Gesetz über die Sicherung und Benutzung von Archivgut des Landes Berlin (Archivgesetz des Landes Berlin - ArchGB) Vom 14. März 2016
Gesetz über die Sicherung und Benutzung von Archivgut des Landes Berlin (Archivgesetz des Landes Berlin - ArchGB) Vom 14. März 2016
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert, alter § 6 aufgehoben durch Artikel 36 des Gesetzes vom 12.10.2020 (GVBl. S. 807) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Gesetz über die Sicherung und Benutzung von Archivgut des Landes Berlin (Archivgesetz des Landes Berlin - ArchGB) vom 14. März 2016 | 25.03.2016 |
Eingangsformel | 25.03.2016 |
§ 1 - Anwendungsbereich | 25.10.2020 |
§ 2 - Organisation und Zuständigkeit im Archivwesen des Landes Berlin | 25.10.2020 |
§ 3 - Aufgaben des Landesarchivs Berlin | 25.10.2020 |
§ 4 - Archivgut | 25.03.2016 |
§ 5 - Aussonderung und Anbietung von Unterlagen | 25.10.2020 |
§ 6 - Übernahme des Archivgutes | 25.10.2020 |
§ 7 - Sicherung des Archivgutes | 25.10.2020 |
§ 8 - Benutzung des Archivgutes | 25.10.2020 |
§ 9 - Recht auf Auskunft und Gegendarstellung | 25.10.2020 |
§ 10 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten | 25.10.2020 |
Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz regelt die Sicherung und Benutzung von öffentlichem Archivgut und die Tätigkeit der öffentlichen Archive im Land Berlin.
(2) Soweit nach Berliner Landesrecht verfasste Stellen eigene Archive unterhalten und für diese Stellen keine besonderen Rechtsvorschriften gelten, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht für die öffentlich-rechtlichen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und für öffentlich-rechtliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen, und deren Zusammenschlüsse.
(4) Dieses Gesetz trifft sowohl ergänzende als auch abweichende Regelungen zur Durchführung der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72, L 127 vom 23.5.2018, S. 2).
§ 2 Organisation und Zuständigkeit im Archivwesen des Landes Berlin
(1) Die für kulturelle Angelegenheiten zuständige Senatsverwaltung ist verantwortlich für alle Grundsatzfragen der Archive des Landes Berlin.
(2) Das Landesarchiv Berlin ist das zentrale Staatsarchiv des Landes Berlin. Das Landesarchiv Berlin ist der für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Senatsverwaltung als nichtrechtsfähige Anstalt nachgeordnet.
(3) Die Bezirke können Heimatarchive für die Geschichte des Bezirkes einrichten. Die Aufgaben des Landesarchivs Berlin nach § 3 sowie das Recht zur Übernahme von archivwürdigen Unterlagen auch der Bezirke durch das Landesarchiv Berlin nach den §§ 5 und 6 dieses Gesetzes bleiben davon unberührt.
(4) Das Abgeordnetenhaus von Berlin und die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes Berlin unterstehen, können entweder eigene Archive unterhalten, sofern diese den anerkannten Grundsätzen des Archivwesens entsprechen, oder Archivgut entsprechend § 5 Absatz 1 dem Landesarchiv Berlin zur Verfügung stellen. Das Abgeordnetenhaus von Berlin ist berechtigt, durch eine Vereinbarung mit dem Landesarchiv Berlin die Übernahme und Benutzung archivwürdiger Unterlagen zu regeln.
§ 3 Aufgaben des Landesarchivs Berlin
(1) Das Landesarchiv Berlin hat die Aufgabe, Unterlagen zu erfassen, zu bewerten und als Archivgut zu sichern und auf Dauer zu bewahren sowie die Erschließung zu gewährleisten und es für die Benutzung allgemein zugänglich zu machen. Das Landesarchiv Berlin fördert die wissenschaftliche Forschung und die Öffentlichkeitsarbeit und wirkt an der Erforschung und der Vermittlung der Landesgeschichte mit.
(2) Das Landesarchiv Berlin archiviert das aus den Geschäftsgängen aller Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes Berlin sowie von deren Rechts- und Funktionsvorgängern hervorgegangene Archivgut. Das Landesarchiv Berlin kann Archivgut privater Institutionen und natürlicher Personen archivieren oder sie bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben unterstützen. Das Landesarchiv Berlin ergänzt seine Bestände durch alles sonstige archivwürdige Material, an dessen Verwahrung und Erschließung ein öffentliches Interesse besteht.
(3) Das Landesarchiv Berlin berät die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes Berlin bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen im Hinblick auf die spätere Archivierung. Diese Stellen beteiligen das Landesarchiv Berlin bei der Einführung und Änderung technischer Systeme zur Erstellung und Speicherung elektronischer Unterlagen. Die Beratungstätigkeit nach Satz 1 erstreckt sich auch auf die nichtöffentlichen Archive.
(4) Das Landesarchiv Berlin führt die Stadtchronik Berlins. Es führt die Aufgaben der audiovisuellen Stadtdokumentation und der Berlin-Information im Einvernehmen mit dem Presse- und Informationsamt des Landes Berlin fort. Durch Editionen, sonstige Publikationen, Ausstellungen, Führungen und andere geeignete Veranstaltungen fördert das Landesarchiv Berlin das Verständnis für die Geschichte Berlins.
(5) Das Landesarchiv Berlin ist berechtigt, zum Zwecke der Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten zu verarbeiten.
§ 4 Archivgut
(1) Archivgut sind alle archivwürdigen Unterlagen wie Urkunden, Akten, Amtsbücher, Einzelschriftstücke, Film-, Bild- und Tonmaterial, Karten, Pläne, Karteien oder Teile davon und alle elektronischen Unterlagen, unabhängig von ihrer Speicherungsform sowie alle Hilfsmittel oder ergänzenden Daten, die für die Erhaltung oder das Verständnis dieser Informationen oder deren Benutzung notwendig sind.
(2) Archivwürdig sind Unterlagen, die für die wissenschaftliche Forschung, die Aufklärung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart bleibenden Wert haben, sowie solche, deren Aufbewahrung zur Sicherung berechtigter Belange oder zur Bereitstellung von Informationen für die Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Verwaltung unerlässlich sind.
(3) Über die Archivwürdigkeit entscheidet das Landesarchiv Berlin.
§ 5 Aussonderung und Anbietung von Unterlagen
(1) Alle Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes Berlin sind verpflichtet, sämtliche Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden, in der Regel spätestens 30 Jahre nach ihrer Entstehung auszusondern und unverändert anzubieten, soweit nicht Rechtsvorschriften andere Fristen bestimmen. Entstehung bezeichnet den Zeitpunkt der Vervollständigung einer Unterlage oder die letzte inhaltliche Bearbeitung einer Unterlage. Die Verpflichtung nach Satz 1 gilt auch für diejenigen Unterlagen von ehemals öffentlichen oder diesen gleichgestellten Stellen, die bis zum Zeitpunkt des Übergangs in eine Rechtsform des Privatrechts entstanden sind. Als Stellen des Landes im Sinne von Satz 1 gelten auch juristische Personen des Privatrechts, die nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen und bei denen dem Land Berlin mehr als die Hälfte der Anteile oder der Stimmen zustehen. Diese Verpflichtung bezieht sich auch auf Unterlagen mit personenbezogenen Daten.
(2) Soweit gleichförmige Unterlagen, die in großer Zahl anfallen, archivwürdig sind, sind Art und Umfang des dem Landesarchiv Berlin zu übergebenden Archivgutes durch Vereinbarung der anbietenden Stelle mit dem Landesarchiv Berlin im Grundsatz festzulegen.
(3) Bei elektronischen Unterlagen sind das Format von Primär- und Metadaten sowie die Form der Übermittlung vorab zu vereinbaren.
(4) Anzubieten sind auch Unterlagen, die besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 enthalten. Ihre Verarbeitung ist nur unter Beachtung der im Archivgesetz des Landes Berlin genannten Voraussetzungen zur Verarbeitung und Benutzung gestattet.
(5) Von der Anbietungspflicht ausgenommen sind Unterlagen, deren Offenbarung gegen das Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis verstoßen würde.
§ 6 Übernahme des Archivgutes
(1) Das Landesarchiv Berlin übernimmt das Archivgut. Entscheidet es nicht innerhalb von zwölf Monaten über die Übernahme angebotener Unterlagen, so ist die anbietende Stelle zu deren weiterer Aufbewahrung nicht verpflichtet.
(2) Das Landesarchiv Berlin kann in Ausnahmefällen im Auftrag öffentlicher Stellen Unterlagen aufbewahren. Speichernde Stelle für diese Unterlagen bleibt die abgebende Stelle. Die Regelungen zur Anbietungspflicht und zur Entscheidung über die Archivwürdigkeit und Übernahme der Unterlagen bleiben unberührt.
(3) Den Vertreterinnen und Vertretern des Landesarchivs Berlin ist zur Erfüllung ihrer Aufgaben Zutritt zu den Registraturen der Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes Berlin und Einsicht in die angebotenen Unterlagen und die diesbezüglichen Findmittel der Registraturen zu gewähren.
(4) Das Landesarchiv Berlin darf das ihm gemäß § 7 des Bundesarchivgesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 410), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2257; 2019 I S. 496) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, von Behörden und sonstigen Stellen des Bundes, bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen angebotene Archivgut übernehmen.
§ 7 Sicherung des Archivgutes
(1) Das Landesarchiv Berlin hat die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um die ordnungsgemäße und sachgemäße dauernde Aufbewahrung und Benutzbarkeit des übernommenen Archivgutes sowie seinen Schutz vor unbefugter Benutzung oder vor Vernichtung sicherzustellen. Gleiches gilt für die im Auftrag verwahrten Unterlagen. Bei der Aufbewahrung der Unterlagen sind auch die Regelungen zur Sicherung geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen zu beachten. Die Verknüpfung personenbezogener Daten durch das Landesarchiv Berlin ist innerhalb der in § 8 genannten Schutzfristen nur zulässig, wenn schutzwürdige Belange betroffener Personen oder Dritter nicht beeinträchtigt werden.
(2) Die öffentlichen Archive des Landes Berlin können untereinander sowie mit Archiven des Bundes und bundesunmittelbarer juristischer Personen des öffentlichen Rechts und anderer Bundesländer Archivgut austauschen, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, archivwissenschaftlichen Grundsätzen entspricht und schutzwürdige Belange betroffener Personen und Dritter nicht beeinträchtigt werden. In allen anderen Fällen ist übernommenes Archivgut, das im Eigentum des Landes Berlin steht, unveräußerlich.
(3) Archivgut, dessen Archivwürdigkeit nicht mehr gegeben ist, ist zu vernichten oder zu löschen. Über die Vernichtung ist ein Nachweis zu fertigen und dauernd aufzubewahren.
§ 8 Benutzung des Archivgutes
(1) Jede Person hat auf Antrag das Recht, Archivgut nach Maßgabe dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verwaltungsvorschriften zu benutzen.
(2) Grundsätzlich darf Archivgut nach seiner Entstehung nicht vor Ablauf von zehn Jahren durch Dritte benutzt werden. Archivgut, das bundesrechtlichen oder besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt, darf frühestens 30 Jahre nach seiner Entstehung und nur dann zur Benutzung freigegeben werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Geheimhaltung nicht entgegensteht.
(3) Archivgut, das sich seinem wesentlichen Inhalt nach auf eine natürliche Person bezieht (personenbezogenes Archivgut), darf unbeschadet des Absatzes 2 Dritten nur mit der Einwilligung der betroffenen Personen zugänglich gemacht werden. Nach dem Tode der betroffenen Personen bedarf die Benutzung des Archivgutes bis zum Ablauf von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen. Das Zustimmungsrecht wird von der überlebenden Ehegattin oder vom überlebenden Ehegatten oder der überlebenden Lebenspartnerin oder dem überlebenden Lebenspartner, falls eine solche oder ein solcher nicht vorhanden ist, wird es von den Abkömmlingen ersten Grades und, falls weder Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner noch Abkömmlinge ersten Grades vorhanden sind, von den Eltern der betroffenen Personen ausgeübt. Ist das Todesjahr der betroffenen Personen dem Landesarchiv Berlin nicht bekannt, so endet die Schutzfrist hundert Jahre nach der Geburt. Ist auch das Geburtsjahr dem Landesarchiv Berlin nicht bekannt, so endet die Schutzfrist siebzig Jahre nach der Entstehung der Unterlage. Die Schutzfrist gilt nicht für die Benutzung durch die betroffenen Personen oder ihre Angehörigen.
(4) Die Schutzfristen können vom Landesarchiv Berlin verkürzt werden, wenn und soweit dies im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Bei personenbezogenem Archivgut ist eine Verkürzung auch ohne Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses zulässig, wenn die betroffenen Personen oder im Falle ihres Todes ihre Angehörigen im Sinne des Absatzes 3 Satz 3 eingewilligt haben. Kann die Einwilligung nicht eingeholt werden, so ist eine Verkürzung nur zulässig, wenn durch geeignete Maßnahmen gegenüber der Benutzerin oder dem Benutzer sichergestellt ist, dass die schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen nicht beeinträchtigt werden. Für Personen der Zeitgeschichte können die Schutzfristen nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 im Hinblick auf Ereignisse von zeitgeschichtlicher Relevanz verkürzt werden, wenn die schutzwürdigen Belange der betroffenen Person angemessen berücksichtigt werden. Das Gleiche gilt für Archivgut, das sich auf die Tätigkeit natürlicher Personen in Ausübung öffentlicher Ämter bezieht.
(5) Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Benutzung von Archivgut vor Ablauf der Schutzfristen ist in der Regel dann gegeben, wenn die Person oder der historische Vorgang, auf die oder den in dem geschützten Archivgut Bezug genommen wird, von besonderer oder exemplarischer Bedeutung für die Erforschung der Geschichte oder das Verständnis der Gegenwart ist.
(6) Die Schutzfristen nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 gelten nicht für Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren. Gleiches gilt für Archivgut, das bereits vor der Übergabe an das Landesarchiv Berlin einem Informationszugang nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz vom 15. Oktober 1999 (GVBl. S. 561), das zuletzt durch Gesetz vom 23. Juni 2015 (GVBl. S. 285) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, tatsächlich offen gestanden hat.
(7) Die anbietende Stelle sowie deren Rechts- und Funktionsnachfolger sind befugt, Archivgut, das aus ihren Unterlagen ausgewählt worden ist, zu benutzen, wenn sie es zur Erfüllung ihrer Aufgaben wieder benötigen. Dies gilt nicht für personenbezogene Daten, die, wenn sie nicht übernommen worden wären, aufgrund einer Rechtsvorschrift hätten gesperrt oder gelöscht werden müssen; in diesen Fällen besteht die Benutzungsbefugnis nur nach Maßgabe der Absätze 3 bis 5.
(8) Die Benutzung von Film-, Bild- und Tonmaterial, das im Landesarchiv Berlin verwahrt ist, unterliegt den Schutzfristen der Absätze 2 und 3 nur, soweit und solange daran Rechte betroffener Personen nach Maßgabe der §§ 22 und 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 440-3, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 § 31 des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung bestehen. Alles Weitere regelt die aufgrund des Absatzes 13 zu erlassende Benutzungsordnung.
(9) Die Benutzung ist zu versagen oder einzuschränken, soweit
1.
Grund zu der Annahme besteht, dass das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet würde,
2.
Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen,
3.
der Erhaltungszustand des Archivgutes gefährdet würde,
4.
Vereinbarungen mit derzeitigen oder früheren Eigentümerinnen oder Eigentümern entgegenstehen,
5.
Berufs- oder besondere Amtsgeheimnisse im Sinne des § 203 Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs oder andere Rechtsvorschriften über Geheimhaltung verletzt würden,
6.
ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand entstehen würde.
(10) Die Entscheidung über die Versagung oder Einschränkung der Benutzung trifft das Landesarchiv Berlin. Die Entscheidung ist zu begründen.
(11) Die Benutzung von Unterlagen, die der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Absatz 1 oder 3 des Strafgesetzbuchs zu einem früheren Zeitpunkt unterlegen haben, kann eingeschränkt oder versagt werden, soweit dies zur Wahrung schutzwürdiger Belange betroffener Personen erforderlich ist.
(12) Archivgut von Bundesbehörden beziehungsweise deren Rechts- und Funktionsvorgängern, das das Landesarchiv Berlin vom Bundesarchiv übernommen hat, unterliegt bei der Benutzung weiterhin den Vorschriften des Bundesarchivgesetzes in der jeweils geltenden Fassung.
(13) Die für kulturelle Angelegenheiten zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, die Benutzung von Archivgut im Landesarchiv Berlin durch Ausführungsvorschriften zu regeln.
§ 9 Recht auf Auskunft und Gegendarstellung
(1) Betroffenen Personen ist auf ihren Antrag Auskunft über die im übernommenen Archivgut zu ihrer Person enthaltenen Daten zu erteilen, soweit diese nach archivfachlichen Kriterien verzeichnet sind. Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen. In Zweifelsfällen ist vor Ablauf der Schutzfristen nach § 8 Absatz 2 das Benehmen mit der anbietenden Stelle herzustellen. Neben der Auskunft ist vom Landesarchiv Berlin auf Verlangen Akteneinsicht zu gewähren. Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch betroffener Personen gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, ebenso kein Recht aus Artikel 20 der Verordnung (EU) 2016/679 auf Datenübertragbarkeit. Ein Widerspruchsrecht gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegen die Archivierung rechtmäßig gespeicherter personenbezogener Daten besteht nicht.
(2) Auf Verlangen von betroffenen Personen, die die Richtigkeit von Tatsachenangaben in auf ihre Person bezogenem übernommenem Archivgut bestreiten, hat das Landesarchiv Berlin eine Gegendarstellung den Unterlagen hinzuzufügen; § 10 Absatz 2 und 3 des Berliner Pressegesetzes vom 15. Juni 1965 (GVBl. S. 744), das zuletzt durch Artikel 37 des Gesetzes vom 12. Oktober 2020 (GVBl. S. 807) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend. Weitergehende Ansprüche aus Artikel 16 der Verordnung (EU) 2016/679 bestehen nicht. Nach dem Tode der betroffenen Personen steht dieses Recht ihren Angehörigen zu; § 8 Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend. Ein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679 wird ausgeschlossen. Eine Mitteilungspflicht gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht für das Landesarchiv Berlin nicht.
(3) Aufgrund besonderer Rechtsvorschriften zu berichtigendes Archivgut ist um eine Richtigstellung zu ergänzen.
§ 10 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Gleichzeitig tritt das Archivgesetz des Landes Berlin vom 29. November 1993 (GVBl. S. 576), das zuletzt durch Artikel I § 19 des Gesetzes vom 15. Oktober 2001 (GVBl. S. 540) geändert worden ist, außer Kraft.
Berlin, den 14. März 2016
Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin
Ralf Wieland
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Der Regierende Bürgermeister
Michael Müller
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