KorruR
DE - Landesrecht Bayern

KorruR: Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung

1.  Allgemeines

¹Die Bekämpfung der Korruption ist eine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe. ²Das kollusive, von verwerflichem Vorteilsstreben bestimmte Zusammenwirken mit Amtsträgern erschüttert das Vertrauen der Rechtsgemeinschaft in die Integrität der öffentlichen Verwaltung und verursacht hohen volkswirtschaftlichen Schaden. ³Auch wenn der öffentliche Dienst in Bayern seine Aufgaben generell unparteiisch, gerecht und zum Wohl der Allgemeinheit erfüllt, ist es notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die Korruption verhindern, aufdecken und ahnden. ⁴Dies dient dazu, das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität staatlicher Institutionen zu erhalten und Schaden abzuwenden.

1.1  Geltungsbereich

¹Diese Bekanntmachung gilt für alle Behörden und Gerichte des Freistaates Bayern. ²Auf richterliches Personal findet diese Bekanntmachung nur insoweit Anwendung, als die richterliche Unabhängigkeit dies zulässt.

1.2  Korruptionsgefährdete Bereiche

1.2.1  Begriffsbestimmungen

¹„Korruptionsgefährdet“ ist ein Arbeitsbereich, bei dem durch das Verhalten eines dort Beschäftigten oder durch eine dort getroffene Entscheidung ein Dritter einen materiellen oder immateriellen Vorteil erhält oder einer Belastung enthoben wird. ²„Besonders korruptionsgefährdet“ ist ein Arbeitsbereich, wenn durch das Verhalten eines dort Beschäftigten oder durch eine dort getroffene Entscheidung der mögliche Vorteil oder die mögliche Belastung für einen Dritten von besonderer Bedeutung und der Arbeitsbereich insbesondere mit einer der folgenden Tätigkeiten verbunden ist:
– häufige Außenkontakte zu einem bestimmten Personenkreis, der von der Entscheidung des Beschäftigten Vor- oder Nachteile zu erwarten hat,
– Vorbereitung und Entscheidung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Konzessionen und von Fördermitteln oder Subventionen,
– Erteilung von Genehmigungen, Erlaubnissen und Bewilligungen,
– Festsetzung und Erhebung von Gebühren und Abgaben,
– personenbezogene Auswahlverfahren, Eignungs- und Leistungsprüfungen,
– Bearbeitung von Vorgängen mit behördeninternen Informationen, die für Dritte nicht bestimmt, für diese jedoch von besonderer Bedeutung sind.
³Eine „besondere systematische Korruptionsgefährdung“ kann angenommen werden, wenn – zusätzlich zu den Merkmalen einer besonderen Korruptionsgefährdung – die Gesamtumstände eine längerfristig angelegte feste Beziehungsstruktur, die oftmals mehrere Beschäftigte einbindet, ermöglichen.

1.2.2  Gefährdungsfeststellung

¹Die Einschätzung, ob ein Arbeitsbereich korruptionsgefährdet ist, gilt unabhängig vom jeweiligen Beschäftigten. ²Sie beruht allein auf objektiven, aufgabenbezogenen Merkmalen, die in einem standardisierten Verfahren erhoben und beurteilt werden („Gefährdungsanalyse“). ³Die vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Innenministerium) herausgegebene Handreichung zur Feststellung korruptionsgefährdeter und besonders korruptionsgefährdeter Bereiche kann als Leitlinie herangezogen werden. ⁴Die Festlegung der Korruptionsgefährdung von Arbeitsbereichen ist zur Feststellung korruptionsgefährdeter und besonders gefährdeter Bereiche mindestens alle vier Jahre allgemein zu prüfen und zu aktualisieren. ⁵Bei wesentlichen Aufgaben-, Organisations- oder Rechtsänderungen ist unverzüglich eine Gefährdungsanalyse zu erstellen.

2.  Personelle Maßnahmen

2.1  Sensibilisierung der Beschäftigten

¹Beschäftigte müssen sich in korruptionsgefährdeten Situationen in der Regel auf ihre eigene Urteilskraft verlassen können. ²Es ist daher notwendig, die Überzeugungen und Wertvorstellungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im Sinne einer wachen und aktiven Einstellung gegen Korruption zu prägen. ³Beschäftigte in korruptionsgefährdeten Bereichen sollen regelmäßig für Korruptionssignale sensibilisiert und auf ihre Verpflichtungen aus dieser Bekanntmachung hingewiesen werden. ⁴Regelmäßige Aufklärung und das offene Gespräch über Ursachen, begünstigende Faktoren, Manipulations- und Korruptionsstrukturen und deren Folgen können dazu beitragen, Korruption den Boden zu entziehen. ⁵Die Thematik soll sowohl bei Einstellung und Wechsel in einen korruptionsgefährdeten Arbeitsbereich als auch anlassunabhängig, zum Beispiel bei Besprechungen innerhalb der Organisationseinheit, angesprochen werden. ⁶Dies begünstigt keineswegs gegenseitiges Misstrauen, sondern fördert durch Offenheit im Umgang mit Fragen der Korruptionsgefahr ein Klima des Vertrauens. ⁷Es wird empfohlen, Beschäftigte in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen mit einem „Verhaltenskodex gegen Korruption“ vertraut zu machen. ⁸Der Verhaltenskodex soll für konkrete Gefahrensituationen sensibilisieren und Sicherheit verschaffen, wie in derartigen Situationen auf angemessene Weise zu reagieren ist. ⁹Der vom Innenministerium erstellte Verhaltenskodex steht als Muster zur Verfügung.

2.2  Aus- und Fortbildung

¹Das Thema Korruptionsbekämpfung muss in der Aus- und Fortbildung offen diskutiert werden. ²Die Erscheinungsformen von Korruption und die damit verbundenen Gefahrensituationen, die Maßnahmen zur Korruptionsprävention sowie straf-, dienst- und arbeitsrechtliche Folgen sind tätigkeitsorientiert und zielgruppenbezogen in geeigneten Zusammenhängen zu thematisieren. ³Besonderes Augenmerk ist auf die Fortbildung von Beschäftigten zu richten, die in einem besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereich tätig sind oder die mit Kontrollaufgaben (Revision) befasst sind. ⁴Ihre Fähigkeit, Korruption oder Manipulationen zu erkennen, ist ebenso zu schulen wie die Kenntnis einschlägiger Regelwerke, zum Beispiel des Vergaberechts. ⁵Führungskräften obliegt eine besondere Verantwortung bei der Vermeidung und Bekämpfung von Korruption. ⁶Ihr Problembewusstsein für die Gefahren der Korruption ist in Fortbildungsmaßnahmen zu stärken. ⁷Sie sind über Kontroll-, Aufsichts- und Sanktionsmöglichkeiten und deren Anwendung im Rahmen moderner Führungsmethoden zu informieren. ⁸Um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, bei später auftretenden Problemen oder Fragen das vertrauensvolle Gespräch mit einer bereits bekannten Person zu suchen, wird angestrebt, verwaltungsinterne Dozenten zu gewinnen.

2.3  Führungsverantwortung

¹Korruptionsprävention erfordert in korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen eine erhöhte Fürsorge für die Beschäftigten. ²Treten Korruptionsanzeichen auf, ist es Aufgabe der Führungskräfte, diesen konsequent nachzugehen. ³Dabei bilden moderne Führungsgrundsätze und Korruptionsprävention keinen Widerspruch. ⁴Führung beinhaltet vielmehr zielorientierte Kontrolle ohne Beschädigung des Ansehens der Beschäftigten. ⁵Sie erstreckt sich situationsbezogen auch auf die Verringerung von Korruptionsgefahren. ⁶Führungskräfte müssen sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und auf ein Behördenklima hinwirken, das es Beschäftigten ermöglicht, auf korruptionsanfällige Strukturen und gegebenenfalls auf einen Korruptionsverdacht hinzuweisen. ⁷Es ist notwendig, die Dienst- und Fachaufsicht konsequent auszuüben. ⁸Es wird empfohlen, Führungskräften als Hilfestellung für den Umgang mit Korruptionsgefahren einen Leitfaden an die Hand zu geben. ⁹Der vom Innenministerium für Führungskräfte erstellte Leitfaden gegen Korruption steht als Muster zur Verfügung.

2.4  Personalauswahl

Bei der Besetzung von Arbeitsbereichen, die als korruptionsgefährdet eingestuft werden, ist auf die Zuverlässigkeit der Bewerber besonderes Augenmerk zu legen.

2.5  Personalrotation

¹Durch Personalrotation kann Korruption vorgebeugt werden. ²In Bereichen mit besonderer systematischer Korruptionsgefährdung wird angestrebt, die Verwendungszeit der Beschäftigten in einem Arbeitsbereich grundsätzlich auf fünf Jahre zu begrenzen. ³Dem Wechsel des Arbeitsbereichs steht eine Änderung des Aufgabenzuschnitts gleich, mit der sichergestellt wird, dass sich die Zuständigkeit des Beschäftigten in seinem neuen Aufgabenbereich auf einen anderen Personenkreis erstreckt. ⁴Eine längere Verwendungszeit soll nur aus dringenden dienstlichen Gründen eingeräumt werden. ⁵Für diesen Fall sind sonstige korruptionspräventive Maßnahmen zu stärken. ⁶Die dringenden dienstlichen Gründe sowie zu ergreifende Ausgleichsmaßnahmen (zum Beispiel vermehrte Kontrollen) sind als organisatorische Verfügungen aktenkundig zu machen. ⁷Ein dringender dienstlicher Grund kann zum Beispiel das Fehlen geeigneten Personals oder einer Stelle gleicher Wertigkeit sein. ⁸Soweit es möglich ist, sollen die persönlichen Interessen der Beschäftigten, insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rotation, berücksichtigt werden.

2.6  Nebentätigkeiten

¹Über Nebentätigkeiten von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes können Dritte persönliche Beziehungen zu diesen Beschäftigten aufbauen und für korruptes Handeln nutzen. ²Das geltende Nebentätigkeitsrecht (Art. 81 bis 86 des Bayerischen Beamtengesetzes, Bayerische Nebentätigkeitsverordnung, Bayerische Hochschullehrernebentätigkeitsverordnung, § 3 Abs. 4 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder – TV-L, § 5 des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken – TV-Ärzte) wirkt Loyalitätskonflikten, die im Rahmen von Nebentätigkeiten entstehen können, entgegen. ³Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Nebentätigkeiten sind mögliche Interessenkonflikte besonders zu beachten.

2.7  Annahme von Belohnungen oder Geschenken

¹Nach § 42 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) ist die Annahme von Belohnungen oder Geschenken verboten. ²Ausnahmen bedürfen der Genehmigung. ³Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer (§ 3 Abs. 3 TV-L). ⁴Lediglich die Annahme gewisser geringwertiger Aufmerksamkeiten gilt als allgemein genehmigt. ⁵Nähere Einzelheiten zur Auslegung des § 42 BeamtStG sind in Abschnitt 9 Nr. 3 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht geregelt. ⁶Zahlenmäßig festgeschriebene Wertgrenzen, unterhalb derer die Annahme von Belohnungen als allgemein genehmigt gilt, sind im Hinblick auf eine effektive Korruptionsprävention kritisch auf eine mögliche falsche Signalwirkung zu überprüfen.

3.  Organisatorische Kontrollmechanismen

3.1  Transparente Aktenführung

¹Akten müssen die einzelnen Bearbeitungsschritte vollständig, nachvollziehbar und dauerhaft erkennen lassen. ²Vorgangsrelevante mündliche Erklärungen und Informationen sind schriftlich zu dokumentieren. ³Nähere Festlegungen finden sich in der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern. ⁴Für Vergabeverfahren wird insbesondere auf die Dokumentationspflicht der geltenden Vergabevorschriften hingewiesen.

3.2  Allgemeine Vorgangskontrolle, Dienst- und Fachaufsicht

¹In korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen sind geeignete Maßnahmen zur Vorgangskontrolle im Geschäftsablauf vorzusehen, zum Beispiel Wiedervorlagen, Abschlussvermerke, stichprobenweise Überprüfung von Ermessensentscheidungen. ²Besonders korruptionsgefährdete Arbeitsbereiche verlangen darüber hinaus eine verstärkte Kontrolle, zum Beispiel Stichproben, gegebenenfalls auch durch die Aufsichtsbehörden. ³Sie dient dem Schutz der Beschäftigten und soll Außenstehenden deutlich machen, dass eine hohe Aufdeckungswahrscheinlichkeit besteht.

3.3  Mehraugenprinzip

¹Organisatorische Maßnahmen, insbesondere Zuständigkeitsregelungen, sind so zu treffen, dass die Korruptionsgefahr minimiert wird. ²Als wirksam erwiesen haben sich die in vielen Bereichen bestehenden Regelungen, nach denen mehrere Personen an Entscheidungen mitwirken müssen (Mehraugenprinzip). ³Dies kann durch die Aufteilung von Entscheidungskompetenzen oder durch eine Ausweitung von Kontrollmöglichkeiten geschehen. ⁴Soweit erforderlich, ist das Mehraugenprinzip zu stärken. ⁵Für den Bereich des Haushalts- und Vergaberechts ist das Mehraugenprinzip zudem gesetzlich vorgegeben (Art. 70 der Bayerischen Haushaltsordnung – BayHO – sowie Nr. 10.3 Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Haushaltsordnung hierzu; § 55 Abs. 2 der Vergabeverordnung, § 40 Abs. 2 der Unterschwellenvergabeordnung sowie § 14 Abs. 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A – VOB/A, § 14 EU Abs. 1 VOB/A, § 14 VS Abs. 1 VOB/A). ⁶Zu beachten ist die Beteiligung des Beauftragten für den Haushalt bei allen Maßnahmen von finanzieller Bedeutung gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 BayHO.

3.4  Revision

¹Korruptes Handeln kann vielfach nur durch Kontrollen sichtbar gemacht werden. ²Revision hat das Ziel, sowohl durch planmäßige als auch unvorhersehbare Kontrollen das Entdeckungsrisiko zu erhöhen und dadurch abschreckend zu wirken. ³Darüber hinaus können im Rahmen der Revision Anzeichen mangelnder Korruptionsvorsorge entdeckt und abgestellt werden. ⁴Jedes Ressort soll mindestens eine Organisationseinheit mit der Aufgabe der Innenrevision für besonders korruptionsgefährdete Bereiche des Ressorts betrauen. ⁵Laufende und abgeschlossene Vorgänge sind in besonders korruptionsgefährdeten Bereichen stichprobenartig oder aufgrund besonderer Anlässe zu überprüfen. ⁶Zum Vorgehen bei Vorliegen eines Korruptionsverdachts vergleiche Nr. 5.

3.5  Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge

¹Es sollen Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge bestellt werden, die auch für mehrere Dienststellen zuständig sein können. ²Die Ansprechpartner nehmen ihre Aufgabe weisungsfrei wahr und sind direkt der Dienststellenleitung unterstellt. ³Sie können in ihrem Zuständigkeitsbereich ohne Einhaltung des Dienstweges um Rat und Unterstützung gebeten werden. ⁴Aufgaben eines Ansprechpartners für Korruptionsvorsorge können zum Beispiel sein:
– Erteilen von Auskünften in Fällen von versuchter Manipulation und Einflussnahme oder bei aufkommenden Verdachtsmomenten,
– Nachgehen von Hinweisen auf korruptives Verhalten sowie Information der Dienststellenleitung (vergleiche Nr. 5.1),
– Analyse von Schwachstellen in der dienstbetrieblichen Organisation,
– Vorschlag geeigneter Präventionsmaßnahmen, laufende Überprüfung und Anpassung bestehender Maßnahmen,
– Sensibilisierung der Beschäftigten für die Korruptionsproblematik.
⁵Besonderer Wert ist darauf zu legen, dass Ansprechpartner den Beschäftigten auch persönlich bekannt sind, um einen möglichst niederschwelligen Zugang zu gewährleisten. ⁶Die Mitwirkung bei Fortbildungsveranstaltungen oder Ähnlichem bietet sich hierzu besonders an.

4.  Öffentlichkeitsarbeit

¹Korruption kann nur wirksam bekämpft werden, wenn sie auch von der Bevölkerung als besonders sozialschädliches Verhalten erkannt und geächtet wird. ²Die Ablehnung der Korruption in der Gesellschaft ist durch sachgerechte Öffentlichkeitsarbeit zu stärken.

5.  Verhalten bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes

¹Jeglicher Korruptionsverdacht muss aufgeklärt werden. ²Um einerseits Beschäftigte vor Unannehmlichkeiten aufgrund haltloser Vorwürfe zu schützen, andererseits die Strafverfolgungsbehörden frühzeitig zu informieren und in ihrer Ermittlungsarbeit zu unterstützen, ist folgendes Verfahren einzuhalten:

5.1  Pflichten der Beschäftigten und Vorgesetzten

¹Die Beschäftigten sind verpflichtet, ihre Vorgesetzten zu informieren, wenn sie nachvollziehbare Hinweise auf korruptes Verhalten erhalten. ²Tatsachen, aus denen sich ein Verdacht ergibt, dass Vorgesetzte in strafbare Handlungen verwickelt sind, sind den nächsthöheren Vorgesetzten oder einer vorgesetzten Dienststelle oder dem Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge mitzuteilen. ³Die Mitteilung wird auf Wunsch soweit möglich vertraulich behandelt. ⁴Die Vorgesetzten, die vorgesetzte Dienststelle sowie der Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge sind verpflichtet, Hinweisen auf korrupte Verhaltensweisen nachzugehen. ⁵Dabei ist darauf zu achten, dass spätere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nicht gefährdet werden. ⁶Bei konkretem Korruptionsverdacht hat der Vorgesetzte oder der Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge die Dienststellenleitung oder die vorgesetzte Dienststelle unverzüglich zu unterrichten.

5.2  Anzeige

¹Die Dienststellenleitung hat, gegebenenfalls in Abstimmung mit der vorgesetzten Dienststelle, einen konkreten strafrechtlich relevanten Korruptionsverdacht den Strafverfolgungsbehörden unverzüglich anzuzeigen. ²Außerdem sind in Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden behördeninterne Ermittlungen und vorbeugende Maßnahmen gegen eine Verschleierung einzuleiten, zum Beispiel durch Entzug bestimmter laufender oder abgeschlossener Vorgänge, Sicherung des Arbeitsraums, der Aufzeichnungen mit dienstlichem Bezug oder der Arbeitsmittel.

5.3  Ermittlung durch Strafverfolgungsbehörden

¹Die Dienststellen haben die Strafverfolgungsbehörden in ihrer Ermittlungsarbeit, insbesondere bei der Vorbereitung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen sowie der Auswertung sichergestellten Materials, zu unterstützen. ²Sie haben alles zu unterlassen, was die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden gefährden könnte, insbesondere führen sie ohne Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden keine eigenen Ermittlungen zur Aufklärung des angezeigten Sachverhalts durch. ³Betroffene Beschäftigte sollen möglichst erst nach der Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden angehört werden, beispielsweise zur Durchführung disziplinar-, dienst- oder arbeitsrechtlicher Maßnahmen.

6.  Verfolgung von Korruptionstaten

6.1  Lagebild „Korruption“

Das Landeskriminalamt erstellt ein Lagebild „Korruption“ für den Freistaat Bayern mit dem Ziel
– den Ist-Zustand der Korruptionskriminalität möglichst exakt wiederzugeben,
– Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption aufzuzeigen,
– Bekämpfungsansätze zu empfehlen und
– einen prognostischen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung dieses Deliktsbereichs zu erstellen.

6.2  Nachrichtenaustausch bei Korruptionsdelikten

Der bundesweite polizeiliche Austausch von Informationen über Korruptionsdelikte, der insbesondere dazu dient, Tat- und Täterzusammenhänge, Brennpunkte sowie neuartige oder typische Tatbegehungsweisen zu erkennen, wird konsequent fortgeführt.

6.3  Bildung von Spezialdienststellen

¹Die Bayerische Polizei hat einzelne Spezialdienststellen eingerichtet, bei denen sich besonders ausgebildete Beamtinnen und Beamte ausschließlich mit dem Deliktsfeld der Korruptionskriminalität befassen. ²Um eine weitere Professionalisierung zu erreichen, wird angestrebt, die Spezialisierung und Zentralisierung der Ermittlungen weiter voranzutreiben. ³Bei der Staatsanwaltschaft München I befasst sich seit 1994 eine Spezialabteilung nahezu ausschließlich mit der Ermittlung und Verfolgung von Korruptionsdelikten. ⁴Bei allen Staatsanwaltschaften sind Ansprechpartner für Straftaten der Korruption benannt.

6.4  Fortbildung polizeilicher Ermittler

¹Eine Effizienzsteigerung bei der Verfolgung von Korruption wird durch gezielte Fortbildung von polizeilichen Ermittlern angestrebt. ²Obligatorische Grundlehrgänge für Personen, die erstmals auf dem Gebiet der Korruptionsermittlung tätig werden, werden durch Speziallehrgänge und den gesteuerten Erfahrungsaustausch ergänzt. ³Allen mit Korruptionsdelikten befassten Beamten wird eine vom Landeskriminalamt entwickelte Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt.

6.5  Disziplinar- und arbeitsrechtliche Maßnahmen

¹Fälle von Korruption – auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle – sind konsequent disziplinarrechtlich und dienst- oder arbeitsrechtlich zu verfolgen. ²Aus Gründen der Generalprävention wird – unter Berücksichtigung von Nr. 5.3 Satz 3 – weitestgehende Beschleunigung angestrebt. ³Soweit ein Beteiligter zur Aufklärung des Sachverhalts beiträgt, wird dies nach Möglichkeit mildernd berücksichtigt.

6.6  Schadensersatz

Schadensersatzansprüche gegen Beschäftigte und Dritte sind konsequent durchzusetzen.

7.  Ergänzende Regelungen für spezielle Bereiche

7.1  Regelungen zur Verhütung von Manipulationen im Vergabewesen

7.1.1  Allgemeines

¹Die Vergabestellen haben durch geeignete Maßnahmen
– ein korrektes Verhalten aller an der Vergabe Beteiligten,
– einen nach den Umständen der Beschaffungsmaßnahme möglichst uneingeschränkten Wettbewerb,
– ein jederzeit transparentes und nachvollziehbares Verfahren und
– die Vergabe auf das wirtschaftlichste Angebot
sicherzustellen. ²Um Manipulationen im Vergabewesen zu verhindern oder möglichst zu erschweren, müssen die zur Beachtung der Vergabevorschriften erforderlichen organisatorischen Maßnahmen getroffen werden. ³Die Dienststellen haben insbesondere dafür zu sorgen, dass qualifizierte Beschäftigte in ausreichender Anzahl mit Vergabeangelegenheiten befasst werden; sie sind laufend fachlich fortzubilden.

7.1.2  Strikte Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften

¹Zur Verhinderung von Manipulationen im Vergabewesen sind die jeweils aktuell geltenden Vergabevorschriften unter Beachtung der ergänzenden Hinweise in

7.1.3  Organisation von Beschaffungs- und Vergabestellen

Eine durchgehende Trennung von Bedarfs-, Vergabe- und Abrechnungsstellen ist anzustreben, soweit nicht überwiegende Gründe der Verwaltungsvereinfachung oder sonstige triftige Gründe entgegenstehen.

7.1.4  Beauftragter für den Haushalt

Verpflichtungen zur Beteiligung der Beauftragten für den Haushalt (Information, Mitzeichnung) sind zu beachten.

7.1.5  Ergänzende Dokumentation von Vergaben

¹An jeder Dienststelle wird zentral eine Liste geführt, in der fortlaufend alle Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb und alle Freihändigen Vergaben oder Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb sowie Direktaufträge ab 2 500 € (ohne Umsatzsteuer) erfasst werden. ²Zu erfassen sind dabei Gegenstand und Umfang der Vergabe, Auftragnehmer, Name des Sachbearbeiters, Verfahrensart und Grund für die Verfahrenswahl. ³Die Liste ist mindestens jährlich der Innenrevision zuzuleiten.

7.1.6  Private Erfüllungsgehilfen des öffentlichen Auftraggebers

¹Bei der Einschaltung von privaten Leistungserbringern, insbesondere von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, im Rahmen einer Vergabe ist besonders auf deren Zuverlässigkeit zu achten. ²Wirtschaftliche Verflechtungen mit einschlägigen Unternehmen und Lieferanten, die bereits wegen Unzuverlässigkeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen wurden, sind zu prüfen. ³Soweit erforderlich, ist eine schriftliche Erklärung zu verlangen, ob und gegebenenfalls mit welchen Unternehmen und Büros wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen bestehen, unter anderem auch Darlehen. ⁴Personen, die, ohne Amtsträger zu sein, bei einer oder für eine Behörde oder sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, sind auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten nach dem Verpflichtungsgesetz zu verpflichten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuches – StGB). ⁵Aus Gründen der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Praxis der Vergabestellen ist nach § 1 Abs. 3 des Verpflichtungsgesetzes die Belehrung in einer Niederschrift festzuhalten und dazu das als

7.1.7  Einschaltung von vorgesetzten Stellen und Ermittlungsbehörden

¹Liegen Anhaltspunkte für wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 StGB) vor, ist die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft einzuschalten; bei einem Verdacht auf Absprachen außerhalb von Ausschreibungen ist die Landeskartellbehörde im Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, 80525 München, Telefon 089 2162-0, E-Mail: poststelle@stmwi.bayern.de, zu unterrichten. ²Bei Anhaltspunkten für korruptes Verhalten gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. Nr. 5).

7.1.8  Informationsstelle für Vergabeausschlüsse

¹Für den Bereich der bayerischen Staatsbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung wird bis zur Inbetriebnahme des beim Bundeskartellamt einzurichtenden Wettbewerbsregisters nach dem Wettbewerbsregistergesetz eine verwaltungsinterne Ausschlussliste beim Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr geführt. ²Voraussetzung für die Eintragung ist, dass der Bieter nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Zuverlässigkeit in Frage stellt. ³Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die in § 2 des Wettbewerbsregistergesetzes (WRegG) genannten Eintragungsvoraussetzungen vorliegen. ⁴Vor Erlass einer Ausschlussverfügung ist dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Äußerung gegebenenfalls mit mündlicher Anhörung zu geben. ⁵Die nachgeordneten Behörden sowie die sonstigen mit Bauaufgaben befassten Ressorts können die Liste in einem zugangsgeschützten Bereich im Intranet einsehen. ⁶In der Liste werden auch Unternehmen erfasst, die bei anderen öffentlichen Auftraggebern (zum Beispiel Kommunen) Verfehlungen begehen. ⁷Diese Auftraggeber erhalten auf Anfrage auch die in der Liste erfassten Unternehmen benannt. ⁸Die Ausschlussdauer beträgt nach Maßgabe von § 7 WRegG zwischen drei und fünf Jahre ab Unanfechtbarkeit der zum Ausschluss führenden gerichtlichen oder bußgeldrechtlichen Entscheidung. ⁹Eine kürzere Ausschlussdauer ist möglich, wenn das Unternehmen nach Maßgabe von § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfolgreiche Selbstreinigungsmaßnahmen durchgeführt hat. 1⁰Von einem Ausschluss kann abgesehen werden, wenn trotz bestehender Eintragungsvoraussetzungen Selbstreinigungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Anhörung der Vertreter des betroffenen Unternehmens vollständig nachgewiesen werden können. 1¹Dies gilt insbesondere, wenn
personelle Konsequenzen bezüglich der involvierten Personen gezogen wurden, zum Beispiel Entlassung, Versetzung oder Ähnliches,
organisatorische Maßnahmen getroffen wurden, die ein künftiges Fehlverhalten aller Voraussicht nach ausschließen, zum Beispiel Innenrevision, Mitarbeiterverpflichtung, sonstige Maßnahmen im Rahmen eines Ethikmanagements oder Ähnliches,
der durch das Verhalten der Firma entstandene finanzielle Schaden beglichen wurde; in der Regel Schadensersatz,
das Unternehmen unverzüglich nach Bekanntwerden der Verfehlung aktiv bei der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt hat.

7.2  Hinweise auf weitere Regelungen

Ergänzende Regelungen können sich aus Sonderbestimmungen einzelner Geschäftsbereiche ergeben wie zum Beispiel Drittmittelrichtlinien.

8.  Sponsoring

¹Für den Umgang mit Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatischen Schenkungen in der öffentlichen Verwaltung gilt die Sponsoringrichtlinie. ²Ergänzende ressortspezifische Regelungen sind gegebenenfalls daneben zu beachten.

9.  Restriktivere Regelungen

Für bestimmte Bereiche getroffene restriktivere Regelungen bleiben unberührt.

10.  Inkrafttreten, Außerkrafttreten

¹Diese Bekanntmachung tritt am 1. Mai 2021 in Kraft. ²Abweichend von Satz 1 tritt Nr. 9a mit Wirkung vom 1. Mai 2020 in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Juli 2021 außer Kraft. ³Mit Ablauf des 30. April 2021 tritt die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR) vom 13. April 2004 (AllMBl. S. 87, StAnz. Nr. 17, KWMBl. I S. 124), die durch Bekanntmachung vom 14. September 2010 (AllMBl. S. 243) geändert worden ist, außer Kraft.
Dr. Markus Söder

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