Vollzug der Bayerischen Gnadenordnung
Zum Vollzug der Bayerischen Gnadenordnung (BayGnO) erlässt das Staatsministerium der Justiz folgende Vollzugshinweise:
I. Gnadenweiser Erlass von Geldstrafen (zu § 4 BayGnO)
¹ Die vollständige Bezahlung einer Geldstrafe steht ihrem gnadenweisen Erlass nicht von vornherein entgegen. ² Soweit anerkannt ist, dass ein Gnadenerweis grundsätzlich nur von noch bestehenden Rechtsnachteilen oder beschwerenden Rechtsfolgen einer gerichtlichen Entscheidung dispensieren kann, ist zu berücksichtigen, dass im Falle einer vollständigen Bezahlung der Geldstrafe aufgrund Fehlens der jeweiligen Mittel im Vermögen des Verurteilten noch ein auf die gerichtliche Entscheidung zurückgehender (jedenfalls faktischer) Nachteil vorhanden ist, von dem der Verurteilte durch einen Gnadenerweis und eine darauf folgende Rückzahlung der Geldstrafe befreit werden könnte. ³ Auch aus haushaltsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken, bereits gezahlte Geldstrafen im Gnadenweg zu erlassen und zurückzuzahlen.
II. Vertrauliche Behandlung der Äußerungen (zu § 13 Abs. 4 BayGnO)
¹ Auf die streng vertrauliche Behandlung der zu einem Gnadengesuch abgegebenen Äußerungen ist besonders zu achten, damit nicht durch Bekanntgabe einer günstigen Stellungnahme beim Verurteilten verfrühte Hoffnungen auf einen Gnadenerweis erweckt werden oder durch die Mitteilung einer ungünstigen Stellungnahme der Strafvollzug unnötig erschwert wird. ² Die Justizvollzugsanstalten weisen immer wieder auf die besonderen Schwierigkeiten hin, die entstehen, wenn der Gefangene erfährt, dass der Leiter der Vollzugsanstalt ein ungünstiges Gutachten über ihn abgegeben hat.
III. Berichterstattung (zu § 15 BayGnO)
(1) ¹ Berichte in Gnadensachen sind beschleunigt vorzulegen. ² In den Bericht ist nur aufzunehmen, was für die zu treffende Entscheidung von Bedeutung ist. ³ Die vom Staatsministerium der Justiz zur Verfügung gestellten Muster sind hinsichtlich ihres Inhalts Beispiele für die Berichterstattung. ⁴ Bei Strafaufschubs- oder Strafunterbrechungsgesuchen sowie in den Fällen eines von Amts wegen nach Nr. 5 der Ergänzenden Bestimmungen zur Strafvollstreckungsordnung (ErgStVollstrO) eingeleiteten Gnadenverfahrens von Amts wegen kann in der Sachstandsdarstellung die Schilderung des der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalts grundsätzlich unterbleiben. ⁵ In geeigneten Fällen, z.B. wenn in derselben Sache schon über den Verurteilten oder über einen Mitverurteilten berichtet worden ist, kann auf den früheren Bericht Bezug genommen werden.
(2) ¹ Wird in einer Sache, in der die Strafaussetzung zur Bewährung oder die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung widerrufen wurde, zur Gnadenfrage berichtet, so sind auch die Gründe des Widerrufs, insbesondere der Sachverhalt etwaiger neuer Straftaten des Verurteilten, möglichst unter Vorlage der Strafakten, darzulegen. ² Bei der Darlegung des Bewährungsverlaufs sind zunächst die erteilten Auflagen bzw. Weisungen zu schildern, so dann die näheren Umstände des Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen bzw. -weisungen, die Maßnahmen des Gerichts im Rahmen der Bewährungsaufsicht und schließlich die Widerrufsentscheidung. ³ Es ist insbesondere anzugeben, wann und inwieweit Auflagen (gegebenenfalls auch nach Erlass bzw. Rechtskraft der Widerrufsentscheidung) erfüllt worden sind.
(3) ¹ Dem Bericht werden die Strafakten, das Vollstreckungsheft und gegebenenfalls das Bewährungsheft geordnet beigelegt, soweit dies zur Würdigung des Gesuchs nötig erscheint. ² Sind sie nicht verfügbar, so darf im Allgemeinen die Berichterstattung nicht verschoben werden. ³ Soweit möglich ist in diesen Fällen eine Abschrift des Urteils beizufügen.
(4) ¹ Dem Bericht wird ein aktueller Auszug aus dem Bundeszentralregister (Erziehungsregister) und, wenn der Verurteilung ein verkehrsrechtlicher Verstoß zugrunde liegt, ein Auszug aus dem Verkehrszentralregister beigefügt. ² Notfalls wird der Auszug nachgereicht.
(5) Werden nach der Berichterstattung Änderungen des Sachverhalts oder des Verfahrensstandes bekannt, die für die Entscheidung über das Gesuch von Bedeutung sein können, so wird dem Staatsministerium der Justiz oder dem Generalstaatsanwalt unverzüglich, wenn nötig unmittelbar, fernmündlich oder sonst im Wege der Telekommunikation berichtet.
IV. Registerführung (zu § 20 Abs. 2 BayGnO)
(1) ¹ Die Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft führt für Gnadensachen ein Register entsprechend der
(2) ¹ Spätere Gesuche, die dieselbe Person und dieselbe Verurteilung betreffen, sind nur dann besonders einzutragen, wenn sie nach endgültiger Erledigung des ursprünglichen Gesuchs eingehen. ² In diesem Falle wird bei der früheren Eintragung in Spalte 7 auf die neue Nummer verwiesen. ³ Neben dem Register wird ein Namensverzeichnis des Verurteilten geführt, in dem auf die laufenden Nummern des Registers verwiesen wird.
(3) Die Generalstaatsanwälte können gestatten, dass das Gnadenregister und das Namensregister in Karteiform geführt werden.
V. Berichterstattung in Sonderfällen (zu §§ 22, 35 BayGnO)
(1) ¹ Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 BayGnO ist dem Staatsministerium der Justiz oder dem Generalstaatsanwalt zu berichten, wenn die Vollstreckungsbehörde eine im Gnadenwege bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen hat. ² Der Berichtspflicht wird in der Regel dadurch genügt, dass die Vollstreckungsbehörde einen beglaubigten Abdruck der Entscheidung über den Widerruf - ohne Akten - vorlegt.
(2) ¹ In den Fällen des § 22 Abs. 5 Satz 4, Abs. 6 Satz 3 und Abs. 8 Satz 4 BayGnO handelt es sich um Berichte zur Gnadenfrage. ² Die Staatsanwaltschaft berichtet daher gemäß Abschnitt III dieser Bekanntmachung unter Vorlage der Akten. ³ Das Gleiche gilt für die Fälle des § 35 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 Halbsatz 1 BayGnO.
VI. Mitteilung an das Bundeszentralregister
Auf die Einhaltung der Mitteilungspflichten nach §§ 20, 7 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) ist besonders zu achten.
VII. Entscheidungen des Richters beim Amtsgericht als Vollstreckungsbehörde
Soweit in der Bayerischen Gnadenordnung der Vollstreckungsbehörde gewisse Entscheidungen übertragen sind, ist die Tätigkeit des Richters beim Amtsgericht kein Teil der Rechtsprechung.
VIII. Maßregeln der Besserung und Sicherung; Verfall; Zuchtmittel
¹ Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie andere Sicherungsmaßnahmen sind zwar nach § 4 Abs. 3 BayGnO der Begnadigung nicht entzogen; sie werden sich jedoch wegen des Vorranges der gerichtlichen Entscheidung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 BayGnO und im Hinblick auf den Sicherungszweck nur selten für einen Gnadenerweis eignen. ² Auch bei den im Jugendstrafrecht vorgesehenen Zuchtmitteln werden Gnadenerweise nur selten Infrage kommen (§ 4 Abs. 3, § 29 BayGnO). ³ Das Gleiche gilt für die Anordnung des Verfalls.
IX. Bericht über Entscheidungen der Generalstaatsanwälte
Jeweils zum 15. Januar berichten die Generalstaatsanwälte über die jeweilige Zahl der Bewilligungen und Ablehnungen nach §§ 16, 26 BayGnO im vorangegangenen Kalenderjahr; in den Fällen des § 16 Abs. 2 BayGnO zusätzlich getrennt nach den einzelnen Bestimmungen.
X. Ausübung des Gnadenrechts bei Gesamtstrafen
Bei Gesamtstrafen, in die einzelne Strafen verschiedener Gerichtsbarkeiten einbezogen sind, steht das Gnadenrecht allein dem Staat zu, dessen Gerichtsbarkeit das Gericht bei der Entscheidung über die Gesamtstrafe ausgeübt hat.
XI. In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Diese Bekanntmachung tritt am 1. Mai 2006 in Kraft.
(2) Mit Ablauf des 30. April 2006 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über den Vollzug der Bayerischen Gnadenordnung vom 2. Juli 1974 (JMBl S. 127, BayRS 133-J) außer Kraft.
Anlagen
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