LVerfSchG
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Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG -) Vom 23. März 1991

Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG -) Vom 23. März 1991
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: § 26 geändert (Ges. v. 01.12.2020, GVOBl. S. 874)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG -) vom 23. März 199101.01.2003
Inhaltsverzeichnis17.04.2009
Abschnitt I - Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde01.01.2003
§ 1 - Aufgabe des Verfassungsschutzes01.01.2003
§ 2 - Organisation22.02.2019
§ 3 - Bedienstete01.01.2003
§ 4 - Zusammenarbeit01.01.2003
§ 5 - Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde17.04.2009
§ 6 - Begriffsbestimmungen17.04.2009
§ 7 - Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde01.01.2003
§ 8 - Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde17.04.2009
§ 8 a - Besondere Auskunftsverlangen22.02.2019
§ 8 b - Verfahren17.04.2009
§ 9 - Funktionelle Trennung von Polizei und Verfassungsschutzbehörde01.01.2003
§ 10 - Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde17.04.2009
Abschnitt II - Datenverarbeitung01.01.2003
§ 11 - Speicherung personenbezogener Informationen in Dateien17.04.2009
§ 12 - Speicherung personenbezogener Informationen über Minderjährige17.04.2009
§ 13 - Speicherungsdauer17.04.2009
§ 14 - Änderung, Löschung und Sperrung personenbezogener Informationen17.04.2009
§ 15 - Dateianordnungen22.02.2019
§ 16 - Gemeinsame Dateien01.01.2003
Abschnitt III - Informationsübermittlung01.01.2003
§ 17 - Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden01.01.2003
§ 18 - Informationsübermittlung an Bundesnachrichtendienst und Militärischen Abschirmdienst01.01.2003
§ 19 - Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an andere Stellen01.01.2003
§ 20 - Übermittlung von Informationen an ausländische Nachrichtendienste17.04.2009
§ 21 - Unterrichtung der Öffentlichkeit27.01.2012
§ 22 - Dokumentation und Grundlage der Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde01.01.2003
§ 23 - Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde17.04.2009
§ 24 - Übermittlungsverbote, Nachberichtspflicht01.01.2003
Abschnitt IV - Auskunftserteilung01.01.2003
§ 25 - Auskunftserteilung17.04.2009
Abschnitt V - Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde01.01.2003
§ 26 - Parlamentarisches Kontrollgremium18.12.2020
§ 26 a - G 10-Kommission01.07.2013
§ 27 - Beauftragte oder Beauftragter für den Verfassungsschutz17.04.2009
§ 28 - Nachrichtendienstliche Mittel gegen Landtagsabgeordnete01.01.2003
Abschnitt VI - Schlußvorschriften01.01.2003
§ 29 - Änderung des Landesdatenschutzgesetzes01.01.2003
§ 30 - Inkrafttreten01.01.2003
Inhaltsübersicht:
Abschnitt I Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde
§ 1Aufgabe des Verfassungsschutzes
§ 2Organisation
§ 3Bedienstete
§ 4Zusammenarbeit
§ 5Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde
§ 6Begriffsbestimmungen
§ 7Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde
§ 8Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde
§ 8 a Besondere Auskunftsverlangen
§ 8 bVerfahren
§ 9Funktionelle Trennung von Polizei und Verfassungsschutzbehörde
§ 10Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde
Abschnitt II Datenverarbeitung
§ 11Speicherung personenbezogener Informationen in Dateien
§ 12Speicherung personenbezogener Informationen über Minderjährige
§ 13Speicherungsdauer
§ 14Änderung, Löschung und Sperrung personenbezogener Informationen
§ 15Dateianordnungen
§ 16Gemeinsame Dateien
Abschnitt III Informationsübermittlung
§ 17Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden
§ 18Informationsübermittlung an Bundesnachrichtendienst und Militärischen Abschirmdienst
§ 19Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an andere Stellen
§ 20Übermittlung von Informationen an ausländische Nachrichtendienste
§ 21Unterrichtung der Öffentlichkeit
§ 22Dokumentation und Grundlage der Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde
§ 23Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde
§ 24Übermittlungsverbote, Nachberichtspflicht
Abschnitt IV Auskunftserteilung
§ 25Auskunftserteilung
Abschnitt V Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde
§ 26Parlamentarisches Kontrollgremium
§ 26 aG 10-Kommission
§ 27Beauftragte oder Beauftragter für den Verfassungsschutz
§ 28Nachrichtendienstliche Mittel gegen Landtagsabgeordnete
Abschnitt VI Schlußvorschriften
§ 29Änderung des Landesdatenschutzgesetzes
§ 30Inkrafttreten

Abschnitt I Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde

§ 1 Aufgabe des Verfassungsschutzes

Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten. Dadurch soll diesen Stellen insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen.

§ 2 Organisation

(1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden von der Verfassungsschutzbehörde wahrgenommen. Verfassungsschutzbehörde ist das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration. Es unterhält für diese Aufgaben eine besondere Abteilung.
(2) Der Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden.

§ 3 Bedienstete

Mit Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde dürfen nur Personen betraut werden, die nach ihrer Persönlichkeit und nach ihrem Verhalten die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit für die Sicherung und Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eintreten. Die Leitung der Abteilung für Verfassungsschutz soll nur einer Person übertragen werden, die die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzt.

§ 4 Zusammenarbeit

(1) Die Verfassungsschutzbehörde ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht insbesondere in gegenseitiger Unterstützung und Information sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen.
(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, der Bund nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzbehörde tätig werden.

§ 5 Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde

(1) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben (§ 1) sammelt und wertet die Verfassungsschutzbehörde sach- und personenbezogene Informationen (Daten, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen) aus über
1.
Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben,
2.
sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
3.
Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
4.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind.
(2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit
1.
bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2.
bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,
3.
bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte.
Die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 und 2 sind im Landessicherheitsüberprüfungsgesetz geregelt.

§ 6 Begriffsbestimmungen

(1) Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 sind politisch motivierte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen oder Betätigungen in der Regel einer Organisation oder einer unorganisierten Gruppierung gegen die in § 5 Abs. 1 bezeichneten Schutzgüter. Verhaltensweisen von Einzelpersonen gelten als Bestrebungen im Sinne von Satz 1, wenn diese auf die Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut des § 5 Abs. 1 schwerwiegend zu gefährden.
(2) Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind solche, die auf die Beseitigung oder Außerkraftsetzung wesentlicher Verfassungsgrundsätze abzielen. Hierzu gehören
1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
3.
das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte,
6.
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
7.
die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind
1.
Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche, die darauf gerichtet sind, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen,
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche, die darauf gerichtet sind, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen,
3.
Bestrebungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung solche, die sich gegen die Erhaltung des Friedens, die Ächtung von Angriffskriegen und die allgemeinen Grundrechte der Staaten, insbesondere das Recht auf politische Unabhängigkeit sowie das Recht auf Selbsterhaltung, auf Gleichheit, Ehre und Teilnahme am völkerrechtlichen Verkehr richten.
Ferner ist im Sinne des Gesetzes
1.
Zielperson eine Person, bei der tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie
a)
einer Bestrebung als Mitglied angehört,
b)
sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht verfolgt,
c)
als Einzelperson nach Absatz 1 Satz 2 einer Bestrebung gleichsteht oder
d)
Bestrebungen oder Personen nach Buchstabe b und c nachdrücklich unterstützt,
2.
Kontaktperson eine Person, bei der tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie zu der Zielperson
a)
in näherer persönlicher oder geschäftlicher Beziehung steht,
b)
über einen längeren Zeitraum Kontakt unterhält oder
c)
Kontakt unter konspirativen Umständen hergestellt hat oder pflegt
und nicht zur Zielperson in einem gesetzlich geschützten Vertrauensverhältnis steht,
3.
Nachrichtenmittler eine Person, bei der tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
a)
sie für die Zielperson bestimmte oder von ihr herrührende Mitteilungen entgegennimmt oder weitergibt oder
b)
die Zielperson ihre Adresse oder ihren Anschluss benutzt
und nicht zur Zielperson in einem gesetzlich geschützten Vertrauensverhältnis steht.
(4) Eine nach Maßgabe dieses Gesetzes beachtliche Bestrebung setzt eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Verfassungsordnung voraus.
(5) Auswärtige Belange im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 werden nur gefährdet, wenn innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes Gewalt ausgeübt oder durch Handlungen vorbereitet wird und diese sich gegen die politische Ordnung oder Einrichtungen anderer Staaten richten.

§ 7 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, darf die Verfassungsschutzbehörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 5 Abs. 1 nur tätig werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der dort genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten vorliegen.
(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben darf die Verfassungsschutzbehörde nur die dazu erforderlichen Maßnahmen ergreifen; dies gilt insbesondere für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Informationen. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat sie diejenige zu treffen, die den einzelnen, insbesondere in seinen Grundrechten, und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.
(3) Soweit in diesem Gesetz besondere Eingriffsbefugnisse das Vorliegen gewalttätiger Bestrebungen oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen voraussetzen, ist Gewalt die Anwendung körperlichen Zwanges gegen Personen oder Sachen.

§ 8 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen erheben und verarbeiten.
(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf Methoden und Gegenstände einschließlich technischer Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung (nachrichtendienstliche Mittel) anwenden. Nachrichtendienstliche Mittel sind insbesondere
1.
die Verwendung fingierter biografischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden),
2.
die Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen,
3.
die Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen und
4.
das heimliche Aufklären des Internets, soweit dadurch nicht nach § 1 Abs. 1 Artikel 10-Gesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198), Telekommunikation überwacht oder aufgezeichnet wird, mit Ausnahme öffentlich zugänglicher Informationen.
Nachrichtendienstliche Mittel sind ferner
1.
der Einsatz von verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern, Vertrauensleuten, Gewährspersonen und sonstigen geheimen Informantinnen und Informanten sowie von zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agentinnen und Agenten,
2.
die Anfertigung verdeckter Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen,
3.
die planmäßig angelegte Beobachtung, welche
a)
innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden oder
b)
über den Zeitraum einer Woche hinaus
vorgesehen ist oder tatsächlich durchgeführt wird (langandauernde Observation),
4.
das Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel,
5.
der Einsatz sonstiger besonderer, für Observationszwecke bestimmter, technischer Mittel zur Erforschung des Sachverhaltes oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes der Zielperson,
6.
der Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung
a)
der Geräte- und Kartennummer eines Mobilfunkendgerätes sowie
b)
des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes
(Ausfindigmachen eines Mobilfunkendgerätes),
7.
die Post- und Fernmeldeüberwachung nach dem Artikel 10-Gesetz.
(3) Mit dem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dürfen keine strafbaren Handlungen begangen werden. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ist nur zulässig, wenn
1.
er sich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 bestehen,
2.
auf diese Weise Erkenntnisse über gewalttätige Bestrebungen oder geheimdienstliche Tätigkeiten gewonnen werden können,
3.
auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder
4.
dies zur Abschirmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Verfassungsschutzes gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.
Die Verfassungsschutzbehörde darf die so gewonnenen Informationen nur für die in Satz 2 genannten Zwecke verwenden. Unterlagen, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall sind sie zu sperren und entsprechend zu kennzeichnen.
(4) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel ist unzulässig, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dadurch allein solche Informationen erhoben werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Eine bereits laufende Datenerhebung sowie die Auswertung der erhobenen Daten ist in diesem Falle unverzüglich und solange wie erforderlich zu unterbrechen. Sind bei der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel versehentlich Informationen aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erhoben worden, sind diese unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. Informationen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, dürfen in keiner Weise verwertet oder übermittelt werden.
(5) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel nach Absatz 2 Satz 3 ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes der Zielperson auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahmen dürfen sich nur gegen Zielpersonen und Kontaktpersonen richten. Sie dürfen auch dann durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(6) Der Einsatz von verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern, Vertrauensleuten, Gewährspersonen und sonstigen geheimen Informantinnen und Informanten sowie von zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agentinnen und Agenten (Absatz 2 Satz 3 Nr. 1) und langandauernde Observationen (Absatz 2 Satz 3 Nr. 3) werden von der Leitung der Verfassungsschutzabteilung angeordnet. Im Falle der langandauernden Observation ist die Maßnahme auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf der Anordnung durch die Innenministerin oder den Innenminister; § 8 b Abs. 1 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend. Die Verlängerungsanordnung ist der betroffenen Person gemäß § 8 b Abs. 3 mitzuteilen; das Parlamentarische Kontrollgremium ist gemäß § 8 b Abs. 4 zu unterrichten.
(7) Der Einsatz technischer Mittel zum Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes (Absatz 2 Satz 3 Nr. 4) ist nur zulässig, wenn
1.
die Voraussetzungen des § 8 a Abs. 2 vorliegen und
2.
ohne den Einsatz der technischen Mittel die Ermittlung des Aufenthaltsortes der Zielperson auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
Innerhalb von Wohnungen ist die Maßnahme unzulässig. Sie wird gemäß § 8 b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Die Anordnung ist der betroffenen Person gemäß § 8 b Abs. 3 mitzuteilen. Das Parlamentarische Kontrollgremium ist gemäß § 8 b Abs. 4 zu unterrichten. Für die Verarbeitung der erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden.
(8) Der Einsatz technischer Mittel zum Ausfindigmachen eines Mobilfunkendgerätes (Absatz 2 Satz 3 Nr. 6) ist nur zulässig, wenn
1.
die Voraussetzungen des § 8 a Abs. 2 vorliegen und
2.
ohne den Einsatz der technischen Mittel die Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer oder die Ermittlung des Standortes aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
Die Maßnahme darf sich nur gegen Zielpersonen oder Nachrichtenmittler richten. Sie wird gemäß § 8 b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Über die Anordnung unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die G 10-Kommission (§ 8 b Abs. 2). Ferner teilt sie die Anordnung der betroffenen Person mit; § 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes findet entsprechende Anwendung. Nach der Mitteilung steht der betroffenen Person der Rechtsweg offen. Das Parlamentarische Kontrollgremium ist gemäß § 8 b Abs. 4 zu unterrichten. Für die Verarbeitung der erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden, wobei Daten, die von Dritten erhoben worden sind (Absatz 5 Satz 3), einem Verwendungsverbot unterliegen und nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen sind. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(9) Die Befugnis der Verfassungsschutzbehörde zur Post- und Fernmeldeüberwachung (Absatz 2 Satz 3 Nr. 7) ergibt sich aus dem Artikel 10-Gesetz, wobei die Beschränkungsmaßnahmen gemäß § 8 b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet werden. Zuständig für die Anordnung des Verzichts auf die Kennzeichnung von zu übermittelnden Daten, die durch eine Post- und Fernmeldeüberwachung gewonnen worden sind (§ 4 Abs. 3 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes), ist die Leitung der Verfassungsschutzabteilung; die für die Zustimmung zuständige Stelle ist die G 10-Kommission (§ 26 a).

§ 8 a Besondere Auskunftsverlangen

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen oder Telemedien erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemedien (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist; gibt das Vertragsverhältnis über die Nutzung von Telemedien Aufschluss über die ethnische Herkunft, die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit oder das Sexualleben des Nutzers, darf eine Auskunft nur eingeholt werden, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 und 2 vorliegen. Bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, darf die Verfassungsschutzbehörde im Einzelfall Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 Telekommunikationsgesetz erhobenen Daten verlangen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes), soweit dies zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 2 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen. Die Auskunft darf auch anhand einer zu bestimmten Zeitpunkten zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes). Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach den Sätzen 2 bis 4 haben diejenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, die zur Auskunft erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln.
(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall Auskunft einholen bei
1.
Luftfahrtunternehmen zu Namen und Anschriften der Kundin oder des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,
2.
Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhaberinnen oder Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge,
3.
denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, zu den Umständen des Postverkehrs,
4.
denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198), und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und
5.
denjenigen, die geschäftsmäßig Telemedien erbringen oder daran mitwirken, zu
a)
Merkmalen zur Identifikation der Nutzerin oder des Nutzers,
b)
Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und
c)
Angaben über die von der Nutzerin oder von dem Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien,
soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 5 Abs. 1 genannten Schutzgüter vorliegen. Im Falle des § 5 Abs. 1 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind,
1.
zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören
oder
2.
Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.
Auskünfte zu Telekommunikationsverkehrsdaten (Satz 1 Nr. 4) können unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und § 3 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254 ber. S. 2298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) unter Rückgriff auf die nach § 113 a des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) gespeicherten Daten erfolgen.
(3) Die Auskunftsverlangen nach den Absätzen 1 und 2 sind gegenüber den zur Auskunft Verpflichteten schriftlich anzuordnen. Die Anordnung und die übermittelten Daten dürfen die Verpflichteten den Betroffenen oder Dritten nicht mitteilen.
(4) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich nur gegen Zielpersonen sowie
1.
bei Auskünften über Passagierdaten, Kontoverbindungsdaten und über Nutzungsdaten zu Telemedien (Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5) gegen Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die Leistung für die Zielperson in Anspruch nehmen, und
2.
bei Auskünften über Post- und Telekommunikationsverkehrsdaten sowie über Nutzungsdaten von Telemedien (Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5) gegen Nachrichtenmittler
richten. Satz 1 gilt für juristische Personen entsprechend.
(5) Auskunftspflichten zu Passagierdaten (Absatz 2 Satz 1 Nr. 1) werden von der Leitung der Verfassungsschutzabteilung angeordnet.
(6) Auskunftspflichten zu Kontoverbindungsdaten (Absatz 2 Satz 1 Nr. 2) werden gemäß § 8 b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Die Anordnung ist der betroffenen Person gemäß § 8 b Abs. 3 mitzuteilen.
(7) Auskunftspflichten zu Post- und Telekommunikationsverkehrsdaten, zu Telekommunikationsbestandsdaten nach Absatz 1 Satz 3 und 4 sowie zu Nutzungsdaten von Telemedien (Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5) werden gemäß § 8 b Abs. 1 von der Innenministerin oder dem Innenminister angeordnet. Über die Anordnung unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die G 10-Kommission (§ 8 b Abs. 2). Ferner teilt sie die Anordnung der betroffenen Person mit; § 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes findet entsprechende Anwendung. Nach der Mitteilung steht der betroffenen Person der Rechtsweg offen. Für die Verarbeitung der erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(8) Über sämtliche Anordnungen nach Absatz 2 ist das Parlamentarische Kontrollgremium gemäß § 8 b Abs. 4 zu unterrichten. Das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration berichtet ferner dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundes über Anordnungen nach Absatz 2; § 8 b Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
(9) Für die Erteilung von Auskünften nach Absatz 1 Satz 2 bis 4 hat der Verpflichtete Anspruch auf eine Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.

§ 8 b Verfahren

(1) Ist nach diesem Gesetz die Anordnung einer Maßnahme durch die Innenministerin oder den Innenminister vorgesehen, erfolgt jene auf Antrag der Leitung der Verfassungsschutzabteilung, im Falle der Verhinderung der Innenministerin oder des Innenministers durch die Vertreterin oder den Vertreter. Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen.
(2) Ist nach diesem Gesetz eine Unterrichtung der G 10-Kommission (§ 26 a) vorgesehen, erfolgt jene durch die Verfassungsschutzbehörde vor dem Vollzug der Maßnahme. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission vollzogen werden. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Maßnahme. § 15 Abs. 5 des Artikel 10-Gesetzes ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der Kommission sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Anordnungen, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, sind unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Falle einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen.
(3) Ist nach diesem Gesetz eine Mitteilung der betroffenen Person vorgesehen und nichts anderes bestimmt, erfolgt jene durch die Verfassungsschutzbehörde, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht eingetreten ist. Sie unterbleibt ferner bei einem durch die Maßnahme unvermeidbar betroffenen Dritten im Sinne von § 8 Abs. 5 Satz 3, wenn die Mitteilung
1.
nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder
2.
überwiegende schutzwürdige Belange anderer betroffener Personen entgegenstehen.
Nach der Mitteilung steht der betroffenen Person der Rechtsweg offen.
(4) Ist nach diesem Gesetz eine Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (§ 26) vorgesehen, erfolgt jene durch die Verfassungsschutzbehörde im Abstand von höchstens sechs Monaten. Dabei ist insbesondere ein Überblick über den Anlass, den Umfang, die Dauer, das Ergebnis und die Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben.

§ 9 Funktionelle Trennung von Polizei und Verfassungsschutzbehörde

Polizeiliche Befugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu; sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist.

§ 10 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Aufklärung
-
von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder
-
von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, oder
-
von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
-
von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind,
von öffentlichen Stellen geführte Register, z. B. Melderegister, Personalausweisregister, Paßregister, Führerscheinkartei, Waffenscheinkartei, einsehen.
(2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn
1.
die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, und
2.
die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würden, und
3.
eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht.
(3) Die Anordnung für die Maßnahme nach Absatz 1 trifft die Innenministerin oder der Innenminister selbst, im Falle der Verhinderung die Vertreterin oder der Vertreter.
(4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden.
(5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle sowie die Namen der Betroffenen, deren Daten für eine weitere Verwendung erforderlich sind, hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten.

Abschnitt II Datenverarbeitung

§ 11 Speicherung personenbezogener Informationen in Dateien

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Informationen in Dateien speichern, wenn
1.
tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 teilnimmt und dies für die Beobachtung der Bestrebung erforderlich ist,
2.
dies für die Erforschung und Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 erforderlich ist,
3.
dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 erforderlich ist.
Die nach Satz 1 gespeicherten Informationen dürfen nur für die dort genannten Zwecke verwendet werden.
(2) In Dateien gespeicherte personenbezogene Informationen müssen durch Aktenrückhalt belegbar sein.
(3) In Dateien ist die Speicherung von Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre der betroffenen Person unzulässig.
(4) Die Verarbeitung der Daten darf zum Zwecke der Datenschutzkontrolle protokolliert werden. Die Protokolldaten dürfen auch zur Aufklärung eines Verdachts auf Datenmissbrauch verwendet werden.

§ 12 Speicherung personenbezogener Informationen über Minderjährige

Personenbezogene Informationen über Minderjährige dürfen in Dateien nur gespeichert werden, wenn
1.
diese zu dem Zeitpunkt, auf den sich die Informationen beziehen, das 16. Lebensjahr vollendet haben und
2.
der Verdacht einer geheimdienstlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Nr. 2) oder einer Bestrebung besteht, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgt wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4).
Personenbezogene Daten zu Minderjährigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, dürfen nur gespeichert werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie eine der in § 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten planen, begehen oder begangen haben. Die Daten nach Satz 2 dürfen nicht in Dateien gespeichert werden.

§ 13 Speicherungsdauer

Die Verfassungsschutzbehörde hat die Speicherungsdauer auf das für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. Spätestens nach fünf Jahren sind in Dateien gespeicherte Informationen auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen. Sofern die Informationen Bestrebungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 betreffen, sind sie spätestens zehn Jahre nach der zuletzt gespeicherten relevanten Information zu löschen.

§ 14 Änderung, Löschung und Sperrung personenbezogener Informationen

(1) Personenbezogene Informationen in Dateien sind
1.
zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind; sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollständig sind und dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt sein können;
2.
zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt werden;
3.
zu sperren, wenn die Löschung unterbleibt, weil Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden; gesperrte Informationen dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden.
(2) In Dateien gelöschte Informationen sind gesperrt. Unterlagen sind zu vernichten wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben nach § 5 nicht oder nicht mehr erforderlich sind, es sei denn, daß ihre Aufbewahrung zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person oder zu wissenschaftlichen Zwecken notwendig ist; die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können.

§ 15 Dateianordnungen

Für jede automatisierte Datei sind in einer Dateianordnung durch das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration im Benehmen mit dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein festzulegen:
1.
Bezeichnung der Datei,
2.
Zweck der Datei,
3.
Inhalt, Umfang, Voraussetzungen der Speicherung, Übermittlung und Nutzung,
4.
Eingabe der Daten,
5.
Zugangsberechtigung,
6.
Überprüfungsfristen und Speicherungsdauer,
7.
Protokollierung,
8.
Datenverarbeitungsgeräte und Betriebssystem.

§ 16 Gemeinsame Dateien

Bundesgesetzliche Vorschriften über die Datenverarbeitung in gemeinsamen Dateien der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder bleiben unberührt.

Abschnitt III Informationsübermittlung

§ 17 Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden

Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden der Länder über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stellen erforderlich ist.

§ 18 Informationsübermittlung an Bundesnachrichtendienst und Militärischen Abschirmdienst

Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst die ihr bekanntgewordenen Informationen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stelle erforderlich ist. Handelt die Verfassungsschutzbehörde auf Ersuchen, so ist sie zur Übermittlung nur verpflichtet und berechtigt, wenn sich die tatsächlichen Anhaltspunkte aus den Angaben der ersuchenden Behörde ergeben.

§ 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an andere Stellen

(1) Die im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben gewonnenen Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde, die nicht personenbezogen sind, können an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaften, übermittelt werden, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der empfangenden Stellen erforderlich sein können.
(2) Personenbezogene Informationen darf die Verfassungsschutzbehörde übermitteln
1.
an die Polizei, sofern tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine in § 100 a Strafprozeßordnung genannte Straftat plant, oder wenn es zum Schutz vor Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 erforderlich ist,
2.
an Staatsanwaltschaften oder Polizei, sofern tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine in § 100 a Strafprozeßordnung genannte Straftat begeht oder begangen hat,
3.
an andere staatliche Behörden und an die der Aufsicht des Landes unterstellten Gebietskörperschaften, wenn dies zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1 erforderlich ist,
4.
an Stellen, die mit dem Überprüfungsverfahren nach § 5 Abs. 2 befaßt sind,
5.
an andere öffentliche oder sonstige Stellen, wenn es zum Schutz vor Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes unverzichtbar ist.
Die Verfassungsschutzbehörde soll die übermittelte Information bewerten. In den Fällen der Nummer 5 entscheidet die Leiterin oder der Leiter der Verfassungsschutzabteilung.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 können die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei die Übermittlung personenbezogener Informationen im Einzelfall verlangen. Das Ersuchen ist zu begründen und aktenkundig zu machen.
(4) Die empfangende Stelle von Informationen nach den Absätzen 2 und 3 darf die übermittelten personenbezogenen Informationen nur zu dem Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihr übermittelt wurden. Auf diese Einschränkungen ist die empfangende Stelle hinzuweisen.

§ 20 Übermittlung von Informationen an ausländische Nachrichtendienste

Die Übermittlung von Informationen an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte richtet sich nach Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. II 1961 S. 1183, 1218). Im übrigen gilt für die Übermittlung personenbezogener Informationen an ausländische Nachrichtendienste § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 und 3 sowie Abs. 4 entsprechend.
Abweichend von Satz 2 darf die Verfassungsschutzbehörde Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Nachrichtendienste von Mitgliedstaaten der EU, die an Schleswig-Holstein grenzen oder zu denen Fährverbindungen bestehen, übermitteln, wenn dies
1.
zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde oder
2.
zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers
erforderlich ist. Satz 3 gilt für das Königreich Norwegen entsprechend.

§ 21 Unterrichtung der Öffentlichkeit

(1) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag mindestens einmal jährlich über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 5 Abs. 1.
(2) Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit einschließlich der Medien über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde ist die Übermittlung von personenbezogenen Informationen nur zulässig, wenn es zu einer sachgemäßen Information erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstellen.
(3) Die Veröffentlichung im Internet ist zulässig.

§ 22 Dokumentation und Grundlage der Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde

Die Übermittlung von personenbezogenen Informationen ist aktenkundig zu machen. In der entsprechenden Datei ist die Informationsübermittlung zu vermerken. Vor der Informationsübermittlung ist der Akteninhalt zu würdigen und der Informationsübermittlung zugrunde zu legen. Erkennbar unvollständige Informationen sind vor der Übermittlung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durch Einholung zusätzlicher Auskünfte zu vervollständigen.

§ 23 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde

(1) Die Verfassungsschutzbehörde kann von den Behörden des Landes und den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Übermittlung von Informationen verlangen, die diesen Stellen im Rahmen ihrer Aufgaben vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. Satz 1 gilt entsprechend für Ersuchen an die Behörden des Bundes und die bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie für die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien des Bundes und anderer Länder.
(2) Die Verfassungsschutzbehörde braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde.
(3) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Stellen übermitteln von sich aus der Verfassungsschutzbehörde alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgaben vorliegenden Informationen über Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgt werden, und über geheimdienstliche Tätigkeiten. Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekanntgewordene Informationen über Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 1. Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in § 3 Abs. 1 des Artikel 10 Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die aufgrund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmen bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für geheimdienstliche oder sicherheitsgefährdende Tätigkeiten oder gewalttätige Bestrebungen bestehen. Auf die nach Satz 3 und 4 übermittelten Informationen findet § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Die nach Satz 4 übermittelten Informationen dürfen nur zur Erforschung geheimdienstlicher oder sicherheitsgefährdender Tätigkeiten oder gewalttätiger Bestrebungen genutzt werden.
(4) Vorschriften zur Informationsübermittlung an die Verfassungsschutzbehörde nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.
(5) Die Verfassungsschutzbehörde hat die übermittelten Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie für die Erfüllung ihrer in § 5 genannten Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß sie nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall sind die Informationen gesperrt und entsprechend zu kennzeichnen.
(6) Soweit andere gesetzliche Vorschriften nicht besondere Regelungen über die Dokumentation treffen, haben die Verfassungsschutzbehörde und die übermittelnde Stelle die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen.

§ 24 Übermittlungsverbote, Nachberichtspflicht

(1) Die Übermittlung von Informationen unterbleibt, wenn
1.
eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, daß die Informationen zu löschen oder für die empfangende Stelle nicht mehr bedeutsam sind,
2.
die überwiegenden Sicherheitsinteressen dies erfordern,
3.
erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen,
4.
gesetzliche Vorschriften für die übermittelnde Stelle entgegenstellen oder
5.
es sich um personenbezogene Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre oder über Minderjährige unter 16 Jahren handelt, es sei denn, die empfangende Stelle der Information benötigt diese zum Schutz vor Gewalt oder vor Vorbereitungshandlungen zur Gewalt oder vor geheimdienstlichen Tätigkeiten.
(2) Erweist sich eine Information nach ihrer Übermittlung als unrichtig oder unvollständig, so hat die übermittelnde Stelle ihre Information unverzüglich gegenüber der empfangenden Stelle zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn durch die unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt sein können. Die Berichtigung oder Ergänzung ist aktenkundig zu machen und in der entsprechenden Datei zu vermerken.

Abschnitt IV Auskunftserteilung

§ 25 Auskunftserteilung

(1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt auf Antrag einer natürlichen Person Auskunft über Daten, die sie zu dieser Person gespeichert hat. In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die personenbezogenen Daten weder automatisiert noch in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die oder der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von der oder dem Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht.
(2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit
1.
die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde gefährden würde, insbesondere wenn die Gefahr einer Ausforschung der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel besteht,
2.
die Auskunft die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder
3.
die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen
und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss.
(3) Eine Auskunftsverweigerung braucht die Verfassungsschutzbehörde nicht zu begründen, soweit hierdurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Ablehnungsgründe sind aktenkundig zu machen.
(4) Die antragstellende Person ist darauf hinzuweisen, daß sie sich nach Maßgabe des Landesdatenschutzgesetzes an das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein wenden kann.

Abschnitt V Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde

§ 26 Parlamentarisches Kontrollgremium

(1) In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes des Landes unterliegt die Landesregierung der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium. Es nimmt überdies die Aufgabe des gleichnamigen Kontrollorgans nach § 14 des Artikel 10-Gesetzes wahr. § 14 Abs. 1 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes gilt entsprechend.
(2) Der Landtag bestimmt zu Beginn jeder Wahlperiode die Zahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums, seine Zusammensetzung und Arbeitsweise und wählt die Mitglieder des Gremiums aus seiner Mitte. Auf Antrag von zwei Fraktionen oder 18 Abgeordneten kann der Landtag die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Verlauf einer Wahlperiode mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder neu bestimmen. Wird die Zahl der Mitglieder oder die Zusammensetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums neu bestimmt, ist eine Neuwahl der Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 durchzuführen. Mit der Neuwahl erlischt die Mitgliedschaft der bis zu diesem Zeitpunkt amtierenden Mitglieder im Parlamentarischen Kontrollgremium.
(3) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtages auf sich vereint.
(4) Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag aus, so verliert es seine Mitgliedschaft in dem Parlamentarischen Kontrollgremium. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus anderen Gründen aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium ausscheidet.
(5) Die Landesregierung hat das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten; sie berichtet auch über den Erlaß und die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften.
(6) Die Beratungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums sind geheim. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in dem Parlamentarischen Kontrollgremium bekanntgeworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium.
(7) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben im Gewahrsam der Verfassungsschutzbehörde und können nur dort von den Mitgliedern des Gremiums eingesehen werden.
(8) Das Parlamentarische Kontrollgremium tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. Es gibt sich eine Geschäftsordnung.
(9) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums verlangen.

§ 26 a G 10-Kommission

(1) Die G 10-Kommission nimmt die Aufgaben des gleichnamigen Kontrollorgans nach § 15 des Artikel 10-Gesetzes wahr. § 15 Abs. 5 bis 7 des Artikel 10-Gesetzes gelten entsprechend. Sie ist ferner
1.
beim Einsatz technischer Mittel zum Ausfindigmachen eines Mobilfunkendgerätes (§ 8 Abs. 8) und
2.
bei der Anordnung von Auskunftspflichten zu Telekommunikationsbestandsdaten (§ 8 a Abs. 1 Satz 3 und 4), zu Post- und Telekommunikationsverkehrsdaten (§ 8 a Abs. 2 Nr. 3 und 4) sowie zu Nutzungsdaten von Telemedien (§ 8 a Abs. 2 Nr. 5)
zu beteiligen.
(2) Die Kommission besteht aus der oder dem Vorsitzenden, die oder der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, und zwei Beisitzern. Sie werden vom Landtag für die Dauer einer Wahlperiode mit der Maßgabe bestellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode, endet. Für jedes Mitglied der Kommission wird eine Vertreterin oder ein Vertreter bestellt, die oder der an den Sitzungen mit Rede- und Fragerecht teilnehmen kann. Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsausführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Für die Geheimhaltung gilt § 26 Abs. 6 entsprechend. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (§ 26) bedarf.

§ 27 Beauftragte oder Beauftragter für den Verfassungsschutz

Das Parlamentarische Kontrollgremium kann im Einzelfall eine Beauftragte oder einen Beauftragten für den Verfassungsschutz bestellen; die beauftragte Person muß die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen. Die beauftragte Person hat die Aufgabe, die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde zu überprüfen. Ihr ist Einsicht in Akten und Dateien zu gewähren. Sie hat dem Parlamentarischen Kontrollgremium über das Ergebnis der Prüfung zu berichten. Die beauftragte Person ist zur Geheimhaltung verpflichtet.

§ 28 Nachrichtendienstliche Mittel gegen Landtagsabgeordnete

Setzt die Verfassungsschutzbehörde nachrichtendienstliche Mittel gegen eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages ein, hat sie die Präsidentin oder den Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages umgehend hiervon zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn sich der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gegen eine im Schleswig-Holsteinischen Landtag vertretene politische Partei oder eine Untergliederung dieser Partei richtet. Im Falle des Satzes 1 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Läßt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht eingetreten ist. Nach der Mitteilung steht der betroffenen Person der Rechtsweg offen.

Abschnitt VI Schlußvorschriften

§ 29 Änderung des Landesdatenschutzgesetzes

(Änderungsanweisungen)

§ 30 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des § 8 Abs. 2 Satz 3 am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juni 1979 (GVOBl. Schl.-H. S. 400) außer Kraft. § 8 Abs. 2 Satz 3 tritt am 1. Juni 1991 in Kraft.
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