SRegG BE
DE - Landesrecht Berlin

Gesetz zur Regelung des Sektionswesens (Sektionsgesetz) Vom 18. Juni 1996

Gesetz zur Regelung des Sektionswesens (Sektionsgesetz) Vom 18. Juni 1996
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel I § 15 des Gesetzes vom 15.10.01 (GVBl. S. 540)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Regelung des Sektionswesens (Sektionsgesetz) vom 18. Juni 199627.06.1996
Eingangsformel27.06.1996
Abschnitt 1 - Klinische Sektion27.06.1996
§ 1 - Begriff27.06.1996
§ 2 - Sektionsantrag27.06.1996
§ 3 - Zulässigkeit21.10.2001
§ 4 - Durchführung der klinischen Sektion27.06.1996
§ 5 - Unentgeltlichkeit der Einwilligung in die klinische Sektion27.06.1996
§ 6 - Verfahren02.08.2001
Abschnitt 2 - Anatomische Sektion27.06.1996
§ 7 - Begriff27.06.1996
§ 8 - Zulässigkeit27.06.1996
§ 9 - Verfahren02.08.2001
Abschnitt 3 - Schlußvorschriften02.08.2001
§ 10 - Ordnungswidrigkeiten01.01.2002
§ 11 - Personen- und Funktionsbezeichnungen02.08.2001
§ 12 - Inkrafttreten02.08.2001
Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:

Abschnitt 1 Klinische Sektion

§ 1 Begriff

Die klinische Sektion ist die letzte ärztliche Handlung zugunsten der Patienten und der Allgemeinheit. Klinische Sektion (innere Leichenschau) ist die ärztliche fachgerechte Öffnung einer Leiche, die Entnahme und Untersuchung von Teilen sowie die äußere Wiederherstellung des Leichnams. Die klinische Sektion dient der Qualitätskontrolle und Überprüfung ärztlichen Handelns im Hinblick auf Diagnose, Therapie und Todesursache, der Lehre und Ausbildung, der Epidemiologie, der medizinischen Forschung sowie Begutachtung.

§ 2 Sektionsantrag

(1) Die klinische Sektion wird von dem behandelnden Arzt beim Institut für Pathologie unter Angabe des Grundes angemeldet. Er hat die Voraussetzungen nach § 3 zu prüfen, gegebenenfalls erforderliche Einwilligungen einzuholen und zu dokumentieren.
(2) Die klinische Sektion ist auch auf begründeten Wunsch der nächsten Angehörigen durchzuführen, sofern Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen nicht verletzt werden.
(3) Die Entscheidung, ob eine klinische Sektion durchgeführt wird, trifft der leitende Arzt des Instituts für Pathologie oder Gerichtsmedizin oder ein von ihm beauftragter Arzt mit abgeschlossener Weiterbildung im Fach Pathologie oder Gerichtsmedizin.

§ 3 Zulässigkeit

(1) Außer in den sonst durch Gesetz geregelten Fällen ist die klinische Sektion zulässig, wenn
1.
der Verstorbene oder seine Angehörigen im Behandlungsvertrag in die Sektion eingewilligt haben oder
2.
die klinische Sektion zur Klärung der Todesursache oder zur Überprüfung der Diagnose- und Therapieverfahren (Qualitätskontrolle) dient oder
3.
ein besonderes, dem Fortschritt der Medizin dienendes wissenschaftliches Interesse in Lehre, Forschung und Epidemiologie besteht oder
4.
die Fürsorge für die Hinterbliebenen, insbesondere im Gutachterwesen, im Versicherungsrecht, bei Erb- oder Infektionskrankheiten, die klinische Sektion erfordert
und Ausschlußgründe nach § 3 Abs. 3 dem nicht entgegenstehen.
(2) Der klinischen Sektion hat die Leichenschau nach § 3 des Bestattungsgesetzes vom 2. November 1973 (GVBl. S. 1830), das zuletzt durch Gesetz vom 21. September 1995 (GVBl. S. 608) geändert worden ist, vorauszugehen; Anhaltspunkte für einen nichtnatürlichen Tod dürfen sich dabei nicht ergeben haben.
(3) Die klinische Sektion ist nicht zulässig, wenn
1.
sie erkennbar dem Willen des Verstorbenen widerspricht,
2.
der Verstorbene eine einmal dokumentierte Zustimmung zur Sektion gegenüber dem behandelnden Arzt zurückgenommen hat,
3.
eine Einwilligung nach Absatz 1 Nr. 1 nicht vorliegt und die nächsten Angehörigen nach dokumentierter Information über die beabsichtigte Sektion innerhalb von acht Tagesstunden (7.00 bis 22.00 Uhr) widersprochen haben,
4.
der Verstorbene auf Grund seines Glaubens oder seiner Weltanschauung die innere Leichenschau ablehnte oder Angehörige dies mitteilen oder
5.
Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung einer Sektion unter widerspruchsberechtigten Angehörigen gleichen Grades bestehen.
(4) Nächste Angehörige sind der Reihe nach der Ehegatte, der Lebenspartner, volljährige Kinder, die Eltern, volljährige Geschwister oder die Person, mit der der Verstorbene in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft gelebt hat. Als vorrangig gilt jedoch der Angehörige, der im Falle des Ablebens - entsprechend den Angaben im Behandlungsvertrag - benachrichtigt werden soll.

§ 4 Durchführung der klinischen Sektion

(1) Klinische Sektionen dürfen nur in Einrichtungen durchgeführt werden, die dazu von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung eine ordnungsbehördliche Genehmigung haben.
(2) Nach der klinischen Sektion ist das äußere Erscheinungsbild des Leichnams in Achtung vor dem Verstorbenen in einer der ärztlichen Sorgfaltspflicht entsprechenden Weise wiederherzustellen.
(3) Für die klinische Sektion dürfen die zur Untersuchung erforderlichen Organe und Gewebe entnommen werden.

§ 5 Unentgeltlichkeit der Einwilligung in die klinische Sektion

Für die Einwilligung in eine klinische Sektion darf keine Gegenleistung verlangt oder gewährt werden.

§ 6 Verfahren

(1) Der die klinische Sektion durchführende Arzt fertigt eine Niederschrift an. Diese enthält
1.
Identitätsangaben,
2.
Angaben über das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 3 und
3.
das Untersuchungsergebnis.
(2) Eine Ausfertigung der Niederschrift wird dem behandelnden Arzt umgehend zugesandt und von ihm der Krankengeschichte beigefügt.
(3) Ergeben sich bei der klinischen Sektion Anhaltspunkte dafür, daß der Verstorbene eines nichtnatürlichen Todes gestorben ist, so beendet der Arzt die Sektion sofort und benachrichtigt unverzüglich die Polizei.

Abschnitt 2 Anatomische Sektion

§ 7 Begriff

Anatomische Sektion ist die Zergliederung von Leichen oder Leichenteilen in anatomischen Instituten zum Zwecke der Lehre und Forschung über den Aufbau des menschlichen Körpers.

§ 8 Zulässigkeit

(1) Die anatomische Sektion darf unter ärztlicher Aufsicht oder Leitung oder unter Aufsicht oder Leitung von Hochschullehrern der Anatomie vorgenommen werden, wenn
1.
die anatomische Sektion zur Ausbildung des Nachwuchses in medizinischen und naturwissenschaftlichen Berufen gemäß Approbations- oder Ausbildungsordnung unumgänglich ist,
2.
der Verstorbene oder die nächsten Angehörigen nach dokumentierter Information über die anatomische Sektion nach § 7 zugestimmt haben und
3.
die Leichenschau nach § 3 des Bestattungsgesetzes stattgefunden hat, ein natürlicher Tod vorliegt und ein Bestattungsschein erteilt worden ist; an die Stelle des Bestattungsscheines treten bei einer nach Berlin verbrachten Leiche die Urkunden nach § 11 Abs. 2 des Bestattungsgesetzes.
(2) Bei Verstorbenen ohne Angehörige und ohne erkennbare Willensbekundung ist die anatomische Sektion unzulässig, wenn sie erkennbar dem Willen oder der Weltanschauung des Verstorbenen widerspricht.
(3) § 3 Abs. 2 und 4, § 5 und § 6 Abs. 3 gelten auch für die anatomische Sektion.

§ 9 Verfahren

(1) Der für die anatomische Sektion verantwortliche Arzt oder Hochschullehrer fertigt eine Niederschrift über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 8 an.
(2) Nach Beendigung der anatomischen Sektion hat der verantwortliche Arzt oder Hochschullehrer für die Bestattung zu sorgen. Er fertigt darüber eine Niederschrift an.
(3) Soweit es im Hinblick auf den Zweck der anatomischen Sektion nach § 7 erforderlich ist, dürfen Leichenteile zurückbehalten werden.

Abschnitt 3 Schlußvorschriften

§ 10 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer
1.
eine klinische Sektion ohne vorausgehende Leichenschau nach § 3 Abs. 2 durchführt,
2.
eine klinische Sektion durchführt, obwohl eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 3 vorliegt,
3.
eine klinische Sektion in Einrichtungen durchführt, die dafür keine ordnungsbehördliche Genehmigung nach § 4 Abs. 1 besitzen,
4.
eine anatomische Sektion unter Verstoß gegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 8 durchführt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10000 Euro geahndet werden.

§ 11 Personen- und Funktionsbezeichnungen

Alle Personen- und Funktionsbezeichnungen, die in diesem Gesetz in der männlichen Sprachform gebraucht werden, gelten auch in der entsprechenden weiblichen Sprachform.

§ 12 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Der Regierende Bürgermeister
Eberhard Diepgen
Markierungen
Leseansicht