KSRKern
DE - Landesrecht Bayern

KSRKern: Richtlinien für die Erstellung objektbezogener Katastrophenschutz-Sonderpläne für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen sowie für Maßnahmen des Katastrophenschutzes bei kerntechnischen Unfällen

Mustergliederung für Sonderpläne nach den Katastrophenschutzrichtlinien kerntechnische Anlagen
Planungsunterlagen
Muster-Alarmierungsschema „Voralarm“
Muster-Alarmierungsschema „Katastrophenalarm“, ggf. „schnell ablaufendes Ereignis“
Melde- und Kommunikationsplan
Einrichtung von Kontrollstellen, Evakuierungsabläufe
Dosisrichtwerte nach FwDV 500
Übungsrhythmus
1.
Allgemeines
1.1
Einführung
1.2
Anlass
1.3
Planungsziel
1.4
Überarbeitung
2.
Vorschriften für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen
2.1
Rahmenempfehlungen
2.2
Radiologische Grundlagen
2.3
Planungsgebiete
2.4
Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit
2.5
Anwendung
3.
Maßnahmen des Betreibers der kerntechnischen Anlage
3.1
Unterstützung bei Planung, Ausbildung und Übungen
3.2
Infobroschüren für Anwohner
3.3
Innerbetrieblicher Alarmplan
3.4
Alarmierungsweg
3.5
Weitere Aufgaben des Betreibers
4.
Objektbezogene Planungen der Katastrophenschutzbehörden
4.1
Allgemeiner Katastrophenschutzplan
4.2
Objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderpläne
4.3
Zuständigkeiten für die objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderplanung
4.4
Planungsgebiete
4.5
Ausweichführungsstellen
4.6
Planungsunterlagen
5.
Alarmstufen
5.1
Voralarm
5.2
Katastrophenalarm
5.3
Schnell ablaufendes Ereignis
5.4
Alarmierungsverfahren
5.5
Informationen des Betreibers
6.
Vorbereitung von Alarmmaßnahmen
7.
Sicherstellung der Erreichbarkeit
8.
Führungsgruppen Katastrophenschutz (FüGK)
8.1
Maßnahmen bei Voralarm
8.2
Maßnahmen bei Katastrophenalarm
9.
Fachberatung
9.1
Verbindungspersonen
9.2
Radiologisches Lagebild
10.
Einsatzkräfte
10.1
Vorplanung von Einrichtungen für regionale und überregionale Einsatzkräfte
10.2
Vorzuplanender Einsatzmittel- und Einsatzkräftebedarf
10.3
Dosisgrenzwerte für Einsatzkräfte
11.
Mess- und Probenahmeprogramme
11.1
Grundsätzliches
11.2
Messprogramm des Betreibers
11.3
Mess- und Probenahmeprogramme der Feuerwehr
11.4
Übermittlung Messergebnisse
12.
Abgrenzung des Gefahrenbereichs
12.1
Grundsätzliches
12.2
Festlegung
12.3
Sonderregelung für schnell ablaufende Ereignisse
13.
Warnung der Bevölkerung und von besonderen Einrichtungen
14.
Warnung vor dem Verzehr frisch geernteter bzw. kontaminierter Lebensmittel
15.
Information der Bevölkerung
15.1
Zuständigkeit der betroffenen Kreisverwaltungsbehörde
15.2
Zuständigkeit der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde
15.3
Zuständigkeit der einsatzleitenden Regierung
15.4
Ausnahme FRM II
15.5
Zuständigkeit der obersten Landesbehörden
16.
Verkehrslenkung und -beschränkung
16.1
Anwendung
16.2
Einzuplanende Einsatzkräfte
16.3
Verkehrslenkungspläne
17.
Kaliumjodidtabletten
17.1
Zweck
17.2
Konzept Bevorratung und Verteilung von Kaliumjodidtabletten in Bayern
18.
Aufenthalt in Gebäuden
19.
Evakuierung
19.1
Entscheidung
19.2
Evakuierungsplanung
20.
Dekontaminationsplätze
20.1
Personendekontamination
20.2
Dekontamination von Einsatzfahrzeugen und -geräten
21.
Notfallstationen
21.1
Zweck der Notfallstationen
21.2
Vorzuplanende Notfallstationsobjekte
21.3
Notfallstationseinheiten
21.4
Modell Notfallstation Bayern
22.
Maßnahmen-Überwachung
23.
Katastrophenschutzübungen
23.1
Notfallstationsübungen
23.2
Mess- und Probenahmeübungen
23.3
Planbesprechung
23.4
Stabsrahmenübungen
23.5
Übungsszenarien
23.6
Zuständigkeit für die Vorbereitung, Organisation und Auswertung der Übungen
23.7
Übungsrhythmus
24.
Nicht im Leistungsbetrieb befindliche Anlagen
25.
Information der Öffentlichkeit über die Katastrophenschutzplanungen
26.
Verteiler
27.
Übergangsregelung
28.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

1.  Allgemeines

1.1  Einführung

Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) erlässt im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) als der in Bayern zuständigen atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde die folgenden Richtlinien für die Erstellung objektbezogener Katastrophenschutz-Sonderpläne für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen sowie für Maßnahmen des Katastrophenschutzes bei kerntechnischen Unfällen.

1.2  Anlass

¹Nach den bundeseinheitlichen Vorgaben der von der Strahlenschutzkommission (SSK) am 19./20. Februar 2015 gebilligten Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen (Rahmenempfehlungen) sowie der Empfehlung der SSK „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“ (Planungsgebiete) vom 13./14. Februar 2014 wurden die in Bayern bisher maßgebenden Leitsätze für die Erstellung objektbezogener Alarm- und Einsatzpläne sowie für Maßnahmen des Katastrophenschutzes bei kerntechnischen Unfällen novelliert. ²Im Rahmen der Novellierung wurde insbesondere der Erfahrungsrückfluss aus dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi infolge des Tsunamis vom 11. März 2011 berücksichtigt. ³Die Ereignisse in Fukushima und die von der SSK empfohlenen neuen Planungsgebiete für die Planungen des Katastrophenschutzes in der Umgebung von Kernkraftwerken machen deutlich, dass es für die Bewältigung eines kerntechnischen Unfalls eines funktionierenden gesamtstaatlichen Zusammenwirkens bedarf. ⁴Auf alle bayerischen Katastrophenschutzbehörden können daher im Fall eines kerntechnischen Unfalls in der einen oder anderen Weise Aufgaben nach diesen Richtlinien zukommen. ⁵Diese Richtlinien regeln, in welcher Weise sich die Katastrophenschutzbehörden auf die Bewältigung eines solchen Ereignisses vorbereiten sollten.

1.3  Planungsziel

¹Vorrangiges Ziel der Planungen ist es, unmittelbare Folgen von Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls auf die Bevölkerung zu verhindern oder zu begrenzen. ²Dabei sollen als vorrangiges Ziel schwerwiegende deterministische Effekte durch Maßnahmen zur Beschränkung der individuellen Strahlendosis auf Werte unter den Schwellendosen für diese Effekte vermieden werden. ³Neben der Vermeidung deterministischer Effekte soll das Risiko stochastischer Effekte für die Einzelpersonen durch geeignete Maßnahmen herabgesetzt und hinreichend begrenzt werden.

1.4  Überarbeitung

¹Die für die Umgebung kerntechnischer Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (AtG) von den örtlich zuständigen Katastrophenschutzbehörden erstellten objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne sowie die sonstigen für solche Ereignisse erstellten Katastrophenschutz-Sonderpläne sind nach Maßgabe der SSK-Rahmenempfehlungen und der vorliegenden Richtlinien schrittweise zu überarbeiten. ²Dabei sind auch die eigenen Erkenntnisse aus den zurückliegenden Katastrophenschutzübungen zu berücksichtigen. ³Mit dem Inkrafttreten der neuen Pläne sind die bisherigen nach der Verschlusssachenanweisung für die Behörden des Freistaates Bayern zu vernichten. ⁴Die Katastrophenschutz-Sonderpläne sind laufend fortzuschreiben und mindestens jährlich auf ihre Aktualität zu überprüfen.

2.  Vorschriften für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen

2.1  Rahmenempfehlungen

Die von der SSK unter Mitwirkung von Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen (Rahmenempfehlungen) enthalten bundeseinheitliche Vorgaben für organisatorische Regelungen und die planmäßige Vorbereitung von Notfallschutzmaßnahmen der Katastrophenschutzbehörden.

2.2  Radiologische Grundlagen

Ergänzend hierzu wurden von der SSK als Entscheidungshilfe für die Fachberatung im Strahlenschutz „Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden“ (Radiologische Grundlagen) verabschiedet.

2.3  Planungsgebiete

¹Mit der SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“ (Planungsgebiete) werden geänderte Planungsgebiete für den Notfallschutz in Deutschland empfohlen. ²Diese Empfehlung bildet die Grundlage für die besondere Katastrophenschutzplanung für Kernkraftwerke im Leistungsbetrieb. ³Die SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ regelt ergänzend die Planungsgebiete für Kernkraftwerke, die sich nicht mehr im Leistungsbetrieb befinden.

2.4  Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit

Darüber hinaus wurde von der SSK für das im Rahmen der Katastrophenschutzplanung zu erstellende Konzept zur Information der Öffentlichkeit ein „Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit in kerntechnischen Notfällen“ verabschiedet.

2.5  Anwendung

¹Sowohl bei der Erstellung aller Katastrophenschutz-Sonderpläne für die kerntechnischen Anlagen in Bayern als auch für die bei kerntechnischen Unfällen ggf. veranlassten Notfallschutzmaßnahmen sind die unter Nrn. 2.1, 2.2 und 2.3 genannten Rahmenempfehlungen, die Radiologischen Grundlagen und die Planungsgebiete maßgebend, soweit diese Richtlinien keine abweichenden Regelungen enthalten. ²Die Regelungen dieser Richtlinien werden durch die folgenden Vorgaben (in der jeweils geltenden Fassung) ergänzt:
– die in Bayern bestehenden Zuständigkeiten für den Vollzug des Atomgesetzes (AtG) und des Strahlenschutzvorsorgegesetzes (StrVG),
– die Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 – FwDV 500 „Einheiten im ABC-Einsatz“,
– den Leitfaden LF 450 der Polizei,
– die Richtlinie zu Messungen und Probenahmen der Strahlenspürtrupps der Feuerwehr im Bereich kerntechnischer Anlagen (Mess- und Probenahmerichtlinie Feuerwehr),
– das Modell Notfallstation Bayern,
– das Konzept Bevorratung und Verteilung von Kaliumjodidtabletten in Bayern,
– sonstige IMS zur Durchführung des Katastrophenschutzes in der Umgebung kerntechnischer Anlagen.

3. Maßnahmen des Betreibers der kerntechnischen Anlage

3.1 Unterstützung bei Planung, Ausbildung und Übungen

¹Neben der Meldepflicht bei sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignissen nach § 51 Abs. 1 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) ist der Betreiber einer kerntechnischen Anlage gemäß § 53 Abs. 2 StrlSchV unter anderem verpflichtet, die Katastrophenschutzbehörden bei der Planung von Notfallschutzmaßnahmen umfassend zu beraten. ²Bei Katastrophenschutzübungen (siehe Nr. 23) wirkt er auf Anforderung der zuständigen Katastrophenschutzbehörden oder des StMUV mit.

3.2 Infobroschüren für Anwohner

¹Der Betreiber ist gemäß § 53 Abs. 5 StrlSchV verpflichtet, die Bevölkerung, die von einer radiologischen Notstandssituation betroffen sein könnte, unaufgefordert mindestens alle fünf Jahre über die Katastrophenschutzplanungen der Katastrophenschutzbehörden zu unterrichten. ²Die entsprechende Information muss jedermann zugänglich gemacht werden. ³Die Art und Weise der Information ist vom Betreiber mit den zuständigen Katastrophenschutzbehörden abzustimmen. ⁴Das StMI koordiniert für alle bayerischen Kernkraftwerke die Abstimmung mit den Betreibern. ⁵Die Regierung von Oberbayern stimmt zusammen mit dem Landratsamt München die entsprechende Information für den Forschungsreaktor FRM II mit dem Betreiber ab.

3.3 Innerbetrieblicher Alarmplan

¹Die vom Betreiber gemäß § 53 Abs. 1 StrlSchV bei Unfällen und Störfällen für die Gefahrenabwehr innerhalb des Kontrollbereichs und des betrieblichen Überwachungsbereichs zu veranlassenden Maßnahmen sind in einem sogenannten „Innerbetrieblichen Alarmplan“ (Alarmordnung) zusammengefasst. ²Dieser regelt insbesondere, welche Sofortmaßnahmen Werksangehörige bei drohender Gefahr und bei bereits eingetretenen Störfällen oder Unfällen durchzuführen haben. ³Festgelegt ist dort ferner die Unterrichtung der zuständigen Behörden nach Maßgabe des Katastrophenschutz-Sonderplans.

3.4 Alarmierungsweg

¹Die Alarm- und Meldewege sowie die Funktionsfähigkeit der hierfür vorgesehenen Kommunikationsmittel auch in den Notsteueranlagen des Betreibers sind wiederkehrend vom Betreiber zu prüfen (siehe Empfehlung der Strahlenschutzkommission und der Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) – Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken – in der jeweils geltenden Fassung

3.5 Weitere Aufgaben des Betreibers

Die übrigen Aufgaben des Betreibers im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Katastrophenschutzbehörden ergeben sich aus Nr. 2 der Rahmenempfehlungen.

4.  Objektbezogene Planungen der Katastrophenschutzbehörden

4.1  Allgemeiner Katastrophenschutzplan

Einsatzgrundlage für von den Katastrophenschutzbehörden in Bayern zu veranlassende Maßnahmen der Gefahrenabwehr ist der allgemeine Katastrophenschutzplan, der von den Kreisverwaltungsbehörden und den Regierungen nach dem vom StMI eingeführten einheitlichen Muster aufzustellen ist.

4.2  Objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderpläne

¹Die besonderen nuklearspezifischen Gefahren, die dadurch entstehen, dass nach einem Unfall in einer kerntechnischen Anlage möglicherweise radioaktive Stoffe in die Umgebung freigesetzt werden, erfordern zusätzliche Schutz- und Abwehrmaßnahmen des Katastrophenschutzes. ²Sie sind in einem besonderen, objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplan entsprechend Nr. 3 der Rahmenempfehlungen zusammenzufassen. ³Die Gliederung aller objektbezogenen Sonderpläne ergibt sich aus der

4.3  Zuständigkeiten für die objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderplanung

4.3.1  Einsatzleitende Katastrophenschutzbehörden

4.3.1.1  Einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde

¹Der Kreisverwaltungsbehörde, auf deren Gebiet sich die kerntechnische Anlage befindet, obliegt entsprechend Art. 2 Abs. 2 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes (BayKSG) die Einsatzleitung für den Fall eines kerntechnischen Unfalls, bei dem möglicherweise radioaktive Stoffe in die Umgebung freigesetzt werden (einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde). ²Die einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde hat zur Erfüllung dieser Aufgabe einen Katastrophenschutz-Sonderplan aufzustellen.

4.3.1.2  Einsatzleitende Regierung

¹Sobald die für das Gebiet der kerntechnischen Anlage zuständige Regierung die Einsatzbereitschaft hergestellt hat, soll die Regierung die Einsatzleitung entsprechend Art. 2 Abs. 2 BayKSG übernehmen (einsatzleitende Regierung). ²Die Übernahme der Einsatzleitung ist unverzüglich dem Betreiber der betroffenen kerntechnischen Anlage sowie allen an der Bewältigung des Einsatzes beteiligten Katastrophenschutzbehörden, polizeilichen Stellen und sonstigen beteiligten Stellen bekannt zu geben. ³Die einsatzleitende Regierung soll sich, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, bei der Wahrnehmung der Einsatzleitung auf die überörtliche Koordinierung des Einsatzgeschehens sowie alle grundsätzlich zu treffenden Einsatzentscheidungen beschränken. ⁴Sie kann den Kreisverwaltungsbehörden in ihrem Zuständigkeitsbereich Aufträge zur Durchführung von Einsatzmaßnahmen erteilen. ⁵Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat die einsatzleitende Regierung einen eigenen Katastrophenschutz-Sonderplan aufzustellen. ⁶Der Plan soll insbesondere die erforderlichen Auftragsblätter und Vorbereitungen enthalten, die notwendig sind, damit die einsatzleitende Regierung im Ereignisfall die Einsatzleitung übernehmen kann und die Maßnahmen nach den Nrn. 11 bis 22 dieser Richtlinien in ihrem Zuständigkeitsbereich durchführen könnte. ⁷Die konkrete Planung für die Umsetzung der Einsatzmaßnahmen obliegt den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden. ⁸Die Aufgaben der einsatzleitenden Regierung werden beim Forschungsreaktor FRM II, sofern im Weiteren nicht ausdrücklich anders bestimmt, vom Landratsamt München wahrgenommen.

4.3.2  Benachbarte Katastrophenschutzbehörden der Zentral- und Mittelzone

¹Die Kreisverwaltungsbehörden, deren Gebiet ganz oder teilweise im Bereich der Zentral- und Mittelzone (Nr. 4.4.2) um die kerntechnische Anlage liegt (benachbarte Kreisverwaltungsbehörden), haben nach den gleichen Vorgaben wie die einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderpläne zur Umsetzung der ihnen zugewiesenen Aufgaben aufzustellen und fortzuführen. ²Diese sind mit den einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörden abzustimmen, siehe Nr. 4.3.1.

4.3.3  Katastrophenschutzbehörden in der Außenzone

¹Kreisverwaltungsbehörden, deren Gebiet ganz oder teilweise in der Außenzone (Nr. 4.4.2) um die kerntechnische Anlage liegt, haben auf der Grundlage des Katastrophenschutz-Sonderplans der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2) zur Umsetzung der ihnen darin zugewiesenen Aufgaben Anschlusspläne aufzustellen. ²Soweit Kreisverwaltungsbehörden aus anderen Regierungsbezirken betroffen sind, ist die Planung durch die zuständige Regierung in Abstimmung mit der einsatzleitenden Regierung zu koordinieren.

4.3.4  Alle Katastrophenschutzbehörden in Bayern

Alle Kreisverwaltungsbehörden in Bayern haben Kaliumjodidtabletten-Verteilungspläne nach dem Konzept zur Bevorratung und Verteilung von Kaliumjodidtabletten in Bayern zu erstellen.

4.3.5  Unterstützende Katastrophenschutzbehörden

Kreisverwaltungsbehörden, deren Gebiet außerhalb der Außenzone (Nr. 4.4.2) liegt und die ggf. von den einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörden (Nr. 4.3.1) für personelle und materielle Hilfeleistungen planmäßig vorgesehen sind, fassen die aus ihrem Bereich erwarteten Hilfemaßnahmen in einem objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplan, der mit dem Kaliumjodidtabletten-Verteilungsplan verknüpft werden kann, oder in einer Anlage zum allgemeinen Katastrophenschutzplan zusammen (siehe Nr. 4.1).

4.3.6  Koordinierung der Planungen

¹Die Koordinierung der objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne obliegt der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2) für ihren Zuständigkeitsbereich. ²Bei der koordinierenden Planung sind Planungsgrundsätze und grundlegende Abläufe vorzugeben, die Belange der Katastrophenschutzbehörden nach den Nrn. 4.3.1 bis 4.3.5 sind zu berücksichtigen und die objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne sind aufeinander abzustimmen. ³Andere betroffene Behörden, Dienststellen und Organisationen sind zu beteiligen.

4.3.7  Regierungsbezirksübergreifende Koordinierung der Planungen

¹Dem StMI obliegt die Koordinierung der regierungsbezirksübergreifenden Planungen. ²Zur notwendigen Abstimmung der planmäßigen Vorbereitungen setzt es eine Arbeitsgruppe ein, der unter Vorsitz des StMI alle Regierungen angehören. ³Weitere betroffene Stellen und Organisationen werden einzelfallbezogen beteiligt. ⁴Die Arbeitsgruppe tagt mindestens einmal jährlich. ⁵Koordinierungsbedürftige Anliegen sind dem StMI laufend zu übermitteln. ⁶Einfache Angelegenheiten ohne grundsätzliche Bedeutung für die Grundzüge der Planungen sollen direkt zwischen den zuständigen Katastrophenschutzbehörden abgestimmt werden. ⁷Das StMI ist jedoch über das Ergebnis der Abstimmungen zu informieren.

4.3.8  Länderübergreifende Koordinierung der Planungen

¹Soweit das Planungsgebiet für kerntechnische Anlagen auch Gebiete außerhalb des Freistaats Bayern berührt, führt das StMI unter Beteiligung der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2) und ggf. weiterer betroffener Regierungen Verhandlungen mit den dort zuständigen Katastrophenschutzbehörden. ²Entsprechende koordinierungsbedürftige Anliegen sind dem StMI zu übermitteln. ³Einfache Angelegenheiten ohne grundsätzliche Bedeutung für die Grundzüge der Planung sollen direkt zwischen den zuständigen Katastrophenschutzbehörden abgestimmt werden. ⁴Das StMI ist in diesem Fall über das Ergebnis der Abstimmung zu informieren.

4.4  Planungsgebiete

Für die objektbezogenen Pläne nach den Nrn. 4.3.1 bis 4.3.3 werden unter Berücksichtigung des Gefahrenpotenzials und der Planungszonen in Anlehnung an die Umgebungseinteilung nach Nr. 3.7 der SSK-Rahmenempfehlungen Planungsgebiete für die Maßnahmenplanung definiert.

4.4.1  Grundsätze zur Festlegung der Planungsgebiete

¹Die konkreten Planungsgebiete sind durch die einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2) anlagenbezogen festzulegen. ²Die Planungsgebiete müssen so definiert sein, dass im Fall eines kerntechnischen Unfalls die Bevölkerung der Planungsgebiete auf einfache Art und Weise über die zu ergreifenden Maßnahmen informiert werden kann. ³Hierzu sind örtliche Gegebenheiten wie die Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstrukturen bei der Festlegung der Planungsgebiete zu berücksichtigen. ⁴Die örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörden sind bei der Festlegung der Planungsgebiete zu beteiligen. ⁵Bei der Festlegung der Zentral- und Mittelzone können auch die betroffenen Gemeinden vor der Festlegung des Planungsgebiets angehört werden.

4.4.2  Planungszonen Kernkraftwerke

Um Kernkraftwerke, die sich noch im Leistungsbetrieb befinden bzw. deren Beendigung des Leistungsbetriebs nicht länger als drei Jahre zurückliegt, sind folgende Planungszonen zu berücksichtigen:
Zone
Abstand vom Kernkraftwerk im Radius von
Zentralzone
0 Kilometer bis ca. 5 Kilometer
Mittelzone
an Zentralzone anschließend bis ca. 20 Kilometer
Außenzone
an Mittelzone anschließend bis ca. 100 Kilometer
Kernkraftwerke, deren Leistungsbetrieb bereits länger als drei Jahre zurückliegt, siehe Nr. 24.

4.4.3  Planungszonen Forschungsreaktor FRM II

Um den Forschungsreaktor FRM II sind folgende Planungszonen zu berücksichtigen:
Zone
Abstand vom Kernkraftwerk im Radius von
Zentralzone
Forschungsgelände der Technischen Universität München um den FRM II
Mittelzone
an Zentralzone anschließend bis ca. 2 Kilometer

4.4.4  Sektoreneinteilung

Die Planungszonen Mittelzone und Außenzone sind in Sektoren von 30° zu unterteilen, wobei diese im Uhrzeigersinn durchnummeriert werden und Sektor 1 symmetrisch zur Nordrichtung liegt.

4.5  Ausweichführungsstellen

¹Soweit sich die Führungsstellen der Katastrophenschutzbehörden nach den Nrn. 4.3.1 und 4.3.2 im Gebiet der Zentral- und Mittelzone befinden, ist für den Fall etwaiger Evakuierungen der Zentral- und Mittelzone die Einrichtung von Ausweichführungsstellen in geeigneten Objekten und in ausreichender Entfernung außerhalb dieser Zonen in den Planungen vorzusehen. ²Die Ausweichführungsstelle soll sich in ausreichender Entfernung zum Kernkraftwerk befinden, mindestens 60 Kilometer, und soll bei Betrachtung der durchschnittlichen Wetterlage am Kernkraftwerksstandort nicht in einer der Windrichtungen liegen, in die der Wind im Jahresmittel am häufigsten weht.

4.6  Planungsunterlagen

Zusätzlich zu den anlagenbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplänen haben die Katastrophenschutzbehörden Planungsunterlagen entsprechend der Vorgabe der

5. Alarmstufen

Die Rahmenempfehlungen sehen folgende Alarmstufen vor (vergleiche Alarmstufen Nr. 3.8 der Rahmenempfehlungen):

5.1 Voralarm

¹Voralarm wird ausgelöst, wenn bei einem Ereignis in der kerntechnischen Anlage bisher noch keine oder nur eine im Vergleich zu den Auslösekriterien für den Katastrophenalarm geringe Auswirkung auf die Umgebung eingetreten ist, jedoch aufgrund des Anlagenzustands nicht ausgeschlossen werden kann, dass Auswirkungen, die den Auslösekriterien für den Katastrophenalarm entsprechen, eintreten könnten. ²Das Musteralarmierungsschema für den Voralarm befindet sich in der

5.2 Katastrophenalarm

¹Katastrophenalarm wird ausgelöst, wenn bei einem Unfall in der kerntechnischen Anlage eine gefahrbringende Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung festgestellt worden ist oder droht. ²Das Musteralarmierungsschema für den Katastrophenalarm befindet sich in der

5.3 Schnell ablaufendes Ereignis

¹Der Betreiber der kerntechnischen Anlage hat bei Ereignissen, für die er die Einstufung in die Alarmstufe Katastrophenalarm vorschlägt, zusätzlich darauf hinzuweisen, dass es sich ggf. um ein schnell ablaufendes Ereignis handelt. ²Bei einem schnell ablaufenden Ereignis handelt es sich um einen Ereignisablauf in einer kerntechnischen Anlage, bei dem als Folge eines Unfalls eine nennenswerte Freisetzung kurzfristig, das heißt innerhalb von weniger als sechs Stunden, erfolgt oder erfolgen kann.

5.4 Alarmierungsverfahren

¹Der Betreiber verständigt bei Eintritt der in den Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen

5.5 Informationen des Betreibers

¹Für alle weiteren Maßnahmen muss der Betreiber der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde und dem Radiologischen Stab je nach Freisetzungsphase mindestens folgende Informationen zur Verfügung stellen. ²Soweit diese Informationen noch nicht vorhanden sind, sind sie durch Rückfragen nach vorbereiteten Checklisten einzuholen.

5.5.1 Vorfreisetzungsphase

Informationen, die vor dem Beginn der Freisetzung radioaktiver Stoffe aus der Anlage die Entscheidung über die Vorbereitung und Durchführung von Katastrophenschutzmaßnahmen ermöglichen sollen:
– voraussichtlicher Zeitpunkt des Beginns der Freisetzung (Vorlaufzeit),
– zu erwartender Umfang der Freisetzung und mögliche Zusammensetzung der Emission (Edelgase/Jod/Schwebstoffe),
– Aussagen zum möglichen Freisetzungsweg (über den Kamin oder andere erwartete Wege mit Angabe der Freisetzungshöhe),
– meteorologische Daten am Standort,
– Zustand der Anlage in Bezug auf die Einhaltung von Schutzzielen (Kontrolle der Reaktivität, Kühlung der Brennelemente und Einschluss der radioaktiven Stoffe).

5.5.2 Freisetzungsphase

Informationen, die während der Freisetzung radioaktiver Stoffe die Entscheidungsfindung unterstützen sollen:
– Angaben zum Freisetzungsweg (über den Kamin oder anderer Emissionsweg mit Angabe der Freisetzungshöhe),
– wahrscheinlicher zeitlicher Verlauf der Freisetzung,
– Angaben über die Quellstärke, Art und die Zusammensetzung der Emission (Edelgase/Jod/Schwebstoffe),
– meteorologische Daten am Standort,
– Ergebnisse von Immissionsmessungen durch die Messtrupps des Betreibers,
– Zustand der Anlage in Bezug auf die Schutzziele Kontrolle der Reaktivität, Kühlung der Brennelemente und Einschluss der radioaktiven Stoffe.
– Vor der Erstellung des ersten Lagebilds durch den Radiologischen Stab: Prognose zur radiologischen Belastung des betroffenen Gebietes (effektive Dosis sowie zur Organdosis der Schilddrüse).

5.5.3 Aktualisierungspflicht

Die übermittelten Informationen sind durch den Betreiber ständig zu aktualisieren.

6.  Vorbereitung von Alarmmaßnahmen

¹Im Rahmen der planmäßigen Vorbereitung der Alarmmaßnahmen nach Nr. 3.10 der Rahmenempfehlungen sind die betroffenen Behörden, Dienststellen und Organisationen und – soweit erforderlich – private Stellen zu beteiligen. ²Die in den Alarmstufen „Katastrophenalarm“, „Katastrophenalarm/Schnell ablaufendes Ereignis“ und „Voralarm“ nach den Nrn. 3.9.1, 3.10.1, 3.10.2 und 4.2 der Rahmenempfehlungen jeweils vorzubereitenden und im Einsatzfall in Erwägung zu ziehenden Alarmmaßnahmen 1 und 2 sind in einem Maßnahmenkatalog, bezogen auf die jeweilige Alarmstufe, zusammenzufassen. ³Soweit möglich, sind die Texte von Alarmierungsmeldungen, Lautsprecher- und Rundfunkdurchsagen, Anordnungen, Hinweisen und Mitteilungen an andere Stellen als Auftragsblätter vorzubereiten. ⁴Die bei einem schnell ablaufenden Ereignis erforderlichen Sofortmaßnahmen sind soweit möglich so vorzuplanen, dass die zuständige Integrierte Leitstelle diese Maßnahmen, nach entsprechender Veranlassung durch die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1), selbstständig auslösen kann. ⁵Bei der Planung der Alarmmaßnahmen sind insbesondere Betriebe im Sinne des Art. 3a BayKSG zur Vermeidung etwaiger Dominoeffekte zu berücksichtigen.

7.  Sicherstellung der Erreichbarkeit

¹Die fernmündliche Erreichbarkeit der wichtigsten Führungskräfte und Sachverständigen ist durch eine entsprechende Erfassung in den Alarmunterlagen sicherzustellen. ²Die für die fachliche Beratung der Führungsgruppe Katastrophenschutz wichtigsten Sachverständigen, die Fachberater ABC und der Sanitätsdienst sowie die Führungskräfte des Brand- und Katastrophenschutzes und der Polizei sind bereits in der Alarmstufe Voralarm vorsorglich zu alarmieren und zu ersuchen, sich für weitere Maßnahmen auf Abruf bereitzuhalten, soweit die Führungsgruppe Katastrophenschutz nicht sofort einberufen wird.

8.  Führungsgruppen Katastrophenschutz (FüGK)

8.1  Maßnahmen bei Voralarm

8.1.1  Einzuberufende FüGK

Alle Katastrophenschutzbehörden in Bayern haben nach der Auslösung der Alarmstufe „Voralarm“ die FüGK in der hierzu erforderlichen Besetzung einzuberufen.

8.1.2  Information umliegender Katastrophenschutzbehörden

¹Alle Katastrophenschutzbehörden in Bayern sind unverzüglich über die Auslösung oder Aufhebung der Alarmstufe „Voralarm“ zu verständigen. ²Die Information wird auf dem Meldeweg sofort weitergegeben (siehe

8.1.3  Abweichung Forschungsreaktor

Bei einem Zwischenfall im FRM II, der zur Auslösung des Voralarms führt, sind davon abweichend vom Landratsamt München nur die benachbarten Katastrophenschutzbehörden, deren Gebiet sich innerhalb eines Radius von 20 Kilometern um den Forschungsreaktor FRM II befindet, zu verständigen, sowie die Regierung von Oberbayern, das Polizeipräsidium München (Einsatzzentrale) und das StMI (LzBy).

8.2  Maßnahmen bei Katastrophenalarm

8.2.1  Einzuberufende FüGK

Alle Katastrophenschutzbehörden in Bayern haben im Fall der direkten Auslösung der Alarmstufe „Katastrophenalarm“ die FüGK in der hierzu erforderlichen Besetzung einzuberufen.

8.2.2  Information anderer Katastrophenschutzbehörden

Die Ausführungen unter Nr. 8.1.2 sind entsprechend anzuwenden.

8.2.3  Abweichung Forschungsreaktor

¹Abweichend von Nr. 8.2.2 sind im Fall eines Katastrophenalarms beim Forschungsreaktor FRM II alle Katastrophenschutzbehörden in Oberbayern sowie das StMI und das Polizeipräsidium München (Einsatzzentrale) zu verständigen. ²Die Information wird vom Landratsamt München auf dem Meldeweg sofort weitergegeben.

9.  Fachberatung

9.1  Verbindungspersonen

¹Die sachkundige Verbindungsperson des Betreibers und die sachkundige Verbindungsperson des Radiologischen Stabs beraten die jeweils einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1). ²Im Fall eines Unfalls in einem Kernkraftwerk suchen diese Verbindungspersonen auf direktem Weg die einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2) auf und sind über diese zu erreichen. ³Grundlage für die Beratungstätigkeit sind die fachtechnischen Erkenntnisse aus der Schadensentwicklung und das vom Radiologischen Stab jeweils aktuell erstellte radiologische Lagebild. ⁴Entscheidungen der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde, die aufgrund von Empfehlungen dieser Verbindungspersonen getroffen werden, sind sofort auf dem Meldeweg den übrigen nach den Nrn. 8.1 und 8.2 am Ereignis beteiligten Katastrophenschutzbehörden und dem Radiologischen Stab zu übermitteln.

9.2  Radiologisches Lagebild

¹Der Radiologische Stab erstellt aus den zur Verfügung stehenden Daten und Prognosen das radiologische Lagebild. ²Dieses enthält auch eine Bewertung der radiologischen Lage und Maßnahmenempfehlungen. ³Das Lagebild bezieht sich auf das gesamte betroffene Gebiet und endet nicht an Regierungsbezirks- bzw. Landesgrenzen. ⁴Es wird unverzüglich an folgende Adressaten übermittelt:
– einsatzleitende Katastrophenschutzbehörden,
– das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
– das Bundesamt für Strahlenschutz,
– die mit dieser Aufgabe betrauten zuständigen Ansprechstellen der weiteren betroffenen Bundesländer.
⁵Der Radiologische Stab setzt sich aus entsprechenden Sachverständigen des StMUV sowie des Landesamts für Umwelt (LfU) zusammen. ⁶Im Bedarfsfall können weitere Experten (z.B. Verbindungsperson vom Betreiber, der Deutsche Wetterdienst, Strahlenschutzärzte) zur Unterstützung hinzugezogen werden. ⁷Falls auf Bundesebene ein nationales radiologisches Lagezentrum eingerichtet wird, soll der Radiologische Stab bei der Lagebeurteilung mit diesem zusammenzuarbeiten.

10.  Einsatzkräfte

10.1  Vorplanung von Einrichtungen für regionale und überregionale Einsatzkräfte

¹Für die regional und überregional anrückenden Kräfte sind in den Katastrophenschutz-Sonderplänen geeignete
– Lotsenstellen und
– Bereitstellungsräume bzw. Sammelräume nach DIN 13050 vorzusehen.
²Da das gefährdete Gebiet vorwiegend von der Windrichtung abhängt, sind hierfür geeignete Orte unter Berücksichtigung der wichtigsten Zufahrtsstraßen vorsorglich in jeder der vier Himmelsrichtungen vorzuplanen und in einem Lageplan mit Kurzbeschreibung festzuhalten.

10.1.1  Lotsenstellen

¹Für die Einsatzkräfte sind schriftliche Informationen über den Bereitstellungsraum, den Einsatzauftrag und das Einsatzgebiet sowie die Digitalfunkeinsatzskizzen und eine Übersicht über die Fernmeldeverbindungen der für sie zuständigen Katastrophenschutzbehörden und Örtlichen Einsatzleitungen vorzubereiten. ²Diese Einsatzunterlagen sind den ortsfremden Hilfskräften an den Lotsenstellen zu übergeben.

10.1.2  Sammel- bzw. Bereitstellungsräume

¹Für die Unterbringung ankommender und der aus dem Einsatz herausgelösten Kräfte sind in den Katastrophenschutz-Sonderplänen Sammel- und Bereitstellungsräume zu erfassen. ²Als Sammel- und Bereitstellungsräume für Einsatzkräfte sind für die verschiedenen Einsatzszenarien Örtlichkeiten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mittelzone vorzuplanen, die eine angemessene Versorgung und Unterbringung von Personen und Einsatzfahrzeugen gewährleisten.

10.2  Vorzuplanender Einsatzmittel- und Einsatzkräftebedarf

10.2.1  Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung vor Ort

Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren mit mobilen Sirenenanlagen und elektronischen Zusatzeinrichtungen für Lautsprecherdurchsagen sowie Einsatzfahrzeuge der Polizei, des Brand- und Katastrophenschutzes und der freiwilligen Hilfsorganisationen mit Außenlautsprechern.

10.2.2  Absperrung und Schutz des Gefahrenbereichs

In erster Linie Einsatzkräfte der Polizei, im Bedarfsfall weitere katastrophenhilfspflichtige Organisationen.

10.2.3  Einrichtung und Betrieb von Kontrollstellen

In erster Linie Einsatzkräfte der Polizei, im Bedarfsfall weitere katastrophenhilfspflichtige Organisationen (zur Aufgabe der Kontrollstellen siehe auch

10.2.4  Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen

Die hierzu vorgesehenen bayerischen Notfallstationseinheiten.

10.2.5  Einrichtung und Betrieb von Dekontaminationsplätzen für Einsatzfahrzeuge und -geräte

Einsatzkräfte der Feuerwehren, soweit diese über Strahlenschutz-Sonderausrüstung verfügen, sowie ggf. Kräfte der Bundeswehr, des THW und der Bundespolizei.

10.2.6  Mess- und Probenahmeprogramme

Strahlenspürtrupps der Feuerwehr und ggf. der Bundeswehr.

10.2.7  Transport von Hilfsbedürftigen

Einsatzkräfte des Sanitätsdienstes und ggf. der Bundeswehr.

10.2.8  Betreuung betroffener Personen

Einsatzkräfte der freiwilligen Hilfsorganisationen, Verbände der freien Wohlfahrtspflege.

10.3  Dosisgrenzwerte für Einsatzkräfte

Soweit in anderen Vorschriften keine besonderen Schutzbestimmungen für Einsatzkräfte enthalten sind, gelten für sie die in der Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 vorgesehenen Dosisrichtwerte (siehe

11.  Mess- und Probenahmeprogramme

11.1  Grundsätzliches

Da die Beurteilung der radiologischen Gefahrenlage für die von den Katastrophenschutzbehörden zu veranlassenden Notfallschutzmaßnahmen von entscheidender Bedeutung ist, werden bei einem kerntechnischen Unfall neben der ständigen Umgebungsüberwachung durch
– stationäre Messeinrichtungen des Betreibers,
– das Kernreaktorfernüberwachungssystem (KFÜ),
– das Immissionsmessnetz für Radioaktivität (IfR) und
– das integrierte Mess- und Informationssystem (IMIS)
folgende zusätzliche Messprogramme mit Messfahrzeugen abgewickelt.

11.2  Messprogramm des Betreibers

Die Messtrupps der Betreiber und der Kerntechnischen Hilfsdienst GmbH (KHG) werden zunächst im Gebiet mit einem Radius von 2 Kilometern um die Anlage und in drei hauptbeaufschlagten Sektoren der Zone bis zum 10-Kilometer-Radius tätig.

11.3  Mess- und Probenahmeprogramme der Feuerwehr

¹Die Strahlenspürtrupps der Feuerwehr führen ergänzend zum Messprogramm des Betreibers weitere Messungen durch. ²Die Strahlenspürtrupps der Feuerwehr werden entsprechend der Lageentwicklung durch den Radiologischen Stab eingesetzt. ³Für die Messungen der Strahlenspürtrupps der Feuerwehr sind mehrere alternative Messleitstellenobjekte und Probensammelstellenobjekte für die verschiedenen Windrichtungen vorzuplanen. ⁴Es sollen hierzu drei entsprechende Objekte bei den Kernkraftwerken außerhalb des 20-Kilometer-Radius (Mittelzone) vom Kernkraftwerk vorgeplant werden. ⁵Beim FRM II sind bis zu drei Objekte außerhalb des Forschungsgeländes der TU München in verschiedenen Windrichtungen vorzuplanen. ⁶Die Messleitstelle hat die Aufgabe, die Durchführung der Mess- und Probenahmeaufträge durch die Strahlenspürtrupps der Feuerwehr zu koordinieren. ⁷Die Mess- und Probenahmeaufträge erhält die Messleitstelle direkt vom Radiologischen Stab. ⁸An der Probensammelstelle werden die im Rahmen der Probenahmeprogramme gesammelten Proben gesammelt. ⁹Die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde organisiert den Transport der Proben zu den Auswertestellen in Abstimmung mit dem Radiologischen Stab. 1⁰Das Nähere hierzu regelt die „Mess- und Probenahmerichtlinie Feuerwehr“.

11.4  Übermittlung Messergebnisse

¹Die von den mobilen Messtrupps nach den Nrn. 11.2 und 11.3 ermittelten Messergebnisse werden direkt dem Radiologischen Stab zur Verfügung gestellt und dort zusammen mit anderen Informationen ausgewertet und zur Erstellung des radiologischen Lagebilds verwendet. ²Dieses wird wiederum der einsatzleitenden FüGK und weiteren Stellen (siehe Nr. 9.2) zur Verfügung gestellt und bildet die Grundlage für die zu veranlassenden Maßnahmen der Gefahrenabwehr.

12. Abgrenzung des Gefahrenbereichs

12.1 Grundsätzliches

¹Die Festlegung des potenziell gefährdeten Gebietes (Gefahrenbereich

12.2 Festlegung

¹Der Gefahrenbereich richtet sich nach den bereits eingetretenen oder noch zu erwartenden radiologischen Auswirkungen. ²Er ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse wie Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstrukturen möglichst einfach für die Öffentlichkeit darstellbar festzulegen. ³Die Abgrenzung des Gefahrenbereichs ist der Schadensentwicklung anzupassen. ⁴Wird im Einzelfall nichts anderes entschieden, so gilt als Richtwert für die Abgrenzung des Gefahrenbereichs eine Dosis von 10 mSv (Eingreifrichtwert für Aufenthalt in Gebäuden). ⁵In welchen Gebieten dieser Wert erreicht wird, ergibt sich aus dem Radiologischen Lagebild. ⁶Sollte der Radiologische Stab in Ausnahmefällen kein Lagebild erstellen können, ist der Gefahrenbereich hilfsweise nach der Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 abzugrenzen und so zu legen, dass außerhalb des Gefahrenbereichs eine Gammadosisleistung von 25 µSv/h nicht überschritten wird. ⁷Der Gefahrenbereich beschränkt sich nicht auf das Evakuierungsgebiet, für das besondere Kriterien gelten (siehe Nr. 19). ⁸Auch wenn die Dosisrichtwerte für die als äußerste Schutzmaßnahme anzusehende Evakuierung (nach Nr. 8.2 (Tabelle) der Rahmenempfehlungen) nicht erreicht werden, können Vorsorge- und Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung in einem erweiterten Gefahrenbereich veranlasst sein. ⁹Die Abgrenzung des Gefahrenbereichs ist den beteiligten Einsatzkräften laufend mitzuteilen und auch der Öffentlichkeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt bekannt zu geben.

12.3 Sonderregelung für schnell ablaufende Ereignisse

Bei schnell ablaufenden Ereignissen wird vorläufig die Zentralzone als Gefahrenbereich festgelegt.

13.  Warnung der Bevölkerung und von besonderen Einrichtungen

¹Die gefährdete Bevölkerung in der Zentral- und Mittelzone ist bereits während der Alarmstufe „Voralarm“ zu informieren. ²Hierzu können Sirenen, Lautsprecherfahrzeuge und sonstige vorhandene Warninstrumente eingesetzt werden. ³Eine entsprechende Planung ist zu erstellen. ⁴Ergänzend sollen insbesondere folgende sich ggf. im gefährdeten Gebiet befindlichen Einrichtungen gesondert gewarnt und dazu angehalten werden, sich auf evtl. weitere notwendige Maßnahmen vorzubereiten:
– Schulen/Kindertageseinrichtungen,
– Hochschulen,
– Senioren-/Pflegeeinrichtungen,
– Krankenhäuser und Reha-Kliniken,
– Hotels, Touristikinformationen,
– Veranstalter von Messen, Events, Sportveranstaltungen,
– Industrieunternehmen, insbesondere Betriebe gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 3a BayKSG,
– Stromversorgungsunternehmen, Gasversorgungsunternehmen, Wasserver- und entsorgungsunternehmen (insbesondere Wassergewinnungsstellen),
– Eisenbahn-/Bus-/Taxiunternehmen,
– Wasser- und Schifffahrtsämter,
– Flugsicherung,
– Justizvollzugsanstalten.
⁵Hierfür sind in geeigneter Weise Vorplanungen zu treffen (Checkliste).

14.  Warnung vor dem Verzehr frisch geernteter bzw. kontaminierter Lebensmittel

¹Die einsatzleitende Regierung veranlasst in allen Planungszonen im hauptbeaufschlagten Sektor und seinen jeweils zwei Nachbarsektoren (hauptbeaufschlagter Sektor + die zwei rechts davon liegenden Nachbarsektoren + die zwei links vom hauptbeaufschlagten Sektor liegenden Nachbarsektoren = fünf Sektoren) die vorsorgliche Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Nahrungsmittel und möglicherweise kontaminierter Lebensmittel. ²Für dasselbe Gebiet ist auch vorsorglich der Hinweis herauszugeben, das Vieh nicht mit frisch geernteten Futtermitteln zu versorgen (entsprechend Nr. 4.11 der Rahmenempfehlungen). ³Das StMI gibt die Warnung per Rundfunk auf Veranlassung durch die einsatzleitende FüGK für den gesamten innerhalb Bayerns liegenden Bereich heraus.

15.  Information der Bevölkerung

¹Von erheblicher Bedeutung für die Bewältigung des Einsatzgeschehens ist es, die Bevölkerung möglichst frühzeitig und objektiv über den Unfallablauf zu informieren. ²Es sind daher entsprechende Vorplanungen notwendig, um dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung im Verlauf des Einsatzgeschehens gerecht zu werden. ³Um diese Aufgabe zu bewerkstelligen ist es notwendig, die vorhandenen Kapazitäten auf allen Ebenen des bayerischen Behördenaufbaus zu nutzen. ⁴Die Zuständigkeiten zur aktiven Information der Bevölkerung werden wie folgt abgegrenzt:

15.1  Zuständigkeit der betroffenen Kreisverwaltungsbehörde

¹Die Kreisverwaltungsbehörden sind für die Information der unmittelbar betroffenen Bevölkerung über die Einsatzmaßnahmen zuständig. ²Sie warnen die betroffene Bevölkerung und betreiben insbesondere ein Bürgertelefon, an das sich unmittelbar Betroffene wenden können.

15.2  Zuständigkeit der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde

Die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde informiert die Bevölkerung unter anderem durch Rundfunkdurchsagen über die vorgesehenen Einsatzmaßnahmen und erteilt die angezeigten Verhaltensempfehlungen.

15.3  Zuständigkeit der einsatzleitenden Regierung

¹Während des Einsatzes betreibt die einsatzleitende Regierung ein zentrales Pressezentrum. ²In diesem Pressezentrum soll im Verlauf der Einsatzbewältigung in der Regel zweimal täglich eine Pressekonferenz stattfinden, bei der die Regierung unter Hinzuziehung der notwendigen Institutionen über das aktuelle Gesamtlagebild informiert. ³Nach Möglichkeit ist der Betreiber der kerntechnischen Anlage zu beteiligen. ⁴Auf jeden Fall ist es durch die Etablierung eines Abstimmungsmechanismus zu vermeiden, dass etwaige Presseäußerungen des Anlagenbetreibers den Äußerungen der Behörden auf der zentralen Pressekonferenz widersprechen. ⁵Falls unterschiedliche Auffassungen zwischen den Behörden und dem Anlagenbetreiber bestehen und keine Einigung erzielt werden konnte, sollen die Behörden hierauf ausdrücklich hinweisen. ⁶Die einsatzleitende Regierung soll die Einrichtung des zentralen Pressezentrums an zwei Standorten in unterschiedlicher Entfernung zum Kernkraftwerk vorplanen. ⁷Im Internet informiert sie während der Einsatzbewältigung über die Lageentwicklung und die eingeleiteten Einsatzmaßnahmen. ⁸Um dies zu ermöglichen, bereitet sich die einsatzleitende Regierung durch die Erstellung von Darksites im Internet hierauf vor. ⁹Die Darksites sollen so gestaltet werden, dass sie im Einsatzfall schnell aktiviert und mit aktuellen Informationen befüllt werden können. 1⁰Es muss gewährleistet sein, dass sie den erwarteten Nutzerzahlen standhalten.

15.4  Ausnahme FRM II

¹Die Ausführungen unter Nr. 15.3 gelten nicht für den Forschungsreaktor FRM II. ²Das Landratsamt München hat in geeigneter Weise die Information der Öffentlichkeit für den Fall eines Unfalls im FRM II sicherzustellen, der Maßnahmen des Katastrophenschutzes erforderlich machen sollte.

15.5  Zuständigkeit der obersten Landesbehörden

Die obersten Landesbehörden stellen hauptsächlich allgemeine Grundlageninformationen bereit, die im Zusammenhang mit kerntechnischen Unfällen relevant sind.

16.  Verkehrslenkung und -beschränkung

16.1  Anwendung

¹Der Gefahrenbereich (Nr. 12) ist soweit möglich gegen einfließenden Verkehr abzusperren. ²Falls der Gefahrenbereich die Zentralzone überschreitet, können die Absperrmaßnahmen beim Fehlen der notwendigen Einsatzkräfte auf die Autobahnen, Bundes- und Staatsstraßen beschränkt werden. ³In den Gefahrenbereich sind lediglich Anlieger (die auf die Gefahrensituation hinzuweisen sind) sowie befugte, erforderlichenfalls mit der notwendigen Strahlenschutzausrüstung ausgestattete Einsatzkräfte des Brand- und Katastrophenschutzes und andere zur Katastrophenabwehr beauftragte Kräfte einzulassen (siehe

16.2  Einzuplanende Einsatzkräfte

Für die Verkehrslenkung sind Einsatzkräfte der Polizei einzuplanen, ggf. können auch andere Kräfte des Katastrophenschutzes zu diesem Zweck eingesetzt werden, soweit nicht ausreichend Einsatzkräfte der Polizei zur Verfügung stehen (Art. 10 BayKSG).

16.3  Verkehrslenkungspläne

¹Es sind durch die Polizeipräsidien in Abstimmung mit den zuständigen Katastrophenschutzbehörden und unter Einbeziehung der Autobahndirektionen und staatlichen Bauämter mit Straßenbauaufgaben abgestufte Verkehrslenkungspläne mit großräumigen Verkehrsumleitungen jeweils für folgende Bereiche um die kerntechnische Anlage vorzubereiten:
bei den Kernkraftwerken:
– ca. 5 Kilometer,
– ca. 20 Kilometer,
– ca. 100 Kilometer,
beim Forschungsreaktor FRM II:
– ca. 2 Kilometer,
– ca. 5 Kilometer.
²Falls der Betreiber das Ereignis als schnell ablaufendes Ereignis meldet oder wenn eine drohende oder bereits eingetretene Freisetzung radioaktiver Stoffe als Sofortmaßnahme die Absperrung der unmittelbaren Umgebung durch die Polizei erfordert, ohne dass eine entsprechende fachliche Gefahrenbeurteilung vorliegt, so sind hierzu Maßnahmen der Verkehrslenkung und Verkehrsbeschränkung für folgende Bereiche planmäßig vorzubereiten (Regelumleitung):
– bei Kernkraftwerken Zentralzone (5 Kilometer),
– beim FRM II Forschungsgelände der TU München.

17.  Kaliumjodidtabletten

17.1  Zweck

Durch die rechtzeitige Einnahme von nicht radioaktivem Jod kann die Aufnahme radioaktiven Jods, das bei einem kerntechnischen Unfall freigesetzt wird, und damit die Strahlenbelastung der Schilddrüse weitgehend verhindert werden.

17.2  Konzept Bevorratung und Verteilung von Kaliumjodidtabletten in Bayern

Das Nähere hierzu regelt das Konzept Bevorratung und Verteilung von Kaliumjodidtabletten in Bayern.

18.  Aufenthalt in Gebäuden

¹Der Aufenthalt in geschlossenen Räumen kann sowohl bei einer plötzlichen als auch bei einer nur vorübergehenden Freisetzung radioaktiver Stoffe die erste und/oder die zweckmäßigste Schutzmaßnahme darstellen; diese ist ferner angebracht, wenn die zu erwartende Strahlenbelastung relativ gering ist und eine vorsorgliche Evakuierung des betroffenen Gebietes nicht gerechtfertigt wäre. ²Die Entscheidung über den Aufenthalt im Gebäude ist in der Regel auf der Grundlage des radiologischen Lagebilds oder der Einschätzung der Verbindungsperson des Betreibers zu treffen. ³Bei der Entscheidung über die Anordnung des Aufenthalts im Gebäude sind insbesondere die Grenzen dieser Maßnahme zu berücksichtigen. ⁴Der Aufenthalt im Gebäude kann nur wenige Tage aufrechterhalten werden und ist anschließend wieder aufzuheben. ⁵Zur Durchführung dieser Maßnahme sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, z.B. Rundfunkdurchsagen mit Hinweisen für die betroffene Bevölkerung. ⁶Entsprechende Rundfunkdurchsagen sind durch die einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörden (Nr. 4.3.1) vorzubereiten (Auftragsblätter).

19.  Evakuierung

19.1  Entscheidung

Die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1) ist grundsätzlich für die Entscheidung über Art und Umfang eventueller Evakuierungsmaßnahmen zuständig.

19.1.1  Evakuierung Zentralzone

¹Die Entscheidung über die Evakuierung ist durch die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1) für ihr Zuständigkeitsgebiet zu treffen und unverzüglich den benachbarten Katastrophenschutzbehörden (Nr. 4.3.2), der zuständigen Regierung sowie dem StMI mitzuteilen. ²Ggf. sind auch Katastrophenschutzbehörden in anderen Bundesländern zu informieren, soweit sich ihr Zuständigkeitsbereich in der Zentral- und Mittelzone befindet. ³Außerdem sind die Kreisverwaltungsbehörden, die die Evakuierten aufnehmen sollen, unverzüglich zu informieren.

19.1.2  Evakuierung Mittelzone

¹Zuständig für die Entscheidung über die Evakuierung der Mittelzone bzw. von Teilen der Mittelzone ist die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1). ²Eine solche Entscheidung bedarf jedoch der Zustimmung des StMI. ³Die Zustimmung ist unverzüglich, noch vor der öffentlichen Bekanntgabe der Entscheidung bei der Führungsgruppe Katastrophenschutz Land Bayern einzuholen. ⁴Das StMI informiert, nachdem es die Zustimmung erteilt hat, alle Katastrophenschutzbehörden in Bayern, den Bund sowie die betroffenen Nachbarländer.

19.1.3  Evakuierung von Teilen der Außenzone

¹Zuständig für die Entscheidung über die Evakuierung von Teilen der Außenzone ist die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1). ²Die Ausführungen unter Nr. 19.1.2 sind sinngemäß anzuwenden.

19.1.4  Ausnahme FRM II

¹Die Ausführungen zu den Nrn. 19.1.1 bis 19.1.3 gelten nicht für einen etwaigen kerntechnischen Unfall im FRM II. ²Für die Entscheidung über Evakuierungsmaßnahmen beim FRM II ist das Landratsamt München zuständig. ³Die Anwendung von Art. 2 Abs. 3 BayKSG ist hierdurch jedoch nicht ausgeschlossen.

19.1.5  Entscheidungserhebliche Tatsachen

Bei der Entscheidung über Art und Umfang eventueller Evakuierungsmaßnahmen sind neben den Informationen über das Ausmaß und die typischen Merkmale des Ereignisses sowie die aktuelle Wetterlage (Nr. 5.5) folgende Faktoren von Bedeutung:
– die fachliche Bewertung des Radiologischen Stabs (bzw. soweit noch nicht vorhanden des Betreibers), ob im weiteren Verlauf der Schadensentwicklung die Eingreifrichtwerte nach Nr. 8.2 der Rahmenempfehlungen erreicht werden könnten und dies durch andere Maßnahmen, z.B. Aufenthalt im Gebäude, nicht vermieden werden kann,
– das hiervon unmittelbar bzw. im weiteren Verlauf betroffene Gebiet,
– die Anzahl der aus dem betroffenen Gebiet zu evakuierenden Personen und ihre Lebensbedingungen (z.B. Personen in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen),
– dicht besiedelte Gebiete, Ballungsräume, geografische Erschwernisse,
– das Vorhandensein von Anlagen und Einrichtungen mit besonderem Gefahrenpotential,
– die als Evakuierungswege geeigneten Straßen,
– der Zeitbedarf für
die Bereitstellung von Transportmitteln,
die Verlegung der betroffenen Personen zu den Verteilstellen bzw. Aufnahmegebieten.

19.2  Evakuierungsplanung

19.2.1  Evakuierungsstufen

19.2.1.1  Kernkraftwerke

¹Für die Kernkraftwerke, die sich noch im Leistungsbetrieb befinden oder innerhalb der letzten drei Jahre endgültig stillgelegt wurden, sind abgestufte Evakuierungsmaßnahmen wie folgt vorzubereiten:
²
umfasst die Zentralzone (Bereich bis ca. 5 Kilometer).
³
umfasst zusätzlich zur Evakuierungsstufe 1 die Mittelzone (Bereich bis ca. 20 Kilometer). ⁴Im Rahmen der Planung ist die Evakuierungsstufe 2 nach eindeutig abgrenzbaren Bereichen zu unterteilen (z.B. Gemeinden, Gemeindeteile und Ähnliches). ⁵Es soll dadurch ermöglicht werden, je nach Ausbreitungsrichtung und Wetterlage nur bestimmte Bereiche zu evakuieren bzw. die Priorität bei der Evakuierung auf bestimmte Bereiche in Ausbreitungsrichtung zu legen und das Gebiet aufeinanderfolgend in mehreren Abschnitten zu evakuieren.
umfasst zusätzlich zur Evakuierungsstufe 2 die Außenzone (Bereich bis ca. 100 Kilometer) und ggf. auch weiter entfernt liegende Gebiete.

19.2.1.2  Forschungsreaktor

¹Für den Forschungsreaktor FRM II sind im Benehmen mit dem Betreiber folgende abgestufte Evakuierungsmaßnahmen vorzubereiten:
²
umfasst das Forschungsgelände der TU München um den FRM II. ³Hierzu ist eine entsprechende Alarmierungsplanung bei der Integrierten Leitstelle München und bei der Feuerwehreinsatzzentrale des Landkreises München zu erstellen, die per Alarmstichwort durch berechtigte Personen der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1) ausgelöst werden kann.
umfasst zusätzliche Gemeinden, Ortsteile und Gehöfte bis zu einer Entfernung von ca. 2 Kilometern.
ist für diese Anlage nicht vorzusehen.

19.2.2  Schnell ablaufende Ereignisse und Sofortmaßnahmen

Die Evakuierung des Bereichs der Evakuierungsstufe 1 kann bei schnell ablaufenden Ereignissen, bzw. wenn die radiologische Bewertung dies rechtfertigt, auch als vorsorgliche Sofortmaßnahme durch die einsatzleitende Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1) veranlasst werden.

19.2.3  Planungsrichtwerte

¹Bei der Bemessung der erforderlichen Transportkapazitäten ist davon auszugehen, dass ca. 75 % der Gesamtzahl der zu Evakuierenden (ohne Berücksichtigung der besonderen Einrichtungen im Evakuierungsgebiet) selbstständig das Evakuierungsgebiet mit einem eigenen Transportmittel verlassen werden. ²Bei der Gestellung der Transportmittel für den Teil der zu Evakuierenden, der nicht selbst das Evakuierungsgebiet verlassen kann, ist ein ausreichender Puffer für die Mitnahme von Gepäck einzurechnen. ³Bei der Bemessung der Transportkapazitäten sind nur zwei Drittel der verfügbaren Kapazität des Transportmittels zu berücksichtigen.

19.2.4  Vorbereitung der Evakuierungsstufe 1

¹Die Evakuierung in diesem Bereich ist so vorzuplanen, dass sie

19.2.5  Vorbereitung der Evakuierungsstufe 2

¹Die Evakuierung in diesem Bereich ist so vorzuplanen, dass sie im jeweils betroffenen Bereich

19.2.6  Vorbereitung der Evakuierungsstufe 3

¹Für den bei Kernkraftwerken der Evakuierungsstufe 3 zuzuordnenden Bereich der Außenzone (20 bis 100 Kilometer) und für weiter entfernt liegende Gebiete sind gemäß Nr. 7 der Planungsgebiete besondere objektbezogene Evakuierungsmaßnahmen des Katastrophenschutzes nicht planmäßig vorzubereiten. ²Für die in diesem Bereich ggf. zu veranlassenden Evakuierungen sind Vorbereitungen zu treffen, die sich nach den Vorgaben der Richtlinien für Evakuierungsplanungen in der jeweils geltenden Fassung richten. ³Die im weiteren Verlauf für dieses Gebiet unter ungünstigen Umständen ggf. erforderliche Evakuierung im Sinne einer vorübergehenden oder dauerhaften „Umsiedlung“ von Personen aus stark kontaminierten Gebieten unterscheidet sich von der Evakuierung als Sofortmaßnahme der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1) vor allem durch den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen (mehrere Tage, Wochen), bis zu dem diese Maßnahme durchgeführt werden müsste, ohne dass bis dahin eine Überschreitung der Eingreifrichtwerte nach Nr. 8.2 (Tabelle) der Rahmenempfehlungen zu erwarten ist. ⁴Wenn keine akute Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung besteht, die nur durch die Katastrophenschutzbehörde beseitigt werden könnte (Art. 1 Abs. 1 BayKSG), wird es sich hierbei um Umsiedlungsmaßnahmen nach dem StrVG zur Minimierung der Strahlenbelastung handeln (§ 9 StrVG), die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) oder vom StMUV angeordnet werden und deren Durchführung von den Katastrophenschutzbehörden ggf. in Amtshilfe unterstützt wird.

19.2.7  Evakuierungsverfahren/Verlassen des Evakuierungsgebiets

¹Im Regelfall soll die Evakuierung über Verteilstellen (Nr. 19.2.8) erfolgen. ²Der Teil der Bevölkerung, der
– das Evakuierungsgebiet selbstständig verlässt, ist per Rundfunk und soweit vorhanden weitere geeignete Mittel über die eingerichteten Verteilstellen oder ggf. die eingerichteten Notfallstationen zu informieren;
– auf die Bereitstellung von Transportmitteln durch die Katastrophenschutzbehörden angewiesen ist, wird über im Rundfunk und ggf. auf anderen Wegen bekannt gegebene Sammelstellen zu den Verteilstellen oder den Notfallstationen evakuiert;
– auf besondere Hilfe, Betreuung und Unterstützung angewiesen ist, z.B. bettlägerig Kranke, Pflegebedürftige, Häftlinge und Insassen geschlossener psychiatrischer Abteilungen, wird direkt zu geeigneten Einrichtungen evakuiert.
³Bei der Planung der Evakuierungsstufe 1 bei Kernkraftwerken sowie der Planung der Evakuierungsstufen 1 und 2 beim FRM II kann auch eine direkte Zuweisung der Bevölkerung zu einem festen Aufnahmegebiet erfolgen. ⁴Das fest zugewiesene Aufnahmegebiet muss sich in diesem Fall in ausreichender Entfernung zum Kernkraftwerk befinden, mindestens 60 Kilometer, und soll bei Betrachtung der durchschnittlichen Wetterlage am Kernkraftwerksstandort nicht in einer der Windrichtungen liegen, in die der Wind im Jahresmittel am häufigsten weht. ⁵Die von der Aufnahme der Bevölkerung betroffenen Katastrophenschutzbehörden müssen in diesem Fall in der Planungsphase der festen Zuweisung der evakuierten Bevölkerung in ihren Zuständigkeitsbereich, sofern die Zahl der zugewiesenen Personen über die Vorgaben für die allgemeine Katastrophenschutzplanung hinausgeht, zustimmen.

19.2.8  Verteilstellen

¹Für die Bevölkerung, die sich im Planungsgebiet der Evakuierungsstufen 1 und 2 befindet, sind, sofern keine direkte Zuweisung zu einem Aufnahmegebiet erfolgt ist (siehe Nr. 19.2.7), in zwei Ringen um die Kernkraftwerke in einer Entfernung von ca. 40 bis 60 Kilometern und in einer Entfernung von ca. 80 bis 100 Kilometern Verteilstellen vorzuplanen. ²Im Benehmen mit den dort zuständigen Kreisverwaltungsbehörden sind für den vorübergehenden Aufenthalt und die Versorgung einer größeren Personenzahl geeignete Objekte (Schulen, Sportanlagen und ähnliche Einrichtungen) zu erfassen. ³Die Verteilstellen sollen für folgende Aufgaben ausgelegt sein:
– Information der Betroffenen über das Ereignis,
– Weitervermittlung der evakuierten Bevölkerung in die Aufnahmegebiete,
– Bereitstellung von Betreuungskapazitäten und Verpflegungsmöglichkeiten für die Zeit des Aufenthalts der Betroffenen in der Verteilstelle.
⁴Die notwendigen Vorkehrungen für den Aufbau und Betrieb einer Verteilstelle sind von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde in einem objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplan vorzuplanen.

19.2.9  Weiterverteilung der Evakuierten und Unterbringung

¹Um die Verteilstellen nicht zu überlasten, sind bereits frühzeitig Vorkehrungen für die Weiterverteilung der Evakuierten zu treffen. ²Die Unterbringung der Evakuierten soll bei den Kernkraftwerken entsprechend der Einschätzung der weiteren Lageentwicklung mindestens außerhalb des 60-Kilometer-Radius der betroffenen Anlage erfolgen. ³Dem StMI sind von der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde (Nr. 4.3.1) unmittelbar nach der Entscheidung über die Evakuierung die Zahl der benötigten Unterbringungsplätze außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde sowie die Erreichbarkeitsdaten der aufgerufenen Verteilstellen mitzuteilen. ⁴Das StMI veranlasst die Einrichtung der benötigten Anlaufstellen in den anderen Regierungsbezirken, ggf. werden benachbarte Bundesländer um die Einrichtung weiterer Notunterbringungsplätze gebeten. ⁵Für die Aufnahmeplanung gelten die Richtlinien für Evakuierungsplanungen. ⁶Der Transport nicht selbstständig zu Evakuierender von den Verteilstellen zu den Anlaufstellen ist gegenüber der Evakuierung aus dem Evakuierungsgebiet nachrangig. ⁷Soweit erforderlich sollen die zu Evakuierenden, wenn sie über kein eigenes Transportmittel verfügen, bei der Unterbringung innerhalb Bayerns mit vom aufnehmenden Landkreis organisierten Transportmitteln abgeholt werden. ⁸Des Weiteren kommen als weitere Transportmittel auch die regulären Verbindungen des Schienenpersonenverkehrs in Betracht, die zum Transport der Evakuierten in die Aufnahmelandkreise genutzt werden können.

19.2.10  Verkehrslenkungsplan für die Evakuierung

¹Die zuständigen Polizeipräsidien erstellen für die Fahrtstrecke vom Evakuierungsgebiet zu den Verteilstellen in Abstimmung mit den zuständigen Regierungen und den Autobahndirektionen und Staatlichen Bauämtern mit Straßenbauaufgaben Verkehrslenkungspläne. ²Auf dieser Grundlage ist ein überregionaler Verkehrslenkungsplan zur Weiterverteilung der Evakuierten durch das StMI in Zusammenarbeit mit der einsatzleitenden Regierung und den anderen zuständigen Regierungen sowie der bayerischen Polizei zu erstellen. ³Der Verkehrslenkungsplan orientiert sich an der Leistungsfähigkeit der Verkehrswege. ⁴Der Evakuierungsverkehr ist grundsätzlich auf dem kürzesten Weg aus dem Evakuierungsgebiet herauszuführen. ⁵Für den Verkehr der Einsatzkräfte im Einsatzgebiet sind soweit möglich spezielle Straßen auszuweisen und für den regulären Verkehr zu sperren.

19.2.11  Ausnahme FRM II

¹Die Ausführung unter Nrn. 19.2.4 bis 19.2.10 gelten nicht für die Planung von etwaigen Evakuierungsmaßnahmen für den Forschungsreaktor FRM II. ²Für die Evakuierungsplanung beim FRM II sind die Richtlinien für Evakuierungsplanungen in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. ³Die Unterbringung der Betroffenen der Evakuierung soll je nach Lageentwicklung mindestens in einer Entfernung von 10 Kilometern erfolgen.

20.  Dekontaminationsplätze

20.1  Personendekontamination

Die Dekontamination von Personen erfolgt in der Regel in Notfallstationen (Nr. 21).

20.2  Dekontamination von Einsatzfahrzeugen und -geräten

¹Für die Dekontamination der Einsatzfahrzeuge und -geräte sind in der Außenzone in einer Entfernung von mehr als 30 Kilometern mehrere geeignete Waschstraßen zu erfassen. ²Ergänzend sind für die Dekontamination größerer Fahrzeuge an geeigneten Örtlichkeiten sogenannte „Dekontaminationsplätze“ einzurichten. ³Im Benehmen mit der Wasserwirtschaft ist hierfür unter Berücksichtigung einer günstigen Verkehrsanbindung in den vier Himmelsrichtungen in der Außenzone mindestens jeweils ein geeignetes Objekt in einer Entfernung von mehr als 30 Kilometern zu erkunden. ⁴Da an diesen Stellen auch radioaktive Abfälle (radioaktives Abwasser, feste Abfälle usw.) anfallen, sind Dekontaminationsplätze nur in Gebieten vorzusehen, die aus Gründen des Gewässerschutzes unbedenklich sind. ⁵Wasserschutzgebiete sind in den Einsatzkarten der FüGK als Sperrgebiete für Dekontaminationsplätze zu hinterlegen. ⁶Die notwendigen Maßnahmen für die Vorbereitung sind durch die örtlich zuständige Kreisverwaltungsbehörde zu erfassen.

21.  Notfallstationen

21.1  Zweck der Notfallstationen

¹Die Einrichtung und Inbetriebnahme von Notfallstationen ist erforderlich, wenn nach einem kerntechnischen Unfall durch die Freisetzung radioaktiver Stoffe zu besorgen ist, dass eine größere Anzahl von Personen kontaminiert ist oder kann erfolgen, wenn ein erhebliches öffentliches Interesse bei der Bevölkerung aus dem Gefahrenbereich zur Abschätzung der Strahlenexposition besteht. ²Die alarmplanmäßige Erfassung und Vorbereitung von Notfallstationen soll eine schnellstmögliche Inbetriebnahme sicherstellen, um zu vermeiden, dass betroffene Personen kontaminiert und ohne eine Abschätzung der Strahlenexposition sowie die Feststellung eines etwaigen weiteren medizinischen Behandlungsbedarfs in die Aufnahmegebiete evakuiert werden (siehe auch

21.2  Vorzuplanende Notfallstationsobjekte

¹Für die Einrichtung und den Betrieb von Notfallstationen sind bei Kernkraftwerken in den vier Himmelsrichtungen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten jeweils fünf bis sieben geeignete Objekte in der Nähe der geplanten Evakuierungsstraßen (Nr. 19.2.10) vorzusehen, davon
– ein Objekt in der Mittelzone (5 bis 20 Kilometer),
– mindestens vier außerhalb der Mittelzone in einer Entfernung von 40 bis 60 Kilometern.
²Für den FRM II sind davon abweichend drei Objekte in verschiedenen Windrichtungen mindestens in einer Entfernung von 3 Kilometern zur Anlage vorzusehen. ³Als geeignete Objekte kommen vor allem Anlagen in Betracht, die über eine günstige Verkehrsanbindung und ausreichend Parkplätze verfügen. ⁴Geeignet sind Gebäude mit einer Vielzahl von ebenerdigen Räumen und Duschen, z.B. Turnhallen, Schwimmbäder, Schulen, Heime und ähnliche Einrichtungen.

21.3  Notfallstationseinheiten

¹Zur Besetzung der Notfallstationsobjekte stehen in Bayern Notfallstationseinheiten zur Verfügung. ²Darüber hinaus können weitere Notfallstationseinheiten aus anderen Bundesländern angefordert werden. ³Soweit zeitlich möglich, sollen zur Besetzung der Notfallstationsobjekte überregionale Notfallstationseinheiten angefordert werden, um die örtlich vorhandenen Kräfte von dieser Aufgabe freizustellen. ⁴Dies ist entsprechend vorzuplanen.

21.4  Modell Notfallstation Bayern

Das Nähere zu den Anforderungen an Notfallstationsobjekte sowie zur Aufstellung und Ausstattung der bayerischen Notfallstationseinheiten regelt das Modell Notfallstation Bayern.

22.  Maßnahmen-Überwachung

¹Während des Einsatzes ist die Zweckmäßigkeit und Konvergenz aller ergangenen Verhaltensempfehlungen und Anordnungen der Katastrophenschutzbehörden und der Strahlenschutzvorsorgebehörden von der einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörde für den gesamten Gefahrenbereich zu überwachen. ²Es ist strikt darauf zu achten, dass nicht mehr erforderliche Verhaltensempfehlungen und Anordnungen zeitnah aufgehoben werden und dass die Bevölkerung jeweils in geeigneter Weise über die Aufhebung der Verhaltensempfehlung oder Anordnung informiert wird.

23.  Katastrophenschutzübungen

¹Zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der für Notfallschutzmaßnahmen bei kerntechnischen Unfällen einzusetzenden Kräfte ist eine regelmäßige Aus- und Fortbildung erforderlich. ²Unter Beteiligung aller hierfür vorgesehenen Kräfte sind durchzuführen:

23.1  Notfallstationsübungen

¹Einrichtung und probeweise Inbetriebnahme von Notfallstationen in den dafür vorgesehenen Objekten. ²Einzubeziehen sind die Bayerischen Notfallstationseinheiten. ³Für die Durchführung der Übungen ist die einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2) zuständig. ⁴Das LfU und die staatlichen Feuerwehrschulen unterstützen nach Möglichkeit bei der Planung bzw. Durchführung.

23.2  Mess- und Probenahmeübungen

Die einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2) hat Mess- und Probenahmeübungen in Zusammenarbeit mit dem LfU und den staatlichen Feuerwehrschulen durchzuführen, bei denen der Aufbau einer Messleitstelle, einer Probensammelstelle sowie der Einsatz der der kerntechnischen Anlage direkt zugeordneten CBRN-ErkW geübt wird.

23.3  Planbesprechung

¹Planbesprechungen sind immer dann durchzuführen, wenn die nukleare Katastrophenschutzplanung wesentlich geändert wird, wobei hier auch Besprechungen mit nur einem Teil der betroffenen Behörden, Dienststellen und Organisationen infrage kommen. ²Die Beurteilung, wann demnach Planbesprechungen erforderlich sind, obliegt der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2).

23.4  Stabsrahmenübungen

Zur Schulung der Mitglieder der FüGK der zuständigen Katastrophenschutzbehörden, zur Erprobung der Zusammenarbeit mit den beteiligten Behörden, Dienststellen und Organisationen (einschließlich benachbarter bayerischer und außerbayerischer Stellen) und zur Überprüfung der Kommunikationswege sind Stabsrahmenübungen durchzuführen.

23.5  Übungsszenarien

¹Für Notfallstationsübungen (Nr. 23.1) und Stabsrahmenübungen (Nr. 23.4) sind als Ausgangslage hypothetische Unfälle in der kerntechnischen Anlage mit einer Freisetzung radioaktiver Stoffe in die unmittelbare Umgebung zugrunde zu legen. ²Dabei ist der gedachte Schadensverlauf unabhängig von Anlagenkriterien so zu gestalten, dass die Alarmmaßnahmen 1 und 2 der Alarmstufe Katastrophenalarm (vergleiche Nr. 3.10 der Rahmenempfehlungen) behandelt werden können. ³Das erforderliche Szenario wird vom LfU auf Anforderung ausgearbeitet und zur Verfügung gestellt.

23.6  Zuständigkeit für die Vorbereitung, Organisation und Auswertung der Übungen

¹Die einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2) ist für die Organisation und Auswertung der Übungen nach den Nrn. 23.1 bis 23.4 bei Kernkraftwerken zuständig. ²Abweichend hiervon ist beim FRM II die Regierung von Oberbayern für die Organisation der Übungen nach den Nrn. 23.1 und 23.2 und das Landratsamt München für die Organisation der Übungen nach den Nrn. 23.3 und 23.4 zuständig. ³Das StMI und die Katastrophenschutzbehörden, die einen objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplan nach diesen Richtlinien zu erstellen haben, sind in die Vorbereitungen miteinzubeziehen. ⁴Diese Behörden haben die Übungsvorbereitungen nach ihren Möglichkeiten und Zuständigkeiten zu unterstützen. ⁵Dies gilt auch für Katastrophenschutzbehörden, die für die Notfallstationseinheiten und Notfallstationsobjekte und Verteilstellen zuständig sind.

23.7  Übungsrhythmus

Den Mindest-Übungsrhythmus zur Durchführung von Übungen nach den Nrn. 23.1, 23.2 und 23.4 legt die

24.  Nicht im Leistungsbetrieb befindliche Anlagen

¹Soweit das StMI keine gesonderten Regelungen per IMS trifft, gelten diese Richtlinien auch für Kernkraftwerke, die sich nicht mehr im Leistungsbetrieb befinden und noch nicht kernbrennstofffrei sind. ²Wenn eine kerntechnische Anlage kernbrennstofffrei ist, kann die Notfallplanung aufgehoben werden. ³Hierbei ist zu prüfen, ob durch die Notfallplanung auch andere Gefahrenpotenziale mit abgedeckt wurden, z.B. Brennelemente-Zwischenlager. ⁴In diesem Fall ist die Planung entsprechend anzupassen.

25.  Information der Öffentlichkeit über die Katastrophenschutzplanungen

¹Sowohl die allgemeinen Katastrophenschutzpläne als auch die objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne für die Umgebung kerntechnischer Anlagen sind wegen der darin enthaltenen Namen, Anschriften und Kommunikationsverbindungen grundsätzlich mit dem Verschlussgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ einzustufen. ²Damit soll vor allem der Datenschutz und die notwendige Sicherheit der Kommunikationsverbindungen im Ernstfall gewährleistet sein. ³Um dem besonderen Interesse der Öffentlichkeit an der Unterrichtung über die geplanten Notfallschutzmaßnahmen des Katastrophenschutzes für die kerntechnischen Anlagen zu entsprechen, sind alle nach diesen Richtlinien anzufertigenden Katastrophenschutz-Sonderpläne in einer aufbereiteten Ausfertigung, das heißt ohne personenbezogene und sicherheitsrelevante Angaben, auf Anforderung zur Einsichtnahme offenzulegen.

26.  Verteiler

¹Vollständige Ausfertigungen der objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne, einschließlich der Alarm- und Einsatz-, Evakuierungs- und Anschlusspläne (ohne die Planungsunterlagen nach
– Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI),
– Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV),
– zuständige Regierung,
– einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2),
– Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU),
– zuständiges Polizeipräsidium.
²Im Fall der Aktualisierung kann der Versand auf die geänderten Unterlagen beschränkt werden. ³Die Hinweise unter Nr. 25 gelten auch für die auszugsweise Weitergabe von Teilen der Katastrophenschutz-Sonderpläne und ihrer Anlagen.

27.  Übergangsregelung

¹Die zuständigen Katastrophenschutzbehörden haben ihre objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinien zügig zu überarbeiten bzw. neu zu erstellen. ²Die neuen Sonderpläne sind aufeinander abgestimmt in Kraft zu setzen. ³Das Inkrafttreten wird von der jeweils zuständigen einsatzleitenden Regierung koordiniert. ⁴Hierbei ist darauf zu achten, dass während des Übergangsprozesses zu jeder Zeit sichergestellt ist, dass sich die aktuell gültigen Planungen für den Fall des Eintritts eines Ereignisses nicht widersprechen. ⁵Das StMI kann per IMS Fristen zur Umsetzung dieser Richtlinien setzen. ⁶Bis zum Inkrafttreten der neuen Planungen kann die Bekanntmachung vom 16. Oktober 1990 (AllMBl. S. 780, 810) weiterhin übergangsweise angewendet werden.

28.  Inkrafttreten, Außerkrafttreten

¹Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. ²Die Bekanntmachung vom 16. Oktober 1990 (AllMBl. S. 780, 810) tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Günther Schuster
Ministerialdirektor

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