PKGG
DE - Landesrecht Bayern

PKGG: Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz sowie hinsichtlich der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes (Parlamentarisches Kontrollgremium-Gesetz – PKGG) Vom 8. November 2010 (GVBl S. 722) BayRS 12-4-I (Art. 1–12)

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

Art. 1 Kontrollrahmen

(1) Dem Parlamentarischen Kontrollgremium obliegt die Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz; dies umfasst auch die Kontrolle gemäß Art. 20 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) sowie gemäß Art. 3 des Ausführungsgesetzes Art. 10-Gesetz (AGG 10).
(2) ¹Das Parlamentarische Kontrollgremium übt die parlamentarische Kontrolle gemäß Art. 13 Abs. 6 Satz 3 des Grundgesetzes zum Vollzug der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes nach Maßgabe von Art. 48a des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes (AGGVG) aus. ²Das Parlamentarische Kontrollgremium übt ferner die Kontrolle über den Vollzug der Maßnahmen im Sinn des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) sowie die Datenübermittlungen im Sinn der Art. 58 Abs. 6 und Art. 59 Abs. 5 Satz 2 PAG aus.
(3) Die Rechte des Landtags und seiner Ausschüsse sowie der Kommission nach dem Ausführungsgesetz Art. 10-Gesetz bleiben unberührt.

Art. 2 Mitgliedschaft

(1) ¹Das Parlamentarische Kontrollgremium besteht aus sieben Mitgliedern. ²Der Landtag wählt zu Beginn jeder neuen Wahlperiode aus seiner Mitte die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums. ³Das Vorschlagsrecht steht den Fraktionen im Verhältnis ihrer Stärke zu. ⁴Das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers findet Anwendung. ⁵In gleicher Weise wird für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied gewählt. ⁶Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich vereint.
(2) ¹Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Staatsregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft im Parlamentarischen Kontrollgremium; Art. 3 Abs. 3 bleibt unberührt. ²Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen. ³Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium ausscheidet. ⁴Für die stellvertretenden Mitglieder gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

Art. 3 Zusammentritt

(1) ¹Das Parlamentarische Kontrollgremium tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. ²Es gibt sich eine Geschäftsordnung. ³Ihm obliegt die Wahl seines bzw. seiner Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden.
(2) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums verlangen.
(3) Das Parlamentarische Kontrollgremium übt seine Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Landtags hinaus so lange aus, bis der nachfolgende Landtag gemäß Art. 2 entschieden hat.

Art. 4 Pflicht der Staatsregierung zur Unterrichtung

(1) ¹Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. ²Auf Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Staatsregierung auch über sonstige Vorgänge zu berichten. ³Die politische Verantwortung der Staatsregierung für das Landesamt für Verfassungsschutz bleibt unberührt.
(2) ¹Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erstattet dem Parlamentarischen Kontrollgremium Bericht nach Maßgabe des Art. 3 des Gesetzes über die Aufgaben der G 10-Kommission im Bayerischen Landtag und zur Ausführung des Ausführungsgesetzes Art. 10-Gesetz sowie nach Maßgabe der Art. 8 Abs. 2 Satz 2 und Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG. ² Art. 2 AGG 10 bleibt unberührt.
(3) ¹Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erstattet dem Parlamentarischen Kontrollgremium jährlich Bericht nach Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2, Art. 58 Abs. 6 Satz 1 und 2 und Art. 59 Abs. 5 Satz 2 PAG sowie Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayVSG. ²Die Berichterstattung nach diesen Vorschriften kann gesondert erfolgen.
(4) Das Staatsministerium der Justiz erstattet dem Parlamentarischen Kontrollgremium jährlich Bericht nach Art. 48a AGGVG.

Art. 5 Befugnisse des Kontrollgremiums

(1) Das Parlamentarische Kontrollgremium kann von der Staatsregierung verlangen,
im Rahmen der Unterrichtung der Staatsregierung Einsicht in Akten, Schriftstücke und Dateien des Landesamts für Verfassungsschutz zu erhalten,
im Rahmen der Unterrichtung der Staatsregierung Einsicht in Akten, Schriftstücke und Dateien der Staatsregierung zu erhalten, die die Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz betreffen, und
Zutritt zu den Dienststellen des Landesamts für Verfassungsschutz zu erhalten.
(2) ¹Das Parlamentarische Kontrollgremium kann nach Unterrichtung der Staatsregierung
Angehörige des Landesamts für Verfassungsschutz,
für die Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz zuständige Mitglieder der Staatsregierung und
mit der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz befasste Mitarbeiter von Mitgliedern der Staatsregierung
befragen. ²Die zu befragenden Personen sind verpflichtet, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen.
(3) Den Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Staatsregierung unverzüglich zu entsprechen.

Art. 6 Umfang der Unterrichtungspflicht, Verweigerung der Unterrichtung

(1) Die Verpflichtung der Staatsregierung nach Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 5 erstreckt sich nur auf Informationen und Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung des Landesamts für Verfassungsschutz unterliegen.
(2) ¹Soweit dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs oder aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter notwendig ist oder wenn der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung betroffen ist, kann die Staatsregierung sowohl die Unterrichtung nach Art. 4 als auch die Erfüllung von Verlangen nach Art. 5 Abs. 1 und 2 verweigern sowie den in Art. 5 Abs. 2 genannten Personen die Erteilung der Auskunft untersagen. ²Macht die Staatsregierung von diesen Rechten Gebrauch, so hat sie dies dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu begründen.

Art. 7 Beauftragung eines Sachverständigen

(1) ¹Das Parlamentarische Kontrollgremium kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder nach Anhörung der Staatsregierung im Einzelfall einen Sachverständigen beauftragen, zur Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben Untersuchungen durchzuführen. ²Der Sachverständige hat dem Parlamentarischen Kontrollgremium über das Ergebnis seiner Untersuchungen zu berichten. ³ Art. 5, 6 und 9 Abs. 1 gelten entsprechend.
(2) ¹Das Parlamentarische Kontrollgremium kann mit Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder entscheiden, dass dem Landtag ein schriftlicher Bericht zu den Untersuchungen erstattet wird. ²Der Bericht hat den Gang des Verfahrens, die ermittelten Tatsachen und das Ergebnis der Untersuchungen wiederzugeben. ³ Art. 9 gilt entsprechend.
(3) Der Bericht darf auch personenbezogene Daten enthalten, soweit dies für eine nachvollziehbare Darstellung der Untersuchung und des Ergebnisses erforderlich ist und die Betroffenen entweder in die Veröffentlichung eingewilligt haben oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegenüber den Belangen der Betroffenen überwiegt.

Art. 8 Eingaben

(1) ¹Angehörigen des Landesamts für Verfassungsschutz ist es gestattet, sich in dienstlichen Angelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder im Interesse anderer Angehöriger dieser Behörde, ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an das Parlamentarische Kontrollgremium zu wenden. ²Eingaben sind zugleich an die Leitung des Landesamts für Verfassungsschutz zu richten. ³Das Parlamentarische Kontrollgremium übermittelt die Eingaben der Staatsregierung zur Stellungnahme.
(2) An den Landtag gerichtete Eingaben von Bürgern und Bürgerinnen über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamts für Verfassungsschutz sind dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Kenntnis zu geben.

Art. 9 Geheime Beratungen, Bewertungen, Sondervoten

(1) ¹Die Beratungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums sind geheim. ²Die Mitglieder des Gremiums sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Parlamentarischen Kontrollgremium bekannt geworden sind. ³Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden.
(2) ¹Abs. 1 gilt nicht für Bewertungen bestimmter Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre vorherige Zustimmung erteilt hat. ²In diesem Fall ist es jedem einzelnen Mitglied des Gremiums erlaubt, eine abweichende Bewertung (Sondervotum) zu veröffentlichen.
(3) Soweit für die Bewertung des Gremiums oder die Abgabe von Sondervoten eine Sachverhaltsdarstellung erforderlich ist, sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten.

Art. 10 Berichterstattung

¹Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet dem Landtag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode Bericht über seine Kontrolltätigkeit. ²Dabei sind die Grundsätze des Art. 9 Abs. 1 zu beachten.

Art. 11

Art. 12 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.
München, den 8. November 2010
Horst Seehofer
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