VertrV
DE - Landesrecht Bayern

VertrV: Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern (Vertretungsverordnung – VertrV) Vom 26. Oktober 2021 (GVBl. S. 610) BayRS 600-1-F (§§ 1–12)

Auf Grund
– des Art. 23 des Gerichtsverfassungsausführungsgesetzes (AGGVG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 300-1-1-J) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 1 Abs. 288 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist,
– des Art. 3 des Bayerischen Sozialgerichts-Ausführungsgesetzes (AGSGG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 33-1-A) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 8. Juli 2020 (GVBl. S. 330) geändert worden ist,
– des Art. 7 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung (AGFGO) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 35-1-F) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 1 Abs. 298 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist,
– des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 des Zuständigkeitsgesetzes (ZustG) vom 7. Mai 2013 (GVBl. S. 246, BayRS 2015-1-V), das zuletzt durch § 1 Abs. 36 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist,
verordnet die Bayerische Staatsregierung:

Teil 1 Anwendungsbereich

§ 1 Geltungsbereich

(1) Die Vorschriften dieser Verordnung gelten für die Vertretung des Freistaates Bayern
vor den ordentlichen Gerichten
in Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit,
in Verfahren in Familiensachen, soweit Ansprüche des Freistaates Bayern aus übergegangenem oder übergehendem Recht betroffen sind,
in Verfahren nach der Insolvenzordnung,
in den in § 5 geregelten besonderen Fällen,
in Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz (Entschädigungsverfahren),
in Adhäsionsverfahren nach § 403 der Strafprozessordnung (StPO),
in Verfahren in Baulandsachen im Sinne des § 217 Abs. 1 Satz 4 des Baugesetzbuchs (BauGB),
in Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach § 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB),
vor den Gerichten für Arbeitssachen,
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit
in Verfahren, in denen der Freistaat Bayern
Klage erhebt,
Widerbeklagter ist oder
als Fiskus beigeladen wird,
in Rechtsstreitigkeiten nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen,
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit
in Verfahren kostenrechtlicher Art, soweit der Freistaat Bayern am Festsetzungsverfahren als Staatskasse beteiligt ist,
in Verfahren, in denen eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer geltend gemacht wird,
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit,
vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof in Verfahren kostenrechtlicher Art, soweit der Freistaat Bayern am Festsetzungsverfahren als Staatskasse beteiligt ist,
vor Schiedsgerichten,
vor dem Bundespatentgericht,
vor der Schiedsstelle bei dem Deutschen Patent- und Markenamt,
vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in den Fällen des § 10,
in Verfahren der Zwangsvollstreckung, wenn
die Zwangsvollstreckung für oder gegen den Freistaat Bayern auf Grund einer vollstreckbaren Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) betrieben wird,
die Zwangsvollstreckung auf Grund eines Vollstreckungstitels betrieben wird, der aus einem in den Nrn. 1 bis 10 genannten Verfahren einschließlich der Kostenfestsetzung hervorgegangen ist,
der Freistaat Bayern in Verfahren der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung kraft Gesetzes Beteiligter ist;
als Verfahren der Zwangsvollstreckung gilt auch eine gegen einen der genannten Vollstreckungstitel gerichtete Klage, eine Vollstreckungsgegenklage oder ein anderer mit einem Verfahren der Zwangsvollstreckung zusammenhängender Rechtsstreit.
(2) Von den Vorschriften dieser Verordnung bleiben unberührt
Art. 21 Abs. 2 der Verfassung,
die Rechte und Pflichten, die nach der Verwaltungsgerichtsordnung und der Verordnung über die Landesanwaltschaft Bayern den jeweils zuständigen Behörden obliegen, soweit es sich nicht um die in Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b und Nr. 11 genannten Verfahren handelt,
die Zuständigkeit der Finanzämter zur Geltendmachung und Verfolgung von Abgabenforderungen einschließlich Kosten und Gebühren in Verfahren nach der Insolvenzordnung sowie bei Pfändung eines Steuererstattungs- oder Steuervergünstigungsanspruchs,
die Zuständigkeit der Finanzämter vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit in allen in Abs. 1 Nr. 4 nicht genannten Verfahren,
die Vertretung vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof in allen in Abs. 1 Nr. 6 nicht genannten Verfahren und
die Vorschriften der Zuständigkeitsverordnung über die Vertretung in Disziplinarsachen.

Teil 2 Allgemeine Vertretungsbehörden

§ 2 Sachliche Zuständigkeit im Allgemeinen

(1) ¹Ist nichts anderes bestimmt, obliegt die Vertretung des Freistaates Bayern der allgemeinen Vertretungsbehörde. ²Allgemeine Vertretungsbehörde ist
das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat,
wenn Ausgangsbehörde eine oberste Staatsbehörde ist,
in Entschädigungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof mit Ausnahme des Beschwerdeverfahrens, wenn der Freistaat Bayern Beschwerdegegner ist,
die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts Bayerische Staatsforsten, soweit den Bayerischen Staatsforsten Angelegenheiten des Freistaates Bayern auf der Grundlage des Staatsforstengesetzes übertragen worden sind,
im Übrigen das Landesamt für Finanzen wie folgt:
Dienststelle Ansbach für den Regierungsbezirk Mittelfranken,
Dienststelle Augsburg für den Regierungsbezirk Schwaben und die Landkreise Eichstätt, Landsberg am Lech, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen und die kreisfreie Stadt Ingolstadt,
Dienststelle München für den Regierungsbezirk Oberbayern mit Ausnahme der in Buchst. b genannten Landkreise und kreisfreien Städte,
Dienststelle Regensburg für die Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz,
Dienststelle Würzburg für die Regierungsbezirke Unterfranken und Oberfranken.
(2) Dem Landesamt für Finanzen – Dienststelle München – obliegt die Vertretung für
alle Rechtsstreitigkeiten, bei denen das Landesamt für Finanzen – Dienststelle München – gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Verordnung über das Landesamt für Finanzen (LfFV) tätig geworden ist,
alle Rechtsstreitigkeiten vor dem Bundespatentgericht und alle Rechtsstreitigkeiten nach dem Patentgesetz,
alle Verfahren vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt und für alle Rechtsstreitigkeiten nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen,
alle Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen, wenn der Freistaat Bayern Beteiligter ist (§§ 217 bis 232 BauGB),
alle Verfahren vor dem Vergabesenat (§§ 171 bis 184 GWB) und für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die gemäß § 87 GWB die Landgerichte zuständig sind,
alle wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb,
alle urheberrechtlichen, markenrechtlichen, gebrauchsmusterrechtlichen, geschmacksmusterrechtlichen und namensrechtlichen (§ 12 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Rechtsstreitigkeiten einschließlich Domainrechtsstreitigkeiten,
Entschädigungsverfahren vor dem Landgericht (Entschädigungskammer), vor dem Oberlandesgericht (Entschädigungssenat) und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof (Entschädigungssenat), wenn der Freistaat Bayern Beschwerdegegner ist.
(3) ¹Dem Landesamt für Finanzen – Dienststelle Augsburg – obliegt die Vertretung für
alle Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen staatlicher Kraftfahrzeuge,
alle Verfahren vor den deutschen und vor ausländischen Gerichten, wenn der Gegner im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; das gilt auch für die Vertretung des Freistaates Bayern in Verfahren der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 11 und entsprechende ausländische Verfahren.
²Abs. 2 bleibt unberührt.
(4) ¹Dem Landesamt für Finanzen – Dienststelle Ansbach – obliegt die Vertretung für
alle Regressverfahren nach § 37 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes,
alle Unternehmensinsolvenzverfahren,
alle Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und während der Dauer eines solchen Verfahrens für alle damit zusammenhängenden sonstigen Verfahren im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 11,
alle gemäß § 5 des Opferentschädigungsgesetzes auf den Freistaat Bayern kraft Gesetzes übergehenden und für alle von ihm auf der Grundlage von § 81a des Bundesversorgungsgesetzes geltend zu machenden Schadensersatzansprüche,
alle Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Eheaufhebungsverfahren, Kultus- und Schulbaulasten,
alle Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, soweit sich aus diesem Teil nichts Abweichendes ergibt.
²Satz 1 Nr. 1 und 4 gilt nicht, soweit sich aus Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Abweichendes ergibt. ³Satz 1 Nr. 6 gilt nicht, soweit sich aus Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a Abweichendes ergibt.
(5) Abweichend von Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 obliegt dem Landesamt für Finanzen – Dienststelle Würzburg – die Vertretung für alle Rechtsstreitigkeiten, in denen das Landesamt für Finanzen – Dienststelle Würzburg – gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 LfFV tätig geworden ist.
(6) Vorbehaltlich des Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ist in Regressverfahren nach § 7 des Unterhaltsvorschussgesetzes abweichend von Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 für den Regierungsbezirk Niederbayern die Dienststelle München und für den Regierungsbezirk Oberpfalz die Dienststelle Ansbach des Landesamtes für Finanzen zuständig.
(7) Für die Zwecke dieser Verordnung gelten Dienststellen des Landesamts für Finanzen, soweit ihnen die Vertretung obliegt, als Behörden im Sinne des § 18 ZPO.

§ 3 Örtliche Zuständigkeit, Ausgangsbehörde

(1) Soweit nicht anders bestimmt, ist die Vertretungsbehörde örtlich zuständig, in deren Zuständigkeitsbereich die Ausgangsbehörde ihren Sitz hat.
(2) ¹In arbeitsgerichtlichen Verfahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 6, Abs. 2 Buchst. a des Arbeitsgerichtsgesetzes bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit der Vertretungsbehörde nach dem Sitz der letzten Beschäftigungsbehörde. ²Hat diese ihren Sitz außerhalb Bayerns, ist das Landesamt für Finanzen – Dienststelle München – zuständig.
(3) ¹Ausgangsbehörde ist die Behörde, aus deren Verhalten der für oder gegen den Freistaat Bayern erhobene Anspruch hergeleitet wird. ²In Regressverfahren nach § 7 des Unterhaltsvorschussgesetzes gilt das zuständige Jugendamt als Ausgangsbehörde. ³In den übrigen Fällen ist Ausgangsbehörde die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich der geltend zu machende Anspruch entstanden ist.
(4) ¹Werden aus dem Verhalten einer staatlichen Schule Ansprüche für oder gegen den Freistaat Bayern hergeleitet, ist die zuständige Regierung Ausgangsbehörde. ²Für das Verhalten des Bayerischen Landesamts für Schule ist dieses Ausgangsbehörde.
(5) Die Präsidien der Bayerischen Polizei sind Ausgangsbehörde auch für Ansprüche, die aus dem Verhalten der ihnen nachgeordneten Dienststellen hergeleitet werden.
(6) Für Ansprüche für oder gegen den Freistaat Bayern im Zuständigkeitsbereich des Staatsbetriebs Immobilien Freistaat Bayern bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit
soweit diese mit Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten im Zusammenhang stehen, nach dem Belegenheitsort der jeweiligen Immobilie,
im Übrigen nach dem Sitz der Ausgangsbehörde.
(7) ¹Ausgangsbehörde für die Geltendmachung der gemäß Art. 14 Satz 1, Art. 97 Abs. 3 Satz 3 und Art. 98 Abs. 4 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) auf den Freistaat Bayern übergehenden oder vom Beamten abgetretenen Schadensersatzansprüche sowie der gemäß Art. 14 Satz 4 BayBG übergeleiteten Rückerstattungs- und Schadensersatzansprüche ist das Landesamt für Finanzen – Dienststelle Regensburg. ²Das gilt auch, wenn der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz außerhalb Bayerns hat oder sich ein übergegangener Anspruch nach ausländischem Recht beurteilt. ³Abweichend von den Sätzen 1 und 2 ist Ausgangsbehörde die Bayerische Versorgungskammer, soweit sie nach der Bezüge-Zuständigkeitsverordnung für die Festsetzung der Bezüge oder als Pensionsbehörde zuständig ist.
(8) ¹Ausgangsbehörde für die auf den Freistaat Bayern als Arbeitgeber übergehenden oder an ihn abgetretenen Schadensersatzansprüche ist das Landesamt für Finanzen – Dienststelle Ansbach. ²Dies gilt auch, wenn die letzte Beschäftigungsbehörde ihren Sitz außerhalb Bayerns hat oder sich ein übergegangener Anspruch nach ausländischem Recht beurteilt.
(9) ¹Werden aus dem Verhalten einer nichtstaatlichen Stelle Ansprüche für oder gegen den Freistaat Bayern hergeleitet, so ist Ausgangsbehörde die aufsichtführende staatliche Stelle. ²Staatliche Hochschulen im Sinne des Bayerischen Hochschulgesetzes sind dabei nicht nur in staatlichen, sondern auch in Körperschaftsangelegenheiten Ausgangsbehörde.

§ 4 Verfahren kostenrechtlicher Art

In Verfahren kostenrechtlicher Art wird die Staatskasse vertreten vor
dem Bundesverfassungsgericht und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof durch das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat,
den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit durch die Leitung der Präsidialgeschäftsstelle bei dem Finanzgericht,
den Gerichten für Arbeitssachen durch den Bezirksrevisor bei dem Landesarbeitsgericht, in dessen Bezirk die Entscheidung ergangen ist,
den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit durch den Prüfungsbeamten bei dem Landessozialgericht.

§ 5 Vertretung in besonderen Fällen aus dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz

(1) Der Freistaat Bayern wird vor den ordentlichen Gerichten vertreten
in Rechtsstreitigkeiten über Entschädigungen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen sowie nach § 74b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs
durch den Generalstaatsanwalt, in dessen Geschäftsbereich die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ergangen ist,
in Verfahren, in denen der aus einer Straftat dem Freistaat Bayern erwachsene vermögensrechtliche Anspruch, bei dem eine Justizbehörde Ausgangsbehörde ist, im Strafverfahren geltend gemacht werden soll (§§ 403 bis 406c StPO), einschließlich der Zwangsvollstreckung,
durch die zur Strafverfolgung zuständige Staatsanwaltschaft,
in Verfahren, die hervorgehen
aus der Beschlagnahme einzelner Gegenstände, anderer Vermögensvorteile oder des Vermögens nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, soweit nicht ein Fall der Nr. 4 Buchst. a oder c gegeben ist,
aus Sicherheitsleistungen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, soweit nicht ein Fall der Nr. 4 Buchst. d gegeben ist,
sowie in Arrestverfahren nach § 111e StPO
durch die zur Strafverfolgung zuständige Staatsanwaltschaft,
in Verfahren, die hervorgehen aus
der zwangsweisen Beitreibung von Ansprüchen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 2a des Justizbeitreibungsgesetzes (JBeitrG) und der mit ihnen einzuziehenden Kosten,
der zwangsweisen Beitreibung von Ordnungs- und Zwangsgeldern, die in Strafverfahren und gerichtlichen Bußgeldverfahren verhängt worden sind, und der mit ihnen einzuziehenden Kosten,
der Durchführung der rechtskräftigen Anordnung eines Fahrverbots,
Sicherheitsleistungen im Rahmen der Strafvollstreckung,
durch die zuständige Strafvollstreckungsbehörde,
in Verfahren, die hervorgehen aus der zwangsweisen Beitreibung von
Ordnungs- und Zwangsgeldern, die nicht in Strafverfahren oder gerichtlichen Bußgeldverfahren verhängt worden sind, und der mit ihnen einzuziehenden Kosten,
Ansprüchen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 10 JBeitrG, mit Ausnahme der in § 8 Abs. 1 JBeitrG aufgeführten Verfahren,
durch die zuständige Vollstreckungsbehörde,
in Verfahren, die aus der zwangsweisen Beitreibung von sonstigen Ansprüchen hervorgehen, die der Staatskasse aus Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und vor den Staatsanwaltschaften gegen Dritte zustehen,
durch die Landesjustizkasse Bamberg,
in Verfahren, die betreffen
die Wertfestsetzung,
die der Staatskasse gebührenden oder zur Last fallenden Kosten sowie kostenrechtlichen Vergütungen und Entschädigungen aller Art, auch wenn Einwendungen nach § 8 Abs. 1 JBeitrG geltend gemacht werden,
die Festsetzung von Kosten und sonstigen Zahlungsansprüchen für oder gegen die Staatskasse,
die Anfechtung von Verwaltungsakten, die im Bereich der Justizverwaltung beim Vollzug von Kostenvorschriften ergehen,
die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie Entscheidungen nach den §§ 307, 337 in Verbindung mit § 304 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit der Freistaat Bayern als Staatskasse beteiligt ist,
vor den Amts- und Landgerichten und bei der Anfechtung ihrer Entscheidungen auch vor den höheren Gerichten durch den Bezirksrevisor bei dem Landgericht oder bei dem Amtsgericht, soweit dort ein solcher bestellt ist, im Übrigen durch den Bezirksrevisor bei dem Oberlandesgericht,
in Verfahren
nach den §§ 23 bis 30a, 35 und 37 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und
nach den §§ 109 bis 121 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG), auch in Verbindung mit § 138 Abs. 3 StVollzG, soweit das Staatsministerium der Justiz nach § 111 StVollzG Beteiligter des gerichtlichen Verfahrens ist,
durch den Generalstaatsanwalt.
(2) Die Vertretungsbefugnis nach Abs. 1 Nr. 3 bis 7 umfasst nicht die Vertretung in gerichtlichen Verfahren, in denen ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird.

§ 6 Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

¹Vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird der Freistaat Bayern vertreten
in Angelegenheiten
nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz,
nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz,
nach dem Bayerischen Familiengeldgesetz,
im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 7 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG),
im Sinne des § 71 Abs. 5 SGG,
im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes,
im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 des Opferentschädigungsgesetzes,
im Sinne des Art. 23a des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes,
nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz,
nach dem Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch
durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales,
vorbehaltlich der Nr. 1
in den Fällen des § 54 Abs. 1 und 2 SGG durch die Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat oder von der der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt wird,
in den Fällen des § 54 Abs. 3 SGG durch die Aufsichtsbehörde, die die Anordnung erlassen hat,
im Übrigen durch das Landesamt für Finanzen – Dienststelle München; dies gilt auch für die Vertretung des Freistaates Bayern vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in Verfahren der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 11.
² § 4 Nr. 4 bleibt unberührt.

§ 7 Beteiligung als Drittschuldner

Als Drittschuldner wird der Freistaat Bayern bei Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829 und 835 ZPO), bei Zustellung einer Benachrichtigung nach § 845 ZPO und bei Abgabe der in § 840 ZPO vorgesehenen Erklärungen vertreten
bei der Pfändung von Besoldungs-, Versorgungs- und Arbeitnehmerbezügen durch das Landesamt für Finanzen; soweit nach der Bezüge-Zuständigkeitsverordnung die Abrechnung bei einer anderen Stelle erfolgt, ist diese zuständig,
bei der Pfändung von Bezügen und Eigengeldern der Gefangenen durch die Leitung der Justizvollzugsanstalt, in der die Freiheitsstrafe oder die sonstige Haft zum Zeitpunkt der Zustellung vollzogen wird,
bei der Pfändung sonstiger Geldforderungen durch die Leitung der Kasse, der die Auszahlung obliegt,
bei der Pfändung von Forderungen, die weder auf Geld noch auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen gerichtet sind, oder von anderen Vermögensrechten durch die Leitung der Behörde, die die geschuldete Leistung zu erbringen hat,
bei der Pfändung von Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen
durch die Landesjustizkasse Bamberg, wenn die Sache nach dem Bayerischen Hinterlegungsgesetz hinterlegt ist,
durch die verwahrende Stelle in Fällen anderer amtlicher Verwahrung,
im Übrigen durch die Behörde, aus deren Verhalten der Anspruch auf Herausgabe oder Leistung der Sache hergeleitet wird.

§ 8 Beteiligung als Vertreter des Drittschuldners

(1) Als Vertreter des Drittschuldners wird der Freistaat Bayern bei Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829 und 835 ZPO), bei Zustellung einer Benachrichtigung nach § 845 ZPO und bei Abgabe der in § 840 ZPO vorgesehenen Erklärungen vertreten
bei der Pfändung von Versorgungsansprüchen nach dem Bundesgesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes und nach dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes durch das Landesamt für Finanzen,
bei der Pfändung von Geldforderungen, die von Behörden der Landwirtschaftsverwaltung bewilligt und von Bundeskassen ausgezahlt werden, durch die Leitung der Staatsoberkasse Bayern in Landshut,
bei der Pfändung sonstiger Geldforderungen durch die Behörde, die die Auszahlung anordnet,
bei der Pfändung von Forderungen, die weder auf Geld noch auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen gerichtet sind, oder von anderen Vermögensrechten durch die Leitung der Behörde, die die geschuldete Leistung zu erbringen hat,
bei der Pfändung von Forderungen, die das Landesamt für Finanzen aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung für einen Dritten abrechnet, durch das Landesamt für Finanzen.
(2) Vertritt der Freistaat Bayern den Drittschuldner eines Anspruchs auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen, gilt § 7 Nr. 5 entsprechend.

§ 9 Verfahren vor Schiedsgerichten

In Verfahren vor Schiedsgerichten wird der Freistaat Bayern durch die Behörde vertreten, die zur gerichtlichen Vertretung berufen wäre, wenn eine schiedsgerichtliche Zuständigkeit nicht gegeben wäre.

§ 10 Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union

(1) Soweit nach dieser Verordnung Vertretungsbefugnis besteht, erstreckt sie sich auch auf die Vertretung in Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
(2) Sofern nicht im Einzelfall die Staatskanzlei oder das Staatsministerium, dessen Geschäftsbereich berührt ist, die Vertretung des Freistaates Bayern übernimmt oder die Vertretung abweichend regelt, vertritt die jeweils nach dieser Verordnung mit der Vertretung befasste Behörde diesen auch in Zwischen- und Folgeverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

Teil 3 Übertragung und Übernahme der Vertretung

§ 11 Übertragung und Übernahme der Vertretung

(1) ¹Ist das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat Vertretungsbehörde, kann es die Vertretung
auf eine andere Behörde seines Geschäftsbereichs übertragen,
auf eine andere oberste Staatsbehörde übertragen, wenn diese zustimmt.
²Ist eine oberste Staatsbehörde Ausgangsbehörde, so bedarf die Übertragung nach Satz 1 Nr. 1 ihrer Zustimmung.
(2) ¹Ist eine Dienststelle des Landesamts für Finanzen Vertretungsbehörde, kann
sie die Vertretung auf die Ausgangsbehörde übertragen, wenn diese zustimmt und personell und fachlich in der Lage ist, das Verfahren zu führen,
das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat die Vertretung
übernehmen,
innerhalb seines Geschäftsbereichs auf eine andere Stelle übertragen,
unter den in Nr. 1 genannten Voraussetzungen auf die Ausgangsbehörde übertragen,
auf eine andere oberste Staatsbehörde übertragen, wenn diese zustimmt.
²In Fällen von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung bedarf die Übertragung der Vertretung nach Satz 1 Nr. 1 der Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat.
(3) Der Oberste Rechnungshof kann im Einzelfall seine Vertretung übernehmen.
(4) In den Angelegenheiten des § 5 kann das Staatsministerium der Justiz im Einzelfall die Vertretung selbst übernehmen oder sie einer anderen Behörde oder einem anderen Beamten seines Geschäftsbereichs übertragen.
(5) In den Angelegenheiten des § 6 Satz 1 Nr. 2 kann die zuständige oberste Staatsbehörde die Vertretung im Einzelfall selbst übernehmen oder sie einer anderen Behörde ihres Geschäftsbereichs übertragen.
(6) Wird die Vertretung übergeben oder übernommen, sind die ursprünglich zuständige Vertretungsbehörde, die Beteiligten des Verfahrens und, wenn ein Rechtsstreit bereits anhängig ist, das Gericht zu verständigen.

Teil 4 Schlussbestimmungen

§ 12 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2021 in Kraft.
(2) Die Vertretungsverordnung (VertrV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Oktober 1995 (GVBl. S. 733, BayRS 600-1-F), die zuletzt durch § 1 Abs. 303 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 30. November 2021 außer Kraft.
München, den 26. Oktober 2021
Dr. Markus Söder
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