SeilbBek: Vollzug des Bayerischen Eisenbahn- und Seilbahngesetzes und der Seilbahnverordnung
1. Bau- und Betriebsgenehmigung (Art. 13 und 14 BayESG, § 2 SeilbV)
1.1
¹Die Kreisverwaltungsbehörde prüft insbesondere
1.1.1
den Antrag auf seine Vollständigkeit und veranlasst notwendige Ergänzungen (§ 2 SeilbV);
1.1.2
die Zuverlässigkeit des Unternehmers oder seines Vertreters, bei juristischen Personen der nach Gesetz oder Satzung vertretungsberechtigten Personen (Art. 13 Abs. 5 Nr. 2 BayESG);
1.1.3
ob durch den Bestand und den Betrieb der Seilbahn Dritte gefährdet werden können und ob die Betriebssicherheit durch äußere Einwirkungen, zum Beispiel durch andere Verkehrssysteme, Störfallbetriebe, Naturgewalten oder Feuer, beeinträchtigt werden kann;
1.1.4
ob die Zu- und Abfahrt ausreichend geregelt sowie ausreichende Abstellmöglichkeiten entsprechend Art. 47 BayBO vorhanden sind und ob für die Sicherheit der Fahrgäste im Bereich der Stationen, insbesondere der vor den Stationen wartenden Fahrgäste, ausreichend Vorsorge getroffen ist;
1.1.5
ob das Vorhaben mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, insbesondere ob es einen Eingriff im Sinn des § 14 BNatSchG darstellt, welche Vermeidungs-, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nach § 15 BNatSchG erforderlich sind, ob das Vorhaben Auswirkungen auf naturschutzrechtliche Schutzgebiete, Natura 2000-Gebiete oder gesetzlich geschützte Biotope haben kann, und bei entsprechenden Anhaltspunkten, ob die artenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden;
1.1.6
ob das Vorhaben sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft. ²Soweit öffentliche Belange in anderen anwendbaren Rechtsvorschriften, etwa in § 35 BauGB oder in § 22 BImSchG normiert sind, bleibt deren Anwendung unberührt. ³Die Berücksichtigung öffentlicher Belange gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG setzt jedoch nicht voraus, dass sie in anderen Rechtsvorschriften normiert sind.
1.2
¹Sobald die Kreisverwaltungsbehörde Kenntnis von einem Vorhaben erlangt hat, informiert sie die höhere Landesplanungsbehörde (Art. 30 Abs. 1 Satz 2 BayLplG in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen über die Mitteilung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen gemäß Art. 20 Abs. 1 Bayerisches Landesplanungsgesetz). ²Auf Art. 24 bis 28 BayLplG wird hingewiesen.
1.3
Als anzuhörende Behörden und Stellen nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayESG kommen insbesondere in Betracht
1.3.1
die technische Aufsichtsbehörde für Seilbahnen (vgl. Nr. 7), das Bayerische Landesamt für Umwelt (BayLfU), die Straßenbauverwaltungen, das Amt für Landwirtschaft und Forsten, das Wasserwirtschaftsamt, das Gewerbeaufsichtsamt, die durch das Vorhaben räumlich berührten Energieversorgungs- und Verkehrsunternehmen, das Landesamt für Denkmalpflege, die Betreiber von Telekommunikationsnetzen sowie die Gemeinden und Landkreise;
1.3.2
die Regierung als höhere Landesplanungsbehörde und Luftfahrtbehörde;
1.3.3
die für den jeweiligen Betreiber der Seilbahn zuständige Berufsgenossenschaft zu Fragen des Arbeitsschutzes.
1.4
¹Bei Vorhaben in naturschutzrechtlichen Schutzgebieten bedarf die Bau- und Betriebsgenehmigung hinsichtlich der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 und des Art. 56 Satz 3 BayNatSchG des Einvernehmens der zuständigen Naturschutzbehörde. ²Auf die Ersetzungswirkung ist hinzuweisen (Art. 44 Abs. 5 BayNatSchG). ³In Natura 2000-Gebieten ist gemäß § 34 Abs. 1 BNatSchG im Benehmen mit der nach Art. 22 Abs. 4 BayNatSchG zuständigen Naturschutzbehörde eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen; eine Zulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG setzt das Einvernehmen der nach Art. 22 Abs. 1 Satz 2 und 3 BayNatSchG zuständigen Naturschutzbehörde voraus. ⁴Im Übrigen entscheidet die Genehmigungsbehörde im Benehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde gemäß § 17 Abs. 1 BNatSchG in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 BayNatSchG und § 30 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG.
1.5
Bei Kreuzungen mit anderen Seilbahnen, Eisenbahnen, Straßen, Wegen und sonstigen Verkehrsanlagen, Wasserläufen, elektrischen Leitungen, Öl-, Gas- und Wasserleitungen sind die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen im Einvernehmen mit den Betroffenen festzusetzen.
1.6
Die Kreisverwaltungsbehörde übersendet einen Abdruck des Genehmigungsbescheids dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesplanung und Energie, dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, der Regierung, der technischen Aufsichtsbehörde und den gemäß § 2 Abs. 5 SeilbV beteiligten Kreisverwaltungsbehörden.
1.7
¹Die Behörden und Stellen sind in dem Umfang zu hören, in dem sie in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich berührt werden. ²Geht dem Genehmigungsverfahren nach Art. 14 BayESG ein Raumordnungsverfahren gemäß die Art. 21 und 22 BayLplG voraus, so kann die Anhörung von Behörden und Stellen, die bereits im Raumordnungsverfahren Stellung genommen haben, entfallen.
1.8
¹Eine Zulassungsentscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften wird durch die Bau- und Betriebsgenehmigung nur ersetzt, wenn sich dies aus dem jeweiligen Fachrecht ergibt. ²Nebenbestimmungen zur Bau- und Betriebsgenehmigung sind nur nach Maßgabe des Art. 36 BayVwVfG zulässig; sie müssen daher dem Zweck dienen, sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Bau- und Betriebsgenehmigung erfüllt werden. ³In der Bau- und Betriebsgenehmigung kann darauf hingewiesen werden, dass weitere Auflagen und Bedingungen im Rahmen der zusätzlich erforderlichen Genehmigungen, Erlaubnisse oder Bewilligungen zu erwarten sind. ⁴Da die Bau- und Betriebsgenehmigung nur öffentlich-rechtliche Beziehungen regelt, kann sie über privatrechtliche Fragen nicht entscheiden, etwa private Nutzungsrechte an den durch die Anlage in Anspruch genommenen Grundstücken, die Kostendeckung für Ersatzanlagen wie neue Holzlagerplätze, Holzabfuhrwege, Wildfütterungen usw.
1.9
¹Sofern eine Seilbahn in ein noch nicht erschlossenes Gebiet geführt werden soll, setzt die Genehmigung voraus, dass die Erschließung vor Eröffnung des Betriebes rechtlich und tatsächlich gesichert ist; eventuelle erforderliche Zusagen Dritter müssen dazu vorgelegt werden. ²Ergeht die Genehmigung in sachlich besonders gerechtfertigten Fällen schon vor Erfüllung dieser Voraussetzungen, ist die Erschließung durch geeignete Nebenbestimmungen zu sichern.
1.10
¹Der Bau oder Betrieb einer Seilbahn wird dauernd eingestellt (Art. 13 Abs. 7 BayESG), wenn der Berechtigte zu erkennen gegeben hat, dass er von der Bau- und Betriebsgenehmigung keinen Gebrauch mehr machen will. ²Von einer dauerhaften Einstellung des Baus einer Seilbahn ist in der Regel auszugehen, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach der Erteilung der Bau- und Betriebsgenehmigung mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen wurde oder die Bauausführung drei Jahre unterbrochen wird. ³Dies gilt entsprechend, wenn der Betrieb nicht aufgenommen oder unterbrochen wird, ohne dass hierfür erkennbar äußere Umstände, zum Beispiel die Witterung, ausschlaggebend sind.
1.11
¹Bei der Anordnung der Beseitigung einer Seilbahn nach Art. 28 Abs. 2 BayESG ist öffentlichen Interessen und schutzwürdigen Belangen Dritter Rechnung zu tragen. ²Insbesondere ist von der Verpflichtung zum vollständigen Rückbau abzusehen, wenn Belange des Naturschutzes entgegenstehen. ³Die Wahl des Maßnahmeadressaten richtet sich nach Art. 9 LStVG in Verbindung mit den allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen.
1.12
Erlischt die Bau- und Betriebsgenehmigung einer Seilbahn, sind die in Nr. 1.6 genannten Stellen durch die Kreisverwaltungsbehörde schriftlich davon zu unterrichten.
2. Genehmigung der technischen Planung (Art. 16 BayESG, § 4 SeilbV)
¹Erfordert die Prüfung aller technischen Unterlagen einer Seilbahn und damit die Erstellung des Gutachtens der anerkannten sachverständigen Stelle längere Zeit, so kann auf Antrag für den vorweg geprüften und begutachteten Teil der Seilbahn eine hierauf beschränkte Genehmigung der technischen Planung (Teilplangenehmigung) erteilt werden. ²Die Teilplangenehmigung kann unter den Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG mit einem Auflagenvorbehalt versehen werden.
3. Betriebseröffnung (Art. 17 BayESG, § 5 SeilbV)
3.1
¹Tragende Teile, die nach Beendigung der Bauarbeiten zur Prüfung nicht mehr zugänglich sind, sind vor ihrem Einbau oder Einbetonieren von einer von der technischen Aufsichtsbehörde bestimmten Stelle auf ihre plan- und fachgerechte Ausführung zu prüfen. ²Hierzu zählen insbesondere verkleidete Träger und Bewehrungen. ³Zum Nachweis der verwendeten Betongüte sind Probewürfel herzustellen; bei Verwendung von Fertigbauteilen ist durch eine Bescheinigung des Betonlieferwerks nachzuweisen, dass das Werk der laufenden Gütekontrolle unterliegt. ⁴Bei geotechnischen Begutachtungen ist die DIN 4020 in ihrer jeweils geltenden Version zu beachten. ⁵Mit Ausnahme von Schleppliften werden dabei Seilbahnen nach Punkt 7 beziehungsweise Anhang A mindestens in die geotechnische Kategorie (GK) 2 eingeordnet, sodass eine Begutachtung der Bodenbeschaffenheit erforderlich ist. ⁶Das Gutachten kann grundsätzlich und soll in Zweifelsfällen dem BayLfU zur Prüfung vorgelegt werden.
3.2
Die Zustimmung zur Betriebseröffnung ist der Regierung als höherer Landesplanungsbehörde und dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr mitzuteilen.
4. Betriebsleitung (Art. 20 BayESG, §§ 6 und 7 SeilbV)
Das zur Prüfung der Zuverlässigkeit der vorgeschlagenen Person gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 SeilbV vorzulegende Führungszeugnis ist aktuell, wenn es nicht älter als drei Monate ist.
5. Mitteilungspflicht (Art. 22 BayESG, § 9 SeilbV)
5.1
Bei allen Seilbahnen im Sinne des Art. 11 Abs. 1 BayESG ist ein Betriebsbuch zu führen und mindestens drei Jahre nach Ende des Berichtsjahres aufzubewahren.
5.2
Die Halbjahresberichte (§ 9 SeilbV) sind nach dem Muster der Anlage 1 anzufertigen.
6. Technische Aufsichtsbehörde (Art. 26 BayESG, § 11 SeilbV)
6.1
Die technische Aufsichtsbehörde hat darüber zu wachen, dass die erforderlichen technischen Prüfungen rechtzeitig durchgeführt, die Betriebs- und Prüfungsberichte fristgemäß vorgelegt und etwaige Anordnungen zur Beseitigung von Mängeln frist- und fachgerecht vollzogen werden.
6.2
¹Die technische Aufsichtsbehörde verständigt die gemäß § 2 Abs. 5 SeilbV beteiligten Kreisverwaltungsbehörden über etwaige aufsichtliche Anordnungen durch Abdruck. ²Die beteiligten Kreisverwaltungsbehörden teilen der technischen Aufsichtsbehörde ihnen bekanntwerdende Mängel und Verstöße mit.
7. Anerkannte sachverständige Stellen und weitere Sachverständige
7.1
¹Die anerkannten sachverständigen Stellen im Sinn der Art. 12 Abs. 3, Art. 22 Abs. 3 und 4 sowie Art. 26 Abs. 4 BayESG können sich bei ihren Untersuchungen weiterer Sachverständiger zur Unterstützung bedienen. ²Dabei obliegt die Gesamtverantwortung der anerkannten sachverständigen Stelle.
7.2
Als weitere Sachverständige kommen insbesondere in Betracht:
7.2.1
Die Deutsche Montan Technologie GmbH & Co. KG für die Prüfung und Begutachtung von Seilen für Seilbahnen;
7.2.2
die Prüfsachverständigen für Brandschutz im Sinne der Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen (PrüfVBau) für die Prüfung und Begutachtung von Konzepten für den vorbeugenden Brandschutz einschließlich deren Umsetzung;
7.2.3
die Prüfingenieure und die Prüfsachverständigen für Standsicherheit im Sinne der PrüfVBau für die Prüfung der statischen Berechnungen und Ausführungspläne einschließlich deren Umsetzung für die bautechnischen Anlagenbestandteile.
7.3
¹Die nach § 12 SeilbV anerkannten sachverständigenden Stellen fertigen über das Ergebnis ihrer Prüfung eine Prüfbescheinigung gemäß Art. 12 Abs. 3 BayESG. ²Die Prüfbescheinigung soll mindestens die in Anlage 2 vorgesehenen Angaben enthalten.
8. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
¹Diese Bekanntmachung tritt am 2. April 2020 in Kraft. ²Sie tritt mit Ablauf des 30. September 2027 außer Kraft. ³Mit Ablauf des 1. April 2020 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie über den Vollzug des Bayerischen Eisenbahn- und Seilbahngesetzes und der Seilbahnverordnung vom 4. Juni 2007, (AllMBl. S. 277), geändert durch die Bekanntmachung vom 20. Oktober 2017 (AllMBl. S. 519), außer Kraft.
Helmut Schütz
Ministerialdirektor
Anlagen
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