Gewährung von Reiseentschädigungen
I.
Die zwischen den Justizverwaltungen der Länder abgestimmten bundeseinheitlichen Bestimmungen über die Gewährung von Reiseentschädigungen werden nach Maßgabe von Abschnitt II für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz in Kraft gesetzt.
II. Gewährung von Reiseentschädigungen (Reiseentschädigungsbekanntmachung – ReiBek)
1.
Mittellosen Parteien, Beschuldigten oder anderen Beteiligten können auf Antrag Mittel für die Reise zum Ort einer Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung und für die Rückreise gewährt werden. Hierauf soll in der Ladung oder in anderer geeigneter Weise hingewiesen werden. Die gewährten Mittel gehören zu den Kosten des Verfahrens (vgl. Nr. 9008 Nr. 2 und Nr. 9015 KV-GKG, Nr. 2007 Nr. 2 KV-FamGKG, Nr. 31008 Nr. 2 KV-GNotKG). Als mittellos im Sinn dieser Vorschrift sind Personen anzusehen, die nicht in der Lage sind, die Kosten der Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Vorschriften über die Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bleiben unberührt.
1.1.
Über die Bewilligung entscheidet das Gericht, bei staatsanwaltschaftlichen Verhandlungen, Vernehmungen oder Untersuchungen die Staatsanwaltschaft. Nach Bewilligung verfährt die Geschäftsstelle, soweit in der Bewilligung nichts anderes bestimmt ist, wie folgt:
1.1.1.
Die Reiseentschädigung wird durch die für den Erlass der Auszahlungsanordnung zuständige Anweisungsstelle zur Zahlung angewiesen.
1.1.2.
Die Reiseentschädigung ist so zu bemessen, dass sie die notwendigen Kosten der Hin- und Rückreise deckt. Zu den Reisekosten gehören entsprechend den Vorschriften des JVEG neben den Fahrtkosten gegebenenfalls auch unvermeidbare Tagegelder (entsprechend § 6 Abs. 1 JVEG) und Übernachtungskosten (entsprechend § 6 Abs. 2 JVEG), ferner gegebenenfalls Reisekosten für eine notwendige Begleitperson sowie Kosten für eine notwendige Vertretung (entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Eine Erstattung von Verdienstausfall kommt nicht in Betracht.
1.1.3.
Regelmäßig sind Fahrkarten der zweiten Wagenklasse der Deutschen Bahn oder eines anderen Anbieters im öffentlichen Personenverkehr zur Verfügung zu stellen. Eine Auszahlung kommt nur im Ausnahmefall in Betracht.
1.1.4.
Eine Durchschrift der Kassenanordnung oder ein Nachweis über die Gewährung von Reiseentschädigung ist zu den Sachakten zu nehmen. Auf der Kassenanordnung ist dies zu bescheinigen.
1.1.5.
Wird eine Reiseentschädigung bewilligt, bevor die Ladung abgesandt worden ist, ist dies nach der Art und, soweit möglich, auch nach der Höhe in auffallender Form in der Ladung zu vermerken. Wird schon vor dem Termin eine Kassenanordnung vorbereitet, so ist der Betrag, sofern er aktenkundig ist, auffällig zu vermerken.
1.1.6.
Fällt der Grund der Reise weg oder erscheint der Antragsteller nicht zu dem Termin, ist die zur Verfügung gestellte Fahrkarte oder die Reiseentschädigung zurückzufordern. Gegebenenfalls ist dafür zu sorgen, dass der Fahrpreis für nicht benutzte Fahrkarten erstattet wird.
1.2.
Ist in Eilfällen die Übermittlung einer Fahrkarte oder die Auszahlung des Betrages an den Antragsteller durch die zuständige Anweisungsstelle nicht mehr möglich, kann die Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Antragsteller aufhält, ersucht werden, die Beschaffung der Fahrkarte oder die Auszahlung des Betrages für die Hin- und Rückreise zu veranlassen. Die gewährte Reiseentschädigung ist auf der Ladung auffällig zu vermerken. Die ladende Stelle ist unverzüglich von der Gewährung der Reiseentschädigung zu benachrichtigen.
1.3.
Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten nach der Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung geltend gemacht wird.
2.
Ist es in Eilfällen nicht möglich, die Entscheidung des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Staatsanwaltschaft einzuholen, kann der Präsident bzw. der Direktor des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Antragsteller aufhält, im Verwaltungsweg eine Reiseentschädigung bewilligen. Abschnitt I Nrn. 1.1.1 bis 1.1.3 und 1.1.6 gilt entsprechend. Die gewährte Reiseentschädigung ist auf der Ladung auffällig zu vermerken; die ladende Stelle ist unverzüglich von der Bewilligung und der Gewährung der Reiseentschädigung zu benachrichtigen.
3.
Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern, ehrenamtlichen Richtern und Dritten ist nach § 3 JVEG auf Antrag ein Vorschuss für Reiseentschädigungen zu bewilligen, wenn dem Berechtigten voraussichtlich erhebliche Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen entstehen werden. Hierauf soll in der Ladung oder in anderer geeigneter Weise hingewiesen werden.
3.1.
Für die Bewilligung und Anweisung gelten folgende Bestimmungen:
3.1.1.
Die Vorschüsse werden von der zum Erlass der Auszahlungsanordnung zuständigen Anweisungsstelle bewilligt und zur Zahlung angewiesen.
3.1.2.
Nrn. 1.1.2 bis 1.1.6 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass Fahrtkosten bis zur Höhe der Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse gewährt werden können.
3.1.3.
Bei der Vorbereitung der Anweisung für die Entschädigung von Zeugen, ehrenamtlichen Richtern und Dritten sowie für die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern vor dem Termin ist die Vorschusszahlung, sofern sie aktenkundig ist, in auffälliger Weise zu vermerken. Wird die Berechnung der Entschädigung oder Vergütung nicht schriftlich eingereicht, sind die Antragsteller in jedem Falle zu befragen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie Vorschüsse erhalten haben, um deren Anrechnung sicherzustellen. Die Befragung ist in der Auszahlungsanordnung zu vermerken.
3.2.
Ist in Eilfällen die Übermittlung einer Fahrkarte oder die Auszahlung des Betrages nicht mehr möglich, kann auch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Antragsteller aufhält, einen Vorschuss nach § 3 JVEG bewilligen und zur Zahlung anweisen. Ist ein Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Vorschusses gestellt oder wird eine Festsetzung für angemessen erachtet, kann in dringenden Fällen auf Ersuchen des für die Entscheidung nach § 4 Abs. 1 JVEG zuständigen Gerichts eine Fahrkarte für ein bestimmtes Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt und/oder ein festgesetzter Vorschuss ausgezahlt werden. Die Auszahlung des Vorschusses ist in der Ladung auffällig zu vermerken. Die ladende Stelle ist von der Gewährung des Vorschusses unverzüglich zu benachrichtigen.
III.
Ergänzend hierzu wird bestimmt:
1.
Überlässt das Prozessgericht die Ladung einem Sachverständigen, so ist er zu veranlassen, in die Ladung einen Hinweis gemäß Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 und 2 aufzunehmen und die Ladungsfrist angemessen festzusetzen. Es ist zweckmäßig, dem Sachverständigen für den Hinweis entsprechende Merkblätter zur Verfügung zu stellen.
2.
Dem Sachverständigen ist weiter aufzugeben, das Prozessgericht unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er Prozessbeteiligte abbestellt, die er selbst geladen hat. Geht eine solche Mitteilung ein, so sind die nach Abschnitt II Nr. 1.1.6 erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
IV.
Das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen hat bestimmt, dass die in Abschnitt II genannten Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung auch im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden sind (Abschnitt II der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 – AllMBl S. 318). Ist es in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen in Eilfällen nicht möglich, die Entscheidung des zuständigen Gerichts über die Bewilligung einer Reiseentschädigung herbeizuführen oder die Auszahlung eines Vorschusses auf die entstehenden Reisekosten oder die Übersendung einer Fahrkarte (bzw. eines Gutscheines) durch die zuständige Geschäftsstelle vorzunehmen, und liegt ein Amtsgericht dem Aufenthaltsort des Antragstellers näher als ein Arbeitsgericht, so sind die Bestimmungen in Abschnitt II Nrn. 1.2 und 3.2 entsprechend anzuwenden.
V.
Die Vereinbarung des Bundes und der Länder über den Ausgleich von Kosten in Verfahren vor den Gerichten (Bekanntmachung vom 11. Juli 2001 – JMBl S. 125 –) bleibt berührt.
VI.
1.
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Juli 2006 in Kraft.
2.
Mit Ablauf des 30. Juni 2006 tritt die Bekanntmachung vom 1. August 1977 (JMBI S. 199), geändert durch Bekanntmachung vom 27. Februar 2003 (JMBl S. 70), außer Kraft.
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