JAVollzG Bln
DE - Landesrecht Berlin

Gesetz über den Vollzug des Jugendarrests in Berlin (Berliner Jugendarrestvollzugsgesetz - JAVollzG Bln) Vom 27. September 2021

Gesetz über den Vollzug des Jugendarrests in Berlin (Berliner Jugendarrestvollzugsgesetz - JAVollzG Bln) Vom 27. September 2021
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über den Vollzug des Jugendarrests in Berlin (Berliner Jugendarrestvollzugsgesetz - JAVollzG Bln) vom 27. September 202107.10.2021
Eingangsformel07.10.2021
Inhaltsverzeichnis07.10.2021
Abschnitt 1 - Allgemeine Bestimmungen07.10.2021
§ 1 - Anwendungsbereich07.10.2021
§ 2 - Ziel des Arrests07.10.2021
§ 3 - Förder- und Erziehungsauftrag, Grundsätze der Arrestgestaltung07.10.2021
§ 4 - Stellung der Arrestierten07.10.2021
§ 5 - Mitwirkung der Arrestierten07.10.2021
§ 6 - Leitlinien der Förderung und Erziehung07.10.2021
Abschnitt 2 - Aufnahme, Förder- und Erziehungsbedarf07.10.2021
§ 7 - Aufnahmeverfahren07.10.2021
§ 8 - Ermittlung des Förder- und Erziehungsbedarfs07.10.2021
Abschnitt 3 - Unterbringung07.10.2021
§ 9 - Trennungsgrundsätze07.10.2021
§ 10 - Unterbringung während der Einschlusszeiten07.10.2021
§ 11 - Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten07.10.2021
Abschnitt 4 - Außenkontakte07.10.2021
§ 12 - Schriftwechsel und Pakete07.10.2021
§ 13 - Telefongespräche und Besuche07.10.2021
§ 14 - Andere Formen der Telekommunikation07.10.2021
§ 15 - Aufenthalte außerhalb der Anstalt07.10.2021
Abschnitt 5 - Entlassung und nachgehende Betreuung07.10.2021
§ 16 - Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassung, Entlassungsbeihilfe07.10.2021
§ 17 - Schlussbericht, Entlassungsgespräch07.10.2021
§ 18 - Nachgehende Betreuung07.10.2021
§ 19 - Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage07.10.2021
Abschnitt 6 - Grundversorgung und Freizeit07.10.2021
§ 20 - Bildung und Beschäftigung07.10.2021
§ 21 - Einbringen von und Gewahrsam an Gegenständen07.10.2021
§ 22 - Religiöse Schriften und Gegenstände07.10.2021
§ 23 - Kleidung07.10.2021
§ 24 - Verpflegung07.10.2021
§ 25 - Freizeit und Sport07.10.2021
Abschnitt 7 - Gesundheitsfürsorge07.10.2021
§ 26 - Gesundheitsschutz und Hygiene07.10.2021
Abschnitt 8 - Religionsausübung07.10.2021
§ 27 - Seelsorge07.10.2021
§ 28 - Religiöse Veranstaltungen07.10.2021
§ 29 - Weltanschauungsgemeinschaften07.10.2021
Abschnitt 9 - Sicherheit und Ordnung07.10.2021
§ 30 - Grundsatz der Sicherheit und Ordnung07.10.2021
§ 31 - Allgemeine Verhaltenspflichten07.10.2021
§ 32 - Reaktionen auf Pflichtverstöße07.10.2021
§ 33 - Einvernehmliche Streitbeilegung07.10.2021
§ 34 - Durchsuchung und Absuchung07.10.2021
§ 35 - Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelmissbrauch07.10.2021
§ 36 - Besondere Sicherungsmaßnahmen07.10.2021
Abschnitt 10 - Unmittelbarer Zwang07.10.2021
§ 37 - Begriffsbestimmungen07.10.2021
§ 38 - Allgemeine Voraussetzungen07.10.2021
§ 39 - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit07.10.2021
§ 40 - Androhung07.10.2021
Abschnitt 11 - Beschwerde07.10.2021
§ 41 - Beschwerderecht07.10.2021
Abschnitt 12 - Kriminologische Forschung07.10.2021
§ 42 - Evaluation, kriminologische Forschung07.10.2021
Abschnitt 13 - Aufbau und Organisation der Anstalten07.10.2021
§ 43 - Jugendarrestanstalt, Festsetzung der Belegungsfähigkeit07.10.2021
§ 44 - Anstalts- und Arrestleitung07.10.2021
§ 45 - Bedienstete07.10.2021
§ 46 - Seelsorgerinnen und Seelsorger07.10.2021
§ 47 - Ärztliche Versorgung07.10.2021
§ 48 - Hausordnung07.10.2021
Abschnitt 14 - Aufsicht, Beirat, Besichtigungen07.10.2021
§ 49 - Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften07.10.2021
§ 50 - Anstaltsbeiräte07.10.2021
§ 51 - Berliner Vollzugsbeirat07.10.2021
§ 52 - Besichtigungen07.10.2021
Abschnitt 15 - Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Jugendarrest neben Jugendstrafe07.10.2021
§ 53 - Grundsatz07.10.2021
§ 54 - Freizeit- und Kurzarrest07.10.2021
§ 55 - Nichtbefolgungsarrest07.10.2021
§ 56 - Jugendarrest neben Jugendstrafe07.10.2021
Abschnitt 16 - Schlussbestimmungen07.10.2021
§ 57 - Einschränkung von Grundrechten07.10.2021
§ 58 - Ersetzung von Bundesrecht07.10.2021
§ 59 - Inkrafttreten07.10.2021
Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1Anwendungsbereich
§ 2Ziel des Arrests
§ 3Förder- und Erziehungsauftrag, Grundsätze der Arrestgestaltung
§ 4Stellung der Arrestierten
§ 5Mitwirkung der Arrestierten
§ 6Leitlinien der Förderung und Erziehung
Abschnitt 2 Aufnahme, Förder- und Erziehungsbedarf
§ 7Aufnahmeverfahren
§ 8Ermittlung des Förder- und Erziehungsbedarfs
Abschnitt 3 Unterbringung
§ 9Trennungsgrundsätze
§ 10Unterbringung während der Einschlusszeiten
§ 11Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten
Abschnitt 4 Außenkontakte
§ 12Schriftwechsel und Pakete
§ 13Telefongespräche und Besuche
§ 14Andere Formen der Telekommunikation
§ 15Aufenthalte außerhalb der Anstalt
Abschnitt 5 Entlassung und nachgehende Betreuung
§ 16Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassung, Entlassungsbeihilfe
§ 17Schlussbericht, Entlassungsgespräch
§ 18Nachgehende Betreuung
§ 19Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
Abschnitt 6 Grundversorgung und Freizeit
§ 20Bildung und Beschäftigung
§ 21Einbringen von und Gewahrsam an Gegenständen
§ 22Religiöse Schriften und Gegenstände
§ 23Kleidung
§ 24Verpflegung
§ 25Freizeit und Sport
Abschnitt 7 Gesundheitsfürsorge
§ 26Gesundheitsschutz und Hygiene
Abschnitt 8 Religionsausübung
§ 27Seelsorge
§ 28Religiöse Veranstaltungen
§ 29Weltanschauungsgemeinschaften
Abschnitt 9 Sicherheit und Ordnung
§ 30Grundsatz der Sicherheit und Ordnung
§ 31Allgemeine Verhaltenspflichten
§ 32Reaktionen auf Pflichtverstöße
§ 33Einvernehmliche Streitbeilegung
§ 34Durchsuchung und Absuchung
§ 35Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelmissbrauch
§ 36Besondere Sicherungsmaßnahmen
Abschnitt 10 Unmittelbarer Zwang
§ 37Begriffsbestimmungen
§ 38Allgemeine Voraussetzungen
§ 39Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
§ 40Androhung
Abschnitt 11 Beschwerde
§ 41Beschwerderecht
Abschnitt 12 Kriminologische Forschung
§ 42Evaluation, kriminologische Forschung
Abschnitt 13 Aufbau und Organisation der Anstalten
§ 43Jugendarrestanstalt, Festsetzung der Belegungsfähigkeit
§ 44Anstalts- und Arrestleitung
§ 45Bedienstete
§ 46Seelsorgerinnen und Seelsorger
§ 47Ärztliche Versorgung
§ 48Hausordnung
Abschnitt 14 Aufsicht, Beirat, Besichtigungen
§ 49Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
§ 50Anstaltsbeiräte
§ 51Berliner Vollzugsbeirat
§ 52Besichtigungen
Abschnitt 15 Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Jugendarrest neben Jugendstrafe
§ 53Grundsatz
§ 54Freizeit- und Kurzarrest
§ 55Nichtbefolgungsarrest
§ 56Jugendarrest neben Jugendstrafe
Abschnitt 16 Schlussbestimmungen
§ 57Einschränkung von Grundrechten
§ 58Ersetzung von Bundesrecht
§ 59Inkrafttreten

Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrests (Arrest) in Jugendarrestanstalten (Anstalten).

§ 2 Ziel des Arrests

Der Arrest dient dem Ziel, den Arrestierten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst zu machen. Er soll einen Beitrag leisten, die Arrestierten zur Führung eines eigenverantwortlichen Lebens ohne weitere Straftaten zu befähigen.

§ 3 Förder- und Erziehungsauftrag, Grundsätze der Arrestgestaltung

(1) Der Arrest ist auf die Förderung der Arrestierten auszurichten und wird erzieherisch ausgestaltet. Er weckt und fördert die unverzichtbare Bereitschaft der Arrestierten, an der Erreichung des Arrestziels mitzuwirken.
(2) Der Arrest wirkt auf die Auseinandersetzung der Arrestierten mit ihren Straftaten, deren Ursachen und Folgen hin. Das Bewusstsein für die den Opfern zugefügten Schäden soll geweckt werden.
(3) Das Leben im Arrest ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen.
(4) Schädlichen Folgen des Arrests ist entgegenzuwirken. Die Arrestierten sind insbesondere vor Übergriffen zu schützen.
(5) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten vertrauensvoll zusammen und wirken daran mit, das Arrestziel zu erreichen.
(6) Die Anstalt arbeitet eng mit anderen staatlichen Stellen sowie anderen geeigneten Einrichtungen, Organisationen, Personen und Vereinen zusammen, um das Arrestziel zu erreichen und eine Fortführung der für erforderlich erachteten Maßnahmen nach der Entlassung zu ermöglichen.
(7) Die Personensorgeberechtigten sind, soweit dies möglich ist und dem Arrestziel nicht zuwiderläuft, in die Planung und Gestaltung des Arrests angemessen einzubeziehen. Über besondere Begebenheiten während des Arrests sind sie zu informieren.
(8) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arrestierten, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, individuellen Reifegrad, Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Gesundheit, sexuelle und geschlechtliche Identität werden bei der Arrestgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall berücksichtigt.

§ 4 Stellung der Arrestierten

(1) Die Persönlichkeit der Arrestierten ist zu achten. Ihre Selbständigkeit ist soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern.
(2) Alle Maßnahmen im Arrest sind den Arrestierten zu erläutern, insbesondere der Inhalt und das Ziel des Behandlungsangebots.
(3) Die Arrestierten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.

§ 5 Mitwirkung der Arrestierten

Zur Erreichung des Arrestziels bedarf es der Mitwirkung der Arrestierten. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

§ 6 Leitlinien der Förderung und Erziehung

(1) Die erzieherische Förderung erfolgt durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arrestierten im Hinblick auf ein künftiges Leben ohne Straftaten. Sie sollen den Arrestierten helfen, die persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu bewältigen, die zur Begehung der Straftaten beigetragen haben. Die Arrestierten sollen angehalten werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und den durch die Straftaten verursachten materiellen und immateriellen Schaden wiedergutzumachen.
(2) Einzel- und Gruppenmaßnahmen richten sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die Unterstützung der lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung, die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens und der freien Zeit sowie die Vermittlung unterstützender Kontakte. Auch in den Abendstunden, an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen sind geeignete Maßnahmen vorzuhalten.
(3) Die Maßnahmen und Programme nach Absatz 1 und 2 sind auf die Ausgestaltung des Dauerarrests nach § 16 Absatz 4 des Jugendgerichtsgesetzes ausgerichtet.
(4) Die Arrestierten sind an einen strukturierten Tagesablauf heranzuführen.

Abschnitt 2 Aufnahme, Förder- und Erziehungsbedarf

§ 7 Aufnahmeverfahren

(1) Mit den Arrestierten wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Aufnahmegespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Sofern es für die sprachliche Verständigung mit den Arrestierten erforderlich ist, ist eine Sprachmittlerin oder ein Sprachmittler hinzuzuziehen. Den Arrestierten wird ein Exemplar der Hausordnung ausgehändigt oder in anderer Weise dauerhaft zugänglich gemacht. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Arrestierten auf Verlangen zugänglich zu machen.
(2) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Arrestierte nicht zugegen sein.
(3) Die Arrestierten werden bei der Aufnahme oder alsbald danach ärztlich untersucht.
(4) Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden von der Aufnahme der Arrestierten unverzüglich benachrichtigt. Stehen Arrestierte unter Bewährung, ist auch die Bewährungshilfe unverzüglich von der Aufnahme zu unterrichten. Dies gilt auch für die Vollstreckungsleiterin oder den Vollstreckungsleiter, wenn der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter diese Aufgabe nicht obliegt.
(5) Werden der Anstalt bei der Aufnahme oder während des Arrests Tatsachen bekannt, die ein Absehen von der Vollstreckung oder deren Unterbrechung rechtfertigen können, unterrichtet sie unverzüglich die Vollstreckungsleiterin oder den Vollstreckungsleiter. Nach Vollendung der 20. Schwangerschaftswoche, während des gesetzlichen Mutterschutzes und während der Stillzeit dürfen Arrestierte nicht aufgenommen werden.

§ 8 Ermittlung des Förder- und Erziehungsbedarfs

(1) Nach der Aufnahme wird mit den Arrestierten alsbald ein ausführliches Zugangsgespräch geführt, wobei insbesondere die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse und die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arrestierten ermittelt werden.
(2) Die an der Förderung der Arrestierten maßgeblich beteiligten Bediensteten erörtern auf der Grundlage der Ergebnisse des Zugangsgesprächs und der Erkenntnisse aus den Vollstreckungsunterlagen, insbesondere der Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe, den Förder- und Erziehungsbedarf für die Dauer des Arrests und die Zeit danach. Erforderlichenfalls können mit Zustimmung der Arrestierten oder der Personensorgeberechtigten externe Fachkräfte hinzugezogen werden. Den Arrestierten werden die zur Erreichung des Arrestziels erforderlichen Maßnahmen sowie weitere Hilfsangebote und Empfehlungen aufgezeigt. Anregungen und Vorstellungen der Arrestierten sollen angemessen berücksichtigt werden, soweit sie dem Arrestziel entsprechen.
(3) Das wesentliche Ergebnis des Förder- und Erziehungsbedarfs wird schriftlich niedergelegt. Es ist auf Verlangen den Arrestierten auszuhändigen und kann auf Verlangen unter Beachtung des § 3 Absatz 7 Satz 1 auch den Personensorgeberechtigten übermittelt werden.
(4) Als Hilfen kommen insbesondere in Betracht:
1.
Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz, namentlich zu den Schwerpunkten Gewalt, Sucht und Schulden,
2.
Maßnahmen zur lebenspraktischen, beruflichen und schulischen Entwicklung,
3.
angemessene Beschäftigung,
4.
Sportangebote und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit und
5.
Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen.

Abschnitt 3 Unterbringung

§ 9 Trennungsgrundsätze

(1) Arrestierte unterschiedlichen Geschlechts werden getrennt voneinander untergebracht.
(2) Von dem Grundsatz der getrennten Unterbringung gemäß Absatz 1 kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Arrestierten, der Erreichung des Arrestziels und der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt einschließlich der Bedürfnisse der übrigen Arrestierten insbesondere dann abgewichen werden, wenn sich Arrestierte
1.
auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität nicht dem in ihrem amtlichen Personenstandseintrag angegebenen, sondern einem anderen Geschlecht oder
2.
dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht
als zugehörig empfinden.

§ 10 Unterbringung während der Einschlusszeiten

(1) Die Arrestierten werden während der Einschlusszeiten in ihren Arresträumen einzeln untergebracht. Mit ihrer und der Zustimmung der Personensorgeberechtigten können sie in dafür zugelassenen Arresträumen zu zweit untergebracht werden, wenn es für die Arrestierten ärztlich angeordnet oder sonst förderlich ist und erzieherische Gründe nicht entgegenstehen.
(2) Die Anstalt setzt die Einschlusszeiten unter Berücksichtigung der in § 3 geregelten Grundsätze der Arrestgestaltung und der in § 6 bestimmten Leitlinien der Förderung und Erziehung fest.

§ 11 Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten

(1) Außerhalb der Einschlusszeiten halten sich die Arrestierten grundsätzlich in Gemeinschaft auf.
(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden,
1.
wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Arrestierte zu befürchten ist,
2.
wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert oder
3.
solange es aus erzieherischen Gründen dringend geboten ist.

Abschnitt 4 Außenkontakte

§ 12 Schriftwechsel und Pakete

(1) Die Arrestierten haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen. Die Anstalt fördert die schriftliche Kommunikation.
(2) Die Arrestierten haben das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, die sie unverzüglich weiterleitet. Eine inhaltliche Kontrolle findet nicht statt. Ein- und ausgehende Schreiben können auf verbotene Gegenstände überprüft werden. Satz 3 gilt nicht für den Schriftwechsel mit den in § 13 Absatz 4 genannten Institutionen und Personen.
(3) Die Kosten des Schriftwechsels tragen die Arrestierten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
(4) Den Arrestierten kann in begründeten Ausnahmefällen gestattet werden, Pakete zu empfangen. Pakete sind in Gegenwart der Arrestierten zu öffnen und zu kontrollieren.

§ 13 Telefongespräche und Besuche

(1) Den Arrestierten kann gestattet werden, Telefongespräche durch Vermittlung der Anstalt zu führen, und in dringenden Fällen, Besuch von Familienangehörigen zu empfangen, wenn dies dem Arrestziel förderlich ist und die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt hierdurch nicht gefährdet wird. Für den Arrest findet das Mobilfunkverhinderungsgesetz vom 3. Juli 2009 (GVBl. S. 305) in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung.
(2) Aus Gründen der Sicherheit der Anstalt können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass die Besucherinnen und Besucher sich und ihre mitgeführten Sachen durchsuchen und mit technischen oder sonstigen Hilfsmitteln absuchen lassen. Die Durchsuchung darf nur von Personen des gleichen Geschlechts vorgenommen werden. Abweichend von Satz 2 soll bei berechtigtem Interesse der Besucherinnen und Besucher ihrem Wunsch, die Durchsuchung Bediensteten eines bestimmten Geschlechts zu übertragen, entsprochen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen. Eine inhaltliche Überprüfung der von den in Absatz 4 genannten Personen mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. Telefongespräche und Besuche dürfen beaufsichtigt werden. Sie dürfen abgebrochen werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Die Dauer eines Besuchs soll eine Stunde nicht überschreiten, die Gesamtdauer der Besuche soll zwei Stunden in der Woche nicht überschreiten. Die Besuchszeiten regelt die Hausordnung.
(3) Die Kosten für Telefongespräche tragen die Arrestierten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen. Die Anstalt hat auf marktgerechte Preise hinzuwirken.
(4) Telefongespräche und Besuche
1.
von Verteidigerinnen oder Verteidigern,
2.
von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes,
3.
von Betreuungshelferinnen und Betreuungshelfern nach § 10 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 des Jugendgerichtsgesetzes,
4.
von Angehörigen der für die Arrestierten zuständigen Gerichts- und Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe und der Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht,
5.
von bevollmächtigten Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Arrestierten betreffenden Rechtssache,
6.
von Erziehungsbeiständen nach dem Sozialgesetzbuch,
7.
von Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie deren Mitgliedern,
8.
vom Bundesverfassungsgericht und vom für die Arrestierten zuständigen Landesverfassungsgericht,
9.
von der oder dem für die Arrestierten zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
10.
von der oder dem Datenschutzbeauftragten des Bundes oder der Länder,
11.
vom europäischen Parlament sowie dessen Mitgliedern,
12.
vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
13.
vom Europäischen Gerichtshof,
14.
von der oder dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
15.
von der oder dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
16.
vom Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
17.
von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
18.
vom Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
19.
von den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
20.
vom Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, vom zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und von den entsprechenden Nationalen Präventivmechanismen,
21.
von den konsularischen Vertretungen des Heimatlandes der Arrestierten,
22.
von der oder dem Opferbeauftragten des Landes Berlin und
23.
von den Anstaltsbeiräten und vom Berliner Vollzugsbeirat sowie deren Mitgliedern
sind zu gestatten, werden nicht beaufsichtigt und sind zeitlich unbegrenzt zulässig.

§ 14 Andere Formen der Telekommunikation

Die Anstalt kann den Arrestierten gestatten, andere von der Aufsichtsbehörde zugelassene Formen der Telekommunikation auf ihre Kosten zu nutzen. Im Übrigen finden in Abhängigkeit von der Art der Telekommunikation die Vorschriften dieses Abschnitts über den Schriftwechsel, über Telefongespräche und über den Besuch entsprechende Anwendung.

§ 15 Aufenthalte außerhalb der Anstalt

(1) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können geeigneten Arrestierten gewährt werden, wenn es sich um Maßnahmen der Anstalt handelt oder dies sonst der Erreichung des Arrestziels dient.
(2) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung der Arrestierten sowie der Tod naher Angehöriger.
(3) Zur Ausgestaltung der Aufenthalte außerhalb der Anstalt können den Arrestierten Weisungen erteilt werden. Soweit dies erforderlich ist, werden sie begleitet oder ständig und unmittelbar beaufsichtigt.

Abschnitt 5 Entlassung und nachgehende Betreuung

§ 16 Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassung, Entlassungsbeihilfe

(1) Die Anstalt unterstützt und berät die Arrestierten in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sowie freien Trägern bei der Einleitung von nachsorgenden Maßnahmen. Von der bevorstehenden Entlassung sind auch die übrigen in § 7 Absatz 4 aufgeführten Personen und Stellen zu informieren.
(2) Die Entlassung kann am Tag des Ablaufs der Arrestzeit vorzeitig erfolgen, wenn die Arrestierten aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen sind oder die Anbindung der Anstalt an die öffentlichen Verkehrsmittel dies erfordert.
(3) Bedürftigen Arrestierten kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

§ 17 Schlussbericht, Entlassungsgespräch

(1) Zum Ende des Arrests wird ein Schlussbericht erstellt, der insbesondere folgende Angaben enthält:
1.
Übersicht über den Arrestverlauf, insbesondere über die durchgeführten Maßnahmen,
2.
Aussagen zur Persönlichkeit und zu den gegenwärtigen Lebensumständen der Arrestierten sowie zu ihrer Mitwirkung an der Erreichung des Arrestziels,
3.
Darlegung des weiteren Förderbedarfs der Arrestierten sowie Empfehlung von weiteren externen Hilfsangeboten und
4.
Vorschläge zu Auflagen und Weisungen im Falle einer Bewährungsunterstellung.
(2) Der Inhalt des Schlussberichts wird den Arrestierten in einem Entlassungsgespräch erläutert.
(3) Der Schlussbericht ist für die Arrest- und Strafakten bestimmt. Eine Ausfertigung des Berichts ist der Jugendgerichtshilfe und bei unter Bewährungsaufsicht stehenden Arrestierten der Bewährungshilfe zuzuleiten. Auf Verlangen wird den Arrestierten und den Personensorgeberechtigten eine Ausfertigung des Berichts übermittelt, soweit keine erzieherischen Nachteile zu befürchten sind.

§ 18 Nachgehende Betreuung

Mit Zustimmung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters können Bedienstete in besonders gelagerten Ausnahmefällen an der nachgehenden Betreuung entlassener Arrestierter mit deren Einwilligung mitwirken. Die nachgehende Betreuung kann auch außerhalb der Anstalt erfolgen. In der Regel ist sie auf den ersten Monat nach der Entlassung begrenzt.

§ 19 Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

(1) Sofern es die Belegungssituation zulässt, können entlassene Arrestierte auf ihren Antrag ausnahmsweise vorübergehend in der Anstalt verbleiben oder alsbald nach Entlassung wieder aufgenommen werden, wenn ihre Wohnsituation ungeklärt und ein Aufenthalt in der Anstalt aus diesem Grund gerechtfertigt ist. Der Aufenthalt soll eine Woche nicht überschreiten. Die Unterbringung erfolgt auf vertraglicher Basis.
(2) Gegen die sich in der Anstalt befugt aufhaltenden Entlassenen dürfen Maßnahmen des Arrests nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. Im Übrigen finden die sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Anwendung.
(3) Bei Störung des Anstaltsbetriebs durch die Entlassenen oder aus organisatorischen Gründen der Anstalt kann der freiwillige Aufenthalt jederzeit beendet werden. Die Entlassenen sind vorher zu hören.
(4) Die in der Anstalt verbliebenen oder wieder aufgenommenen Entlassenen dürfen die Anstalt auf ihren Wunsch jederzeit unverzüglich verlassen.
(5) Erforderlichenfalls unterrichtet die Anstalt das Jugendamt unverzüglich über die Notwendigkeit der Unterbringung der Arrestierten oder der Entlassenen in einem Heim der Jugendhilfe.

Abschnitt 6 Grundversorgung und Freizeit

§ 20 Bildung und Beschäftigung

Den Arrestierten sind Maßnahmen zur lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung anzubieten. Zu diesem Zweck können ihnen auch Aufgaben innerhalb der Anstalt und gemeinnützige Tätigkeiten übertragen werden.

§ 21 Einbringen von und Gewahrsam an Gegenständen

(1) Die Arrestierten dürfen Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt einbringen, in Gewahrsam haben, annehmen oder abgeben. Die Anstalt kann die Zustimmung verweigern, wenn die Gegenstände ihrer Art oder Beschaffenheit nach geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Arrestziels zu gefährden oder ihre Aufbewahrung nach Art oder Umfang unmöglich ist.
(2) Gegenstände, die die Arrestierten nicht in Gewahrsam haben dürfen, werden von der Anstalt aufbewahrt, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist und Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, insbesondere auch hygienische Gründe, nicht dagegensprechen.
(3) Werden Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Absatz 2 ausgeschlossen ist, von den Arrestierten trotz Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist aus der Anstalt verbracht, so darf die Anstalt diese Gegenstände auf Kosten der Arrestierten außerhalb der Anstalt verwahren, verwerten oder vernichten. Für das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gilt § 40 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes in der Fassung vom 11. Oktober 2006 (GVBl. S. 930), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 27. September 2021 (GVBl. S. 1117) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

§ 22 Religiöse Schriften und Gegenstände

Die Arrestierten dürfen grundlegende religiöse Schriften sowie in angemessenem Umfang Gegenstände des religiösen Gebrauchs besitzen. Diese dürfen den Arrestierten nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

§ 23 Kleidung

(1) Die Arrestierten dürfen eigene Kleidung tragen. Dieses Recht kann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit es zur Gewährleistung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel der eigenen Kleidung haben die Arrestierten selbst und auf ihre Kosten zu sorgen.
(2) Bei Bedarf stellt die Anstalt den Arrestierten Kleidung zur Verfügung.

§ 24 Verpflegung

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung haben den Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen zu entsprechen. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Arrestierten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen sowie sich fleischlos zu ernähren. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Ernährungsweise von Arrestierten sind zu berücksichtigen.

§ 25 Freizeit und Sport

(1) Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Arrestziel. Die Anstalt hat Angebote zur sinnvollen Freizeitgestaltung vorzuhalten. Sie stellt insbesondere Angebote zur sportlichen, kulturellen, kreativen und musischen Betätigung, eine angemessen ausgestattete Bibliothek sowie Zeitungen zur Verfügung. Die Arrestierten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Maßnahmen der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten.
(2) Der Zugang zum Rundfunk ist zu ermöglichen. Eigene Fernsehgeräte und eigene Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik sind nicht zugelassen.
(3) Dem Sport kommt bei der Gestaltung des Arrests besondere Bedeutung zu. Die Anstalt bietet täglich Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung an. Sie fördert die Bereitschaft der Arrestierten, sich sportlich zu betätigen.

Abschnitt 7 Gesundheitsfürsorge

§ 26 Gesundheitsschutz und Hygiene

(1) Die Anstalt unterstützt die Arrestierten bei der Wiederherstellung und Erhaltung ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Sie fördert das Bewusstsein für gesunde Ernährung und Lebensführung. Insbesondere ist auf die Gefährdung durch Infektionen, Tabak, Alkohol sowie andere Suchtmittel hinzuweisen. Die Arrestierten haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.
(2) Den Arrestierten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.
(3) Arrestierte, die nicht krankenversichert sind, haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und unter Berücksichtigung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Dauer des Arrests. Auch Arrestierten, die krankenversichert sind, können Leistungen nach Satz 1 gewährt werden, wenn dies aus Gründen des Arrests erforderlich ist.

Abschnitt 8 Religionsausübung

§ 27 Seelsorge

Den Arrestierten ist religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten.

§ 28 Religiöse Veranstaltungen

(1) Die Arrestierten haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihrer Religionsgemeinschaft teilzunehmen.
(2) Die Zulassung zu Gottesdiensten oder religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der Seelsorgerin oder des Seelsorgers dieser Religionsgemeinschaft.
(3) Arrestierte können von der Teilnahme am Gottesdienst oder an anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt geboten ist. Die Seelsorgerin oder der Seelsorger ist dazu vorher anzuhören; bei einer Gefährdung der Sicherheit der Anstalt kann dies auch nachgeholt werden.

§ 29 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 22, 27 und 28 entsprechend.

Abschnitt 9 Sicherheit und Ordnung

§ 30 Grundsatz der Sicherheit und Ordnung

(1) Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die Erreichung des Arrestziels ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei, dass in der Anstalt ein von gegenseitiger Akzeptanz geprägtes gewaltfreies Klima herrscht.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Arrestierten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen. Es sind insbesondere geschlechtsspezifische Belange sowie die besonderen Belange Arrestierter mit Behinderung zu berücksichtigen.

§ 31 Allgemeine Verhaltenspflichten

(1) Die Arrestierten sind für das sozialverträgliche, geordnete Zusammenleben in der Anstalt mitverantwortlich und müssen mit ihrem Verhalten dazu beitragen. Ihr Bewusstsein hierfür ist zu entwickeln und zu stärken.
(2) Auf eine einvernehmliche Streitbeilegung (§ 33) ist hinzuwirken. Das Bewusstsein der Arrestierten hierfür ist zu entwickeln und zu stärken.
(3) Die Arrestierten haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen.
(4) Die Arrestierten haben ihren Arrestraum und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(5) Die Arrestierten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 32 Reaktionen auf Pflichtverstöße

(1) Verstöße der Arrestierten gegen Pflichten, die ihnen durch oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind unverzüglich im Gespräch aufzuarbeiten.
(2) Daneben können Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Arrestierten ihr Fehlverhalten bewusst zu machen (erzieherische Maßnahmen). Als solche Maßnahmen kommen insbesondere die Erteilung von Weisungen und Auflagen, die Beschränkung der Nutzung oder der Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung bis zu einer Dauer von zwei Tagen und der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu einer Dauer von einem Tag in Betracht. Jeder Pflichtverstoß kann gesondert geahndet werden.
(3) Es sollen solche erzieherischen Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung im Zusammenhang stehen.

§ 33 Einvernehmliche Streitbeilegung

Zur Abwendung von erzieherischen Maßnahmen nach § 32 Absatz 2 sollen in geeigneten Fällen im Wege einvernehmlicher und gewaltfreier Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden. Insbesondere kommen die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung beim Geschädigten, die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft und das vorübergehende Verbleiben im Arrestraum in Betracht. Erfüllen die Arrestierten die Vereinbarung, so ist die Anordnung von erzieherischen Maßnahmen unzulässig.

§ 34 Durchsuchung und Absuchung

(1) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt dürfen die Arrestierten, ihre Sachen und die Arresträume mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln abgesucht und durchsucht werden. Die Durchsuchung der Arrestierten darf nur von Personen gleichen Geschlechts vorgenommen werden. Abweichend von Satz 2 soll bei berechtigtem Interesse der Arrestierten ihrem Wunsch, die Durchsuchung Bediensteten eines bestimmten Geschlechts zu übertragen, entsprochen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Leiterin oder des Leiters der Anstalt ist es im begründeten Einzelfall zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung Arrestierter vorzunehmen. Sie darf nur in Anwesenheit von Personen gleichen Geschlechts erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Arrestierte dürfen nicht anwesend sein. Durchführung und Ergebnis der Durchsuchung sind schriftlich abzufassen. Abweichend von Satz 2 soll bei berechtigtem Interesse der Arrestierten ihrem Wunsch, die mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung Bediensteten eines bestimmten Geschlechts zu übertragen, entsprochen werden; nur Bedienstete des benannten Geschlechts dürfen in diesem Fall während der Entkleidung anwesend sein. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(3) Die Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters im Einzelfall ist den Arrestierten mündlich zu eröffnen und zu begründen.

§ 35 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelmissbrauch

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder aus Gründen der Gesundheitsvorsorge können im Einzelfall Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Gebrauch von Suchtmitteln festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.

§ 36 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen Arrestierte können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1.
der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
2.
die Beobachtung der Arrestierten in ihren Hafträumen, im besonders gesicherten Arrestraum oder im Krankenzimmer, auch mit technischen Hilfsmitteln,
3.
die Trennung von allen anderen Arrestierten (Absonderung) bis zu 24 Stunden,
4.
die Unterbringung in einem besonders gesicherten Arrestraum ohne gefährdende Gegenstände bis zu zwölf Stunden.
Mehrere besondere Sicherungsmaßnahmen können nebeneinander angeordnet werden, wenn die Gefahr anders nicht abgewendet werden kann.
(3) Wenn es zur Abwehr einer Selbsttötung oder erheblichen Selbstverletzung unerlässlich ist, ist über Absatz 2 hinaus eine vorübergehende Fesselung im besonders gesicherten Arrestraum zulässig. In der Regel darf die Fesselung nur an den Händen oder an den Füßen der Arrestierten erfolgen. Eine ständige und unmittelbare Überwachung ist vorzusehen. Es ist unverzüglich eine ärztliche Untersuchung herbeizuführen und eine Entscheidung über die Arrestfähigkeit einzuholen. Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Fesselung sind die Arrestierten zu schonen. Die Fesselung ist unverzüglich zu lockern, wenn die Gefahr sich verringert hat oder dies zeitweise, beispielsweise zur Nahrungsaufnahme oder ärztlichen Untersuchung, notwendig ist. Sie ist zu entfernen, sobald die Gefahr nicht mehr fortbesteht oder durch mildere Mittel abgewendet werden kann.
(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(5) Den Arrestierten sind besondere Sicherungsmaßnahmen zusammen mit deren Anordnung mündlich zu erläutern. Die Anordnung ist mit einer kurzen Begründung schriftlich abzufassen.
(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur so weit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert. Sie sind in angemessenen zeitlichen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen. Das Ergebnis der Überprüfungen und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich einer möglichen Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind schriftlich abzufassen.
(7) Während der Absonderung und während der Unterbringung im besonders gesicherten Arrestraum sind die Arrestierten in besonderem Maß zu betreuen.
(8) Sind die Arrestierten in einem besonders gesicherten Arrestraum untergebracht, sucht sie eine Ärztin oder ein Arzt alsbald auf.

Abschnitt 10 Unmittelbarer Zwang

§ 37 Begriffsbestimmungen

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln und Reizstoffe. Waffen sind Hieb- und Schusswaffen.
(4) Als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt dürfen nur dienstlich zugelassene Fesseln verwendet werden. Waffen dürfen nicht gebraucht werden.

§ 38 Allgemeine Voraussetzungen

(1) Zur Durchführung rechtmäßiger Arrest- und Sicherungsmaßnahmen dürfen Bedienstete unmittelbaren Zwang anwenden, soweit der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Arrestierte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Arrestierte zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs durch andere Hoheitsträger, insbesondere Polizeivollzugsbedienstete, bleibt unberührt.

§ 39 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die Einzelne und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

§ 40 Androhung

Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Abschnitt 11 Beschwerde

§ 41 Beschwerderecht

(1) Die Arrestierten erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zu wenden.
(2) Besichtigen Vertreterinnen oder Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Arrestierten sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Abschnitt 12 Kriminologische Forschung

§ 42 Evaluation, kriminologische Forschung

(1) Programme zur Förderung der Arrestierten sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.
(2) Der Arrest, insbesondere seine Gestaltung sowie die Programme und deren Wirkungen auf die Erreichung des Arrestziels, soll regelmäßig durch den Kriminologischen Dienst, durch eine Hochschule oder durch eine andere, geeignete Stelle wissenschaftlich begleitet und erforscht werden.

Abschnitt 13 Aufbau und Organisation der Anstalten

§ 43 Jugendarrestanstalt, Festsetzung der Belegungsfähigkeit

(1) Der Jugendarrest wird in selbständigen Jugendarrestanstalten (Anstalten) vollzogen.
(2) Es sind bedarfsgerechte Einrichtungen für Gruppen- und Einzelmaßnahmen vorzuhalten. Arrest- und Funktionsräume, insbesondere Gruppen- und Gemeinschaftsräume sind bedarfsgerecht vorzuhalten und zweckentsprechend auszustatten. Entsprechendes gilt für Räume zum Zweck des Besuchs, der Freizeit, des Sports und der Seelsorge.
(3) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalten so fest, dass eine angemessene Unterbringung der Arrestierten gewährleistet ist. Absatz 2 ist zu berücksichtigen.

§ 44 Anstalts- und Arrestleitung

(1) Jede Anstalt wird von einer Anstaltsleiterin oder einem Anstaltsleiter geleitet. Zu ihren oder seinen Befugnissen als Führungskraft gehören insbesondere
1.
die Gesamtverantwortung für den Arrest und dessen Gestaltung, auch im Hinblick auf die Förderung der Arrestierten und deren sichere Unterbringung,
2.
die Vertretung der Anstalt nach außen,
3.
die Haushalts- und Wirtschaftsführung für die gesamte Anstalt,
4.
die Regelung von Zuständigkeiten in Form eines Geschäftsverteilungsplans,
5.
die Umsetzung der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung nebst dem dazugehörigen Berichtswesen,
6.
das Personalmanagement, insbesondere die bedarfs-, anforderungs- und eignungsgerechte Beschäftigung der Bediensteten und eine gezielte Personalentwicklung und
7.
das Qualitätsmanagement.
Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann einzelne Aufgabenbereiche und Befugnisse auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung einzelner Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete vorbehalten.
(2) Die Arrestleiterin oder der Arrestleiter trägt die Verantwortung für die erzieherische Ausgestaltung und Organisation des Arrests, leitet die Bediensteten fachlich an und vertritt für diesen Bereich die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter.
(3) Die Aufsichtsbehörde überträgt die Anstaltsleitung der Jugendrichterin oder dem Jugendrichter am Ort der Anstalt. Ist dort eine Jugendrichterin oder ein Jugendrichter nicht oder sind dort mehrere Jugendrichterinnen oder Jugendrichter tätig, bestimmt die Aufsichtsbehörde eine Jugendrichterin oder einen Jugendrichter zur Anstaltsleiterin oder zum Anstaltsleiter.
(4) Die Aufsichtsbehörde kann in begründeten Ausnahmefällen abweichend von Absatz 3 eine Beamtin oder einen Beamten des höheren Dienstes zur Anstaltsleiterin oder zum Anstaltsleiter bestellen. In diesem Fall bleibt die Regelung des § 85 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes unberührt mit der Maßgabe, dass für die Abgabe der Vollstreckung an die Stelle der oder des als Vollzugsleiterin oder Vollzugsleiter zuständigen Jugendrichterin oder Jugendrichters die oder der am Ort des Vollzugs nach der Geschäftsverteilung des betreffenden Amtsgerichts zuständige Jugendrichterin oder Jugendrichter tritt.

§ 45 Bedienstete

Die Anstalt wird mit dem für die Erreichung des Arrestziels und die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal ausgestattet. Die Bediensteten müssen für die erzieherische Gestaltung des Arrests geeignet und qualifiziert sein. Sie werden fortgebildet und erhalten Praxisberatung und -begleitung sowie die Gelegenheit zur Supervision.

§ 46 Seelsorgerinnen und Seelsorger

(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde von der jeweiligen Religionsgemeinschaft hauptamtlich oder nebenamtlich berufen. Ist dies aus organisatorischen Gründen einer Religionsgemeinschaft nicht möglich oder rechtfertigt die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Satz 1 nicht, so ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen; Näheres hierzu regelt die Aufsichtsbehörde.
(2) Die Seelsorgerinnen und Seelsorger wirken in enger Zusammenarbeit mit den anderen im Vollzug Tätigen eigenverantwortlich an der Erreichung des Arrestziels mit.
(3) Mit Zustimmung der Anstalt dürfen die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen.

§ 47 Ärztliche Versorgung

Die ärztliche Versorgung der Arrestierten ist sicherzustellen.

§ 48 Hausordnung

Die Anstalt erlässt auf Vorschlag der Arrestleiterin oder des Arrestleiters zur Gestaltung und Organisation des Arrestalltags eine Hausordnung auf der Grundlage dieses Gesetzes. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung der Hausordnung vorbehalten. Die Hausordnung ist in die am häufigsten benötigten Fremdsprachen zu übersetzen.

Abschnitt 14 Aufsicht, Beirat, Besichtigungen

§ 49 Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften

(1) Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung führt die Aufsicht über die Anstalten (Aufsichtsbehörde) und sichert gemeinsam mit ihnen die Qualität des Arrests.
(2) An der Aufsicht über die Gesundheitsfürsorge sowie die Förderung der Arrestierten sind eigene Fachkräfte zu beteiligen. Soweit die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte verfügt, ist fachliche Beratung sicherzustellen.
(3) Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten in einem Vollstreckungsplan.
(4) Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Arrest auch in selbständigen Anstalten der Justizverwaltungen anderer Länder vollstreckt werden.

§ 50 Anstaltsbeiräte

(1) Bei jeder Anstalt ist ein Anstaltsbeirat zu bilden. Bei der Besetzung des Anstaltsbeirats ist auf ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter hinzuwirken sowie eine Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern mit Migrationshintergrund gemäß § 14 Absatz 1 in Verbindung mit § 3 Absatz 2 des Partizipationsgesetzes vom 5. Juli 2021 (GVBl. S. 842) in der jeweils geltenden Fassung anzustreben. Bedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein. Dem Beirat soll mindestens ein Mitglied angehören, das in der Jugendhilfe erfahren ist.
(2) Die Mitglieder des Beirats wirken beratend bei der Gestaltung des Arrests mit. Sie fördern das Verständnis für den Arrest und seine gesellschaftliche Akzeptanz und vermitteln Kontakte zu öffentlichen und privaten Einrichtungen.
(3) Der Beirat steht der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter, den Bediensteten und den Arrestierten als Ansprechpartner zur Verfügung.
(4) Die Mitglieder des Beirats können sich über die Unterbringung der Arrestierten und die Gestaltung des Arrests informieren, die Anstalt gemäß § 52 Absatz 1 besichtigen und sie ohne Begleitung durch Bedienstete begehen. Sie können die Arrestierten in ihren Arresträumen aufsuchen.
(5) Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, insbesondere über Namen und Persönlichkeit der Arrestierten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.
(6) Die Aufsichtsbehörde regelt die Berufung, Zusammensetzung, Amtszeit, Sitzungsgelder und Abberufung der ehrenamtlichen Beiratsmitglieder.

§ 51 Berliner Vollzugsbeirat

(1) Der Berliner Vollzugsbeirat wirkt bei der Planung und Fortentwicklung des gesamten Berliner Vollzugs beratend mit. Er erörtert mit der Aufsichtsbehörde seine Anregungen und Verbesserungsvorschläge in grundlegenden Angelegenheiten. Zur Förderung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit informieren sich der Berliner Vollzugsbeirat und die Aufsichtsbehörde in regelmäßigen Abständen gegenseitig.
(2) Der Berliner Vollzugsbeirat besteht aus den jeweils gewählten Vorsitzenden der einzelnen Anstaltsbeiräte oder sonst von diesen bestimmten Mitgliedern. Die weiteren Mitglieder setzen sich aus Personen zusammen, die auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit oder Zugehörigkeit zu einer Organisation besonders geeignet sind, sich für die Belange des gesamten Berliner Vollzugs und entsprechend § 3 Absatz 8 für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arrestierten einzusetzen.
(3) § 50 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 4 bis 6 gilt entsprechend.

§ 52 Besichtigungen

(1) Den Mitgliedern der in § 13 Absatz 4 Nummer 7 bis 23 genannten Stellen und den dort aufgeführten Personen ist die Besichtigung der Anstalten zu gestatten.
(2) Anderen Personen kann die Besichtigung insbesondere zu Ausbildungszwecken und aus Gründen eines beruflichen oder sonstigen sachlichen Interesses gestattet werden. An die Erlaubnis können Auflagen geknüpft werden. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn durch die Besichtigung die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wird. Besichtigungen durch Medienvertreterinnen und Medienvertreter bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(3) Die Persönlichkeitsrechte der Arrestierten sind zu berücksichtigen.

Abschnitt 15 Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Jugendarrest neben Jugendstrafe

§ 53 Grundsatz

Für den Vollzug des
1.
Freizeit- und Kurzarrests nach § 16 Absatz 2 und 3 des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
Nichtbefolgungsarrests nach § 11 Absatz 3, § 15 Absatz 3 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4, § 29 Satz 2 und § 88 Absatz 6 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes und nach § 98 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sowie
3.
Jugendarrests neben Jugendstrafe nach § 16a des Jugendgerichtsgesetzes
gelten die vorhergehenden Abschnitte 1 bis 14, die auf den Vollzug des Dauerarrests nach § 16 Absatz 4 des Jugendgerichtsgesetzes abstellen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.

§ 54 Freizeit- und Kurzarrest

(1) Für den Freizeit- und Kurzarrest gelten die Vorschriften des 4. Abschnitts nur, soweit dies die kurze Dauer des Arrests zulässt und sinnvoll erscheinen lässt. Gleiches gilt für das Angebot von Maßnahmen nach § 6 Absatz 3.
(2) § 7 Absatz 3 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass eine ärztliche Untersuchung nur erfolgt, wenn Anhaltspunkte für eine Arrestuntauglichkeit oder für behandlungsbedürftige Erkrankungen bestehen. § 8 findet keine Anwendung. Die Entlassung kann abweichend von § 16 Absatz 2 auch schon am Abend zuvor erfolgen, wenn die Arrestierten aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen sind. Ein Schlussbericht gemäß § 17 wird nur dann erstellt, wenn dies aus besonderen Gründen erforderlich ist.

§ 55 Nichtbefolgungsarrest

(1) Im Vollzug des Nichtbefolgungsarrests sind mit den Arrestierten die Gründe für die Nichterfüllung der auferlegten Pflichten zu erörtern. Sie sollen dazu angehalten und motiviert werden, die ihnen erteilten Weisungen oder Anordnungen zu befolgen und ihre Auflagen zu erfüllen.
(2) In den Fällen des § 98 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten tritt an die Stelle der Auseinandersetzung mit den Straftaten nach § 6 Absatz 3 eine Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeiten.
(3) Der Schlussbericht (§ 17 Absatz 1) enthält zudem Angaben über die Befolgung von Weisungen oder Anordnungen sowie die Erfüllung von Auflagen während des Arrests.
(4) Für den Vollzug des Nichtbefolgungsarrests in Form eines Freizeit- und Kurzarrests findet zusätzlich § 54 Anwendung.

§ 56 Jugendarrest neben Jugendstrafe

(1) Im Vollzug des Jugendarrests neben Jugendstrafe sind insbesondere bei den Einzel- und Gruppenmaßnahmen nach § 6 Absatz 3 die in § 16a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Jugendgerichtsgesetzes genannten Anordnungsgründe zu berücksichtigen.
(2) Die Anstalt ermöglicht der Bewährungshilfe während des Arrests, Kontakt zu den Arrestierten aufzunehmen und zu halten. Die Planung und Einleitung nachsorgender Hilfen sind zwischen der Bewährungshilfe und der Anstalt abzustimmen.
(3) In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 2 des Jugendgerichtsgesetzes sind den Arrestierten Kontakte zu Personen des sozialen Umfelds nur dann zu gestatten, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.
(4) Für den Vollzug des Jugendarrests neben Jugendstrafe in Form eines Freizeit- und Kurzarrests findet zusätzlich § 54 Anwendung.

Abschnitt 16 Schlussbestimmungen

§ 57 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) und des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 58 Ersetzung von Bundesrecht

Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich § 90 des Jugendgerichtsgesetzes sowie die Jugendarrestvollzugsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 3270), die zuletzt durch Artikel 53 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, mit Ausnahme der Vorschriften über die Vollstreckung des Jugendarrests (§ 4, § 17 Absatz 4, § 25 Absatz 1, Absatz 3 Satz 1 bis 3 und Absatz 4).

§ 59 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.
Berlin, den 27. September 2021
Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller
Markierungen
Leseansicht