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Landesverordnung über die Ausbildung der Juristinnen und Juristen (Juristenausbildungsverordnung - JAVO) Vom 15. Februar 2014

Landesverordnung über die Ausbildung der Juristinnen und Juristen (Juristenausbildungsverordnung - JAVO) Vom 15. Februar 2014
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert, § 32a neu eingefügt (Art. 2 Ges. v. 19.12.2022, GVOBl. S. 1008)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Landesverordnung über die Ausbildung der Juristinnen und Juristen (Juristenausbildungsverordnung - JAVO) vom 15. Februar 201428.02.2014
Eingangsformel28.02.2014
Inhaltsverzeichnis01.01.2023
Erster Teil - Allgemeines28.02.2014
§ 1 - Universitätsstudium und staatliche Pflichtfachprüfung28.07.2017
Zweiter Teil - Staatliche Pflichtfachprüfung28.02.2014
Abschnitt I - Allgemeines28.02.2014
§ 2 - Zulassungsvoraussetzungen für die staatliche Pflichtfachprüfung04.03.2021
§ 3 - Prüfungsfächer28.02.2014
§ 4 - Praktische Studienzeiten22.02.2019
Abschnitt II - Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung28.02.2014
§ 5 - Zulassungsantrag und Zulassung28.02.2014
§ 6 - Entscheidung über die Zulassung28.02.2014
Abschnitt III - Justizprüfungsamt28.02.2014
§ 7 - Justizprüfungsamt22.02.2019
§ 8 - Unabhängigkeit der Mitglieder des Justizprüfungsamtes28.02.2014
§ 9 - Dauer der Mitgliedschaft28.02.2014
Abschnitt IV - Das Prüfungsverfahren28.02.2014
§ 10 - Gliederung der Prüfung28.02.2014
§ 11 - Aufsichtsarbeiten28.02.2014
§ 12 - Anfertigung der Aufsichtsarbeiten28.07.2017
§ 13 - Beurteilung der Aufsichtsarbeiten28.02.2014
§ 14 - Anonymität28.02.2014
§ 15 - Ausschluss von der mündlichen Prüfung28.02.2014
§ 16 - Bekanntgabe der Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten28.02.2014
§ 17 - Prüfungsausschuss28.02.2014
§ 18 - Mündliche Prüfung28.07.2017
§ 19 - Rücktritt28.02.2014
§ 20 - Schlussberatung28.02.2014
§ 21 - Schlussentscheidung28.02.2014
§ 22 - Freiversuch28.07.2017
§ 23 - Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung28.02.2014
§ 24 - Wiederholung der Prüfung28.02.2014
§ 25 - Täuschungsversuche und Verstöße gegen die Ordnung28.02.2014
§ 26 - Entscheidungen des Prüfungsausschusses in der mündlichen Prüfung28.02.2014
§ 27 - Niederschrift28.02.2014
§ 28 - Einsicht in die Prüfungsakten28.02.2014
§ 29 - Rechtsbehelf28.02.2014
Dritter Teil - Vorbereitungsdienst28.02.2014
§ 30 - Leitung der Ausbildung und Dienstaufsicht01.01.2023
§ 31 - Grundsätze der Ausbildung28.02.2014
§ 32 - Dauer und Gliederung des Vorbereitungsdienstes01.01.2023
§ 32a - Ergänzungsvorbereitungsdienst01.01.2023
§ 33 - Ausbildungslehrgänge01.01.2023
§ 34 - Arbeitsgemeinschaften01.01.2023
§ 35 - Zeugnisse01.01.2023
§ 36 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten01.01.2023
Aufgrund des § 14 des Juristenausbildungsgesetzes vom 20. Februar 2004 (GVOBl. Schl.-H. S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 93), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen zuletzt ersetzt durch Verordnung vom 4. April 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 143), verordnet die Landesregierung:
Inhaltsübersicht:
Erster Teil Allgemeines
§ 1Universitätsstudium und staatliche Pflichtfachprüfung
Zweiter Teil Staatliche Pflichtfachprüfung
Abschnitt I Allgemeines
§ 2Zulassungsvoraussetzungen für die staatliche Pflichtfachprüfung
§ 3Prüfungsfächer
§ 4Praktische Studienzeiten
Abschnitt II Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung
§ 5Zulassungsantrag und Zulassung
§ 6Entscheidung über die Zulassung
Abschnitt III Justizprüfungsamt
§ 7Justizprüfungsamt
§ 8Unabhängigkeit der Mitglieder des Justizprüfungsamtes
§ 9Dauer der Mitgliedschaft
Abschnitt IV Das Prüfungsverfahren
§ 10Gliederung der Prüfung
§ 11Aufsichtsarbeiten
§ 12Anfertigung der Aufsichtsarbeiten
§ 13Beurteilung der Aufsichtsarbeiten
§ 14Anonymität
§ 15Ausschluss von der mündlichen Prüfung
§ 16Bekanntgabe der Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten
§ 17Prüfungsausschuss
§ 18Mündliche Prüfung
§ 19Rücktritt
§ 20Schlussberatung
§ 21Schlussentscheidung
§ 22Freiversuch
§ 23Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung
§ 24Wiederholung der Prüfung
§ 25Täuschungsversuche und Verstöße gegen die Ordnung
§ 26Entscheidungen des Prüfungsausschusses in der mündlichen Prüfung
§ 27Niederschrift
§ 28Einsicht in die Prüfungsakten
§ 29Rechtsbehelf
Dritter Teil Vorbereitungsdienst
§ 30Leitung der Ausbildung und Dienstaufsicht
§ 31Grundsätze der Ausbildung
§ 32Dauer und Gliederung des Vorbereitungsdienstes
§ 32aErgänzungsvorbereitungsdienst
§ 33Ausbildungslehrgänge
§ 34Arbeitsgemeinschaften
§ 35Zeugnisse
§ 36Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Erster Teil Allgemeines

§ 1 Universitätsstudium und staatliche Pflichtfachprüfung

Diese Landesverordnung regelt den staatlichen Teil der ersten Prüfung (staatliche Pflichtfachprüfung) und den Vorbereitungsdienst nach Maßgabe des Deutschen Richtergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), und des Juristenausbildungsgesetzes. Der staatlichen Pflichtfachprüfung geht ein Studium der Rechtswissenschaften voraus, in dessen Rahmen die Studierenden an Lehrveranstaltungen in den Prüfungsfächern teilnehmen müssen. Mindestens zwei Semester unmittelbar vor dem Antrag auf Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung müssen auf ein Studium der Rechtswissenschaften an einem in Schleswig-Holstein für diesen Studiengang zuständigen Fachbereich verwendet worden sein.

Zweiter Teil Staatliche Pflichtfachprüfung

Abschnitt I Allgemeines

§ 2 Zulassungsvoraussetzungen für die staatliche Pflichtfachprüfung

(1) Für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung muss die Bewerberin oder der Bewerber
1.
an mindestens einer Lehrveranstaltung teilgenommen haben, in der Schlüsselqualifikationen vermittelt worden sind,
2.
erfolgreich eine fremdsprachige rechtswissenschaftliche Veranstaltung oder einen rechtswissenschaftlich ausgerichteten Sprachkurs besucht haben,
3.
an je einer Pflichtarbeitsgemeinschaft für Anfängerinnen und Anfänger im Bürgerlichen Recht, im Strafrecht und im Öffentlichen Recht teilgenommen haben,
4.
praktische Studienzeiten nach § 4 absolviert haben,
5.
studienbegleitend eine Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaften erfolgreich abgelegt haben,
6.
an je einer unter der wissenschaftlichen Verantwortung einer Hochschullehrerin oder eines Hochschullehrers durchgeführten Übung für Fortgeschrittene im Bürgerlichen Recht, im Strafrecht und im Öffentlichen Recht mit Erfolg teilgenommen haben und
7.
an einer unter der wissenschaftlichen Verantwortung einer Hochschullehrerin oder eines Hochschullehrers durchgeführten rechtswissenschaftlichen Lehrveranstaltung, in der geschichtliche, philosophische oder gesellschaftliche Grundlagen des Rechtes und die Methoden seiner Anwendung an Einzelthemen exemplarisch behandelt worden sind (Grundlagenveranstaltung), oder an einem entsprechenden Seminar mit Erfolg teilgenommen haben; dabei darf es sich nicht um das Seminar handeln, in dessen Rahmen die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung abgenommen wird.
Soweit hauptamtliche wissenschaftliche Assistentinnen und Assistenten sowie Oberassistentinnen und Oberassistenten mit der eigenständigen Durchführung von Veranstaltungen nach Satz 1 Nummern 6 und 7 betraut sind, stehen sie Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern gleich.
(2) Erfolgreich ist die Teilnahme
1.
an einer fremdsprachlichen Veranstaltung, wenn die Bewerberin oder der Bewerber eine Aufsichtsarbeit angefertigt hat oder sich einer mündlichen Prüfung unterzogen hat, die mit mindestens „ausreichend“ bewertet worden ist,
2.
an einer Übung, wenn die Bewerberin oder der Bewerber eine Hausarbeit und eine Aufsichtsarbeit angefertigt hat, die mindestens mit „ausreichend“ bewertet worden sind, und
3.
an einer Grundlagenveranstaltung, wenn eine Hausarbeit, eine Aufsichtsarbeit, ein Referat oder eine gleichwertige Leistung mit mindestens „ausreichend“ bewertet worden ist.
(3) Das Justizprüfungsamt kann von den Erfordernissen des Absatzes 1 Satz 1 aus wichtigem Grund Befreiung erteilen. Die Befreiung soll ausgesprochen werden, wenn die oder der Studierende an einer Universität im In- oder Ausland ordnungsgemäß immatrikuliert war und dort an einer gleichwertigen Lehrveranstaltung eines rechtswissenschaftlichen Fachbereiches teilgenommen beziehungsweise gleichwertige Leistungsnachweise erbracht hat. Die Befreiung ist auszusprechen, wenn das Dekanat des für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereiches der Universität allgemein oder im Einzelfall bestätigt, dass die Lehrveranstaltung oder der Leistungsnachweis des in- oder ausländischen rechtswissenschaftlichen Fachbereiches im Schwierigkeitsgrad den nach dieser Verordnung vorausgesetzten Lehrveranstaltungen oder Leistungsnachweisen entspricht. Eine Befreiung im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 ist nur für bis zu zwei Übungen für Fortgeschrittene möglich, soweit die entsprechende Übung für Anfängerinnen und Anfänger für das jeweilige Fach oder die Zwischenprüfung erfolgreich absolviert worden ist. Ist die Anfertigung von Aufsichtsarbeiten als Teilleistung der Übungen für Fortgeschrittene gemäß Absatz 2 Nummer 2 aufgrund besonderer, nicht von der oder dem Studierenden zu verantwortender Umstände nicht möglich, kann das Justizprüfungsamt für alle nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Übungen für Fortgeschrittene eine Befreiung erteilen, wenn jeweils statt der Aufsichtsarbeit eine schriftliche Arbeit im entsprechenden Umfang der Aufsichtsarbeit angefertigt worden ist und soweit die entsprechende Übung für Anfängerinnen und Anfänger für das jeweilige Fach oder die Zwischenprüfung erfolgreich absolviert worden ist.

§ 3 Prüfungsfächer

(1) Prüfungsfächer sind die Pflichtfächer. Andere Rechtsgebiete dürfen im Zusammenhang mit den Prüfungsfächern zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt wird.
(2) Pflichtfächer sind die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechtes, des Strafrechtes und des Öffentlichen Rechtes sowie des Verfahrensrechtes einschließlich der europarechtlichen Bezüge, der rechtswissenschaftlichen Methoden und der philosophischen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Grundlagen.
(3) Die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechtes sind:
1.
Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und seinen Nebengesetzen:
a)
die allgemeinen Lehren, das Erste Buch und aus dem Zweiten Buch der Erste bis Siebente Abschnitt,
b)
von den einzelnen Schuldverhältnissen des Achten Abschnittes des Zweiten Buches:
aa)
Kauf, Darlehensvertrag, Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, Schenkung, Mietvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag, Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, Gesellschaft, Bürgschaft, Schuldanerkenntnis, ungerechtfertigte Bereicherung und unerlaubte Handlungen,
bb)
im Überblick:
die anderen Schuldverhältnisse des Achten Abschnittes,
cc)
im Überblick:
das Produkthaftungsgesetz und die Halterhaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz,
c)
aus dem Sachenrecht:
aa)
Besitz, die Allgemeinen Vorschriften über Rechte an Grundstücken, Inhalt, Erwerb und Verlust des Eigentums, die Ansprüche aus dem Eigentum, Hypothek und Grundschuld,
bb)
im Überblick:
die anderen beschränkten dinglichen Rechte,
d)
aus dem Familienrecht im Überblick:
Ehe und Familie und nichteheliche Lebensgemeinschaft,
e)
aus dem Erbrecht im Überblick:
gesetzliche und testamentarische Erbfolge, Erbengemeinschaft, Testament und Erbvertrag, Pflichtteil und Erbschein,
2.
aus dem Handelsrecht im Überblick:
Kaufleute, Handelsregister, Handelsfirma, Prokura und Handlungsvollmacht, Allgemeine Vorschriften über Handelsgeschäfte und Handelskauf,
3.
aus dem Gesellschaftsrecht im Überblick:
das Recht der Personengesellschaften, das Recht der Kapitalgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der GmbH,
4.
aus dem Arbeitsrecht im Überblick:
Inhalt, Begründung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie Leistungsstörungen und Haftung im Arbeitsverhältnis einschließlich der zugehörigen Regelungen aus dem Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht und
5.
aus dem Zivilverfahrensrecht im Überblick:
a)
aus dem Erkenntnisverfahren:
Gerichtsverfassungsrechtliche Grundlagen, Verfahrensgrundsätze, Verfahren im ersten Rechtszug und Arten der Rechtsbehelfe,
b)
aus dem Vollstreckungsverfahren:
Rechtsbehelfe, Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen und Arten der Zwangsvollstreckung.
(4) Kernbereiche des Strafrechtes sind:
1.
aus dem Strafgesetzbuch (StGB):
a)
allgemeine Lehren und aus dem Allgemeinen Teil der Erste und der Zweite Abschnitt, aus dem Dritten Abschnitt der Erste bis Dritte Titel,
b)
im Überblick:
aus dem Dritten Abschnitt der Vierte bis Sechste Titel,
c)
aus dem Besonderen Teil:
aa)
der Sechste, Siebente, Neunte, Zehnte, Vierzehnte bis Dreiundzwanzigste, Fünfundzwanzigste, Siebenundzwanzigste und Achtundzwanzigste Abschnitt sowie aus dem Dreißigsten Abschnitt die §§ 331 bis 336,
bb)
im Überblick:
der Elfte und Neunundzwanzigste Abschnitt sowie die übrigen Vorschriften des Dreißigsten Abschnittes,
2.
aus dem Strafverfahrensrecht im Überblick:
Verfahrensgrundsätze und verfassungsrechtliche Bezüge des Strafprozessrechtes, allgemeiner Gang des Strafverfahrens, Rechtsstellung der Verfahrensbeteiligten, vorläufige Festnahme und Verhaftung, Beweisrecht sowie Rechtskraft.
(5) Kernbereiche des Öffentlichen Rechtes sind:
1.
das Staatsrecht ohne Finanz- und Notstandsverfassung,
2.
aus dem Verfassungsprozessrecht:
die Verfassungsbeschwerde, der Organstreit, die abstrakte und die konkrete Normenkontrolle,
3.
allgemeines Verwaltungsrecht, davon im Überblick das Verfahrensrecht,
4.
aus dem Besonderen Verwaltungsrecht:
a)
das Recht der öffentlichen Sicherheit,
b)
aus dem Kommunalrecht:
Verfassungsrechtliche Grundlagen, Aufgaben der Gemeinden, Kreise und Ämter einschließlich ihrer wirtschaftlichen Betätigung, Kommunalverfassung und Kommunalaufsicht,
c)
im Überblick:
das Umweltrecht sowie das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht,
5.
aus dem Verwaltungsprozessrecht:
a)
die Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage, die Klagearten, das Vorverfahren,
b)
im Überblick:
vorläufiger Rechtsschutz und Instanzenzug,
6.
aus dem Europarecht:
die Europäische Union, die Organe und die Handlungsformen der Europäischen Gemeinschaften, die Rechtsquellenlehre und die Grundfreiheiten sowie der Rechtsschutz vor dem Gericht Erster Instanz und dem Europäischen Gerichtshof.
(6) Überblick im Sinne dieser Verordnung sind Kenntnisse von Inhalt und Struktur der geschriebenen und ungeschriebenen Normen, ihrer systematischen Bedeutung und ihrer Grundgedanken ohne Einzelheiten aus Rechtsprechung und Schrifttum.

§ 4 Praktische Studienzeiten

(1) Die Bewerberin oder der Bewerber muss während der vorlesungsfreien Zeit des Studiums an praktischen Studienzeiten von insgesamt drei Monaten teilgenommen haben.
(2) In den praktischen Studienzeiten sollen Anschauung und Information über die Rechtswirklichkeit, die sozialen Bedingungen und die Auswirkungen des Rechtes sowie der Zusammenhang von materiellem Recht und Verfahrensrecht vermittelt werden. Von den praktischen Studienzeiten sind in beliebiger Reihenfolge insgesamt drei Monate abzuleisten, und zwar
1.
ein Monat bei einem Amtsgericht,
2.
ein Monat bei einer Verwaltungsbehörde und
3.
ein Monat nach Wahl bei einem Amtsgericht, einem anderen Gericht, einer Staatsanwaltschaft, einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt, einer Verwaltungsbehörde oder einer sonstigen Ausbildungsstelle, bei der eine sachgerechte Ausbildung gewährleistet ist.
(3) Die Zulassung zu den praktischen Studienzeiten erfolgt auf Antrag der oder des Studierenden. Über den Antrag entscheidet in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nummern 1 und 3, soweit es sich um eine praktische Studienzeit bei einem Amtsgericht handelt, die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichtes oder die Präsidentin oder der Präsident des Amtsgerichtes für den Bezirk des Amtsgerichtes und im Übrigen die mit der Ausbildung befasste Stelle. Sie führen jeweils die Aufsicht über die Ausbildung der oder des Studierenden in den praktischen Studienzeiten.
(4) Zu Beginn eines jeden Abschnittes der praktischen Studienzeiten wird die oder der Studierende von der Leitung der Ausbildungsstelle nach Maßgabe des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), geändert durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942), auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer oder seiner Obliegenheiten verpflichtet. Nach dem jeweiligen Abschluss erhält die oder der Studierende eine Bescheinigung über die Teilnahme.
(5) Außerhalb Schleswig-Holsteins abgeleistete praktische Studienzeiten kann das Justizprüfungsamt als praktische Studienzeiten im Sinne des Absatzes 1 anerkennen, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllen oder den Vorschriften eines anderen Landes über die Juristenausbildung genügen.
(6) Das Nähere regelt in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nummern 1 und 3 das Justizprüfungsamt, in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nummer 2 und soweit für die praktischen Studienzeiten nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 eine Verwaltungsbehörde gewählt wird, die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident. Sie können allgemein oder im Einzelfall andere Tätigkeiten als praktische Studienzeiten anerkennen, wenn diese bei einer sonstigen Stelle, bei der eine sachgerechte Ausbildung gewährleistet ist, abgeleistet werden.
(7) Mit Zustimmung des für Justiz zuständigen Ministeriums können das Justizprüfungsamt und die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident andere Formen der praktischen Studienzeiten erproben.

Abschnitt II Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung

§ 5 Zulassungsantrag und Zulassung

(1) Für die Teilnahme an der staatlichen Pflichtfachprüfung bedarf es der Zulassung. Die Antragstellerin oder der Antragsteller soll den schriftlichen Zulassungsantrag spätestens sechs Wochen vor Beginn der Prüfung und unmittelbar im Anschluss an das Studium bei dem Justizprüfungsamt einreichen. Die Antragstellung in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
(2) Dem Antrag sind beizufügen:
1.
Ein Nachweis über die Hochschulzugangsberechtigung,
2.
Nachweise über den Verlauf des Studiums wie Studienbücher, Immatrikulations-, Studien- und Exmatrikulationsbescheinigungen,
3.
Nachweise über die Zulassungsvoraussetzungen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 oder über die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 2 Absatz 3,
4.
die Versicherung, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung bisher bei keinem anderen Prüfungsamt beantragt hat oder die Angabe, wann und wo dies geschehen ist,
5.
ein amtliches Führungszeugnis,
6.
ein Lebenslauf,
7.
eine Erklärung, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller von der Möglichkeit des Freiversuches (§ 22) Gebrauch machen will und
8.
bei Verzicht auf die Bekanntgabe nach § 16 ein entsprechender Antrag.
(3) Falls die erforderlichen Urkunden nicht vorgelegt werden können, kann der Nachweis auf andere Weise erbracht werden.
(4) Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann sonstige Bescheinigungen, insbesondere über zusätzliche Studienleistungen, die sich auf ihren oder seinen Studiengang beziehen, vorlegen.

§ 6 Entscheidung über die Zulassung

(1) Das Justizprüfungsamt lässt die Antragstellerin oder den Antragsteller stets mit Wirkung für den nächsten möglichen Prüfungstermin zu.
(2) Die Zulassung ist zu versagen, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller
1.
die Voraussetzungen des § 1 Satz 2 und 3 und des § 2 Absatz 1 nicht erfüllt,
2.
die Zulassung bei einem anderen Prüfungsamt beantragt hat und das Prüfungsverfahren nicht abgeschlossen ist oder wenn sie oder er die Prüfung bei einem anderen Prüfungsamt nicht bestanden hat und die Voraussetzungen für einen Wechsel des Prüfungsamtes in der Wiederholungsprüfung gemäß § 24 nicht vorliegen,
3.
aus gesundheitlichen Gründen prüfungsunfähig ist,
4.
wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller wegen einer vorsätzlich begangenen Tat von einem deutschen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt und die Strafe noch nicht aus dem Bundeszentralregister getilgt worden ist oder
5.
solange der Antragstellerin oder dem Antragsteller die Freiheit entzogen ist.
(3) Die Zulassung kann versagt werden,
1.
wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller ein in § 5 genanntes Zeugnis, eine Erklärung oder ein sonstiges Schriftstück dem Antrag nicht beigefügt hat,
2.
wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller im Hinblick auf die Zulassung falsche Angaben gemacht hat oder
3.
solange ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder ein gerichtliches Strafverfahren wegen des Verdachtes einer vorsätzlich begangenen Tat anhängig ist, das zu einer Verurteilung im Sinne von Absatz 2 Nummer 4 führen kann.
(4) Die Zulassung kann zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller sie durch eine falsche Angabe herbeigeführt hat oder nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die zu einer Versagung der Zulassung geführt hätten.
(5) In den Fällen der Absätze 2 bis 4 kann das Justizprüfungsamt eine Frist von bis zu zwölf Monaten festsetzen, vor deren Ablauf über ein erneutes Zulassungsgesuch der Antragstellerin oder des Antragstellers nicht entschieden wird.

Abschnitt III Justizprüfungsamt

§ 7 Justizprüfungsamt

(1) Die staatliche Pflichtfachprüfung wird vor dem Justizprüfungsamt abgelegt. Das Justizprüfungsamt besteht aus der oder dem Vorsitzenden, deren Stellvertreterinnen und Stellvertretern und den weiteren Mitgliedern. Alle Mitglieder des Prüfungsamtes sind nebenamtlich oder nebenberuflich tätig.
(2) Die oder der Vorsitzende des Justizprüfungsamtes wird von dem für Justiz zuständigen Ministerium berufen. Sie oder er beruft die übrigen Mitglieder des Justizprüfungsamtes. Sie oder er führt die Aufsicht über den Geschäftsbetrieb des Justizprüfungsamtes und ist für alle Entscheidungen und sonstigen Maßnahmen im Rahmen des Prüfungsverfahrens zuständig, soweit nicht im Juristenausbildungsgesetz oder in dieser Verordnung etwas anderes geregelt ist.
(3) Personen im Sinne von § 4 Satz 1 Nummer 1 des Juristenausbildungsgesetzes werden auf Vorschlag des Dekanates des für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereiches der Universität berufen. Personen im Sinne von § 4 Satz 1 Nummer 3 des Juristenausbildungsgesetzes werden auf Vorschlag des Vorstandes der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer berufen. Personen im Sinne von § 4 Satz 1 Nummer 4 des Juristenausbildungsgesetzes, die nicht im Geschäftsbereich des für Justiz zuständigen Ministeriums tätig sind, werden mit Zustimmung oder auf Vorschlag der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten berufen. Bei der Berufung der Prüferinnen und Prüfer ist anzustreben, dass Frauen und Männer zu gleichen Anteilen vertreten sind; zu diesem Zweck sollen verstärkt Frauen als Mitglieder des Justizprüfungsamtes gewonnen werden.
(4) Aufsichtsbehörde für das Justizprüfungsamt ist das für Justiz zuständige Ministerium.

§ 8 Unabhängigkeit der Mitglieder des Justizprüfungsamtes

Die Mitglieder des Justizprüfungsamtes sind in der Ausübung ihres Amtes als Prüferinnen und Prüfer unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Die Beurteilungen von Prüfungsleistungen müssen durch die Mitglieder des Justizprüfungsamtes persönlich und unmittelbar erfolgen. Insbesondere bei der Korrektur schriftlicher Arbeiten ist die Hinzuziehung von Dritten zur Erstellung von Vorabkorrekturen oder Voten unzulässig.

§ 9 Dauer der Mitgliedschaft

(1) Das Justizprüfungsamt wird jeweils für die Dauer von fünf Jahren besetzt. Nachberufungen sind zulässig. Bei Ablauf der Frist verlängert sich die Mitgliedschaft bis zur Neubesetzung des jeweiligen Amtes.
(2) Die Mitgliedschaft im Justizprüfungsamt endet
1.
bei Mitgliedern nach § 4 Satz 1 Nummer 1 des Juristenausbildungsgesetzes mit dem Eintritt in den Ruhestand, ihrer Emeritierung oder ihrem Ausscheiden aus dem für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereich der Universität,
2.
bei Mitgliedern nach § 4 Satz 1 Nummer 2 des Juristenausbildungsgesetzes mit dem Ausscheiden aus dem Hauptamt,
3.
bei Mitgliedern nach § 4 Satz 1 Nummer 3 des Juristenausbildungsgesetzes mit dem Erlöschen der Zulassung im Geltungsbereich dieser Verordnung oder mit Erreichen des siebenundsechzigsten Lebensjahres und
4.
bei Mitgliedern nach § 4 Satz 1 Nummer 4 und 5 des Juristenausbildungsgesetzes mit dem Ausscheiden aus dem Hauptamt oder mit Erreichen des siebenundsechzigsten Lebensjahres.
(3) Dauert bei Ablauf der Mitgliedschaft ein bereits begonnenes Prüfungsverfahren an, verlängert sich die Mitgliedschaft bis zum Abschluss des Prüfungsverfahrens.
(4) Die oder der Vorsitzende des Justizprüfungsamtes kann im Einzelfall die Mitgliedschaft eines Mitgliedes des Prüfungsamtes im Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft nach Absatz 2 um weitere fünf Jahre verlängern, soweit es sich nicht um die Verlängerung einer erstmaligen Berufung handelt.

Abschnitt IV Das Prüfungsverfahren

§ 10 Gliederung der Prüfung

(1) Die Prüfung gliedert sich in:
1.
Die Anfertigung von sechs Aufsichtsarbeiten in den Kernbereichen der Pflichtfächer und
2.
die mündliche Prüfung in den Kernbereichen der Pflichtfächer einschließlich der wissenschaftlichen Methoden und der philosophischen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Grundlagen.
(2) Die Prüfung beginnt mit den Aufsichtsarbeiten und endet mit der mündlichen Prüfung.

§ 11 Aufsichtsarbeiten

(1) Die Prüfung beginnt mit der Anfertigung der ersten Aufsichtsarbeit an dem vom Justizprüfungsamt bestimmten Termin.
(2) An je einem Tage sind Aufsichtsarbeiten aus den Pflichtfächern zu fertigen, und zwar
1.
drei im Bürgerlichen Recht mit Schwerpunkt aus den Kernbereichen des Bürgerlichen Rechts gemäß § 3 Absatz 3,
2.
eine im Strafrecht mit Schwerpunkt aus § 3 Absatz 4 Nummer 1 Buchstaben a und c und Nummer 2 und
3.
zwei im Öffentlichen Recht mit Schwerpunkt aus § 3 Absatz 5 Nummern 1 bis 5.
Nach zwei Aufsichtsarbeiten ist jeweils ein prüfungsfreier Tag vorzusehen. Sämtliche Aufsichtsarbeiten sind innerhalb von zwei aufeinander folgenden Wochen anzufertigen. Für jede Aufsichtsarbeit stehen der Kandidatin oder dem Kandidaten fünf Stunden zur Verfügung. Bei Behinderungen oder länger dauernder Krankheit kann das Justizprüfungsamt auf schriftlichen Antrag der Kandidatin oder des Kandidaten rechtzeitig vor Beginn der Aufsichtsarbeiten die Bearbeitungszeit verlängern oder persönliche oder sachliche Hilfsmittel zulassen oder andere der Art der Beeinträchtigung angemessene Erleichterungen gewähren. Im Antrag ist die Beeinträchtigung darzulegen und durch ein amtsärztliches Attest, das die für die Beurteilung notwendigen medizinischen Befundtatsachen enthält, zu belegen.
(3) Die Aufsichtsarbeiten sollen einen tatsächlich einfachen Fall betreffen, der den Kandidatinnen und Kandidaten Gelegenheit gibt, Kenntnisse in den Pflichtfächern von einfachen bis zu anspruchsvollen Rechtsfragen anzuwenden.
(4) Die Kandidatin oder der Kandidat darf bei der Bearbeitung nur die vom Justizprüfungsamt zugelassenen Hilfsmittel benutzen.

§ 12 Anfertigung der Aufsichtsarbeiten

(1) Die Aufsicht bei der Anfertigung der Aufsichtsarbeiten führt ein Mitglied des Justizprüfungsamtes, eine Richterin oder ein Richter oder eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt. Die Aufsicht führende Person wird vom Justizprüfungsamt bestellt. In Einzelfällen oder bei Verhinderung der Aufsicht führenden Person kann das Justizprüfungsamt auch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter bestellen, die für das Justizprüfungsamt tätig sind.
(2) Die Kandidatin oder der Kandidat hat die Aufsichtsarbeit spätestens bei Ablauf der Bearbeitungsfrist an die Aufsicht führende Person abzugeben. Sie oder er versieht sie mit der ihr oder ihm zugeteilten Klausurkennziffer; die Arbeiten dürfen keine sonstigen Hinweise auf ihre oder seine Person enthalten.
(3) Die Aufsicht führende Person kann eine Kandidatin oder einen Kandidaten, die oder der sich eines Täuschungsversuches oder eines erheblichen Verstoßes gegen die Ordnung schuldig gemacht hat, von der Fortsetzung der Aufsichtsarbeit ausschließen.
(4) Die Aufsicht führende Person fertigt eine Niederschrift an und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit. Sie verschließt die Aufsichtsarbeiten in einem Umschlag und versiegelt ihn.
(5) Erscheint die Kandidatin oder der Kandidat zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit nicht oder liefert sie oder er diese nicht ab, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, wird die Arbeit mit „ungenügend“ bewertet.
(6) Die Entscheidung über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für das Ausbleiben oder die Nichtablieferung einer Aufsichtsarbeit trifft das Justizprüfungsamt. Die Kandidatin oder der Kandidat hat nach Fortfall des wichtigen Grundes sämtliche Aufsichtsarbeiten zum nächstmöglichen Termin nachzuholen; bereits gefertigte Aufsichtsarbeiten werden nicht bewertet und sind für die Fortsetzung der Prüfung unmaßgeblich. Dies gilt nicht für Prüfungsleistungen, die im jeweils laufenden Prüfungsverfahren aufgrund eines Täuschungsversuchs gemäß § 25 Absatz 1 Nummer 3 mit „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet wurden.
(7) Krankheit ist nur dann als wichtiger Grund anzuerkennen, wenn sie unverzüglich durch ein amtsärztliches Zeugnis nachgewiesen wird. Schwangerschaft ist als wichtiger Grund anzuerkennen, wenn ein amtsärztliches Zeugnis oder ein Zeugnis der behandelnden Fachärztin oder des behandelnden Facharztes vorgelegt wird. Das Justizprüfungsamt kann von der Vorlage des Zeugnisses absehen, wenn offensichtlich ist, dass die Kandidatin oder der Kandidat infolge Krankheit die Prüfungsleistung nicht erbracht hat.
(8) Ergibt sich der Zeitpunkt des Wegfalles des wichtigen Grundes nicht aus einer Bescheinigung, insbesondere nicht aus einem amtsärztlichen Zeugnis, wird die Kandidatin oder der Kandidat zum nächsten möglichen Prüfungstermin geladen, es sei denn, sie oder er weist das Fortbestehen des wichtigen Grundes nach.
(9) Bei Störungen des ordnungsgemäßen Ablaufs des Termins zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit kann das Justizprüfungsamt
1.
die Bearbeitungszeit angemessen verlängern;
2.
für einzelne oder alle Kandidatinnen und Kandidaten die erneute Anfertigung dieser Aufsichtsarbeit anordnen oder ermöglichen.
Störungen des Prüfungsablaufs sind unverzüglich mitzuteilen. Die Berufung auf die Störung ist ausgeschlossen, wenn die Kandidatin oder der Kandidat sie nicht binnen eines Monats seit ihrem Eintritt schriftlich bei dem Justizprüfungsamt geltend gemacht hat.

§ 13 Beurteilung der Aufsichtsarbeiten

(1) Jede Aufsichtsarbeit wird durch zwei Mitglieder des Justizprüfungsamtes begutachtet und bewertet. Mindestens eine Beurteilung aller Aufsichtsarbeiten derselben Aufgabe wird durch dasselbe Mitglied vorgenommen; werden mehr als vierzig solcher Aufsichtsarbeiten abgeliefert, muss dasselbe Mitglied mindestens zwanzig von ihnen beurteilen.
(2) Die Prüferinnen und Prüfer nach Absatz 1 und die Reihenfolge der Beurteilungen bestimmt das Justizprüfungsamt. Die Prüferinnen und Prüfer müssen mit dem Gebiet, das die Aufgabe nach ihrem Schwerpunkt betrifft, besonders vertraut sein.
(3) Weichen die Bewertungen einer Aufsichtsarbeit um nicht mehr als drei Punkte voneinander ab, gilt das arithmetische Mittel als Punktzahl der Aufsichtsarbeit. Bei größeren Abweichungen versuchen die Prüferinnen oder Prüfer zunächst, ihre Bewertungen mindestens auf drei Punkte anzunähern. Gelingt dies nicht, wird die Aufsichtsarbeit zusätzlich durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden des Justizprüfungsamtes oder eine von ihr oder ihm bestimmte Person aus dem Kreis der mit dem jeweiligen Fach besonders vertrauten Mitglieder des Justizprüfungsamts beurteilt. Entscheidet dieses Mitglied des Justizprüfungsamtes sich für eine von zwei Punktzahlen, gilt diese. Weichen alle Punktzahlen um nicht mehr als sechs Punkte voneinander ab, gilt die mittlere von ihnen. Bei größeren Abweichungen wird die Punktzahl in einer mündlichen Beratung aller Mitglieder, die die jeweilige Aufsichtsarbeit beurteilt haben, mit Stimmenmehrheit festgesetzt. § 196 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

§ 14 Anonymität

Die Person der Kandidatin oder des Kandidaten darf den die Leistungen bewertenden Mitgliedern des Justizprüfungsamtes erst nach Begutachtung aller Aufsichtsarbeiten bekannt gegeben werden. Die Anonymität der Kandidatinnen und Kandidaten soll auch im Widerspruchsverfahren gewahrt werden. Kenntnisse über die Person der Kandidatin oder des Kandidaten, die ein Mitglied des Justizprüfungsamtes vorher bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens oder sonst erlangt, stehen seiner Mitwirkung nicht entgegen.

§ 15 Ausschluss von der mündlichen Prüfung

Sind sämtliche Aufsichtsarbeiten einer Kandidatin oder eines Kandidaten in ihrer Durchschnittspunktzahl mit weniger als 3,75 Punkten oder mehr als drei Aufsichtsarbeiten mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet worden, ist die Prüfung bereits aufgrund der schriftlichen Leistungen nicht bestanden und die Kandidatin oder der Kandidat vom mündlichen Teil der Prüfung ausgeschlossen. Die oder der Vorsitzende des Justizprüfungsamtes teilt dies durch schriftlichen Bescheid mit.

§ 16 Bekanntgabe der Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten

Der Kandidatin oder dem Kandidaten, die oder der nicht von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen ist, werden die Ergebnisse der Aufsichtsarbeiten in angemessener Frist, spätestens jedoch zwei Wochen vor der mündlichen Prüfung bekannt gegeben. Hiervon ist abzusehen, wenn die Kandidatin oder der Kandidat einen entsprechenden Antrag stellt.

§ 17 Prüfungsausschuss

Die mündliche Prüfung wird von einem Prüfungsausschuss abgenommen, der einschließlich der oder des Vorsitzenden aus drei Mitgliedern des Justizprüfungsamtes besteht. Das Justizprüfungsamt bestimmt für jede Prüfung die Mitglieder des Prüfungsausschusses, wobei jedes Mitglied mit seinem Prüfungsgebiet besonders vertraut sein muss. Den Vorsitz im Prüfungsausschuss führt die oder der Vorsitzende des Justizprüfungsamtes oder ein Mitglied aus dem Kreis der Stellvertreterinnen und Stellvertreter.

§ 18 Mündliche Prüfung

(1) Zu einer Prüfung dürfen nicht mehr als fünf Kandidatinnen und Kandidaten geladen werden.
(2) Die mündliche Prüfung ist als eigenständiger Prüfungsabschnitt zu behandeln. Die Vorleistungen aus den Aufsichtsarbeiten werden dabei nicht berücksichtigt. Die mündliche Prüfung stellt in erster Linie eine Verständnisprüfung dar. Sie gliedert sich in drei Abschnitte. Geprüft werden die Pflichtfächer. Den Kandidatinnen und Kandidaten stehen die erforderlichen Gesetzestexte zur Verfügung.
(3) Rechtzeitig vor der mündlichen Prüfung werden den Mitgliedern des Prüfungsausschusses die Namen der Kandidatinnen und Kandidaten und die Ergebnisse ihrer Aufsichtsarbeiten mitgeteilt.
(4) Vor der Prüfung spricht die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit jeder Kandidatin und jedem Kandidaten, um einen Eindruck von ihrer oder seiner Persönlichkeit zu gewinnen.
(5) Die mündliche Prüfung soll für jede Kandidatin und jeden Kandidaten etwa fünfundvierzig Minuten dauern. Die Prüfung ist durch angemessene Pausen zu unterbrechen.
(6) Wird die mündliche Prüfung ohne wichtigen Grund versäumt, ist die Prüfung nicht bestanden. Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes ist die Kandidatin oder der Kandidat erneut mündlich zu prüfen; die Entscheidung trifft das Justizprüfungsamt. § 12 Absätze 6 bis 8 findet entsprechende Anwendung.
(7) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses leitet die mündliche Prüfung. Sie oder er hat darauf zu achten, dass die Kandidatinnen und die Kandidaten in geeigneter Weise befragt werden. Bei Störungen des Prüfungsablaufs gilt § 12 Absatz 9 entsprechend.
(8) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann anderen Kandidatinnen und Kandidaten, Studierenden des Studienganges Rechtswissenschaft sowie Mitgliedern des Justizprüfungsamtes die Anwesenheit in der mündlichen Prüfung gestatten.

§ 19 Rücktritt

Nach der Zulassung zur Prüfung ist ein Rücktritt nur mit Genehmigung der oder des Vorsitzenden des Justizprüfungsamtes möglich, die nur aus wichtigem Grund erteilt wird. Liegt eine solche Genehmigung nicht vor und tritt die Kandidatin oder der Kandidat dennoch die Prüfung nicht an, ist die Prüfung nicht bestanden.

§ 20 Schlussberatung

Im Anschluss an die mündliche Prüfung berät der Prüfungsausschuss über die mündlichen Leistungen. Für jeden der drei Prüfungsabschnitte ist eine Note nach § 3 des Juristenausbildungsgesetzes festzusetzen. § 196 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist entsprechend anzuwenden.

§ 21 Schlussentscheidung

(1) Im Anschluss an die Bewertung der Leistungen berät der Prüfungsausschuss über das Ergebnis der Prüfung und setzt die Gesamtnote fest. Dabei sind die in den sechs Aufsichtsarbeiten und den drei weiteren Teilen der mündlichen Prüfung erreichten Punktzahlen zusammenzuzählen und durch neun zu teilen. Das Gesamtergebnis ist bis auf zwei Dezimalstellen ohne Auf- oder Abrundung rechnerisch zu ermitteln.
(2) Die staatliche Pflichtfachprüfung ist bestanden, wenn die Kandidatin oder der Kandidat ein Gesamtergebnis von mindestens 4,00 Punkten erreicht. Darüber hinaus müssen in jedem Pflichtfach (Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht) entweder in einer Aufsichtsarbeit oder in dem jeweiligen mündlichen Prüfungsteil mindestens 4,00 Punkte erreicht worden sein.
(3) Der Prüfungsausschuss kann bei der Entscheidung über das Ergebnis der staatlichen Pflichtfachprüfung ausnahmsweise von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindruckes den Leistungsstand der Kandidatin oder des Kandidaten besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat. Eine Erhöhung der oder ein Abschlag von der erzielten Punktzahl ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Bewertungen der einzelnen Prüfungsteile in auffälligem Maße auseinander fallen (atypische Leistungskonstellation). Die Abweichung darf ein Drittel des durchschnittlichen Umfanges einer Notenstufe nicht überschreiten. § 13 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Danach ist die Gesamtnote nach § 3 des Juristenausbildungsgesetzes festzusetzen.
(4) Im Anschluss an die Beratung des Prüfungsausschusses wird das Ergebnis einschließlich der Einzelnoten den Kandidatinnen und den Kandidaten in Abwesenheit der Zuhörerinnen und Zuhörer verkündet und auf Wunsch der Kandidatin oder des Kandidaten außerhalb des Prüfungstermins durch die oder den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses mündlich begründet.
(5) Wer die staatliche Pflichtfachprüfung bestanden hat, erhält ein Zeugnis, das die Gesamtnote dieser Prüfung mit der Notenbezeichnung enthält.

§ 22 Freiversuch

(1) Eine nicht bestandene staatliche Pflichtfachprüfung gilt als nicht unternommen (Freiversuch), wenn die Kandidatin oder der Kandidat
1.
sich nach ununterbrochenem Studium bis zum Abschluss des siebten Fachsemesters zur Prüfung gemeldet hat oder
2.
sich nach ununterbrochenem Studium und erfolgreichem Abschluss der universitären Schwerpunktbereichsprüfung bis zum Abschluss des achten Fachsemesters zur Prüfung gemeldet hat.
Die Kandidatin oder der Kandidat kann von einem solchen Freiversuch jederzeit zurücktreten. Eine erneute Prüfung gilt dann nicht als Freiversuch. Bereits erbrachte Prüfungsleistungen werden gegenstandslos.
(2) Der Freiversuch kann nur einmal in Anspruch genommen werden.
(3) Bei der Berechnung der Fristen des Absatzes 1 bleiben auf Antrag der Kandidatin oder des Kandidaten unberücksichtigt:
1.
Studienzeiten, in denen sie oder er nachweislich wegen schwerer Krankheit oder aus einem anderen wichtigen, nicht in ihrer oder seiner Person liegenden Grunde beurlaubt oder längerfristig am Studium gehindert war,
2.
bis zu zwei Semester eines wissenschaftlichen Studiums im Ausland, wenn dort nach Aufnahme des juristischen Studiums im Inland mindestens je Semester ein fremdsprachiger Leistungsnachweis in einer juristischen Disziplin erworben wurde,
3.
bis zu zwei Semester einer nachgewiesenen Tätigkeit in gesetzlich vorgesehenen Gremien oder satzungsmäßigen Organen der Hochschule oder des Studentenwerkes; insoweit entscheidet das Justizprüfungsamt auf der Grundlage einer Empfehlung des für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereiches der Universität über einen allgemein als gerechtfertigt angesehenen Zeitraum oder auf der Grundlage einer gleichwertigen Bescheinigung eines für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereiches einer anderen deutschen Universität,
4.
Studienzeiten, in denen nachweislich Zeiten des Mutterschutzes lagen,
5.
Studienzeiten, in denen die Kandidatin oder der Kandidat in entsprechender Anwendung von § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Februar 2013 (BGBl. I S. 254), eine Elternzeit in Anspruch nehmen könnte und von der Universität vom Studium beurlaubt war,
6.
ein Semester, wenn eine Kandidatin oder ein Kandidat nachweislich studienbegleitend eine europarechts- oder wirtschaftsorientierte Zusatzausbildung oder eine fachspezifische Fremdsprachenausbildung, die sich über mindestens sechzehn Semesterwochenstunden erstreckt hat, an einer inländischen Universität erfolgreich abgeschlossen hat; der Nachweis über den erfolgreichen Abschluss ist durch eine Bescheinigung des für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereiches der Universität zu erbringen, an der die Ausbildung abgeschlossen wurde,
7.
Studienzeiten, die als angemessener Ausgleich für unvermeidbare und erhebliche Verzögerungen im Studium aufgrund einer schweren Behinderung der Kandidatin oder des Kandidaten anzusehen sind; diese Verzögerungen sind durch den Ausweis nach § 69 Absatz 5 des Sozialgesetzbuches (SGB) Neuntes Buch (IX)
- Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626), und durch ein unverzüglich einzuholendes amtsärztliches Attest nachzuweisen, das die für die Beurteilung nötigen Befundtatsachen und einen Vorschlag für die Dauer der Studienzeitverlängerung enthält,
8.
ein Semester aus anderen wichtigen Gründen aufgrund eines Beschlusses des für den Studiengang Rechtswissenschaften zuständigen Fachbereiches, der diesen Grund anerkennt.
(4) Die Entscheidungen trifft das Justizprüfungsamt. Die Gesamtdauer der nach Absatz 3 Nummern 2, 3, 6 und 8 unberücksichtigt bleibenden Studienzeiten darf den Zeitraum von zwei Jahren nicht übersteigen. Liegen mehrere Gründe nach Absatz 3 Nummern 1 bis 8 vor, die sich auf denselben Zeitraum beziehen, bleibt dieser Zeitraum nur einmal unberücksichtigt. In nicht zu berücksichtigenden Zeiten dürfen grundsätzlich weder Prüfungen noch Zulassungsvoraussetzungen nach dieser Verordnung erbracht werden.

§ 23 Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung

(1) Kandidatinnen und Kandidaten, die im Rahmen eines Freiversuches (§ 22 Absatz 1 Satz 1) die staatliche Pflichtfachprüfung vor dem Justizprüfungsamt in Schleswig-Holstein bestanden haben, können diese zur Verbesserung der Gesamtnote der staatlichen Pflichtfachprüfung einmal wiederholen. Der Antrag auf Zulassung muss innerhalb von neun Monaten nach Bekanntgabe des Ergebnisses der staatlichen Pflichtfachprüfung bei dem Justizprüfungsamt eingegangen sein. Eine Nachfrist wird nicht gewährt. Die Aufsichtsarbeiten müssen angefertigt sein, bevor der Vorbereitungsdienst aufgenommen wird; andernfalls endet die Notenverbesserungsprüfung mit Aufnahme des Vorbereitungsdienstes. Die staatliche Pflichtfachprüfung ist vollständig zu wiederholen (Wiederholungsprüfung zur Notenverbesserung). Die Kandidatin oder der Kandidat kann von einer begonnenen Wiederholungsprüfung jederzeit zurücktreten; eine erneute Wiederholung ist nicht zulässig.
(2) Die Kandidatin oder der Kandidat entscheidet, welches Prüfungsergebnis sie oder er gelten lassen will. Die Erklärung ist binnen einer Woche nach dem Tage der mündlichen Prüfung gegenüber dem Justizprüfungsamt schriftlich abzugeben. Trifft die Kandidatin oder der Kandidat nicht fristgerecht eine Wahl, gilt das bessere Prüfungsergebnis, bei gleichen Prüfungsergebnissen das frühere Prüfungsergebnis als gewählt. Die Rechtswirkungen der zuerst abgelegten Prüfung bleiben unberührt, wenn die Kandidatin oder der Kandidat das Ergebnis der Wiederholungsprüfung wählt.

§ 24 Wiederholung der Prüfung

(1) Hat die Kandidatin oder der Kandidat in einer Prüfung, die nicht als Freiversuch unternommen ist, die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden, darf sie oder er diese nur einmal wiederholen. Eine weitere staatliche Pflichtfachprüfung ist auch nach erneutem Studium nicht möglich.
(2) Die staatliche Pflichtfachprüfung ist vollständig zu wiederholen.
(3) Eine Kandidatin oder ein Kandidat, die oder der vor einem anderen Justizprüfungsamt die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden hat, kann von dem Justizprüfungsamt in Schleswig-Holstein zur Wiederholung der staatlichen Pflichtfachprüfung zugelassen werden, wenn dringende Gründe den Wechsel rechtfertigen, das Justizprüfungsamt des anderen Bundeslandes sich mit dem Wechsel einverstanden erklärt und die Wiederholungsprüfung vor dem anderen Justizprüfungsamt rechtlich zulässig wäre. Die Auflagen des Justizprüfungsamtes des anderen Bundeslandes behalten ihre Wirkung für das neue Prüfungsverfahren.

§ 25 Täuschungsversuche und Verstöße gegen die Ordnung

(1) Als Folgen eines prüfungswidrigen Verhaltens (Täuschungsversuch zu eigenem oder fremdem Vorteil oder erheblicher Verstoß gegen die Ordnung) werden nach pflichtgemäßem Ermessen folgende Maßnahmen ausgesprochen:
1.
In geringfügigen Fällen soll die Kandidatin oder der Kandidat ermahnt werden,
2.
der Kandidatin oder dem Kandidaten kann die Wiederholung einzelner oder mehrerer Prüfungsleistungen, auf die sich das prüfungswidrige Verhalten bezieht, aufgegeben werden,
3.
Prüfungsleistungen, auf die sich das prüfungswidrige Verhalten bezieht, können mit ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werden,
4.
die staatliche Pflichtfachprüfung kann für nicht bestanden erklärt und die Anwendung von § 22 ausgeschlossen werden,
5.
in besonders schweren Fällen kann die Kandidatin oder der Kandidat von einer Wiederholungsprüfung ausgeschlossen werden.
(2) Wird eine Täuschung nach Aushändigung des Zeugnisses bekannt, kann innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tag der mündlichen Prüfung die Gesamtnote unter entsprechender Anwendung des Absatzes 1 Nummer 3 korrigiert werden oder die staatliche Pflichtfachprüfung für nicht bestanden erklärt werden.

§ 26 Entscheidungen des Prüfungsausschusses in der mündlichen Prüfung

Während der mündlichen Prüfung ist der Prüfungsausschuss für alle Entscheidungen nach dieser Verordnung zuständig. § 196 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist entsprechend anzuwenden.

§ 27 Niederschrift

(1) Über den Gang der mündlichen Prüfung und der Beratungen nach den §§ 20 und 21 ist eine Niederschrift aufzunehmen, in der
1.
die Gegenstände und die Einzelergebnisse der mündlichen Prüfung,
2.
die Einzelergebnisse der Aufsichtsarbeiten,
3.
die Berechnungen nach § 21 Absatz 1 und
4.
die Entscheidungen nach § 21 Absatz 3
festgehalten werden.
(2) Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu unterschreiben.

§ 28 Einsicht in die Prüfungsakten

(1) Wer sich der staatlichen Pflichtfachprüfung unterzogen hat, kann nach deren Abschluss innerhalb der Widerspruchsfrist seine Aufsichtsarbeiten, die Randbemerkungen und die Einzelbegutachtungen der Prüferinnen und Prüfer einsehen.
(2) Die Einsicht gewährt die Leitung der Geschäftsstelle in den Räumen des Justizprüfungsamtes auf schriftlichen oder mündlichen Antrag.

§ 29 Rechtsbehelf

Gegen abschließende Entscheidungen des Justizprüfungsamtes findet der Widerspruch statt.

Dritter Teil Vorbereitungsdienst

§ 30 Leitung der Ausbildung und Dienstaufsicht

(1) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes leitet die gesamte Ausbildung der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare und bewirtschaftet die hierfür im Landeshaushalt vorgesehenen Stellen. Sie oder er führt die Dienstaufsicht über die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare und prüft die Richtlinien über die Stationsausbildung mit dem Ziel der Sicherstellung einer sachgerechten Ausbildung.
(2) Vorgesetzte der Rechtsreferendarinnen und der Rechtsreferendare sind für die jeweilige Dauer der Ausbildung die zuständigen Ausbilderinnen und Ausbilder (Einzelausbilderinnen und Einzelausbilder, Arbeitsgemeinschaftsleiterinnen und Arbeitsgemeinschaftsleiter sowie Lehrgangsleiterinnen und Lehrgangsleiter) und die für die jeweilige Station zuständige Ausbildungsleitung. Die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar hat den für den Dienst gegebenen Anweisungen zu folgen.
(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes überweist die Rechtsreferendarin oder den Rechtsreferendar in die einzelnen Stationen. Zur Überweisung in eine Station außerhalb des Geschäftsbereiches des für Justiz zuständigen Ministeriums muss die Zustimmung der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten oder des zuständigen Fachministeriums oder der sonst verantwortlichen Stelle eingeholt werden. Die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident überweist die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare auf Antrag an die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.
(4) Als Ausbildungsleitung für die jeweiligen Stationen wirken
1.
bei dem Oberlandesgericht eine Richterin oder ein Richter für die Ausbildung in Zivilsachen nach § 32 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 Satz 1 Nummern 1, 3, 5 und 6 sowie § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummern 2 und 4 Buchstabe b,
2.
bei der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt für die Ausbildung in Strafsachen nach § 32 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 sowie § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,
3.
bei der Ministerpräsidentin oder dem Ministerpräsidenten eine Juristin oder ein Jurist des höheren Dienstes für die Ausbildung in der Verwaltung nach § 32 Absatz 2 Nummer 3 und Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 sowie § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und
4.
bei der Rechtsanwaltskammer der Vorstand für die Ausbildung bei der Rechtsanwaltschaft nach § 32 Absatz 2 Nummer 4 und Absatz 3 Satz 1 Nummern 1 bis 6 sowie § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe a
mit. Diese erlassen für den ihnen jeweils zugewiesenen Bereich nach Anhörung der Personalvertretung der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare Richtlinien für die Stationsausbildung sowie für die Ausbildungslehrgänge und begleitenden Arbeitsgemeinschaften und betreuen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare während der jeweiligen Station.
(5) Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen Ausbildungsvorschriften durch einzelne Ausbilderinnen oder Ausbilder wirken die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes und die für die jeweilige Station zuständige Ausbildungsleitung darauf hin, dass von einer erneuten Zuweisung von Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendaren an die betreffende Ausbilderin oder den betreffenden Ausbilder abgesehen wird.

§ 31 Grundsätze der Ausbildung

(1) Der Vorbereitungsdienst soll die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in die Aufgaben der Rechtspflege, der Verwaltung und der Anwaltschaft einführen. Sie oder er soll die im Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, auch in den Schlüsselqualifikationen, vertiefen und lernen, sie in der beruflichen Praxis umzusetzen. Hierzu sollen sie in den einzelnen Stationen so weit wie möglich mit der selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Aufgaben aus der Rechtspflege, der Verwaltung und der Anwaltschaft betraut werden. Am Ende der Ausbildung sollen sie befähigt sein, sich in angemessener Zeit auch in solche Tätigkeiten einzuarbeiten, in denen sie nicht gesondert ausgebildet wurden.
(2) In der Wahlstation soll die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar ihre oder seine Ausbildung in dem von ihr oder ihm zu wählenden Schwerpunktbereich gemäß § 32 Absatz 3 ergänzen und vertiefen.
(3) Einer Einzelausbilderin oder einem Einzelausbilder sollen nicht mehr als zwei Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendare zugewiesen werden. Besonders befähigten Ausbilderinnen und Ausbildern können mit ihrem Einverständnis maximal fünf Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare zur Gruppenausbildung gleichzeitig zugeteilt werden.

§ 32 Dauer und Gliederung des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert zwei Jahre; davon entfallen auf die Pflichtstationen einundzwanzig Monate und auf die Wahlstation die letzten drei Monate der Ausbildung. Wird der Vorbereitungsdienst in Teilzeit abgeleistet, verlängern sich die Pflichtstationen entsprechend. Über die angemessene Verteilung der Verlängerungszeit auf die Pflichtstationen entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes.
(2) Während der Pflichtstationen wird die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar ausgebildet:
1.
Bei einer Staatsanwaltschaft oder, im Falle der Erschöpfung der Ausbildungskapazitäten bei den Staatsanwaltschaften, bei einem Amtsgericht in Strafsachen dreieinhalb Monate,
2.
bei einem ordentlichen Gericht in Zivilsachen viereinhalb Monate,
3.
bei einer Verwaltungsbehörde vier Monate und
4.
bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt neun Monate.
(3) Die Ausbildung während der Wahlstation findet nach Wahl der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars in einem der folgenden Schwerpunktbereiche statt:
1.
Zivilrechtspflege mit Wahlstation bei einem Gericht in Zivilsachen,
2.
Strafrechtspflege mit Wahlstation bei
a)
einem Gericht in Strafsachen oder
b)
einer Staatsanwaltschaft,
3.
Familienrecht mit Wahlstation bei
a)
einem Amtsgericht in Familiensachen,
b)
einem Oberlandesgericht in Familiensachen oder
c)
einem Jugendamt,
4.
Staat und Verwaltung mit Wahlstation bei
a)
einer Verwaltungsbehörde,
b)
einem Gericht der allgemeinen Verwaltungs-, Sozial- oder Finanzgerichtsbarkeit oder
c)
einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes,
5.
Wirtschaft und Steuern mit Wahlstation bei
a)
einem Landgericht oder Oberlandesgericht (Handels-, Wettbewerbs- und Kartellsachen),
b)
einem Finanzgericht,
c)
einer Wirtschaftsprüferin oder einem Wirtschaftsprüfer, einer Wirtschaftsberaterin oder einem Wirtschaftsberater oder einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater,
d)
einem Wirtschaftsunternehmen,
e)
einer Körperschaft wirtschaftlicher Selbstverwaltung oder
f)
einer Behörde der Steuerverwaltung,
6.
Arbeit und Soziales mit Wahlstationen bei
a)
einem Gericht der Arbeits- oder Sozialgerichtsbarkeit,
b)
einer Gewerkschaft,
c)
einem Arbeitgeberverband,
d)
einem Wirtschaftsunternehmen,
e)
einer Behörde der Bundesagentur für Arbeit oder
f)
einer Behörde der Sozialverwaltung.
Die Ausbildung in allen Wahlstationen kann auch bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt, der in dem betreffenden Schwerpunktbereich fachlich besonders ausgewiesen ist, und mit Ausnahme des Schwerpunktbereiches nach Satz 1 Nummer 3 bei einer einschlägigen überstaatlichen, zwischenstaatlichen oder ausländischen Stelle oder einer sonstigen Stelle, bei der eine sachgerechte Ausbildung gewährleistet ist, durchgeführt werden.
(4) Die Ausbildung in der Pflichtstation bei einer Verwaltungsbehörde nach Absatz 2 Nummer 3 kann auf Antrag der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars für eine Dauer von zwei Monaten bei einem Gericht der Verwaltungs-, Sozial- oder Finanzgerichtsbarkeit stattfinden.
(5) Die Ausbildung in der Pflichtstation bei einer Verwaltungsbehörde nach Absatz 2 Nummer 3 oder die Ausbildung in der Wahlstation im Schwerpunktbereich Staat und Verwaltung nach Absatz 3 Nummer 4 kann auf Antrag der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars bis zu einer Dauer von drei Monaten auch an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer erfolgen. Stehen nicht genügend Ausbildungsplätze für alle Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung, trifft die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident die Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen. In dem Fall, dass der Hochschulaufenthalt in der Pflichtstation nach Absatz 2 Nummer 3 erfolgt, ist der verbleibende Monat der Ausbildung in der Pflichtstation nach Absatz 2 Nummer 3 in einer Verwaltungsbehörde abzuleisten. Ist die Ausbildung an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer aufgrund des Einstellungstermins anders nicht zu ermöglichen, kann die Station gemäß Absatz 2 Nummer 4 zur Absolvierung der Station gemäß Absatz 2 Nummer 3 unterbrochen werden, sofern dies nicht zu einer mehrfachen Unterbrechung der Station gemäß Absatz 2 Nummer 4 führt und jeder Ausbildungsteil dieser Station eine Dauer von drei Monaten nicht unterschreitet.
(6) Die Ausbildung in der Pflichtstation bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt nach Absatz 2 Nummer 4 kann auf Antrag der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars bis zu einer Dauer von drei Monaten bei einer Notarin oder einem Notar, einem Unternehmen, einem Verband oder bei einer sonstigen Ausbildungsstelle stattfinden, bei der eine sachgerechte Ausbildung in Rechtsberatung gewährleistet ist.
(7) Die Ausbildung in der Pflichtstation bei einer Verwaltungsbehörde nach Absatz 2 Nummer 3 kann nach Wahl der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars bis zu einer Dauer von vier Monaten bei einer geeigneten überstaatlichen, zwischenstaatlichen oder ausländischen Ausbildungsstelle stattfinden. Hierfür kann die Ausbildung bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt nach Absatz 2 Nummer 4 unterbrochen werden, soweit dies nicht zu einer mehrfachen Unterbrechung dieser Station führt. Die Ausbildung in der Pflichtstation bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt nach Absatz 2 Nummer 4 kann nach Wahl der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars bis zu einer Dauer von drei Monaten bei einer ausländischen Rechtsanwältin oder einem ausländischen Rechtsanwalt stattfinden. Die nach den Sätzen 1 bis 3 sowie nach Absatz 3 Satz 2 absolvierten Ausbildungszeiten dürfen insgesamt sieben Monate nicht überschreiten. Eine Station nach Absatz 2 Nummer 4 soll nicht weniger als drei Monate umfassen.
(8) Mindestens drei Monate vor Beginn der Wahlstation soll die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes unter Bezugnahme des Schwerpunktbereiches die gewählte Stelle anzeigen.

§ 32a Ergänzungsvorbereitungsdienst

(1) Hat eine Rechtsreferendarin oder ein Rechtsreferendar die zweite Staatsprüfung nicht bestanden, schließt sich unter Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses ein Ergänzungsvorbereitungsdienst an. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes bestimmt in der Anordnung Art und Dauer des Ergänzungsvorbereitungsdienstes, dessen Dauer bis zu sechs Monate betragen kann. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes kann für die Zulassung zur Wiederholungsprüfung Bedingungen für die Ausgestaltung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes auferlegen. Die schriftlichen Leistungen der Wiederholungsprüfung sind im ersten Prüfungstermin nach Abschluss des Ergänzungsvorbereitungsdienstes zu erbringen.
(2) Auf Antrag der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars kann von der Anordnung eines Ergänzungsvorbereitungsdienstes abgesehen werden. Über den Antrag entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes. Die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar scheidet in diesem Fall mit Ablauf des regulären Vorbereitungsdienstes aus dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis aus. Sie oder er muss ihre oder seine Vorstellung zur Ableistung der Wiederholungsprüfung spätestens innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes beantragen.

§ 33 Ausbildungslehrgänge

(1) Unter Anrechnung auf die Station nach § 32 Absatz 2 Nummer 2 beginnt diese mit einem Ausbildungslehrgang bei einem Landgericht (Einführungslehrgang). Dieser erstreckt sich über drei Wochen, findet täglich statt und umfasst mindestens zwanzig Wochenstunden. Während des Lehrganges entfällt die Stationsausbildung; die Teilnahme an dem Ausbildungslehrgang ist Pflicht und geht jedem anderen Dienst vor; dies gilt auch in den Fällen des § 8a Juristenausbildungsgesetz. Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichtes bestellt die Lehrgangsleiterin oder den Lehrgangsleiter.
(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes kann auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten des jeweiligen Landgerichtes anordnen, dass der Ausbildungslehrgang aus Gründen der Geschäftslage oder im Interesse der Ausbildung abweichend von Absatz 1 Satz 2 durchgeführt wird. Dabei darf die Mindestgesamtstundenzahl von sechzig Unterrichtsstunden nicht unterschritten werden. Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz findet keine Anwendung. Die Stationsausbildung soll an die geänderte Durchführung des Ausbildungslehrganges angepasst werden.
(3) Für die übrigen Pflichtstationen können Ausbildungslehrgänge durch das für Justiz zuständige Ministerium eingerichtet werden. Die Gesamtdauer aller Ausbildungslehrgänge darf drei Monate nicht überschreiten. Soweit für die Pflichtstationen nach § 32 Absatz 2 Nummern 3 und 4 Ausbildungslehrgänge eingerichtet werden, erfolgt dies im Einvernehmen mit der jeweiligen Ausbildungsleitung. Von der Teilnahme an Ausbildungslehrgängen können Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare mit Ausnahme des Ausbildungslehrgangs nach Absatz 1 zur Wahrnehmung von Kursangeboten anwaltlicher Ausbildungseinrichtungen auf Antrag befreit werden.
(4) Werden für die übrigen Pflichtstationen Ausbildungslehrgänge eingerichtet, bestellt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes die Lehrgangsleiterinnen und Lehrgangsleiter auf Vorschlag und im Einvernehmen mit den für die Ausbildungsleitung der jeweiligen Stationen zuständigen Stellen.

§ 34 Arbeitsgemeinschaften

(1) Während der Ausbildung in den Pflichtstationen nach § 32 Absatz 2 gehört die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar, abgesehen von der Zeit der Ausbildungslehrgänge, Arbeitsgemeinschaften an. Sie sollen jeweils aus nicht mehr als zwanzig Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren bestehen. Bei einer Ausbildung außerhalb des Landes Schleswig-Holstein kann die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes aus wichtigem Grund von der Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft befreien.
(2) Es sind folgende Arbeitsgemeinschaften einzurichten, die die Ausbildung in den zugeordneten Stationen begleiten und ergänzen:
1.
Eine strafrechtliche Arbeitsgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft 1) während der Ausbildung bei einer Staatsanwaltschaft oder einem Amtsgericht in Strafsachen gemäß § 32 Absatz 2 Nummer 1,
2.
eine zivilrechtliche Arbeitsgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft 2) während der Ausbildung bei einem ordentlichen Gericht in Zivilsachen gemäß § 32 Absatz 2 Nummer 2,
3.
eine öffentlich-rechtliche Arbeitsgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft 3) während der Ausbildung bei einer Verwaltungsbehörde gemäß § 32 Absatz 2 Nummer 3 und
4.
während der Ausbildung bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt gemäß § 32 Absatz 2 Nummer 4
a)
eine anwaltsorientierte Arbeitsgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft 4) für die Dauer der ersten vier Monate in dieser Station und
b)
eine Wiederholungs- und Vertiefungsarbeitsgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft 5) für die Dauer der anschließenden drei Monate.
Der Unterricht findet mindestens einmal wöchentlich statt und umfasst mindestens vier Unterrichtsstunden. Die Ausbildungsleiterin oder der Ausbildungsleiter kann anordnen, dass die gesamte oder ein Teil der Arbeitsgemeinschaft als Blockunterricht innerhalb des ersten Monates in der jeweiligen Station ausgestaltet wird, es sei denn, in der betreffenden Station ist zwingend ein Einführungslehrgang vorgesehen.
(3) Die Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft ist Pflicht; sie geht jedem anderen Dienst vor; dies gilt auch in den Fällen des § 8a Juristenausbildungsgesetz. Die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare haben darüber hinaus insbesondere die von der Arbeitsgemeinschaftsleiterin oder dem Arbeitsgemeinschaftsleiter oder von der für die jeweilige Station zuständigen Ausbildungsleitung vorgeschriebenen Aufsichtsarbeiten anzufertigen und abzuliefern.
(4) Neben den Arbeitsgemeinschaften werden bei den Landgerichten wöchentliche Klausurenkurse zur Vorbereitung auf die zweite Staatsprüfung durchgeführt. Die für die jeweiligen Stationen zuständigen Ausbildungsleitungen stellen hierfür geeignete Klausursachverhalte zur Verfügung und schlagen die Leiterinnen und Leiter dieser Kurse vor. Die Teilnahme für die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare ist freiwillig. Die Ausbildungsleiterinnen und Ausbildungsleiter sollen den Referendarinnen und Referendaren die Teilnahme ermöglichen und sie von anderen Dienstverpflichtungen befreien.
(5) Die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt bestellt die Leiterinnen und Leiter der Arbeitsgemeinschaft 1. Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichtes bestellt die Leiterinnen und Leiter der Klausurenkurse sowie der Arbeitsgemeinschaften 2, 4 und 5, es sei denn, der Klausurenkurs oder die Arbeitsgemeinschaft wird vom Oberlandesgericht ausgerichtet. In diesen Fällen erfolgt die Bestellung durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichtes. Die Leiterinnen und Leiter der Arbeitsgemeinschaft 4 werden vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer vorgeschlagen. Die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident bestellt die Leiterin oder den Leiter der Arbeitsgemeinschaft 3. Die Arbeitsgemeinschaften soll eine Richterin oder ein Richter, eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt, eine Juristin oder ein Jurist des höheren Dienstes, eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt leiten. Die Bestellung soll für vier Jahre erfolgen. Wiederbestellungen sind zulässig.

§ 35 Zeugnisse

(1) In den Pflichtstationen und in der Wahlstation erteilt die Ausbilderin oder der Ausbilder ein Zeugnis über Fähigkeiten, Kenntnisse, praktische Leistungen und den Ausbildungsstand der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars. Haben in einer Ausbildungsstelle mehrere Ausbilderinnen oder Ausbilder über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Wochen die Ausbildung der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars übernommen, erteilen sie das Zeugnis gemeinsam. Soweit eine Ausbildung an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer stattfindet, genügt eine Teilnahmebescheinigung.
(2) Das Zeugnis weist eine Punktzahl und die entsprechende Note aus. § 3 des Juristenausbildungsgesetzes gilt entsprechend.
(3) Alle Ausbildungsleistungen sind alsbald mit der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar zu besprechen. Bei mindestens drei geeigneten Ausbildungsleistungen ist zudem eine Bewertung vorzunehmen und bekannt zu geben. Die Zeugnisse der Stationen sind der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar auf Verlangen rechtzeitig vor Ablauf des Abschnittes anzukündigen. Der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar ist Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen und gegebenenfalls ergänzende Leistungen zu erbringen. Das Zeugnis ist spätestens einen Monat nach Abschluss der jeweiligen Ausbildung und in der Wahlstation zum Ende der Station dem Oberlandesgericht mitzuteilen.
(4) Über den Widerspruch gegen Ausbildungszeugnisse entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes.

§ 36 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Juristenausbildungsverordnung vom 19. März 2004 (GVOBl. Schl.-H. S. 88), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. März 2012 (GVOBl. Schl.-H. S. 442)
*)
, Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 4. April 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 143), außer Kraft.
Fußnoten
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GS Schl.-H. II, Gl.Nr. 301-11-2
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