KJSchutzWG SH 2008
DE - Landesrecht Schleswig-Holstein

Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein (Kinderschutzgesetz) Vom 29. Mai 2008

Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein (Kinderschutzgesetz) Vom 29. Mai 2008
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Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert, § 16 aufgehoben (Art. 2 Ges. v. 29.04.2022, GVOBl. S. 616)
Fußnoten
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Verkündet als Artikel 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein (Kinderschutzgesetz) vom 29. Mai 2008

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein (Kinderschutzgesetz) vom 29. Mai 200801.04.2008
Erster Teil - Grundlagen01.04.2008
§ 1 - Ziel und Aufgaben01.04.2008
§ 2 - Grundsätze des Kinderschutzes01.01.2011
§ 3 - Aufgaben der Jugendämter24.06.2022
Zweiter Teil - Information, Aufklärung, Förderung01.04.2008
§ 4 - Angebote zur Bildung, Beratung und Unterstützung von Familien01.04.2008
§ 5 - Förderung überregional tätiger Träger des Kinder- und Jugendschutzes01.04.2008
§ 6 - Fortbildung und Qualifizierung01.04.2008
Dritter Teil - Leistungen, Hilfen01.04.2008
§ 7 - Frühe und rechtzeitige Hilfen und Leistungen01.04.2008
§ 8 - Lokale Netzwerke Kinder- und Jugendschutz24.06.2022
§ 9 - Einrichtungen und Dienste24.06.2022
§ 10 - Persönliche Eignung24.12.2015
Vierter Teil - Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung01.04.2008
§ 11 - Inobhutnahme24.06.2022
§ 12 - Kooperationskreise24.06.2022
§ 13 - Zusammenarbeit und Information bei Kindeswohlgefährdung01.04.2008
Fünfter Teil - Weiterentwicklung des Kinderschutzes01.04.2008
§ 14 - Landeskinderschutzbericht24.06.2022
§ 15 - Förderung durch das Land01.04.2008

Erster Teil Grundlagen

§ 1 Ziel und Aufgaben

(1) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit, auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung. Pflege und Erziehung der Kinder und Jugendlichen sind das Recht und die Pflicht der Eltern, durch das sie die in Satz 1 genannten Rechte von Kindern und Jugendlichen verwirklichen.
(2) Die staatliche Gemeinschaft unterstützt die Eltern bei der Verwirklichung der in Absatz 1 genannten Rechte von Kindern und Jugendlichen. Sie fördert junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung und sie schützt Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl.
(3) Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren für ihr körperliches, geistiges und seelisches Wohl wird durch Förderung, Leistungen und Hilfe gewährleistet.
Sofern hierdurch die Gefahren für das Wohl von Kindern und Jugendlichen nicht abgewendet werden können, wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen durch Maßnahmen zu ihren Gunsten sichergestellt.

§ 2 Grundsätze des Kinderschutzes

(1) Die Sicherung des Rechtes von Kindern und Jugendlichen nach § 1 ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft; hierbei kommt den Trägern von Einrichtungen und Diensten der Jugendhilfe, der Gesundheitshilfe und der Behindertenhilfe, sowie ihren Verbänden eine besondere Bedeutung zu.
(2) Das Land unterstützt zivilgesellschaftliches Engagement zum Schutze von Kindern und Jugendlichen vor Gefährdungen für ihr Wohl durch Information, Aufklärung und Beratung geeigneter gesellschaftlicher Aktivitäten.
(3) Die in § 1 Abs. 3 genannten Aufgaben werden entsprechend den jeweiligen Zuständigkeiten vom Land und den Kommunen wahrgenommen.
(4) Land und Kommunen beachten bei ihrer Aufgabenwahrnehmung die besonderen Anforderungen aufgrund des Alters, des Geschlechts, der unterschiedlichen Wertvorstellung, der Herkunft oder einer Behinderung von Kindern und Jugendlichen.

§ 3 Aufgaben der Jugendämter

(1) Das Jugendamt ist die zentrale Stelle für die Aufgabenwahrnehmung bei Kindeswohlgefährdung. Hierüber informiert es bürgernah die Öffentlichkeit.
(2) Das Jugendamt stellt durch geeignete Vorkehrungen sicher, dass Informationen über mögliche Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen unmittelbar und zuverlässig aufgenommen und bearbeitet werden. Es sorgt dafür, dass ein unverzügliches Handeln sichergestellt ist, um Gefahren für das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu begegnen.
(3) Das Jugendamt gewährleistet, dass geeignete Angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern zur Verfügung stehen und weiterentwickelt werden, um durch Angebote und frühe Hilfen rechtzeitig eine dem Wohl der Kinder und Jugendlichen förderliche Erziehung sicherzustellen.
(4) Im Falle der Gefährdung des Wohls von Kindern und Jugendlichen gewährleistet das Jugendamt durch geeignete Maßnahmen den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Hierzu arbeitet es in den erforderlichen Fällen eng mit der Polizei und den Familiengerichten zusammen. Bei dringender Gefahr und wenn eine Entscheidung des zuständigen Gerichts nicht abgewartet werden kann, ergreift das Jugendamt selbst die notwendigen Maßnahmen und stellt insbesondere die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen sicher.
(5) Die Verwaltung des Jugendamtes berichtet regelmäßig dem Jugendhilfeausschuss, mindestens in zweijährigen Abständen, über die Aufgabenwahrnehmung des Jugendamtes hinsichtlich der Aufgaben des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor einer Gefährdung für ihr Wohl.

Zweiter Teil Information, Aufklärung, Förderung

§ 4 Angebote zur Bildung, Beratung und Unterstützung von Familien

(1) Das Land fördert präventive Angebote zur Bildung, Beratung und Unterstützung von Familien. Die Angebote sollen alle Familien sowie Frauen vor und während der Schwangerschaft in ihrem Alltag und in ihrem konkreten Lebensumfeld erreichen, frühzeitig ansetzen, gezielt in besonderen Belastungssituationen wirken, familiale und nachbarschaftliche Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagement für Familien unterstützen sowie als Teil familienfördernder Maßnahmen vor Ort ausgestaltet sein.
(2) Das Land fördert insbesondere Angebote, die geeignet sind, Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu verhindern und eine gewaltfreie und das Wohl von Kindern und Jugendlichen fördernde Erziehung in der Familie zu unterstützen. Es fördert die Weiterentwicklung generationenübergreifender Angebote und Angebote, die in besonderer Weise das Zusammenwirken von Gesundheitshilfen, Familienförderung, Kindertagesbetreuung und Schulen umsetzen.
(3) Die Förderung beinhaltet die Sicherung und Weiterentwicklung des flächendeckenden Netzes an Familienbildungsstätten und an Beratungsangeboten in familiären Belastungs- und Problemlagen. Das Nähere der Förderung und die zu fördernden Einrichtungen können durch das für Jugendhilfe zuständige Ministerium des Landes Schleswig-Holstein durch Verordnung bestimmt werden.

§ 5 Förderung überregional tätiger Träger des Kinder- und Jugendschutzes

(1) Das Land fördert überregional tätige Träger des Kinder- und Jugendschutzes, um Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen, insbesondere vor Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch, zu schützen sowie deren Personensorgeberechtigte und Erziehungsberechtigte zu befähigen, ihre Kinder besser vor gefährdenden Einflüssen zu bewahren.
(2) Das Nähere der Förderung und die zu fördernden Einrichtungen können durch das für die Jugendhilfe zuständige Ministerium des Landes Schleswig-Holstein durch Verordnung bestimmt werden.

§ 6 Fortbildung und Qualifizierung

(1) Das Land fördert Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote zu Themen des Kinderschutzes für hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Träger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und ihrer Kooperationspartner.
(2) Gefördert werden insbesondere Fortbildungen, die dem Ziel einer verbesserten Zusammenarbeit der Jugend-, Gesundheits- und Behindertenhilfe, und der Zusammenarbeit mit Frauenunterstützungseinrichtungen sowie mit der Polizei und der Justiz dienen.
(3) Das Land fördert Fortbildungsveranstaltungen, in denen Hebammen die für die Tätigkeit als Familienhebamme erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden.
(4) Das Land erstellt und fördert die Entwicklung von Materialien mit Informationen und Empfehlungen für den Kinderschutz zur Qualitätsentwicklung und -sicherung. Es unterstützt die öffentlichen und freien Träger in ihrer Öffentlichkeitsarbeit.

Dritter Teil Leistungen, Hilfen

§ 7 Frühe und rechtzeitige Hilfen und Leistungen

(1) Das Jugendamt gewährleistet, dass junge schwangere Frauen, junge Mütter und junge Väter, Kinder, Jugendliche, Mütter und Väter in belasteten Lebenslagen, mit sozialer Benachteiligung oder individueller Beeinträchtigung frühzeitig auf Beratung, Unterstützung sowie Hilfen und Leistungen hingewiesen werden. Das Jugendamt sorgt dafür, dass solche frühen und rechtzeitigen Hilfen leistungsträgerübergreifend den in Satz 1 genannten Personen angeboten werden und sie rechtzeitig solche Hilfen und Leistungen erhalten.
(2) Mit dem Einverständnis der Betroffenen kann eine Information an und eine Kontaktaufnahme mit den Anbietern möglicher Hilfen und den für die in Frage kommenden Leistungen zuständigen Leistungsträgern und Leistungserbringern erfolgen. Mit dem Einverständnis der Betroffenen können die erforderlichen Informationen zwischen den beteiligten Personen und Stellen ausgetauscht werden, um den in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen schnell und zügig Hilfen und Leistungen anzubieten.
(3) Das Land fördert frühe und rechtzeitige Hilfen und Leistungen für Eltern und Kinder, die gemeinsam von Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Sozialhilfe erbracht werden.

§ 8 Lokale Netzwerke Kinder- und Jugendschutz

(1) In den Kreisen, kreisfreien Städten und der Großen kreisangehörigen Stadt Norderstedt werden lokale Netzwerke Kinder- und Jugendschutz für frühe und rechtzeitige soziale und gesundheitliche Hilfen und Leistungen für Schwangere, Kinder, Jugendliche, Mütter und Väter eingerichtet. Der örtliche Träger der Jugendhilfe übernimmt die Initiative und Steuerung zur Errichtung des lokalen Netzwerkes Kinder- und Jugendschutz.
(2) Die lokalen Netzwerke Kinder- und Jugendschutz befassen sich insbesondere mit Folgendem:
1.
Abstimmung zwischen den Beteiligten zur Erbringung früher und rechtzeitiger Hilfen und Leistungen,
2.
Sicherstellung eines engen Informationsaustausches,
3.
Realisierung der erforderlichen Hilfen und Leis- tungen,
4.
Sicherstellung einer zügigen Leistungserbringung,
5.
individuelle Fallerörterung mit Einverständnis der Betroffenen,
6.
anonymisierte Fallberatung,
7.
Fortbildung von Fachkräften und ehrenamtlich tätigen Personen,
8.
Öffentlichkeitsarbeit.
(3) Teilnehmer der lokalen Netzwerke Kinder- und Jugendschutz können insbesondere sein
1.
das Jugendamt, die Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, das Sozialamt,
2.
Einrichtungen und Dienste, die Leistungen der Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Rehabilita- tion erbringen,
3.
Träger der freien Wohlfahrtspflege,
4.
Kinderschutzorganisationen und -zentren,
5.
niedergelassene Gynäkologen, Kinderärzte, Ärzte,
6.
Entbindungs- und Kinderkliniken,
7.
Hebammen,
8.
Schwangerschaftsberatungsstellen,
9.
Frauenunterstützungseinrichtungen,
10.
Träger der Behindertenhilfe und Verbände für Menschen mit Behinderung,
11.
die Polizei,
12.
die darüber hinaus in § 3 Absatz 2 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 2975), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1444), benannten Personen und Stellen, wenn Netzwerkarbeit im Sinne des § 3 KKG geleistet wird.
(4) Die Teilnehmer der lokalen Netzwerke Kinder- und Jugendschutz treffen Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und Organisation. Sie regeln, bei wem die Koordinationsaufgaben des lokalen Netzwerkes Kinder- und Jugendschutz angesiedelt werden.

§ 9 Einrichtungen und Dienste

(1) Die Träger erlaubnispflichtiger Einrichtungen nach den §§ 45 und 45a SGB VIII sowie § 42 Absatz 1 JuFöG haben im Rahmen der nach § 45 Absatz 3 Nummer 1 SGB VIII vorzulegenden Konzeption die vorgesehenen Verfahren und Maßnahmen zum Schutze von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung, insbesondere auch vor Gefahren, die für das Kindeswohl von den dort Beschäftigten ausgehen können, darzulegen.
(2) Gemäß § 8a Absatz 4 SGB VIII schließen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, Vereinbarungen zur entsprechenden Wahrnehmung des Schutzauftrages durch die Fachkräfte der Einrichtungen und Dienste. Gegenstände dieser Vereinbarungen sind insbesondere Regelungen
1.
zu gewichtigen Anhaltspunkten für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen und zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte,
2.
zur Hinzuziehung einer insoweit erfahrenen Fachkraft bei der Einschätzung des Gefährdungsrisikos sowie zu deren Qualifikation, bei der insbesondere auch die spezifischen Schutzbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen berücksichtigt werden sollen,
3.
zur Einbeziehung der Erziehungsberechtigten sowie des Kindes oder des Jugendlichen,
4.
zum Hinwirken der Einrichtungen und Dienste auf die Inanspruchnahme von Hilfen durch die Erziehungsberechtigten, wenn sie diese für erforderlich halten, und
5.
zur Information des Jugendamtes, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden.
(3) Weitere mögliche Regelungsinhalte sind insbesondere
1.
die Art des Vorgehens bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl,
2.
die Qualifikation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einrichtungen und Diensten und
3.
eine regelmäßige Kooperation und Evaluation.
(4) In den Vereinbarungen nach § 76 Abs. 1 SGB XII sind bei Einrichtungen, in denen Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, in den Absätzen 1 bis 3 entsprechende Inhalte aufzunehmen.
(5) Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe erstellt in Abstimmung mit den örtlichen Trägern und den Verbänden der Träger von Einrichtungen und Diensten Empfehlungen für den Abschluss der in Absatz 2 und 3 genannten Vereinbarungen. Der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe überprüft diese regelmäßig und entwickelt sie in Abstimmung mit den in Satz 1 Genannten weiter.
(6) Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages aufhalten oder in denen sie Unterkunft erhalten, und die zuständigen Leistungsträger haben gegenüber dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien
1.
zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt sowie
2.
zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten.

§ 10 Persönliche Eignung

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellen in Vereinbarungen gemäß § 72a Absatz 2 und 4 SGB VIII mit Trägern von Einrichtungen und Diensten sicher, dass für dort tätige Personen entsprechend § 72a Absatz 1 Satz 2 SGB VIII Führungszeugnisse vorgelegt werden.
(2) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellen sicher, dass die von ihnen vermittelten Kindertagespflegepersonen dafür sorgen, dass andere Personen, die als Haushaltsmitglied oder in sonstiger Weise in ständigem Kontakt mit den betreuten Kindern oder Jugendlichen stehen, wegen keiner in § 72a Absatz 1 Satz 1 SGB VIII genannten Straftaten verurteilt sind.

Vierter Teil Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung

§ 11 Inobhutnahme

(1) Erfolgt gemäß § 42 SGB VIII die Inobhutnahme von Kindern oder Jugendlichen, so hat diese in einer der besonderen Situation des Kindes oder Jugendlichen angemessenen Form zu erfolgen. Die Inobhutnahme soll bei einer geeigneten Person, in einer familienähnlichen Betreuungseinrichtung, einer Bereitschaftspflegestelle, Zufluchtsstätte oder in einer sonstigen in besonderer Weise für die Inobhutnahme geeigneten Einrichtung geschehen.
(2) Während der Inobhutnahme sind umgehend die Möglichkeiten der Hilfe und der Unterstützung für die Kinder und Jugendlichen zu klären, diese sind hieran in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form zu beteiligen.
(3) Bei der Information der Personensorgeberechtigten nach § 42 Abs. 3 SGB VIII ist zu klären, ob sie mit geeigneten Hilfen für die Kinder und Jugendlichen einverstanden sind. Ist ein solches Einverständnis nicht vorhanden und ist nach der Einschätzung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe die Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen auf andere Weise nicht abzuwenden, so ist unverzüglich die Entscheidung des Familiengerichts einzuholen, sodass die zur Abwehr der Gefährdung des Kindes oder Jugendlichen erforderlichen und geeigneten Maßnahmen getroffen werden können.

§ 12 Kooperationskreise

(1) Zur Kooperation in Kinder- und Jugendschutzangelegenheiten und bei Kindeswohlgefährdung werden in den Kreisen, kreisfreien Städten und der Großen kreisangehörigen Stadt Norderstedt Kooperationskreise gebildet. Sofern solche nicht bestehen, übernimmt der örtliche Träger der Jugendhilfe die Initiative zur Errichtung der Kooperationskreise.
(2) Teilnehmer der Kooperationskreise sind insbesondere
1.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe,
2.
die Gesundheitsämter,
3.
Schulen und gegebenenfalls die Schulaufsicht,
4.
Polizei- und Ordnungsbehörden und
5.
die Staatsanwaltschaften.
Teilnehmer sollen auch die Gerichte, insbesondere die Familiengerichte, sein.
(3) Die Kooperationskreise stellen die Rahmenbedingungen für eine effektive und schnelle Zusammenarbeit bei möglicher Kindeswohlgefährdung sicher. Hierzu gehören insbesondere die Gewährleistung schneller Informationen bei möglicher Kindeswohlgefährdung und eine vernetzte Kooperation zwischen den mit einer möglichen Kindeswohlgefährdung befassten Stellen. Die Kooperationskreise treffen sich mindestens einmal jährlich.

§ 13 Zusammenarbeit und Information bei Kindeswohlgefährdung

(1) Werden der Schule Anhaltspunkte für eine mögliche Kindeswohlgefährdung bekannt, so geht sie im Rahmen ihres schulischen Auftrags diesen Anhaltspunkten nach. Hält sie das Tätigwerden der Kinder- und Jugendhilfe für erforderlich, so informiert sie das Jugendamt. Das Jugendamt bestätigt der Schule kurzfristig den Eingang der Meldung und teilt ihr mit, ob es weiterhin tätig ist.
(2) Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht teilen dem Jugendamt Anhaltspunkte für einen Verdacht oder Tatsachen im Zusammenhang mit einer möglichen Kindeswohlgefährdung im Rahmen der jeweils für sie geltenden Regelung mit. Das Jugendamt bestätigt der meldenden Stelle kurzfristig den Eingang der Mitteilung und teilt ihr mit, ob es weiterhin tätig ist.

Fünfter Teil Weiterentwicklung des Kinderschutzes

§ 14 Landeskinderschutzbericht

(1) Die Landesregierung legt dem Landtag alle fünf Jahre einen Bericht zur Situation von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr körperliches, geistiges oder seelisches Wohl vor. Der Bericht soll neben einer Situationsanalyse eine Darstellung der Umsetzung des Gesetzes in Schleswig-Holstein sowie Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes in Schleswig-Holstein enthalten.
(2) Bei der Ausarbeitung des Berichtes hat das für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium die Expertise der Fachpraxis und Fachwissenschaft im Kinderschutz zu berücksichtigen. Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe, der verschiedenen Bereiche des Gesundheitswesens, der Behindertenhilfe, Vertreterinnen und Vertreter der Polizei, Justiz, der Wohlfahrtsverbände und weiterer auf dem Gebiet des Kinderschutzes tätigen gesellschaftlichen Gruppen und Fachverbände sowie selbstorganisierte Zusammenschlüsse nach § 4 Absatz 4 sind in angemessener und geeigneter Weise bei der Berichterstellung zu beteiligen. Das federführende Ministerium setzt ein fachlich geeignetes Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der Fachpraxis und Fachwissenschaft im Kinderschutz ein, welches Vorschläge und Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes in Schleswig-Holstein erarbeitet. Diese Empfehlungen und Vorschläge sind Bestandteil des Landeskinderschutzberichtes.

§ 15 Förderung durch das Land

Die Förderung nach den §§ 4, 5, 6 und 7 erfolgt in Verbindung mit § 58 des Jugendförderungsgesetzes nach Maßgabe des Landeshaushalts.
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