Rahmendienstvereinbarung über die Einführung und Anwendung von digitalen Kommunikations- und Kollaborationswerkzeugen (gemäß Abschnitt 7, Anlage 2 zu § 46 BaySchO)
¹Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (im Folgenden: das Staatsministerium) und der Hauptpersonalrat beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus (im Folgenden: der Hauptpersonalrat) sind sich einig, dass die aktuellen Anforderungen in Schule und Unterricht den Einsatz von modernen digitalen Kommunikations- und Kollaborationswerkzeugen einschließlich dienstlicher E‑Mail‑Postfächer für Lehrkräfte erfordern und die entsprechende Ausstattung des Kollegiums voraussetzen.
²Ziel dieser Vereinbarung bei Einführung und Anwendung derartiger digitaler Werkzeuge ist es, eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange von Beschäftigten zu verhindern und die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung zu wahren. ³Das Staatsministerium und der Hauptpersonalrat schließen daher folgende Dienstvereinbarung:
1. Gegenstand und Geltungsbereich
1.1
Diese Dienstvereinbarung regelt die Einführung und Anwendung digitaler Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeuge
– durch das Staatsministerium zentral oder
– durch die Träger des Schulaufwandes dezentral
zur Verfügung gestellt werden.
1.2
¹Ziel dieser Dienstvereinbarung ist es, die mit der Nutzung von digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen verbundenen Fragen mit Blick auf schutzwürdige Belange der Beschäftigten zu regeln. ²Die in der Dienstvereinbarung getroffenen Regelungen sind das Ergebnis der Abwägung der dienstlichen Belange mit den Rechten der betroffenen Beschäftigten.
1.3
¹Die Einzelheiten zur konkreten Nutzung von digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen ergeben sich aus dieser Rahmendienstvereinbarung und ihren Anlagen (vgl. beiliegendes Anlagenverzeichnis) sowie ggf. weiteren schulspezifischen Anlagen. ²Dabei werden für jedes durch das Staatsministerium zentral bereitgestellte digitale Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeug anwendungsspezifische Regelungen in jeweils einer eigenen Anlage als spezielle programmbezogene Dienstvereinbarung bereitgestellt. ³Für jedes durch die Träger des Schulaufwandes dezentral bereitgestellte digitale Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeug ist gemäß einer Vorlage im Anhang dieser Dienstvereinbarung eine weitere anwendungsspezifische Regelung als spezielle programmbezogene Dienstvereinbarung durch die jeweilige Schule im Benehmen mit dem Träger des Schulaufwands zu erstellen und mit dem örtlichen Personalrat zu vereinbaren.
1.4
Die Dienstvereinbarung gilt auch für Dateien, die aus Gründen der Datensicherung erstellt werden (Backup‑Dateien).
2. Zweck des Einsatzes von digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen
2.1
¹Digitale Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeuge dienen den in Nr. 1 der Abschnitte 7 und ggf. 4, Anlage 2 zu § 46 BaySchO genannten Zwecken. ²Die Bereitstellung derartiger Werkzeuge erfolgt überwiegend zu pädagogischen Zwecken. ³Auch ihr Einsatz zur Innen‑ und Außenkommunikation der Schule sowie den weiteren in Satz 1, Abschnitt 7, Anlage 2 zu § 46 BaySchO genannten Zwecken ist möglich, sofern dem datenschutzrechtliche oder datensicherheitstechnische Gründe nicht entgegenstehen.
2.2
Derartige Werkzeuge sind ausschließlich zur dienstlichen Nutzung bestimmt.
2.3
Bei der Nutzung sind, was Inhalte wie auch Zeitpunkt der Arbeit mit dem Werkzeug angeht, die schulrechtlichen Vorgaben z. B. hinsichtlich der Unterrichtszeiten und die berechtigten Belange der Betroffenen zu achten.
3. Verarbeitung personenbezogener Daten
3.1
¹Zur Einrichtung der Nutzerzugänge zu zentral bereitgestellten digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen und bei deren Nutzung werden die in den Abschnitten 7 und ggf. 4, Anlage 2 zu § 46 BaySchO sowie in der jeweiligen Anlage dieser Dienstvereinbarung dargestellten Daten importiert bzw. manuell eingepflegt und verarbeitet. ²Zum Ort der Datenspeicherung wird ebenfalls auf die jeweilige Anlage verwiesen. ³Für die dezentral bereitgestellten digitalen Kommunikations- und Kollaborationswerkzeuge ist dies in einer vergleichbaren Art und Weise in der Anlage gemäß § 1 Abs. 3 festzulegen.
3.2
¹Ebenfalls in der jeweiligen Anlage werden die administrativen Rechte der Schulen festgelegt. ²Der Regelung in Satz 1 liegt die Maßgabe zugrunde, den mit der Datenverarbeitung und -nutzung betrauten Personenkreis möglichst klein zu halten.
3.3
¹Eine über den in dieser Dienstvereinbarung und den Anlagen festgelegten Rahmen hinausgehende Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten bezogen auf die Nutzung digitaler Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeuge der Beschäftigten ist nicht zulässig
3.4
Die Löschung der Daten erfolgt gemäß Nr. 5, Abschnitte 7 und ggf. 4, Anlage 2 zu § 46 BaySchO und ggf. der entsprechenden Anlage dieser Dienstvereinbarung bzw. entsprechend der jeweiligen Anlage für dezentral bereitgestellte digitale Kommunikations- und Kollaborationswerkzeuge gemäß § 1 Abs. 3.
4. Rechte der Beschäftigten, Schulungen für Beschäftigte
4.1
Die Beschäftigten können die ihnen nach der DSGVO zustehenden Betroffenenrechte bei ihrer Dienststelle geltend machen.
4.2
Allen Beschäftigten werden Online‑Schulungen der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) Dillingen zur Nutzung digitaler Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeuge zentral bereitgestellt.
5. Leistungs‑ und Verhaltenskontrolle
5.1
¹Im Rahmen der Nutzung des von digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen werden keine Leistungsprotokolle der Beschäftigten erstellt. ²Eine individuelle Leistungs‑ oder Verhaltenskontrolle i. S. v. Art. 75a Abs. 1 Nr. 1 BayPVG findet nicht statt.
5.2
Die Nutzung von Protokolldaten für Zwecke der Leistungs- und Verhaltenskontrolle ist unzulässig.
5.3
¹Auch mit Blick darauf, dass manche Angehörige des Lehrpersonals ggf. über einen längeren Zeitraum ausschließlich im Wege des Distanzunterrichts unterrichten, kann es erforderlich und angemessen sein, dass auch der Distanzunterricht zur Grundlage für einen Beitrag zur dienstlichen Beurteilung nach Maßgabe der Beurteilungsrichtlinien wird. ²Dies erfolgt ausschließlich in der Form, dass die im betreffenden Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeug verarbeiteten Daten einer Lehrkraft in deren Gegenwart und über deren Nutzerzugang von der Schulleitung eingesehen werden. ³Eine eigenmächtige Zuschaltung von weiteren Funktionen oder Berechtigungen wird ausgeschlossen.
6. Protokollierung, Durchführung von Kontrollen und Auswertung der Protokoll‑ und Inhaltsdaten
6.1
¹Zum Zwecke des Datenschutzes und der Datensicherheit sowie zur Überwachung der Nutzungsregelungen können die in Nr. 3, Abschnitt 7 und ggf. 4, Anlage 2 zu § 46 BaySchO bzw. der jeweiligen Anlage dieser Dienstvereinbarung genannten Protokolldaten stichprobenweise oder im Einzelfall beim Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung gemäß Abs. 2 auswertet werden. ²Beim Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung dürfen darüber hinaus Inhaltsdaten ausgewertet werden.
6.2
¹Die Schulleitung initiiert die Einsichtnahme gemäß Nr. 1 und zieht dabei die örtlich zuständige Personalvertretung und den örtlich zuständigen Datenschutzbeauftragten (Art. 25 BayDSG) hinzu. ²Werden Vorkommnisse bekannt, die geeignet sind, die Interessen oder das Ansehen des Freistaats Bayern zu beeinträchtigen, so hat die verantwortliche Stelle umgehend geeignete Maßnahmen zur Aufklärung der Vorkommnisse zu ergreifen und erforderlichenfalls unverzüglich für Abhilfe zu sorgen. ³Im Übrigen werden die protokollierten Daten nicht zur Erstellung von Persönlichkeits- oder Leistungsprofilen der einzelnen Beschäftigten eingesetzt.
6.3
¹Bei Einsichtnahmen nach Abs. 1 ist der oder die Betroffene über das Ergebnis schriftlich zu unterrichten. ²Ihm oder ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
6.4
¹Aufzeichnungen zu Einsichtnahmen nach Abs. 1 sind unverzüglich zu löschen, soweit diese nicht oder nicht mehr für weitergehende Maßnahmen benötigt werden. ²Die Betroffenen werden nach Abschluss der Löschung unverzüglich darüber benachrichtigt. ³Im Übrigen gelten die Löschfristen der Nr. 5 Anlage 2 Abschnitt 7 BaySchO.
6.5
Die Durchführung weiterer dienst- oder arbeitsrechtlicher Maßnahmen bleibt hiervon unberührt.
6.6
Der Inhalt von Dateien, die aus Gründen der Datensicherung erstellt werden (Backup-Dateien), wird nicht als Hilfsmittel zur individuellen Leistungs‑ und Verhaltenskontrolle verwendet.
7. Abwesenheitsassistent, Weiterleitung, Datenzugriff bei längerer Nichterreichbarkeit
7.1
¹Bei geplanter Abwesenheit eines Beschäftigten ist durch den Beschäftigten ein automatisierter Hinweis auf die Abwesenheit des Beschäftigten sowie auf seine Vertretung einzurichten (Abwesenheitsassistent). ²In dringenden Fällen richtet der/die Beschäftigte eine automatisierte Weiterleitung an eine vertretungsberechtigte Person an derselben Schule/Einrichtung ein, insbesondere soweit eine Abwesenheitsnachricht allein den dienstlichen Erfordernissen nicht gerecht wird.
7.2
¹Ein inhaltlicher Zugriff auf das dienstliche E-Mail‑Postfach eines Beschäftigten darf bei längerer Nichterreichbarkeit nur erfolgen, soweit dies für zwingende dienstliche Zwecke erforderlich ist, bspw. wenn die Inhalte für die weitere Sachbearbeitung benötigt werden. ²Der Zugriff wird unter Hinzuziehung der örtlich zuständigen Personalvertretung und des örtlich zuständigen Datenschutzbeauftragten durch die Schulleitung initiiert. ³Der Beschäftigte wird über den Zugriff unverzüglich unterrichtet.
8. Geheimnisträger
¹Das dienstliche E-Mail‑Postfach ist nicht zur Kommunikation von, mit und zwischen Funktionsträgern im Rahmen der entsprechenden Funktion, die einer besonderen Geheimhaltungsverpflichtung unterfallen, bestimmt. ²Dies betrifft insbesondere Schulpsychologen, Beratungslehrer, Beratungsrektoren, Personalräte, Gleichstellungsbeauftragte, Schwerbehindertenvertrauenspersonen und ‑beauftragte, Mitglieder der Jugend‑ und Auszubildendenvertretung.
³Deren Kommunikation in ihrer jeweiligen Funktion erfolgt über gesonderte Kommunikationswege. ⁴Ein Zugriff auf diese Kommunikationsinhalte nach § 7 ist ausgeschlossen.
9. Technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz gemäß Art. 32 DSGVO
9.1
¹Der Zugang zu digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen erfolgt generell passwortgeschützt, bei besonderem Schutzbedarf ggf. zusätzlich durch geeignete Maßnahmen geschützt. ²Bereiche mit besonderem Schutzbedarf und Schutzmaßnahmen sind der Anlage zur Dienstvereinbarung zu entnehmen.
9.2
Für die Anwendung von digitalen Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen werden geeignete technische und organisatorische Maßnahmen gemäß Art. 32 DSGVO ergriffen, um ein angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.
10. Rechte der Personalvertretungen
¹Die jeweils zuständige Personalvertretung hat jederzeit das Recht auf Auskunft und Information zu allen das System betreffenden Fragen, soweit es zur Durchführung ihrer Aufgaben nach Art. 75a Abs. 1 Nr. 1 BayPVG erforderlich ist. ²Dies umfasst auch das Recht auf Einsicht und Überprüfung. ³Näheres ist in der jeweiligen Anlage zur Dienstvereinbarung zu regeln. ⁴Die Personalvertretung kann sich der Hilfe des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz bedienen.
11. Weiterentwicklung des Verfahrens und künftige Zusammenarbeit
11.1
Der Hauptpersonalrat wird über geplante Neu‑ und Weiterentwicklungen bzw. hier relevante Updates oder zusätzlich zentral bereitgestellte digitale Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeuge rechtzeitig und umfassend informiert.
11.2
¹Das Staatsministerium und der Hauptpersonalrat treten auf Antrag eines Vertragspartners zu gemeinsamen Besprechungen zusammen. ²Hierbei werden bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Dienstvereinbarung oder über die Einführung oder Anwendung von zentral bereitgestellten Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeugen im Sinne dieser Vereinbarung entsprechende Einzelproblemlösungen angestrebt.
11.3
Die Regelungen in Abs. 1 und 2 sind für dezentral bereitgestellte digitale Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeuge gemäß § 1 Abs. 3 entsprechend auf das Verhältnis zwischen Schule und dem örtlichen Personalrat anzuwenden.
12. Inkrafttreten, Geltungsdauer
12.1
Die Dienstvereinbarung tritt mit Wirkung vom 2. Dezember 2020 in Kraft und gilt, solange das jeweilige digitale Kommunikations‑ und Kollaborationswerkzeug
– im Falle der durch das Staatsministerium zentralen Bereitstellung an staatlichen Schulen oder
– im Falle der durch den Träger des Schulaufwandes gemäß § 1 Abs. 3 dezentralen Bereitstellung an der jeweiligen Schule
Anwendung findet.
12.2
¹Die Dienstvereinbarung kann mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats schriftlich gekündigt werden. ²Nach Ablauf der Dienstvereinbarung gelten ihre Regelungen bis zum Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung weiter. ³Die Vertragsparteien verpflichten sich, nach Kündigung der Dienstvereinbarung baldmöglichst einen neuen Vertrag abzuschließen.
12.3
¹Soweit einzelne Vorschriften der Dienstvereinbarung aufgrund anderweitiger rechtlicher Regelungen unwirksam sein sollten, wird die Wirksamkeit der Dienstvereinbarung im Übrigen hierdurch nicht berührt. ²Im Falle eines Widerspruchs zwischen der Dienstvereinbarung und den Anlagen gehen die Regelungen der Dienstvereinbarung vor. ³Dabei gelten die Regelungen dieser Dienstvereinbarung zwischen dem Staatsministerium und dem Hauptpersonalrat vorrangig vor möglichen Regelungen in entsprechenden Dienstvereinbarungen zwischen Schulen und dem jeweiligen örtlichen Personalrat.
München, den 1. Dezember 2020
Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht und Kultus
Hauptpersonalrat beim Bayerischen
Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Herbert Püls
Ministerialdirektor
Gerd Nitschke
Vorsitzender
Anlagenverzeichnis:
Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3:
Anlage 4:
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