Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei
DE - Landesrecht Bayern

Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei

An die Dienststellen der Bayer. Polizei

1. 

Nach der Strafprozessordnung trägt die Staatsanwaltschaft die Verantwortung für das ganze Ermittlungsverfahren. Die Polizei hat der Staatsanwaltschaft auch dann, wenn sie aus eigener Initiative Straftaten erforscht, nach § 163 Abs. 2 Satz 1 StPO ihre Verhandlungen ohne Verzug zu übersenden. Unbeschadet dieser Vorschrift ist die Polizei verpflichtet, die Staatsanwaltschaft sofort von einer Straftat zu unterrichten, sobald eine Anzeige, eine Mitteilung oder durchgeführte Ermittlungen zu der Annahme berechtigen, dass es sich um einen rechtlich oder tatsächlich schwierigen oder sonst bedeutsamen Fall handelt. Das gilt auch dann, wenn „Verhandlungen “ im Sinn des § 163 Abs. 2 Satz 1 StPO noch nicht entstanden sind.

2. 

Bedeutsame Fälle im Sinn der Nummer 1 sind alle Straftaten, die wegen der Schwere der Tat, wegen der Persönlichkeit oder der Stellung der Täter oder der durch die Tat Betroffenen besondere Beachtung verdienen oder bei denen aus sonstigen Gründen damit gerechnet werden muss, dass sie die Öffentlichkeit besonders beschäftigen werden. Hierzu zählen auch Straftaten von besonderer politischer Bedeutung.
Ein bedeutsamer Fall ist demnach insbesondere anzunehmen, wenn der Verdacht der Begehung folgender Straftaten besteht:

2.1 

Mord, Totschlag, Kindestötung sowie alle vorsätzlichen Straftaten mit Todesfolge;

2.2 

Vergiftung;

2.3 

Geiselnahme, Menschenraub, erpresserischer Menschenraub, Verschleppung;

2.4 

schwerer Raub sowie Raub in Geldinstituten, Poststellen, öffentlichen Kassen und bei Geldtransporten, ferner räuberische Erpressung, wenn mit der Tötung oder Entführung von Menschen gedroht wird;

2.5 

gemeingefährliche Verbrechen gemäß §§ 306 ff. StGB, aber auch Brandfälle und Explosionen von großer Bedeutung, die nicht durch ein Verbrechen hervorgerufen wurden;

2.6 

Attentate und Sabotageakte (z.B. Eisenbahnanschläge, Autofallen u. ä.);

2.7 

Unfälle von Verkehrsluftfahrzeugen und von sonstigen Luftfahrzeugen mit tödlichem Ausgang;

2.8 

Unfälle von öffentlichen Verkehrsmitteln, von Schienen- oder Wasserfahrzeugen sowie Unfälle im Straßenverkehr, jeweils mit tödlichem Ausgang oder mehr als sechs schwer Verletzten;

2.9 

Katastrophen und Unglücksfälle von größerem Ausmaß (z.B. Betriebsunfälle mit tödlichem Ausgang, Lawinenunglücke, Unfälle in Kernenergieanlagen);

2.10 

Einbruch in Geldinstitute oder in Amtsgebäude, sofern die Tat erkennbar darauf abzielte, Informationen oder amtliche Unterlagen zu erlangen;

2.11 

Diebstahl von Sprengstoff, Kriegswaffen, größeren Mengen von Munition oder mehr als einer besitzkartenpflichtigen Waffe; von radioaktiven Stoffen sowie von besonders wertvollen Kunstgegenständen;

2.12 

Straftaten der in den Abschnitten 1 mit 5 des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs genannten Art;

2.13 

Straftaten gegen die öffentliche Ordnung gemäß §§ 125 mit 131 StGB;

2.14 

politische Verdächtigung (§ 241a StGB);

2.15 

Münzverbrechen;

2.16 

Wirtschaftsstraftaten und Straftaten nach den Umweltschutzbestimmungen von größerem Ausmaß;

2.17 

Straftaten, die durch den Inhalt einer Druckschrift begangen werden;

2.18 

Straftaten, an denen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (als Täter oder als Opfer) beteiligt waren.

3. 

Über Fälle von außergewöhnlicher Bedeutung oder über solche bedeutsamen Fälle, in denen umgehende Maßnahmen der Staatsanwaltschaft angezeigt erscheinen, ist die zuständige Staatsanwaltschaft sofort fernmündlich oder fernschriftlich zu unterrichten.
In anderen Fällen ist die Staatsanwaltschaft schriftlich entsprechend des Rundschreibens des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 7. Oktober 1975 Az.: IC5-2305/103-11 über Meldung wichtiger Ereignisse (WE-Meldungen) zu unterrichten; dabei sind für sie jene Zusätze beizufügen, die zu einer sachgemäßen Unterrichtung im Hinblick auf die Strafverfolgung erforderlich sind.

4. 

Die Pflicht der Polizei, die erforderlichen Ermittlungen von sich aus weiterzuführen, bleibt unberührt.
Unberührt bleibt auch die Anzeigepflicht beim Auffinden von Leichen nach § 159 StPO und nach der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayer. Staatsministerien der Justiz, des Innern und der Finanzen über das Verfahren bei Anhaltspunkten für einen nicht natürlichen Todesfall und bei Auffinden von unbekannten Leichen vom 23. Februar 1973 (MABl S. 181).

5. 

Diese Bekanntmachung ergeht im Einvernehmen mit dem Bayer. Staatsministerium der Justiz. Sie steht weiter gehenden örtlichen Regelungen nicht entgegen.

6. 

Die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei vom 1. Juli 1959 (MABl S. 494) wird aufgehoben.
EAPl 12-121
MABl 1978 S. 699
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