Richtlinien zum Bibermanagement
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Richtlinien zum Bibermanagement

¹Ziel des Bayerischen Bibermanagements ist es, einen günstigen Erhaltungszustand des Bibers zu erhalten und schadensbedingte Konflikte möglichst zu verhindern beziehungsweise zu minimieren. ²In Konfliktbereichen sollen die vier Säulen – Information der Betroffenen durch Kreisverwaltungsbehörden, Biberberater und Bibermanager, präventive und zum Teil förderfähige Maßnahmen, gegebenenfalls Zugriffsmaßnahmen und schließlich auch Ausgleichszahlungen – die Akzeptanz bei den Betroffenen verbessern.

1.  Allgemeines

¹Der Biber ist im Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgeführt. ²Nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa, Nr. 14 Buchst. b Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist der Biber deshalb besonders und streng geschützt. ³Als Folge dieses Schutzstatus gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote des § 44 Abs. 1 und 2 BNatSchG. ⁴Unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG können im Einzelfall oder durch Verordnung von diesen Verboten Ausnahmen, unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 BNatSchG auf Antrag Befreiungen erteilt werden. ⁵Für den Vollzug der artenschutzrechtlichen Ausnahme- und Befreiungsregelungen ist beim Biber die Kreisverwaltungsbehörde (KVB) als untere Naturschutzbehörde zuständig (§ 8 Abs. 6 Satz 1 AVBayNatSchG). ⁶Der Biber ist zudem im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt, sodass die Schutzvorschriften der §§ 33 und 34 BNatSchG zu beachten sind. ⁷Die Zuständigkeiten richten sich insoweit nach den allgemeinen FFH-rechtlichen Regelungen nach Art. 22 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG).

2.  Das Bayerische Bibermanagement

2.1  Die erste Säule – Information der Betroffenen durch Kreisverwaltungsbehörden, Biberberater und Bibermanager

¹Die Information der Betroffenen über die rechtlichen Voraussetzungen sowie bestehende Alternativen ist vor allem Aufgabe der unteren Naturschutzbehörden, Biberberater und Bibermanager. ²Biberberater informieren in Konfliktbereichen über Gefahrenquellen, Schadensbilder, Abhilfemaßnahmen sowie Fördermöglichkeiten und wirken auch an gegebenenfalls erforderlichen Zugriffsmaßnahmen mit. ³Bibermanager unterstützen die zuständige Naturschutzbehörde in besonders schwierigen Problemfällen und kümmern sich um Datenbereitstellung und Bestandsermittlung. ⁴Außerdem wirken Biberberater und Bibermanager bei der Abwicklung von Ausgleichszahlungen mit. ⁵Die Öffentlichkeitsarbeit gehört ebenfalls zu den Aufgaben von Biberberatern und Bibermanagern. ⁶Die Biberberater werden an der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) in einem mehrtägigen Lehrgang ausgebildet. ⁷Als Beauftragte einer für den Vollzug des bayerischen Naturschutzrechts zuständigen Behörde haben Sie ein Zutrittsrecht zu fremden Grundstücken, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). ⁸Ihre Tätigkeit ist hierbei als „ähnliches Vorhaben“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG anzusehen. ⁹Bibermanager werden im Rahmen des vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten Projekts „Bibermanagement in Bayern (Gebietsbetreuung)“ des Bund Naturschutz in Bayern e. V. eingesetzt. 1⁰
Südbayern:
Herr Gerhard Schwab, Tel. 0172 / 6826653
GerhardSchwab@online.de
Nordbayern:
Frau Berit Arendt, Tel. 0160 / 5675302
Berit.Arendt@bund-naturschutz.de

2.2  Die zweite Säule – Präventive Maßnahmen einschließlich Fördermöglichkeiten

2.2.1  Präventive Maßnahmen

¹Präventive Maßnahmen sollen Zugriffsmaßnahmen und der Inanspruchnahme von Ausgleichzahlungen möglichst vorbeugen. ²Im Bereich der Wasserwirtschaft sind sie Aufgabe des jeweiligen Gewässerunterhaltungspflichtigen beziehungsweise bei Verkehrswegen des zuständigen Trägers der (Straßen-) Baulast oder der zuständigen (Straßen-)Baubehörde beziehungsweise bei Privatwegen des Eigentümers. ³Die Naturschutzbehörden informieren diese über vorhandene und potenzielle Biberlebensräume und regen präventive Maßnahmen an. ⁴Sie wirken auf die „bibersichere“ Gestaltung etwaiger Anlagen oder Baumaßnahmen hin. ⁵Dies gilt insbesondere im Rahmen von Maßnahmen der ländlichen Entwicklung. ⁶Des Weiteren ist auf die Möglichkeit einer Konfliktentschärfung durch das Einbringen entsprechender Ausgleichs- und Ersatzflächen in diesen Bereichen hinzuweisen. ⁷In bestimmten Fällen ist eine Förderung von präventiven Maßnahmen möglich.

2.2.2  Förderung

2.2.2.1  Gegenstand der Förderung:

¹Präventivmaßnahmen sind in vielfältiger Weise förderfähig. ²Dabei können Förderungen beispielsweise im Rahmen des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms (VNP), des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms Wald (VNP Wald), des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP), der Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) sowie durch den Bayerischen Naturschutzfonds erfolgen. ³Mögliche präventive Maßnahmen und Fördermöglichkeiten werden beispielhaft in Anlage 1 dargestellt. ⁴Welche Abhilfemaßnahme geeignet und Erfolg versprechend ist, hängt vom Schadensbild im Einzelfall ab.

2.2.2.2  Höhe der Förderung:

¹Die Höhe der Förderung ist grundsätzlich davon abhängig, welche Präventionsmaßnahme geeignet erscheint. ²Hinsichtlich der Förderung des Grunderwerbs und der Grundstückspacht Dritter ist die jeweilige Höhe abhängig von den Förderrichtlinien des Bayerischen Naturschutzfonds, abrufbar unter: https://www.naturschutzfonds.bayern.de/foerderung/doc/foerderrichtlinien_2017_11_28.pdf, beziehungsweise den LNPR. ³Die Höhe der Förderung von Präventionsmaßnahmen im Rahmen des VNP, des VNP Wald beziehungsweise der LNPR richtet sich nach den für das jeweilige Programm geltenden Bedingungen. ⁴Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist dabei zu beachten. ⁵Bei der Förderung von Präventionsmaßnahmen ist darauf zu achten, dass die Zuwendungsempfänger mit den Finanzierungsträgern und späteren Eigentümern der Fördergegenstände übereinstimmen. ⁶Der Ausschluss von Mehrfachregulierungen (Verbot der Doppelförderung) ist über eine geeignete Dokumentation sicherzustellen.

2.3  Die dritte Säule – Zugriffsmaßnahmen, Besitz- und Vermarktungsfragen

2.3.1  Allgemeines zu Zugriffsmaßnahmen

¹Zu unterscheiden sind drei Arten von Zugriffsmaßnahmen: Lebendfang, Tötung nach Fang sowie ohne vorausgehenden Fang, das heißt der Abschuss des Bibers vor Ort. ²Zugriffe kommen allgemein auf der Grundlage des § 2 der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung (AAV) und im Einzelfall auf der Grundlage des § 45 Abs. 7 BNatSchG in Betracht. ³Sofern eine entsprechende Abgabemöglichkeit besteht, sind die gefangenen Biber zur Durchführung von Ansiedlungsprojekten, Aussetzungsmaßnahmen beziehungsweise zur Abgabe an Zoos zur Verfügung zu stellen. ⁴Die Bibermanager informieren generell über Abgabemöglichkeiten. ⁵Besteht keine Export- oder sonstige Abgabemöglichkeit von gefangenen Bibern oder ist eine artgerechte Unterbringung bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewährleistet, so ist der Biber nach dem Fang zu töten. ⁶Aus Gründen der Gefahren- und Schadensabwehr ist der Abschuss des Bibers vor Ort in den in § 2 AAV geregelten Fällen generell, beziehungsweise soweit im Einzelfall zugelassen, möglich. ⁷Grundsätzlich ist zu bedenken, dass der Fallenfang häufig effektiver ist. ⁸In Schutzgebieten und ökologisch sensiblen Bereichen ist bei Einzelausnahmen dem Fallenfang der Vorzug zu geben, wenn durch direkten Abschuss erhebliche Störungen für andere gefährdete Tierarten zu befürchten sind (zum Beispiel in der Brutzeit). ⁹Beim Fang und der Tötung der Tiere sind die tierschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. 1⁰Die KVB meldet jährlich zum 31. Januar der Regierung als höherer Naturschutzbehörde den Fang- und Abschussort (Gewässer oder Gewässerabschnitt und Gewässertyp), das Fang- und Abschussdatum, die Anzahl der jeweils gefangenen und getöteten Biber und Informationen über die Entsorgung beziehungsweise den Verbleib der Tiere. 1¹Im Fall von Zugriffsmaßnahmen auf der Grundlage von § 2 AAV hat der Zugriffsberechtigte diese Daten der KVB unverzüglich mitzuteilen (§ 2 Abs. 7 AAV). ¹2Gleiches ist im Rahmen einer Zulassung im Einzelfall durch eine entsprechende Auflage sicherzustellen. ¹3Dabei sollte der Meldebogen für Zugriffsmaßnahmen (Anlage 2) verwendet werden.

2.3.2  Zugriffe nach § 2 AAV

2.3.2.1  Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 1 AAV)

¹ § 2 Abs. 1 Satz 1 AAV regelt eine Ausnahme vom Verbot, Bibern nachzustellen, sie zu fangen oder zu töten (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG). ²Ebenfalls einzelfallunabhängig zugelassen sind Störungen im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). ³Hat ein solcher Zugriff stattgefunden, können dann nicht mehr genutzte Biberbauten ohne Einschränkung beseitigt werden. ⁴Ansonsten darf eine Beseitigung von Biberdämmen abweichend von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 2 AAV nur erfolgen, soweit besetzte Biberburgen nicht beeinträchtigt werden. ⁵Biberburgen dürfen nur beseitigt werden, wenn sie nicht besetzt sind. ⁶Kann dies nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ist zur Beurteilung dieser Tatbestandsmerkmale ein Sachkundiger (zum Beispiel Biberberater oder Bibermanager) heranzuziehen. ⁷In zeitlicher Hinsicht sind die unmittelbaren Zugriffsmaßnahmen auf den Zeitraum vom 1. September bis 15. März beschränkt. ⁸Der Zugriff auf Biberdämme und -burgen ist unter den genannten Voraussetzungen hingegen ganzjährig gestattet. ⁹Die Vorschrift trifft keine allgemeine Ausnahme von den Vermarktungsverboten.

2.3.2.2  Räumlicher Geltungsbereich nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AAV

¹ § 2 Abs. 2 AAV gibt den räumlichen Geltungsbereich der Erlaubnis vor. ²Bei den Anlagen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AAV ist der Zugriff auf Biber unter den Voraussetzungen der Nr. 1 ohne weiteres möglich. ³Der Zugriff an Kläranlagen und Triebwerkskanälen von Wasserkraftanlagen, das heißt an künstlichen Zuführungen des Wassers zu Triebwerksanlagen, ist dabei uneingeschränkt zulässig. ⁴Stau- und Hochwasserschutzanlagen müssen hingegen konkret durch die Aktivitäten (zum Beispiel durch Unterhöhlungen, Verklausungen von Entlastungs- und Entnahmebauwerken) des Bibers in ihrer Funktionsfähigkeit gefährdet sein. ⁵Räumlich umfasst sind die genannten Anlagen und gegebenenfalls ihr unmittelbares Umfeld, soweit die Aktivitäten des Bibers die Anlagen konkret gefährden können. ⁶So sind bei Stauanlagen nicht der gesamte Einstaubereich, sondern nur konkret gefährdete Anlagenteile wie Stauwehre, Dämme und Deiche erfasst. ⁷Durch geeignete Sicherungsmaßnahmen kann eine bestehende Gefährdung wieder beseitigt werden. ⁸Ist dies der Fall, ist ein Zugriff nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AAV nicht mehr möglich.

2.3.2.3  Bereiche nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 3 AAV

¹ § 2 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 AAV bestimmt, dass die KVB die Gestattungswirkung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AAV auf erwerbswirtschaftlich genutzte Fischteichanlagen, Abschnitte von angelegten Be- und Entwässerungsgräben sowie Abschnitte von öffentlichen Straßen erweitern sollen. ²Diese Festlegung erfolgt dabei isoliert als Allgemeinverfügung, indem ein bestimmter Bereich für alle nach § 2 Abs. 5 AAV bestellten beziehungsweise noch zu bestellenden Personen festgelegt wird, oder gegenüber dem nach § 2 Abs. 5 AAV Bestellten, wobei die Festlegung nach § 2 Abs. 3 AAV mit der Bestellung nach § 2 Abs. 5 AAV verbunden werden kann, in der Form eines konkret-individuellen Verwaltungsakts. ³Die Festlegung durch eine Allgemeinverfügung kommt in der Regel bei einer größeren Anzahl von nach § 2 Abs. 5 AAV bestellten Personen in Betracht, während bei einer geringeren Anzahl von bestellten Personen in der Regel die individuelle Verbescheidung vorzuziehen sein wird. ⁴Die Bereiche sind kartographisch hinreichend bestimmt auf Lageplänen im Maßstab 1:5 000 festzulegen. ⁵Die Festlegung kommt für folgende rechtmäßig errichtete beziehungsweise rechtmäßig bestehende und genutzte Anlagen in Betracht:
– erwerbswirtschaftlich genutzte Fischteichanlagen: Vom Begriff der erwerbswirtschaftlich genutzten Fischteichanlagen sind auch Nebenerwerbsbetriebe erfasst; nicht erfasst ist die reine Hobbyhaltung. Für nicht wirtschaftlich genutzte Anlagen sind nur Befreiungen im Sinne des § 67 Abs. 2 BNatSchG möglich,
– Abschnitte von angelegten Be- und Entwässerungsgräben: Die Regelung erstreckt sich auf künstlich angelegte Gräben, einschließlich vollständig als Entwässerungsgräben ausgebaute ehemalige natürliche Kleingewässer; die Regelung ist nicht auf Gräben im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Bayerisches Wassergesetz beschränkt. Natürliche Gewässer sind von der Regelung nicht erfasst,
– Abschnitte von öffentlichen Straßen: Öffentliche Straßen sind auch öffentliche Feld- und Waldwege sowie Eigentümerwege (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz); nicht erfasst sind Privatwege aller Art.
⁶Eine pauschale Freigabe durch den Verordnungsgeber konnte in den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AAV nicht erfolgen. ⁷Die KVB muss daher bei der Festlegung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AAV prüfen, ob der Zugriff in den festgesetzten Bereichen zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. ⁸Erforderlich ist zudem das Fehlen anderweitiger zufriedenstellender Lösungen und die Wahrung des günstigen Erhaltungszustands der Populationen des Bibers (§ 2 Abs. 3 Satz 2 AAV). ⁹Von einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden ist auszugehen, wenn ernste Schäden vorliegen oder eintreten können. 1⁰Nicht jeder Schaden ist ausreichend. 1¹Ein ernster Schaden ist anzunehmen, wenn zum Beispiel die Nutzbarkeit eines Grundstücks in unzumutbarer Weise eingeschränkt wird oder erhebliche finanzielle Einbußen für den Nutzer eingetreten oder zu erwarten sind. ¹2Gründe der öffentlichen Sicherheit greifen ein, wenn eine Gefahrenlage im Sinne des Sicherheitsrechts vorliegt. ¹3Im Zusammenhang mit der Wahrung des günstigen Erhaltungszustands (vergleiche Art. 1 Buchst. i FFH-Richtlinie) hat die KVB insbesondere darauf zu achten, dass das natürliche Verbreitungsgebiet des Bibers innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs grundsätzlich erhalten bleibt. ¹4Bei Prüfung anderweitig zufriedenstellender Lösungen (Alternativenprüfung) sind präventive Maßnahmen in Erwägung zu ziehen. ¹5Dabei sind die Interessen des Grundeigentümers einzubeziehen und zu berücksichtigen, dass dem betroffenen Grundeigentümer nur zumutbare Alternativlösungen entgegengehalten werden können. ¹6Zumutbar ist grundsätzlich die Einwilligung zu Schutzmaßnahmen, die im Rahmen des Bibermanagements auf dem Grundstück des Betroffenen durchgeführt werden, soweit dadurch die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht erheblich beeinträchtigt wird.

2.3.2.4  Ausnahmen vom Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 4 AAV)

Vom räumlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind Naturschutzgebiete, Nationalparke und Natura 2 000-Gebiete.

2.3.2.5  Bestellung (§ 2 Abs. 5 AAV)

¹Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AAV sind zu Fang und Abschuss Personen berechtigt, die von der unteren Naturschutzbehörde förmlich bestellt sind. ²Bestellt werden kann, wer gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AAV die erforderlichen Kenntnisse nachweisen und damit ein ordnungsgemäßes Betreiben und Beaufsichtigen der Fallen (siehe die Anforderungen im beigefügten Musterbescheid) und Töten gewährleisten kann. ³Die erforderlichen fachlichen (Bibermanagement, Biologie des Bibers, Möglichkeiten der Biberprävention, Konfliktlösungen) und rechtlichen Kenntnisse können zum Beispiel durch die Teilnahme an einem Lehrgang der ANL „Biberberaterausbildung“ erworben werden. ⁴Die notwendigen Kenntnisse über den Fallenfang können auch nach § 8 der Jäger- und Falknerprüfungsordnung vom 22. Januar 2007 (GVBl. S. 59) nachgewiesen werden. ⁵Ausreichend ist auch eine anderweitige Einweisung durch andere sachkundige Stellen (zum Beispiel KVB, Bayerischer Jagdverband), die über entsprechende Fachkenntnisse verfügen. ⁶In jedem Fall ist für die Bestellung die Einhaltung der waffenrechtlichen Voraussetzungen nachzuweisen. ⁷So sind ein Waffenschein nach § 10 Abs. 4 des Waffengesetzes (WaffG) sowie eine waffenrechtliche Schießerlaubnis nach § 10 Abs. 5 WaffG erforderlich. ⁸Erfolgt die Tötung im Anschluss an den Lebendfang, so darf mit Ausnahme von Eilfällen (zum Beispiel bei drohenden Schäden für Leib und Leben) mit dem Wegfang erst begonnen werden, wenn die Schießerlaubnis erteilt worden ist. ⁹Jagdscheininhaber, die nach § 2 Abs. 5 AAV bestellt sind, müssen für den Abschuss des Tieres keine Schießerlaubnis der zuständigen KVB mehr einholen (§ 13 Abs. 6 Satz 2 WaffG). 1⁰Bei der Bestellung ist auch zu klären, ob ein ausreichender Versicherungsschutz für Schäden im Zusammenhang mit der Entnahme von Bibern besteht. 1¹Um Konflikte mit den Revierinhabern zu vermeiden, hat die Bestellung im Benehmen mit dem örtlichen Revierinhaber zu erfolgen. ¹2Wird nicht der örtliche Revierinhaber selbst bestellt, hat jeder einzelne Abschuss im Benehmen mit dem Revierinhaber zu erfolgen (§ 2 Abs. 5 Satz 2 AAV). ¹3Um Gefährdungen zu vermeiden und möglichst eine Abstimmung mit dem Bibermanagement zu erreichen, soll bei der Bestellung auch eine Beteiligung des Biberberaters vor Abschuss- oder Abfangmaßnahmen auferlegt werden.

2.3.2.6  Sonstige Anforderungen nach § 2 Abs. 6 AAV

¹Die Regelungen zu Art und Weise von Fang und Abschuss entsprechen jagdrechtlichen Grundsätzen. ²Die Anforderungen an die Munition beim Abschuss von Bibern sollen die sichere Tötung der Tiere, auch beim Abschuss im Wasser, gewährleisten. ³Für Zugriffe auf Biber gibt es keine tageszeitliche Beschränkung, insbesondere kein Nachtjagdverbot. ⁴Hingewiesen wird an dieser Stelle auch auf die mit einem Abschuss im Wasser verbundenen Gefahren.

2.3.3  Ausnahmen im Einzelfall auf der Grundlage von § 45 Abs. 7 BNatSchG

2.3.3.1  Allgemeines

¹Die Möglichkeit der KVB, über die in der AAV geregelten Fälle hinaus Ausnahmen im Einzelfall nach § 45 Abs. 7 BNatSchG auch durch Allgemeinverfügung zu regeln, bleibt von § 2 AAV unberührt. ²Abfang oder Tötung kommen im Einzelfall jedoch nur in Betracht, wenn präventive Schutzmaßnahmen sowie sonstige Vergrämungsmethoden nicht geeignet oder unverhältnismäßig sind. ³Wenn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten langfristig mit schwerwiegenden Schäden zu rechnen ist, denen mit Präventivmaßnahmen nicht nachhaltig begegnet werden kann, können die artenschutzrechtlichen Erlaubnisse jedoch auch längerfristig ausgestellt werden. ⁴Im Einzelfall können Zugriffe grundsätzlich bis Ende März oder bei ernsten, unmittelbaren Gefährdungen sowie wenn es sich erkennbar um neu zugewanderte Einzeltiere handelt, auch darüber hinaus zugelassen werden. ⁵Hierbei ist aber darauf zu achten, dass keine unselbstständigen Jungtiere gefährdet werden. ⁶Ist ein Abfang oder Abschuss von Muttertieren unvermeidlich, ist sicherzustellen, dass unselbstständige Jungtiere vor dem Muttertier getötet werden. ⁷Der Zugriff ist von der KVB entsprechend dem als Anlage 3 beigefügten Musterbescheid zuzulassen. ⁸Sie hat dabei durch Auflagen die Durchführung von Zugriffsmaßnahmen durch fachkundige und berechtigte Personen (siehe die Ausführungen zu § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AAV und zu den waffenrechtlichen Anforderungen unter Nr. 2.3.2.5) und den ordnungsgemäßen Einsatz der Fallen sicherzustellen. ⁹Die Durchführung der Zugriffsmaßnahme hat in Abstimmung mit der KVB zu erfolgen, die in der Regel einen Biberberater oder Bibermanager beteiligt, ein Abschuss hat im Benehmen mit dem Revierinhaber zu erfolgen.

2.3.3.2  Zugriffe in besonderen Gebieten

¹Der Fang beziehungsweise das Töten von Bibern in FFH-Gebieten stellt grundsätzlich ein Projekt dar, wenn der Biber in den Erhaltungszielen für das gegenständliche Gebiet in der Bayerischen Natura 2 000-Verordnung (BayNat2000V) genannt ist. ²Vor der Zulassung der Maßnahme ist eine Verträglichkeitsabschätzung oder -prüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG und falls erforderlich ein Ausnahme- beziehungsweise Befreiungsverfahren nach § 34 Abs. 3 beziehungsweise § 67 BNatSchG durchzuführen. ³Kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Erhaltungszustandes und überwiegen die öffentlichen Interessen, so ist darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des Netzes Natura 2 000 durchzuführen sind (vergleiche § 34 Abs. 5 BNatSchG). ⁴In Betracht kommt zum Beispiel die biberfreundliche Ausgestaltung (Verbesserung) eines Gewässers an anderer Stelle im gleichen FFH-Gebiet. ⁵Es ist stets auf den Einzelfall abzustellen. ⁶Sollen Biber auf geschützten Flächen beziehungsweise Bestandteilen der Natur nach § 20 Abs. 2 BNatSchG gefangen beziehungsweise getötet werden, so sind im Rahmen der artenschutzrechtlichen Genehmigung beziehungsweise Befreiung die Voraussetzungen der Schutzverordnung beziehungsweise des § 67 BNatSchG zu prüfen. ⁷Gegebenenfalls ist nach Art. 56 Satz 3 Halbsatz 2 BayNatSchG das Einvernehmen der zuständigen Behörde einzuholen.

2.3.3.3  Zugriffe im Straßenverkehr

¹Wurde ein Tier im Straßenverkehr getötet, hat der am Unfall Beteiligte die Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Beseitigen des Tieres, gegebenenfalls mithilfe der unverzüglich zu verständigenden Straßenmeisterei oder Polizei, zu gewährleisten. ²Die getöteten Tiere sind bei öffentlichen Straßen und Wegen vom Straßenbaulastträger, bei Privatwegen vom Eigentümer bei der von der KVB bestimmten Stelle (zum Beispiel eine Tierkörperbeseitigungsanstalt) zu melden.³Wurde ein Tier im Straßenverkehr schwer verletzt und muss getötet werden, kommen hierzu insbesondere Polizei, Jagdausübungsberechtigte, ein nach der AAV Bestellter oder Biberberater mit den entsprechenden waffenrechtlichen Erlaubnissen in Betracht. ⁴Ist eine Tötung aus tierschutzrechtlichen Gründen erforderlich, ist diese auch ohne förmliche artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gerechtfertigt. ⁵Wie bei anderen toten/getöteten Wildtieren besteht nur dann eine Melde-/Entsorgungspflicht von auf Privatgrund gefundenen Tieren, wenn der Verdacht besteht, dass sie mit einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit infiziert sind oder eine Entsorgung von der Behörde angeordnet wurde. ⁶In diesem Fall muss die Entsorgung über einen entsprechenden Verarbeitungsbetrieb für Material der Kategorie 1 (Tierkörperbeseitigungsanstalt) erfolgen. ⁷Liegt kein Verdacht vor, so unterliegt der Biber nicht dem Tierische-Nebenprodukte-Recht. ⁸Entsorgung oder Verbleib in der Natur richten sich dann nach abfallrechtlichen oder sonstigen Vorschriften.

2.3.4  Besitz der getöteten Tiere

¹Tiere, die rechtmäßig aus der Natur entnommen worden sind, sind gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG vom Besitzverbot ausgenommen. ²Das Recht zum Besitz schließt die Befugnis ein, die Tiere beziehungsweise ihre Bestandteile in Gewahrsam zu haben, zu be- oder verarbeiten (zum Beispiel Präparation des Tieres oder von Teilen davon, Herstellen von Bälgen etc.) oder zu verzehren. ³Anderweitige Vorschriften (insbesondere nach dem Lebensmittelrecht und dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz) bleiben hiervon unberührt.

2.3.5  Vermarktung der getöteten Tiere

¹Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, Biber zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern sowie zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder sonst zu verwenden. ²Auch der Verkauf zum Ersatz von Futterkosten, Transportkosten oder sonstigen Aufwendungen ist daher verboten. ³Legalausnahmen greifen nicht. ⁴Insbesondere ist § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nach § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG nicht einschlägig. ⁵Auch § 45 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG ist nicht erfüllt. ⁶Behördliche Einzelfallausnahmen vom Vermarktungsverbot kommen grundsätzlich nur in den Fällen des § 45 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG – für Zwecke der Forschung, Lehre oder Wiederansiedlung – in Betracht. ⁷Diese wird von der örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erteilt. ⁸Keine Vermarktung ist das Verschenken von Tieren. ⁹Dieses ist demnach zulässig.

2.4  Die vierte Säule – Ausgleichszahlungen

2.4.1  Allgemeines

¹Als akzeptanzfördernde Maßnahme im Rahmen des artenschutzrechtlichen Bibermanagements werden vom Biber unmittelbar verursachte Schäden unter bestimmten Voraussetzungen durch freiwillige finanzielle Leistungen des Staates als Billigkeitsleistung gemäß Artikel 53 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO) ausgeglichen. ²Ein Ausgleich kann für Schäden, die bis zum 31. Dezember 2027 entstanden sind, ohne Rechtsanspruch im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erfolgen. ³Ausgleichszahlungen können bis zu 100 % des anerkannten Schadens erfolgen. ⁴Der Ausschluss von Mehrfachregulierungen ist über eine geeignete Dokumentation sicherzustellen. ⁵Die Schadensregulierung liegt als Teil des Bibermanagements in der Zuständigkeit der KVB und soll im Hinblick auf die fachliche Überprüfung der Schadensfälle unter enger Einbindung der Naturschutz- und Nutzerverbände (Bund Naturschutz in Bayern e. V., Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V., Bayerischer Bauernverband, Landesfischereiverband Bayern e. V. und Bayerischer Waldbesitzerverband) erfolgen. ⁶Die Ausgleichszahlung stellt eine Beihilfe gemäß Teil II Ziffer 1.2.1.5 und 2.8.5 der Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014 bis 2020 (2014/C 204/01), ABl. EU C 204 vom 1. Juli 2014, S. 1, dar. ⁷Deshalb wurde diese Ausgleichsregelung bei der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorgelegt. ⁸Die Europäische Kommission hat am 27. Juli 2020 entschieden, keine Einwände gegen die Beihilferegelung zu erheben, da sie im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

2.4.2  Ausgleichsfähige Schadensarten

¹Ausgeglichen werden folgende land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Schäden:
– Fraß- und Vernässungsschäden an landwirtschaftlichen Kulturen (vor allem Schäden an Feldfrüchten, aber auch an Obst, Gemüse und Sonderkulturen wie zum Beispiel Christbäumen)
– Flurschäden, zum Beispiel durch Uferabbruch
– Sachschäden (insbesondere Maschinenschäden) in der Landwirtschaft
– Schäden aufgrund verletzter beziehungsweise getöteter Nutztiere, die zum landwirtschaftlichen Betrieb zu zählen sind
– Schäden an Teichanlagen oder Fischzucht
– forstwirtschaftliche Schäden
²Ausgeglichen werden auch Schäden von Fischereivereinen an Satzfischen bestandsbedrohter heimischer Fischarten (Gefährdungsstatus nach Roter Liste) in Aufzuchtteichen. ³Nicht ausgeglichen werden sonstige Schäden wie Verkehrsunfälle, Personenschäden, sonstige Schäden von Gewässerbenutzungsberechtigten oder Ähnliches.

2.4.3  Indirekte Kosten

¹Als indirekte Kosten gelten Tierarztkosten für die Behandlung von verletzten Tieren. ²Diese können ebenfalls zu 100 % ausgeglichen werden.

2.4.4  Vorrang von Präventions- und Zugriffsmaßnahmen

¹Um das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Europäischen Union abzuschwächen und einen Anreiz zur Risikominimierung zu schaffen, müssen die Geschädigten nach den Vorgaben der Europäischen Kommission einen Mindestbeitrag leisten. ²Dieser besteht in geeigneten Vorbeugungsmaßnahmen, die in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko von Schäden durch den Biber stehen. ³Die KVB hat daher im Hinblick auf die Regulierung eventueller künftiger Schäden zu prüfen, ob für den Geschädigten präventive Maßnahmen einschließlich Fördermöglichkeiten nach Nr. 2.2 möglich, verhältnismäßig und zumutbar sind. ⁴Ist dies der Fall, haben diese für die Zukunft grundsätzlich Vorrang vor dem finanziellen Ausgleich. ⁵Die Naturschutzbehörden informieren den Geschädigten über die (Förder-)Möglichkeiten von Präventivmaßnahmen und regen deren Durchführung beziehungsweise eine freiwillige Teilnahme an den Agrarumweltprogrammen an. ⁶Eine finanzielle Erstattung von Biberschäden kommt in derartigen Fällen insbesondere bei Schäden in Betracht, bei denen präventive Maßnahmen nicht oder noch nicht greifen können. ⁷Dies gilt auch für Bereiche, in denen der Abfang oder Abschuss des Bibers rechtlich zugelassen und möglich ist. ⁸Sofern die Gefahr von wiederkehrenden Schäden besteht, ist grundsätzlich dem zulässigen Abfang oder Abschuss Vorrang einzuräumen. ⁹Gegebenenfalls hat die KVB von der Möglichkeit, nach § 2 Abs. 3 AAV generelle Zugriffsmaßnahmen zuzulassen, Gebrauch zu machen. 1⁰Da es sich um eine akzeptanzfördernde Maßnahme handelt, ist in diesen Fällen ein finanzieller Ausgleich grundsätzlich nur für den erstmaligen Schadenseintritt gerechtfertigt. 1¹Ein Ausgleich kann jedoch auch mehrmals gewährt werden, wenn sich der Biber in einem bibergeeigneten Lebensraum angesiedelt hat, in dem er aus naturschutzfachlicher Sicht verbleiben soll (zum Beispiel FFH-Gebiet, in dem er als Erhaltungsziel genannt ist). ¹2Eine Ausgleichsmöglichkeit ist bei bestehender Entnahmemöglichkeit auch dann gegeben, wenn der Betroffene nachvollziehbar darlegen kann, dass er alles Zumutbare unternommen hat, um seine Genehmigung zu nutzen.

2.4.5  Ausschlussgründe

In nachfolgend dargestellten Fällen erfolgt kein beziehungsweise kein vollständiger finanzieller Ausgleich der durch den Biber verursachten Schäden.

2.4.5.1  Ober- und Untergrenze

¹Nicht erstattet werden Schadensbeträge, die in der jährlichen Summe über 30 000 € (Obergrenze) oder unter 50 € (Untergrenze) liegen. ²Die Mehrwertsteuer ist nicht erstattungsfähig, es sei denn, sie wird nicht nach nationalem Mehrwertsteuerrecht rückerstattet.

2.4.5.2  Schäden der öffentlichen Hand

¹Nicht ausgeglichen werden Schäden von Staat, Gemeinden, Landkreisen, Bezirken und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, auch soweit diese Unternehmen in Privatrechtsform betreiben (zum Beispiel für Mehraufwendungen beim Gewässerunterhalt). ²Ausgenommen davon sind altrechtliche Waldkörperschaften und Waldgenossenschaften, die bei der Nutzungsrechteablösung kraft Gemeindeordnung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bilden mussten, aber privatnützig sind. ³Die Möglichkeit, dass der betroffene private Grundeigentümer beziehungsweise Nutzungsberechtigte, also zum Beispiel Fischereiberechtigte, den Schaden selbst geltend macht und Wasser- und Bodenverbände oder öffentliche Fischerei- oder Waldgenossenschaften mit der Schadensabwicklung und -beseitigung beauftragt, bleibt jedoch unberührt. ⁴Der Ausschluss von Mehrfachregulierungen ist über eine geeignete Dokumentation sicherzustellen.

2.4.5.3  Versicherungsleistung

Nicht erstattet werden Schadensbeträge, soweit eine Versicherung (zum Beispiel Teilkaskoversicherung) für den Schaden aufkommt.

2.4.5.4  Verspätete Schadensmeldung

¹Nicht erstattet werden Schäden, wenn der Geschädigte seiner Obliegenheit zur rechtzeitigen Schadensmeldung und Mitwirkung bei der Überprüfung durch die Behörde oder von dieser Beauftragten durch eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden nicht nachkommt. ²Der Geschädigte hat einen durch den Biber verursachten Schadensfall binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat, bei der zuständigen KVB zu melden. ³Als rechtzeitige Schadensmeldung kann auch akzeptiert werden, wenn der Schadensfall fristgerecht beim örtlich zuständigen Biberberater oder beim Bibermanager angezeigt wird und erst dann eine Weiterleitung an die KVB erfolgt. ⁴Liegt die Entstehung eines Schadens trotz rechtzeitiger Meldung zu weit zurück, um noch mit hinreichender Sicherheit eine Verursachung durch den Biber feststellen zu können, ist ein Ausgleich nicht möglich.

2.4.5.5  Zurechenbare Schadensmitverursachung

¹Die (vollständige) Erstattung eines Biberschadens ist ausgeschlossen, wenn der Schaden durch den Geschädigten mittels einer ihm zurechenbaren Handlung (Tun oder Unterlassen) mit verursacht wurde. ²Hat das Verhalten des Geschädigten nur teilweise zum Schadenseintritt beigetragen, ist der Ausgleich gegebenenfalls anteilig zu kürzen. ³Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Geschädigte seiner Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen ist (zum Beispiel durch das Nichtzulassen von Präventivmaßnahmen) oder der Schaden durch eine rechtlich unzulässige Bewirtschaftung entstanden ist (zum Beispiel wegen Verstoßes gegen eine Naturschutzgebietsverordnung). ⁴Eine Schadensmitverursachung wird jedoch zum Beispiel dann nicht zurechenbar sein, wenn die Nicht-Teilnahme an freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen aufgrund nachvollziehbarer betrieblicher Entscheidungen erfolgt.

2.4.5.6  Sanktionen bei absichtlichen Falschangaben

¹In Anlehnung an den Sanktionsmechanismus bei Agrar-Umwelt-Maßnahmen ist der Schadensausgleich ausgeschlossen, wenn der Geschädigte bewusst falsche Angaben (zum Beispiel Hektargröße des betroffenen Feldes) macht, die zur Berechnung der Schadenshöhe erforderlich sind. ²Der Ausschluss gilt für das Schadensjahr, in dem der Schaden geltend gemacht wird. ³Offensichtliche Unrichtigkeiten (zum Beispiel Widerspruch zwischen Schadensantrag und eingereichter Rechnung, Zahlendreher etc.) fallen nicht unter diese Sanktionierung. ⁴Teichwirte und Fischereivereine müssen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) einhalten. ⁵Dies gilt insbesondere bis zum Abschluss des Vorhabens und für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Abschlusszahlung. ⁶Anträge von Teichwirten und Fischereivereinen sind unzulässig, wenn ein oder mehrere der in Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 genannten Verstöße oder Vergehen oder ein Betrug gemäß Artikel 10 Abs. 3 der Verordnung vorliegen; für die Unzulässigkeit gelten die Zeiträume, welche gemäß Artikel 10 Abs. 4 der Verordnung durch delegierte Rechtsakte festgelegt werden. ⁷Dies betrifft insbesondere Geschädigte,
– die im Rahmen des Europäischen Fischereifonds (EFF) oder des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) einen Betrug im Sinne des Art. 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften begangen haben,
– die durch Handel mit Fischen aus illegaler, nicht gemeldeter und unregulierter Fischerei einen schweren Verstoß nach Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 oder Artikel 90 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 begangen haben,
– die eine Umweltstraftat gemäß Art. 3 und 4 der Richtlinie 2008/99/EG begangen haben.
⁸Mit dem Antrag ist schriftlich zu erklären, dass kein Betrug im Rahmen des EFF oder des EMFF begangen wurde. ⁹Es ist weiter schriftlich zu erklären, dass kein schwerer Verstoß nach Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 oder Artikel 90 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 begangen wurde sowie keine Umweltstraftaten gemäß Art. 3 und 4 der Richtlinie 2008/99/EG vorliegen; dies ist auch während der Durchführung sowie während eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Abschlusszahlung einzuhalten, ansonsten ist die Beihilfe zurückzuzahlen. 1⁰Teichwirte und Fischereivereine müssen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) einhalten.

2.4.5.7  Unternehmen in Schwierigkeiten, Unternehmen mit offenen Rückforderungsansprüchen

¹Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Randnummer 35, Ziffer 15 der Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014 bis 2020 sind von der Förderung ausgeschlossen. ²Dies gilt gemäß Randnummer 26 der Rahmenregelung nicht, wenn die finanziellen Schwierigkeiten eines im Agrar- oder Forstsektor tätigen Unternehmens durch einen durch ein geschütztes Tier verursachten Schadens eingetreten sind und dieser Schaden ausgeglichen werden soll. ³Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind, sind von der Förderung ausgeschlossen.

2.4.6  Ermittlung der Schadenshöhe

2.4.6.1  Landwirtschaftliche Feldfrüchte

¹Die Schadenshöhe bemisst sich nach dem Marktwert der landwirtschaftlichen Feldfrüchte. ²Zur schnellen und einfachen Bewertung von Schäden an landwirtschaftlichen Feldfrüchten ist in einfach gelagerten Fällen auf die aktuell gültigen Schätzungsrichtlinien des Bayerischen Bauernverbands zurückzugreifen. ³Die Aktualisierung der Schätzungsrichtlinien werden den KVB nach deren Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

2.4.6.2  Forstschäden

Zur Ermittlung der Schadenshöhe bei Forstschäden ist der Leitfaden „Biberschäden – Forstwirtschaftliche Schäden bewerten“ der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zu verwenden.

2.4.6.3  Getötete oder verletzte Tiere

¹Schäden aufgrund von getöteten Tieren werden auf der Grundlage des Marktwerts der Tiere ausgeglichen. ²Tierarztkosten für die Behandlung von verletzten Tieren stellen nach der Begrifflichkeit des EU-Beihilferechts sogenannte indirekte Kosten dar. ³Sie dürfen den Marktwert des Tieres nicht übersteigen. ⁴Nachgewiesen werden Tierarztkosten auf der Grundlage entsprechender Rechnungen. ⁵Beihilfen für eine evtl. erforderliche Tierkörperbeseitigung (für abholungspflichtiges Vieh im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes) richten sich nach dem Gesetz zur Ausführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (AGTierNebG).

2.4.6.4  Ausgleich für Schadensbehebung (zum Beispiel Maschinen- und Grundstücksschäden)

¹Die Schäden sind so kostengünstig wie möglich zu beheben. ²Bei Maschinenschäden ist der Ausgleichsbetrag auf Grundlage der Reparaturkosten oder des wirtschaftlichen Werts vor dem Schadensereignis zu ermitteln. ³Der Ausgleich darf nicht höher sein, als die Reparaturkosten oder die durch den Biberschaden hervorgerufene Minderung des Marktwerts, das heißt die Differenz zwischen dem Wert der Maschine unmittelbar vor und nach dem Schadenseintritt. ⁴Ist die Schadensbeseitigung durch den Geschädigten selbst möglich und zumutbar, sind bei der Schadensberechnung pauschal die Verrechnungssätze des Kuratoriums Bayerischer Maschinen- und Betriebshilfsringe e. V. (KBM e. V.) heranzuziehen. ⁵Dabei werden dem Geschädigten bei Selbstreparatur die in den Verrechnungssätzen aufgeführten Arbeitsstunden und gegebenenfalls die Kosten der benutzten landwirtschaftlichen Maschinen ersetzt. ⁶Ist die Beauftragung einer Fremdfirma erforderlich, ist die jeweils günstigste Möglichkeit (zum Beispiel KBM e. V.) zugrunde zu legen.

2.4.6.5  Schäden am Fischbestand

¹Bei Schäden am Fischbestand wird die Schadenshöhe anhand der betrieblichen Daten (Teichbuch) festgestellt (gegebenenfalls auch durch ein Gutachten der Fachberatung für Fischerei der Bezirke). ²Maßgeblich ist der Wiederbeschaffungswert anhand des aktuellen Marktpreises des jeweils geschädigten Fischbestands.

2.4.7  Nicht angefallene Kosten

Vom errechneten Schadensbetrag sind etwaige Kosten abzuziehen, die dem Geschädigten nicht entstanden sind, die jedoch ohne das Schadensereignis angefallen wären (zum Beispiel Kosten für die Ernteeinbringung, Lagerkosten).

2.4.8  Ablauf der Schadensregulierung

¹Grundsätzlich liegt der Ablauf der Schadensregulierung im pflichtgemäßen Organisationsermessen der zuständigen KVB. ²Erforderlich ist in jedem Fall ein hinreichender Plausibilitätsnachweis von Schadensursache und -umfang. ³Es wird jedoch empfohlen, wie in Anlage 5 dargestellt, vorzugehen. ⁴Durch die Einbindung fachkundiger Dritter, die mit den jeweiligen Verbänden abgestimmt ist, kann der Aufwand für die KVB gering gehalten werden. ⁵Die im Rahmen einer fachlichen Überprüfung durch Schadensschätzer oder Gutachter (siehe unter Schritt 4) anfallenden Kosten werden nicht aus den Ausgleichsmitteln erstattet, sondern aus den für die sogenannten Kleinstmaßnahmen zugewiesenen Fachmitteln des Naturschutzes und der Landschaftspflege finanziert. ⁶Die Auszahlung hat binnen vier Jahren nach Eintritt des Schadensereignisses zu erfolgen.

2.4.9  Sonstiges

¹Die Naturschutzbehörden bewahren die Unterlagen zu den einzelnen Regulierungsfällen mindestens zehn Jahre auf. ²Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz behält sich eine stichprobenartige Überprüfung der Regulierungsfälle vor.

3.  Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinien treten zum 1. Januar 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2027 außer Kraft.
Dr. Christian Barth
Ministerialdirektor

Anlagen 

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