auf eine Deich-, Entwässerungs- oder ähnliche Sozietät sich beziehenden Lasten, sofern dieselben nicht aus allgemeinen Rechtsverhältnissen, z.B. dem gutsherrlichen Verhältnisse, entstanden sind;
2)
alle Abgaben und Leistungen zur Erbauung und Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr-, Küster- und Schulgebäude, sowie zur Unterhaltung von sonstigen Schul-Einrichtungen, sofern dieselben nicht als Lasten oder Gegenleistungen auf ablösbaren Reallasten ruhen;
3)
alle einseitigen und wechselseitigen Grundgerechtigkeiten mit Ausnahme der Holz- und Torf-Nutzungsrechte der Erbfester (s. §. 36);
4)
die Jagddienste.
§ 5
Die Auseinandersetzung erfolgt sowohl auf den Antrag des Berechtigten als des Verpflichteten und erstreckt sich auf alle ihre gegenseitigen nachdiesem Gesetze ablösbaren Berechtigungen und Verpflichtungen.
Gemeinschaftliche Besitzer eines berechtigten oder verpflichteten Grundstücks können nur gemeinschaftlich die Auseinandersetzung beantragen; die nach den Antheilen zu berechnende Minderzahl dieser Besitzer muß sich dem wegen der Auseinandersetzung gefaßten Beschlusse der Mehrheit unterwerfen.
Die Provokation auf Ablösung Seitens des Berechtigten muß stets alle Reallasten umfassen, welche für ihn auf den Grundstücken eines ganzen Gemeindeverbandes haften.
Sind mit den Provokaten Grundbesitzer einer anderen Gemeinde zum Naturalfruchtzehnt oder zu Diensten gemeinschaftlich verpflichtet, so muß der Berechtigte seine Provokation zugleich auch gegen die Grundbesitzer dieser Gemeinde hinsichtlich aller auf deren Grundstücken für ihn haftenden Reallasten richten.
Die Zurücknahme einer angebrachten Provokation ist unzulässig.
§ 6
Behufs der Ablösung ist zunächst der jährliche Geldwerth der Leistungen und Gegenleistungen zu ermitteln, wobei im Mangel einer anderweiten Vereinbarung der Betheiligten die Bestimmungen der §§. 7. bis 35. zu beobachten sind.
§ 7 Dienste
Sind für alljährlich vorkommende Dienste während der letzten zehn Jahre, für nicht alljährlich vorkommende Dienste während der letzten zwanzig Jahre vor Anbringung der Provokation Geldvergütungen ohne Widerspruch bezahlt und angenommen worden, so sind diese Vergütungen, und wenn sie während dieser Zeiträume gewechselt haben, der Durchschnitt der gezahlten Beträge der Feststellung des Geldwerthes zum Grunde zu legen.
In Ermangelung solcher Preise ist zu unterscheiden zwischen den nach Tagen und den nach dem Umfange der Arbeit bemessenen Diensten.
§ 8
Sind die Dienste nach Tagen bestimmt, so wird ihr Werth nach den für den betreffenden Bezirk festgestellten Normalpreisen (§§. 45. ff.) berechnet.
Bei Feststellung solcher Normalpreise, und zwar sowohl für Hand- als für Spanndienste, sind in Betracht zu ziehen:
a)
die Dauer der Arbeitszeit,
b)
die Art der Arbeit,
c)
die Jahreszeiten, in welchen solche zu verrichten ist,
d)
die Beschaffenheit der in der Gegend gewöhnlich in Anwendung kommenden Arbeitskräfte.
§ 9
Sind dagegen die Dienste nach dem Umfang der zu leistenden Arbeit bestimmt oder sind dieselben ungemessen, so wird ihr Werth dadurch ermittelt, daß durch schiedsrichterlichen Ausspruch bestimmt wird, welche Kosten der Dienstberechtigte aufzuwenden hat, um die zur Aufhebung kommenden Dienste sich durch eigenes oder gemiethetes Gespann, durch Gesinde oder Tagelöhner zu ersetzen.
Hierbei ist auf die mindere Vollkommenheit, in welcher die Arbeit von den Dienstpflichtigen verrichtet zu werden pflegt, Rücksicht zu nehmen.
§ 10
In Ansehung der Kosten für Haltung eines Gespannes, des Gesindes und der Tagelöhner sind ebenfalls Normalsätze (§§. 45. ff.) festzustellen.
§ 11
Sind die Dienste zugleich nach Tagen und nach dem Umfange der Arbeit bestimmt, so erfolgt die Ermittelung ihres Werthes nach den Vorschriften der §§. 9. und 10.
§ 12
Der Werth der Baudienste, welche nicht nach Tagen bestimmt sind (§. 8.), ist in jedem einzelnen Falle nach ihrem jährlichen Durchschnittsbetrage abzuschätzen.
Dabei ist die Bauart der Gebäude, zu welchen die Dienste geleistet werden müssen, ihr Umfang und ihr baulicher Zustand zur Zeit der Abschätzung, die Art der Dienstleistung des Verpflichteten und bei den Fuhren die Entfernung, aus welcher die Materialien heranzufahren sind und die Beschaffenheit der Wege zu berücksichtigen.
Wenn die Parteien sich nicht über den Werth einigen, so muß er durch schiedsrichterlichen Ausspruch festgestellt werden.
Für Distrikte, in welchen nach dem Ermessen der Distriktskommissionen (§§. 45. ff.) hierzu ein Bedürfniß vorhanden ist und die Beschaffenheit und Bauart der Gebäude es gestatten, können von jenen unter Zuziehung eines Bausachverständigen Normalsätze in Betreff der der Ablösungsberechnung zum Grunde zu legenden Positionen festgestellt werden.
§ 13
Wenn die einem Gute zustehenden Dienste nach der in der Gegend üblichen Wirthschaftsart nicht sämmtlich gebraucht werden, so erfolgt die Abfindung nur für diejenigen Dienste, deren das Gut wirthschaftlich bedarf.
Dieses Bedürfniß wird durch schiedsrichterlichen Ausspruch nach der in der Gegend üblichen Wirthschaftsart festgestellt.
Es finden jedoch diese Bestimmungen in denjenigen Fällen keine Anwendung, in denen der Berechtigte die Befugniß hat, diejenigen Dienste, die er selbst nicht benutzen kann, einem Anderen zu überlassen, oder solche von dem Verpflichteten sich bezahlen zu lassen.
§ 14 Feste Abgaben in Körnern und anderen Naturalien
Unter festen Abgaben in Körnern werden nur diejenigen jährlich oder in anderen bestimmten Perioden wiederkehrenden Abgaben verstanden, welche in bestimmter Menge in Körnern von Halm- und anderen Feldfrüchten, die einen allgemeinen Marktpreis haben, entrichtet werden.
§ 15
Der Werth dieser Abgaben ist nach demjenigen Martini - Marktpreise festzustellen, welcher sich im Durchschnitt der letzten vierundzwanzig Jahre vor Anbringung der Provokation ergiebt, wenn die zwei theuersten und zwei wohlfeilsten von diesen Jahren außer Ansatz bleiben.
§ 16
Unter Martini-Marktpreis wird der Durchschnittspreis derjenigen funfzehn Tage verstanden, in deren Mitte der Martinitag fällt.
§ 17
Für diejenigen Gegenden, wo der lebhafteste Getreideverkehr in einer anderen Jahreszeit, als um den Martinitag stattfindet, kann ein anderer Zeitpunkt auf dem in den §§. 45. ff. bezeichneten Wege festgestellt werden.
§ 18
Diese Durchschnitts-Marktpreise (§§. 15. bis 17.) werden alljährlich durch das Amtsblatt bekannt gemacht.
§ 19
Der Marktplatz, dessen Preise zum Grunde zu legen sind, wird nach den Bestimmungen der §§. 45. ff. festgestellt.
Nach denselben Bestimmungen erfolgt, wenn keine oder keine zuverlässige Nachrichten über die Martini-Marktpreise an dem betreffenden Marktplatze für die letzten vierundzwanzig Jahre vor Anbringung der Provokation vorhanden sind, unter Benutzung des zugänglichen Materials die Feststellung der bei der Ablösung der Körnerabgaben anzuwendenden Preise.
§ 20
Wenn eine Gegend keine regelmäßigen Getreidemärkte hat, so wird für dieselbe ein möglichst benachbarter wirklicher Marktort angewiesen.
Die Preise dieses Marktortes werden mit den Preisen jener Gegend in den letzten vierundzwanzig Jahren vor Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes, mit Weglassung der beiden theuersten und der beiden wohlfeilsten Jahre, verglichen und es wird daraus ein bleibendes Normalverhältniß beider Preise berechnet. Bei den für jene Gegend vorzunehmenden Preisermittelungen wird sodann der Preis des angenommenen Marktortes zum Grunde gelegt und nach dem bleibend bestimmten Normalverhältniß erhöht oder vermindert.
§ 21
Ist ein Bezirk, in welchem sich ein wirklicher Marktort befindet, so ausgedehnt, daß in dessen entlegeneren Theilen die Preise regelmäßig geringer oder höher als an dem Marktorte selbst zu sein pflegen, so ist der ganze Bezirk in kleinere Bezirke zu theilen und für jeden derselben ein bleibendes Normalverhältniß zum Preise des Marktortes festzustellen.
§ 22
Bei solchen festen Abgaben in Körnern, welche rechtsverbindlich nach einem mehrjährigen Durchschnitt der Getreidepreise oder nach dem jedesmaligen jährlichen Marktpreis eines bestimmten Ortes in Gelde abgeführt werden, erfolgt die Feststellung des jährlichen Geldwerthes nach dem Durchschnitt der bei der Abführung maßgebenden Marktpreise dieses Ortes. Bei Ermittelung dieses Durchschnittes werden die Preise der letzten 24 Jahre vor Anbringung der Provokation, mit Weglassung der beiden theuersten und der beiden wohlfeilsten, zum Grunde gelegt.
§ 23
Sind für feste Abgaben in Körnern, welche keinen allgemeinen Marktpreis haben (§. 14.), oder welche in einer besonderen Qualität zu liefern sind, sowie für sonstige feste nicht in Körnern bestehende Natural-Abgaben, und zwar für jährlich wiederkehrende während der letzten zehn Jahre, für die in längeren Perioden wiederkehrenden aber während der letzten zwanzig Jahre, vor Anbringung der Provokation, Geldvergütungen ohne Widerspruch bezahlt und angenommen worden, so find diese Vergütungen, und wenn sie innerhalb der gedachten Zeiträume gewechselt haben, der Durchschnitt der gezahlten Beträge der Feststellung des Geldwerthes dieser Abgaben zum Grunde zu legen.
§ 24
Kann der jährliche Geldwerth solcher Naturalabgaben nach den Bestimmungen des §. 23. nicht ermittelt werden, so kommen Normalpreise (§§. 45. ff.) in Anwendung, bei deren Feststellung in der Regel auf die Preise in den letzten zwanzig Jahren zu rücksichtigen und in Ansehung solcher Gegenstände, deren Güte eine verschiedene sein kann, von der Voraussetzung auszugehen ist, daß die Abgabe in der mittleren Güte zu entrichten sei.
Ist aber in einem gegebenen Falle über die zu entrichtende Güte urkundlich etwas Anderes bestimmt, so sind die festgestellten Normalpreise dabei nicht zum Grunde zu legen, vielmehr muß alsdann der Werth der Abgabe durch schiedsrichterlichen Ausspruch besonders festgestellt werden.
§ 25 Naturalfruchtzehnt
Hat der Berechtigte während der letzten zehn Jahre vor Anbringung der Provokation für den Naturalfruchtzehnten einen Pachtzins bezogen oder eine Abgabe in Geld oder Getreide statt des Naturalfruchtzehnten ohne Widerspruch angenommen, so bildet der jährliche Betrag des Pachtzinses oder der Abgabe, und wenn diese Beträge gewechselt haben, der Durchschnitt der gezahlten Beträge den Jahreswerth des Zehntrechts.
Sind solche Pächte oder Abgaben in Körnern entrichtet worden, so werden sie nach §§. 15. ff. in Gelde veranschlagt.
§ 26
Treten die Voraussetzungen des §. 25. nicht ein, so ist der Ertrag an Natural-Erzeugnissen, welchen der Zehntberechtigte im Durchschnitt der Jahre von dem Zehnt beziehen kann, nach dem Zustande der Wirthschaftsart der zehntpflichtigen Grundstücke bei Anbringung der Provokation sachverständig zu bemessen. Bei dem Getreide ist dieser Ertrag in Körnern und in Stroh besonders festzusetzen.
Der Preis der Körner wird nach den Vorschriften der §§. 15. bis 21. bestimmt.
Bei Festsetzung des Preises der übrigen Natural-Erzeugnisse kommen die Bestimmungen der §§. 23. und 24. in Anwendung.
Zur Feststellung des jährlichen Geldwerthes werden von dem Rohertrage die Kosten in Abzug gebracht, welche der Berechtigte aufwenden muß, um den Reinertrag zu erhalten.
Den Sachverständigen bleibt überlassen, zu beurtheilen, in wie weit die vorzulegenden Zehntregister, Grundsteuer-Kataster, sowie andere nach ihrem Ermessen einzuziehenden Nachrichten ohne Vermessung und Bonitirung für die von ihnen vorzunehmenden Feststellungen ausreichend sind.
§ 27
Von dem Tage ab, an welchem das gegenwärtige Gesetz in Kraft tritt, kann von Ländereien, von welchen ein Zehnt noch nicht bezogen worden, derselbe nicht gefordert werden.
Die Ablösung der Zehnten nach Maßgabe der Bestimmungen der §§. 25. und 26. schließt daher auch die Aufhebung der Zehnten vom Neulande (Neubruchzehnt, Rottzehnt) mit ein und kann dafür nicht noch eine besondere Abfindung verlangt werden.
§ 28 Besitzveränderungs-Abgaben
Das Recht, Besitzveränderungs-Abgaben bei denjenigen Veränderungsfällen zu fordern, welche auf irgend eine Weise in herrschender Hand eintreten, wird ohne Entschädigung des Berechtigten aufgehoben. Ferner fallen ohne Entschädigung fort: alle für die Ausfertigung neuer Verleihungs-Urkunden und die für die Konfirmation der Verträge über Grundstücke erhobenen Gebühren, sofern dieselben jedoch nachweisbar als eine Abgabe zur Anerkennung des Obereigenthums bisher entrichtet werden mußten, unterliegen sie der Ablösung nach den für Besitzveränderungs-Abgaben maßgebenden Grundsätzen.
§ 29
Zur Ermittelung des Werthes der abzulösenden Besitzveränderungs-Abgaben ist
1)
die Zahl der auf ein Jahrhundert anzunehmenden Besitzveränderungsfälle,
2)
der Betrag der Besitzveränderungs-Abgabe
festzustellen.
§ 30
Es sind drei Besitzveränderungsfälle, wenn aber die Deszendenten des Besitzers in allen oder einzelnen Arten der Besitzveränderung von den Besitzveränderungs-Abgaben befreit sind, nur zwei Besitzveränderungsfälle auf ein Jahrhundert zu rechnen.
§ 31
Ist der Betrag der Besitzveränderungs-Abgabe weder ein für alle Mal, noch auch nach Prozenten des Werthes oder Erwerbspreises des verpflichteten Grundstücks rechtsgültig bestimmt, so wird der Durchschnitt derjenigen Beträge, welche in den letzten sechs Veränderungsfällen wirklich gezahlt oder zu zahlen gewesen sind, und wenn dies nicht ermittelt werden kann, der Durchschnitt derjenigen Beträge, welche bekannt sind, als Einheit zum Grunde gelegt.
Besteht die Besitzveränderungs-Abgabe in Prozenten von dem Werthe oder Erwerbspreise des verpflichteten Grundstücks, so erfolgt die Feststellung des bei der Ablösung zum Grunde zu legenden Werthes oder Preises nach dem in Pausch und Bogen durch Schiedsrichter zu schätzenden gemeinen Kaufwerthe.
Ist der Betrag oder Prozentsatz der Besitzveränderungs-Abgabe nach Verschiedenheit der Besitzveränderungsfälle verschieden, so ist der Durchschnitt der verschiedenen Beträge oder Prozentsätze als Einheit des Betrages oder Prozentsatzes der Besitzveränderungs-Abgaben anzusehen.
§ 32
Der hundertste Theil der Summe derjenigen einzelnen Beträge, welche nach vorstehenden Bestimmungen in einem Jahrhundert zu entrichten sein würde, bildet den Jahreswerth der abzulösenden Besitzveränderungs-Abgaben.
§ 33
Von dem Zeitpunkte ab, von welchem die Provokation auf Ablösung bei der Auseinandersetzungs-Behörde angebracht wird, darf von denjenigen Grundstücken, auf welche sich die Provokation erstreckt, für die später sich ereignenden Besitzveränderungsfälle die Besitzveränderungs-Abgabe nicht mehr gefordert werden.
Dagegen ist von eben diesem Zeitpunkte ab der zu ermittelnde Jahreswerth (§. 32.) von dem Verpflichteten zu entrichten.
§ 34 Feste Geldabgaben
Feste jährliche Geldabgaben werden nach ihrem Jahresbetrage in Rechnung gestellt.
Ist eine feste Geldabgabe nicht alljährlich, sondern nach Ablauf einer bestimmten Anzahl von Jahren zu entrichten, so wird ihr Betrag durch die Zahl dieser Jahre getheilt und der Quotient stellt alsdann den Jahreswerth der Abgabe dar.
§ 35 Andere Abgaben und Leistungen
Der Jahreswerth aller übrigen Abgaben und Leistungen, welche nicht zu den in den §§. 7. bis 34. aufgeführten gehören, wird nach sachverständigem Ermessen unter möglichster Berücksichtigung der örtlichen Preise in den letzten 20 Jahren vor Erlaß dieses Gesetzes veranschlagt.
Die Ablösung der im Titel I. des Gesetzes vom 17. März 1868. (Gesetz-Samml. für 1868. S. 249.) für ablösbar erklärten gewerblichen Berechtigungen erfolgt nach den Bestimmungen des gedachten und nicht des gegenwärtigen Gesetzes.
§ 36 Gegenleistungen
Die Gegenleistungen, welche dem Berechtigten gegenüber dem Verpflichteten obliegen, werden, soweit sie nach dem gegenwärtigen Gesetze ablösbar sind, nach den Vorschriften der §§. 7. bis 35. ebenfalls auf eine Jährlichkeit gebracht. Der Ueberschuß, welcher sich hiernach bei der Aufrechnung der jährlichen Leistungen und Gegenleistungen zu Gunsten des Berechtigten oder Verpflichteten ergiebt, bildet den abzulösenden jährlichen Geldwerth.
Wenn dem Berechtigten aus einem besonderen Rechtsgrunde die Befugniß zusteht, wider den Willen des Verpflichteten auf dessen Leistungen zu verzichten und sich dadurch von den Gegenleistungen zu befreien, so hat es hierbei sein Bewenden.
Als Gegenleistungen der Obereigenthümer kommen auch die den Erbfestern zustehenden Holz- und Torfbezüge zur Ablösung, mögen dieselben die Natur der Reallasten oder Dienstbarkeiten an sich tragen.
Diejenigen Erbfester aber, zu deren Stellen solche Festehölzungen gehören, aus welche die §§. 31. bis 36. der Forst- und Jagdordnung vom 2. Juli 1784. Anwendung finden, werden für die ihnen auf diesen Grundstücken zustehenden Holznutzungsrechte dadurch entschädigt, daß ihnen die Festehölzungen mit allen Holzbeständen vom Fiskus zum vollen Eigenthum als Zubehör ihrer Festestellen abgetreten werden gegen eine an den Fiskus zu entrichtende Jahresrente, welche drei Prozent des sachverständig zu ermittelnden Kapitalwerthes des auf den Festehölzungen befindlichen Bestandes an hartem Holze ausmacht.
§ 37 Abfindung der Berechtigten
Bei der Auseinandersetzung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes findet eine Ermäßigung der Abfindung wegen der den pflichtigen Grundstücken auferlegten oder aufzuerlegenden Grundsteuer nicht statt. Entrichtet jedoch der Verpflichtete unter den Abgaben an den Berechtigten zugleich die aus das verpflichtete Grundstück fallenden Steuern, als Kontribution, Landsteuer, und kommt der Berechtigte dafür der Staatskasse auf, so find diese Steuerbeträge auszusondern. Dieselben sind nicht Gegenstand der Ablösung, sondern es finden auf sie Anwendung die Vorschriften der §§. 1. und 4. der Verordnung, betreffend die Einführung der Preußischen Gesetzgebung über die direkten Steuern in dem Gebiete der Herzogthümer Schleswig und Holstein vom 28. April 1867. (Gesetz-Samml. für 1867. S. 543.).
§ 38
Der in Gemäßheit der §§. 6. bis 36. festgestellte jährliche Geldwerth bildet die Ablösungsrente.
§ 39
Diese Rente darf der Verpflichtete durch Baarzahlung ihres achtzehnfachen Betrages tilgen.
Die Zahlung muß im Mangel einer anderweiten Einigung spätestens im Ausführungstermin in unzertrennter Summe erfolgen.
§ 40
Erklärt sich der Verpflichtete nicht vor dem Abschluß des Rezesses bereit, das Ablösungskapital nach §. 39. zu bezahlen, so erfolgt die Ablösung der Rente und die Abfindung des Berechtigten in Rentenbriefen zum zwanzigfachen Betrage durch Vermittelung einer für die Provinz Schleswig-Holstein zu errichtenden Rentenbank, welche mit einer der bestehenden Rentenbanken vereinigt werden kann.
Will der Verpflichtete die Ablösung durch Baarzahlung des achtzehnfachen Betrages bewirken, so steht dem Berechtigten dennoch frei, die Abfindung zum zwanzigfachen Betrage in Rentenbriefen zu verlangen.
§ 41
Für die Vermittelung der Rentenbank ist das Gesetz vom 2. März 1850. (Gesetz-Samml. für 1850. S. 112. ff.) mit dem dasselbe ergänzenden Gesetze vom 14. September 1866. (S. 547.) maßgebend.
Dabei bleiben aber diejenigen Bestimmungen, welche eine Herabminderung der Ablösungsrente auf neun Zehntheile voraussetzen, außer Anwendung.
Die im §. 62. des Rentenbank-Gesetzes bezeichneten Ablösungskapitalien unterliegen, soweit sie dem Berechtigten nicht baar bezahlt werden, der Bestimmung des §. 5. des Gesetzes vom 18. Dezember 1871., betreffend die Aufhebung des Staatsschatzes (Gesetz-Samml. S. 593.).
§ 42
Auf diejenigen Renten, welche dem Domainen-Fiskus als Berechtigten zustehen, findet der §. 64. des Rentenbank-Gesetzes vom 2. Marz 1850. mit der Maßgabe Anwendung, daß die Rente während eines Zeitraumes von 41 1/12 Jahren ununterbrochen an den Fiskus Seitens des Verpflichteten zu entrichten ist, wonächst die Verbindlichkeit zur ferneren Entrichtung der Rente vollständig aufhört.
§ 43
Auf feste Geld- und Getreideabgaben, welche nachweisbar als Kanon oder Grundzins für die Ueberlassung eines Grundstücks zur Erbpacht, Erbfeste, Erbzins oder Eigenthum vor Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes rechtsverbindlich übernommen sind, finden die Bestimmungen der §§. 39. und 40. Keine Anwendung.
Der Verpflichtete ist befugt, die für solche feste Geld- und Getreideabgaben ermittelte Ablösungsrente durch Baarzahlung ihres zwanzigfachen Betrages zu tilgen. Die Zahlung muß im Mangel einer anderweitigen Einigung spätestens im Ausführungstermine in ungetrennter Summe erfolgen.
Erklärt sich der Verpflichtete nicht vor dem Abschlüsse des Rezesses bereit, das Ablösungskapital zu bezahlen, so erfolgt die Ablösung der Rente und die Abfindung des Berechtigten in Rentenbriefen zum 22 2/9fachen Betrage durch Vermittelung der Rentenbank.
In diesem Fall ist die Ablösungsrente von dem Verpflichteten während eines Zeitraumes von 56 1/12 Jahren an die Rentenbank zu bezahlen. Rententheile unter einem vollen Silbergroschen werden jedoch von der Rentenbank nicht übernommen, vielmehr wird deren 20facher Betrag von dem Verpflichteten unmittelbar an den Berechtigten gezahlt.
Will der Verpflichtete die Ablösung durch Baarzahlung des 20fachen Betrages bewirken, so steht dem Berechtigten dennoch frei, die Abfindung zum 22 2/9fachen Betrage der Jahresrente in Rentenbriefen zu verlangen.
Ist der Fiskus zu den hier fraglichen Abgaben der Berechtigte, so finden die §§. 7. und 64. des Rentenbank-Gesetzes vom 2. März 1850. (Gesetz-Samml. S. 112.) keine Anwendung.
§ 44
Ausgenommen von den Bestimmungen der §§. 39. bis 43. sind die Ablösungsrenten (§. 38.), welche Kirchen, Pfarren, Küstereien, sonstigen geistlichen Instituten, kirchlichen Beamten, öffentlichen Schulen und deren Lehrern, höheren Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten, frommen und milden Stiftungen oder Wohlthätigkeits-Anstalten, sowie den zur Unterhaltung aller vorgedachten Anstalten bestimmten Fonds zustehen.
Diese Renten werden
a)
wenn der Antrag von dem Verpflichteten ausgeht, zum 25fachen Betrage,
b)
wenn der Antrag von dem Berechtigten ausgeht, zum 22 2/9fachen Betrage
durch Kapital abgelöst. Die Abfindung erfolgt durch die Vermittelung der Rentenbank. Dem Verpflichteten steht jedoch frei, baar zum 25fachen, beziehungsweise zum 22 2/9fachen Betrage abzulösen.
Bei der Ablösung durch Baarzahlung ist der Verpflichtete befugt, das Kapital in vier auf einander folgenden einjährigen Terminen, von dem Ablaufe der Kündigungsfrist an gerechnet, zu gleichen Theilen abzutragen. Doch ist der Berechtigte nur solche Theilzahlungen anzunehmen verbunden, die mindestens 100 Thaler betragen. Der jedesmalige Rückstand ist mit 4 Prozent jährlich zu verzinsen.
Für die Vermittelung der Rentenbank ist das Gesetz vom 2. März 1850. (Gesetz-Samml. S. 112. ff.) mit folgenden Abänderungen maßgebend:
1)
Der Berechtigte erhält den nach obiger Vorschrift berechneten Kapitalbetrag in Rentenbriefen nach dem Nennwerthe und, soweit dies durch solche nicht vollständig geschehen kann, in baarem Gelde.
2)
Der Besitzer des pflichtigen Grundstücks hat vom Zeitpunkt der Rentenübernahme und während der Tilgungsperiode von 56 1/12 Jahren an die Rentenbank eine Jahresrente zu entrichten, welche 4 1/2 vom Hundert der an den Berechtigten zu gewährenden Abfindung beträgt; Renten und Rententheile unter einem Silbergroschen werden von der Rentenbank nicht übernommen, vielmehr wird der 22 2/9fache Betrag derselben von dem Besitzer des verpflichteten Grundstücks unmittelbar an den Berechtigten gezahlt.
3)
Die Vermittelung der Rentenbank findet nur statt, wenn die Ablösung beider zuständigen Auseinandersetzungs-Behörde bis zum 31. Dezember 1874. beantragt worden. Für den Berechtigten geht mit Ablauf dieser Frist die Befugniß, auf Kapital-Ablösung anzutragen, mit Ausnahme des im §. 52. gedachten Falles überhaupt verloren und er ist später nur die Umwandlung der Reallasten in Rente nach den Bestimmungen der §§. 5. bis 38. zu beantragen befugt.
§ 45 Normalpreise und Normalmarktorte
Zur Feststellung der Normalpreise und Normal-Marktorte (s. §§. 8. 10. 12. 17. 19. bis 21. und 24.) werden von der Bezirksregierung angemessene Distrikte bestimmt. Für jeden solchen Distrikt wird eine Kommission gebildet, welche aus mehreren nach §. 46. zu erwählenden sachkundigen Eingesessenen des Distrikts und Einem von der Bezirksregierung ohne Stimmrecht zu ernennenden Vorsitzenden besteht.
Die Kommission macht auf Grund der von ihr vorzunehmenden Ermittelungen der Bezirksregierung Vorschläge über die in dem Distrikte zu bildenden Preisbezirke, über die Normalpreise für jeden dieser Bezirke, sowie über die anzunehmenden Normal-Marktorte.
Die Bezirksregierung bestätigt diese Vorschläge oder entscheidet, wenn die Kommissionsmitglieder sich nicht haben einigen können. Gegen diese Entscheidung steht den Mitgliedern der Kommission der Rekurs an das Revisionskollegium für Landeskultursachen zu, welchen sie innerhalb drei Wochen vom Tage der Publikation bei der Bezirksregierung einzulegen haben.
Das Revisionskollegium entscheidet endgültig.
§ 46
Bei der Wahl der aus den Distrikts-Eingesessenen zu entnehmenden Mitgliedern der Kommission ist nach folgenden Regeln zu verfahren:
1)
Die Wahl erfolgt für jeden Kreis auf dem Kreistage in der Art, daß die eine Hälfte der Kommissionsmitglieder von den Kreistagsmitgliedern aus dem Stande des großen Grundbesitzes und die andere Hälfte von den Mitgliedern aus dem Stande der Landgemeinden gewählt wird.
2)
Umfaßt der Distrikt mehrere landräthliche Kreise, so werden in jedem derselben mindestens zwei Mitglieder, eins von den Kreistagsmitgliedern aus dem Stande des großen Grundbesitzes, und eins von den Kreistagsmitgliedern aus dem Stande der Landgemeinden gewählt. Die Bezirksregierung kann die Kreistagsmitglieder aus dem Stande des großen Grundbesitzes von mehreren Kreisen zu einer Wahlversammlung vereinigen.
3)
Die Wahlen erfolgen nach absoluter Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos.
4)
Die Prüfung und Bestätigung der Wahlen gebührt der Bezirksregierung.
5)
Auf diese Behörde geht auch das Recht zur Wahl der Kommissionsmitglieder für diejenige Partei über, welche die Wahl verweigert oder solche unterlassen hat.
§ 47
Die erwähnten Mitglieder der Distriktskommission erhalten Reise- und Zehrungskosten aus der Staatskasse und zwar:
zwei Thaler Tagegelder und fünfzehn Sgr. Reisekosten pro Meile.
§ 48
Wenn die Bezirksregierung eine Aenderung von Normal-Marktorten und den damit zusammenhängenden Normalverhältnissen zu den Preisen der Marktorte (§§. 18. bis 20.) durch den Verkehr für geboten erachtet, so ist sie zu einer solchen Aenderung ohne Zuziehung der Distriktskommission befugt. Der neue Marktort ist für alle auf die Bekanntmachung der Aenderung folgenden Martinimarktpreise maßgebend.
Eine Revision oder Ergänzung der Normalpreise kann die Bezirksregierung bewirken, wenn und soweit sie ein Bedürfniß dazu anerkennt, sofern nur die geltenden Normalpreise schon mindestens fünf Jahre in Wirksamkeit gewesen sind. Die Revision oder Ergänzung erfolgt auf dem im §. 45. bezeichneten Wege.
§ 49
In der Regel kommen die Markt- und Normalpreise desjenigen Bezirks zur Anwendung, in welchem der zur Ablieferung der Abgabe oder der zur Leistung der Verpflichtung bestimmte Ort belegen ist. Ist dieser nicht bestimmt, oder muß die Abgabe oder Leistung an verschiedenen Orten abgeliefert oder verrichtet werden, so kommen die Markt- oder Normalpreise desjenigen Bezirks zur Anwendung, in welchem das verpflichtete Grundstück belegen ist.
§ 50
Sollten in einzelnen Distrikten Abgaben und Leistungen, für deren Ablösung nach dem gegenwärtigen Gesetze Normalsätze festgestellt werden sollen, gar nicht mehr oder doch nur in sehr geringem Umfange vorkommen, so kann mit Genehmigung des Ministeriums für landwirthschaftliche Angelegenheiten in solchen Distrikten die Festsetzung von Normalpreisen unterbleiben.
Kommt es in solchen Distrikten auf eine Abschätzung an, so erfolgt dieselbe durch Schiedsrichter.
§ 51 Allgemeine Bestimmungen
Bei Rezessen und Verträgen, welche für die Ablösung Bedingungen festsetzen, die den Berechtigten oder den Verpflichteten günstiger sind, als sie das gegenwärtige Gesetz enthält, behält es sein Bewenden.
§ 52
Wenn bei Zerstückelung von Grundstücken die darauf haftenden Reallasten weder durch Kapital noch durch Vermittelung der Rentenbank abgelöst werden, so bleiben für solche Reallasten das Hauptgrundstück und die Trennstücke solidarisch verhaftet.
Stehen dem Berechtigten mehrere verpflichtete Grundstücke mit solidarischer Haftbarkeit für die demselben zu gewährenden Leistungen gegenüber und es hat bereits eine Vertheilung der Leistungen mit Einwilligung des Berechtigten stattgefunden, so ist letztere auch für die Auseinandersetzung nach diesem Gesetze in der Art maßgebend, daß mit der Ausführung derselben die solidarische Haftbarkeit aufhört.
Ist eine solche Vertheilung noch nicht erfolgt, so wird die nach §. 38. ermittelte Rente nach Verhältniß des Werthes der einzelnen pflichtigen Grundstücke auf dieselben unter Aufhebung der Solidarhaft vertheilt.
Das Nämliche gilt bei den nach der Auseinandersetzung eintretenden Zerstückelungen rentenpflichtiger Grundstücke.
Die in dem §. 44. genannten Berechtigten sind zu fordern befugt, daß diejenigen Rentenbeträge, welche nach der Vertheilung jährlich unter vier Thaler betragen, durch Erlegung des 25fachen Baarbetrages abgelöst werden.
Wenn Grundstücke, auf denen Tilgungsrenten haften, zerstückelt werden, so sind diese Renten ebenso zu vertheilen, wie die Staatssteuern.
In solchem Falle müssen Rentenbeträge, welche nach der Vertheilung der Rente jährlich weniger als einen Thaler betragen, auf Verlangen der Direktion der Rentenbank beziehungsweise des Domainen-Fiskus sofort durch Kapitalzahlung nach den Vorschriften des §. 23. des Rentenbank-Gesetzes vom 2. März 1850. abgelöst werden.
§ 53
Mit dem Ausführungstermin der Auseinandersetzung, welcher beim Mangel der Einigung durch die Bezirksregierung zu bestimmen ist, tritt an die Stelle der aufgehobenen Berechtigungen das Recht aus die dafür festgestellte Rente- oder Kapitalabfindung. Diesem Rechte steht dasselbe Vorzugsrecht vor anderen an das verpflichtete Grundstück geltend zu machenden Privatforderungen zu, welches der aufgehobenen Berechtigung zustand.
Die Eintragung dieses Rechtes in die betreffenden öffentlichen Bücher erfolgt auf Grund der gegenwärtigen Bestimmung.
In Betreff der Tilgungsrenten gilt die Bestimmung, des §. 18. des Rentenbank-Gesetzes vom 2. März 1850.
§ 54
Bei erblicher Ueberlassung eines Grundstücks ist fortan nur die Uebertragung des vollen Eigenthums zulässig.
Mit Ausnahme fester Geldrenten dürfen Lasten, welche nach dem gegenwärtigen Gesetze ablösbar sind, einem Grundstücke von jetzt ab nicht auferlegt werden.
Neu auferlegte feste Geldrenten ist der Verpflichtete nach vorgängiger sechsmonatlicher Kündigung mit dem zwanzigfachen Betrage abzulösen berechtigt, sofern nicht vertragsmäßig etwas Anderes bestimmt wird. Es kann jedoch auch vertragsmäßig die Kündigung nur während eines bestimmten Zeitraums, welcher dreißig Jahre nicht übersteigen darf, ausgeschlossen und ein höherer Ablösungsbetrag als der fünfundzwanzigfache der Rente nicht festgesetzt werden. Vertragsmäßige, den Vorschriften dieses Paragraphen zuwiderlaufende Bestimmungen sind wirkungslos, unbeschadet der Rechtsverbindlichkeit des sonstigen Inhalts eines solchen Vertrages.
§ 55
[aufgehoben]
§ 56
Die Kosten der Auseinandersetzung, ausschließlich der Prozeßkosten, sind zur einen Hälfte von dem Berechtigten, zur anderen von dem Pflichtigen zu tragen.
Mehrere Berechtigte oder mehrere Verpflichtete haben zu den sie betreffenden Kosten nach Verhältniß des Werthes der abgelösten Reallasten und Gegenleistungen beizutragen.
§ 57
Die Ausführung dieses Gesetzes wird der Regierung in Schleswig, als Auseinandersetzungs-Behörde, und dem daselbst zu bildenden Spruchkollegium für landwirthschaftliche Angelegenheiten übertragen. In Ansehung der Rechte dritter Personen, des ganzen Auseinandersetzungsverfahrens und des Kostenwesens finden dabei dieselben Vorschriften Anwendung, welche in diesen Beziehungen bei Ablösungen in der Provinz Brandenburg gelten.
§ 58
In Streitigkeiten über Theilnehmungsrechte und deren Umfang, sowie überhaupt wegen solcher Rechtsverhältnisse, welche, abgesehen von den Bestimmungen dieses Gesetzes, Gegenstand eines Prozesses im ordentlichen Rechtswege hätten werden können, hat in letzter Instanz das Ober-Appellationsgericht in Berlin zu entscheiden. Dabei kommen die für dieses Gericht geltenden Bestimmungen über die Rechtsmittel und die dafür bestehenden Prozeßvorschriften zur Anwendung.
§ 59
Die Ablösbarkeit ist ohne Rücksicht auf frühere Willenserklärungen, Verjährung oder Judikate nach den Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes zu beurtheilen.
§ 60
Alle bisherigen Vorschriften über Gegenstände, worüber das gegenwärtige Gesetz Bestimmungen enthält, werden, insoweit sie demselben entgegenstehen, außer Kraft gesetzt.
Die auf Grund solcher Vorschriften oder sonst rechtsverbindlich erfolgten Festsetzungen über die Art und Höhe der Entschädigung und über das Kostenbeitragsverhältniß bleiben in Kraft.
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