Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern sowie der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern vom 14. August 1997 (Art. 1–6)
DE - Landesrecht Bayern

Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern sowie der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern vom 14. August 1997 (Art. 1–6)

Eingedenk des geschichtlich bedingten besonderen Verhältnisses zu seinen jüdischen Bürgern und geleitet von dem Wunsch, das freundliche Verhältnis zwischen dem Freistaat und der jüdischen Glaubensgemeinschaft zu fördern und zu festigen, hat der Freistaat Bayern, vertreten durch den Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber, mit dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, vertreten durch den Präsidenten Dr. Dr. Simon Snopkowski, am 14. August 1997 einen Vertrag geschlossen. Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern tritt diesem Vertrag bei, der folgende Fassung erhält:

Artikel 1 Staatsleistung

(1) ¹Zur Erhaltung und Pflege des gemeinsamen deutsch-jüdischen Kulturerbes und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens in den Israelitischen Kultusgemeinden Bayerns beteiligt sich der Freistaat Bayern an den laufenden Ausgaben für religiöse und kulturelle Zwecke sowie an den laufenden Aufwendungen für allgemeine Sicherheitsmaßnahmen mit 11 000 000 € ab dem Haushaltsjahr 2016. ²Der Betrag nach Satz 1 wird ab dem Jahr 2017 an die Entwicklung der Beamtenbesoldung angepasst, und zwar um den Vomhundertsatz, um den sich jeweils das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 Stufe 10 der Anlage 3 des Bayerischen Besoldungsgesetzes gegenüber dem Stand zum 31. Dezember 2015 geändert hat. ³Stichtag hierfür ist jeweils der 31. Dezember des Vorjahres.
(2) ¹Die Zahlung erfolgt entsprechend dem jeweiligen Anteil an den Landesverband, an die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern sowie an sonstige israelitische oder jüdische Kultusgemeinden, die nicht dem Landesverband angehören und Ansprüche erheben, welche durch die Staatsleistung nach Absatz 1 abgegolten werden. ²Der Anteil der sonstigen israelitischen oder jüdischen Kultusgemeinden berechnet sich dabei nach der Mitgliederzahl nach dem Stand vom 31. Dezember des Vorvorjahres. ³Die Aufteilung der Gesamtsumme erfolgt zunächst hälftig auf den Landesverband und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern. ⁴Der an die sonstigen israelitischen oder jüdischen Kultusgemeinden nach Satz 2 zu zahlende Betrag wird, wenn diese ihren Sitz in Oberbayern haben, vom Anteil der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern abgezogen, in den übrigen Fällen vom Anteil des Landesverbands. ⁵Der Abzug nach Satz 4 unterbleibt, wenn der Landesverband oder die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern sich mit der anspruchsberechtigten israelitischen oder jüdischen Kultusgemeinde einvernehmlich auf eine andere Lösung verständigen. ⁶Die Verteilung der Mittel innerhalb des Landesverbands erfolgt durch diesen.
(3) Zur Berechnung der Beträge nach Abs. 2 Satz 2 übermitteln der Landesverband und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst bis spätestens zum 30. September des Vorjahres ihre entsprechenden Mitgliederzahlen.

Artikel 2 Religionsunterricht

(1) ¹Der jüdische Religionsunterricht ist an den Volksschulen, Realschulen, Gymnasien, Förderschulen, Berufsschulen, Berufsaufbauschulen, Wirtschaftsschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, an sonstigen Schulen nach Maßgabe der Schulordnung, für jüdische Schüler ordentliches Lehrfach (Pflichtfach); Art. 137 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern bleibt unberührt. ²Der Unterricht wird im Einvernehmen mit den Schulaufsichtsbehörden und unter Beachtung der für den Religionsunterricht allgemein geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften organisiert. ³Er kann in Räumen abgehalten werden, die vom Landesverband oder den Kultusgemeinden zur Verfügung gestellt werden, sofern sie für Unterrichtszwecke geeignet sind.
(2) Der Religionsunterricht wird unbeschadet der staatlichen Schulaufsicht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Glaubensgemeinschaft erteilt.
(3) An den nach Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage – Feiertagsgesetz – FTG – (BayRS 1131-3-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2015 (GVBl S. 82), geschützten israelitischen Feiertagen haben die bekenntniszugehörigen Schüler an den Schulen aller Gattungen unterrichtsfrei.
(4) ¹Die Verantwortung für den Religionsunterricht obliegt dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, jeweils für ihren eigenen Zuständigkeitsbereich. ²Die Organisation und Durchführung des Religionsunterrichts vor Ort obliegt der jeweiligen Kultusgemeinde.
(5) Der Religionsunterricht kann nur von Lehrkräften erteilt werden, die die wissenschaftliche und pädagogische Eignung für diese Aufgabe haben und für die von der jeweils zuständigen Schulaufsichtsbehörde eine Unterrichtsgenehmigung erteilt wurde.
(6) Der Personal- und Sachaufwand für den Religionsunterricht ist durch die Staatsleistung nach Art. 1 abgegolten.

Artikel 3 Ausschluss sonstiger Leistungen

¹Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern werden über die nach Art. 1 gewährten Leistungen hinaus keine weiteren finanziellen Forderungen an den Freistaat Bayern herantragen. ²Unberührt bleiben Leistungen, die nach Maßgabe der allgemein geltenden Gesetze oder auf Grund von Vereinbarungen mit dem Bund und den Ländern gewährt werden. ³Dazu gehören vor allem die staatlichen Leistungen zur dauernden Pflege verwaister israelitischer Friedhöfe in Bayern sowie die staatlichen Leistungen zur Unterbringung und Betreuung jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion. ⁴Unberührt bleiben die Zuschüsse zum Finanzierungsbeitrag des Freistaates Bayern für jüdische Gemeindezentren in Bayern, die nach Maßgabe des Staatshaushalts erbracht werden; hierdurch wird weder eine staatliche Baulast an Gebäuden der Israelitischen Kultusgemeinden noch ein Anspruch auf regelmäßige staatliche Förderung von Baumaßnahmen begründet.

Artikel 4 Freundschaftsklausel

¹Die Bayerische Staatsregierung, der Landesverband und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern werden sich zur Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen. ²Sie werden etwaige Meinungsverschiedenheiten auf freundschaftliche Weise ausräumen.

Artikel 5 Änderungsbegehren

Änderungsbegehren zu Art. 1 Abs. 1 können von den Vertragsparteien jeweils mindestens ein Jahr vor der begehrten Änderung, frühestens im Jahr 2019 für eine Änderung ab dem 1. Januar 2021, vorgebracht werden.

Artikel 6 Inkrafttreten

Die Änderungen des Vertrags treten nach Zustimmung des Bayerischen Landtags am 1. Januar 2016 in Kraft.
München, den 10. November 2015
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