Grundsätze für die Inventarisation der Kunst- und Geschichtsdenkmäler Bayerns
Die von Georg Hager entwickelten bayerischen Grundsätze der Inventarisation wurden im Ministerialblatt für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 9. April 1904 veröffentlicht und zuletzt 1971 überarbeitet.
Nach den Grundsätzen von 1904 sind inzwischen 103 Bände der Reihe „Die Kunstdenkmäler von Bayern" (Großinventare) bearbeitet worden, darunter neun Bände für den ehemaligen bayerischen Regierungsbezirk Pfalz. Zuletzt ist 1972 der Band „Landkreis Dillingen a. d. Donau" erschienen. Einschließlich der seit 1892 herausgegebenen Oberbayern-Hefte liegen die nicht mehr greifbaren Bände dieser Reihe nun auch wieder in dem 1982/84 hergestellten Reprint des Oldenbourg-Verlages vor. Die großen Lücken der Inventarisation in Mittelfranken, Oberfranken und Schwaben wurden durch die seit 1958 erschienenen 34 Bände der Reihe „Bayerische Kunstdenkmale" (Kurzinventare) geschlossen, die damit ihr Ziel erreicht hat und nicht weitergeführt wird.
Auf den Ergebnissen der Großinventare wie der Kurzinventare fußt die moderne Erfassung der bayerischen Denkmäler in Listen. Die Listenerfassung geht streng von der Definition des Denkmals nach Art. 1 Denkmalschutzgesetz aus. Danach wurden seit dem Erlass des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes, von 1973 die ca. 110.000 Baudenkmäler und ca. 10.000 archäologischen Geländedenkmäler in den Denkmallisten erfasst und einschließlich der Beschreibung der Ensembles in den Bänden I-VII der Reihe „Denkmäler in Bayern" 1985/86 veröffentlicht.
Die wissenschaftliche Erfassung der archäologischen Geländedenkmäler (obertägige Bodendenkmäler) in der Reihe B der „Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte" konnte noch nicht abgeschlossen werden. Mit der Inventarisation der Bodendenkmäler durch die Abteilung archäologische Denkmalpflege des Landesamtes ist ein neuer Anfang gemacht worden.
Dass die „klassische" Inventarisation der Bau- und Kunstdenkmäler seit bald zwei Jahrzehnten stagnierte, hängt mit der durch das Denkmalschutzgesetz notwendigen Listenerfassung zusammen. Diese Erfassung erfolgte auf der Grundlage des neu definierten Denkmalbegriffs, wie er heute auch der Inventarisation zugrunde gelegt wird, allerdings mit der Maßgabe, dass auch untergegangene oder nur überlieferungsgeschichtlich bedeutende Monumente Berücksichtigung finden können. Die Weiterführung der Inventarisation soll nicht nur die bisher mit den begrenzten Mitteln der Kurzinventare bearbeiteten Lücken in Oberfranken, Mittelfranken und Schwaben schließen, sondern auch als Neubeginn in Oberbayern erfolgen.
Nachstehend werden die vom Landesamt für Denkmalpflege unter Beteiligung des Landesdenkmalrats erarbeiteten Grundsätze für die Inventarisation der Kunst- und Geschichtsdenkmäler Bayerns neu veröffentlicht. Sie lösen die am 9. April 1904 im Ministerialblatt für Kirchen- und Schulangelegenheiten veröffentlichten Grundsätze für die Inventarisation der Kunstdenkmäler Bayerns ab.
Gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz) hat das Landesamt für Denkmalpflege die Aufgabe, die „Inventare" zu erstellen und fortzuführen. Unter Inventarisation versteht man die vollständige und präzise Erfassung der Denkmäler mit wissenschaftlichen Methoden und ihre Beschreibung durch Text, Abbildungen, Pläne usw. aufgrund allgemeiner oder auf den konkreten Einzelfall bezogener wissenschaftlicher Untersuchungen. Der materielle Bestand der aus der Geschichte ererbten Gegenstände ist ebenso zu erforschen und darzustellen wie die Traditionen, die schriftlich, bildlich oder auch mündlich zu diesen Gegenständen fassbar sind.
Die Inventarisation der Kunst- und Geschichtsdenkmäler hat als fundamentale Bestandserfassung die Denkmäler bewusst zu machen und damit ihre Erhaltung zu ermöglichen. Gegenstände werden als Denkmäler bewusst, wenn sich ihre geschichtlichen Aussagen und Überlieferungen mit ihrer anschaulichen Erscheinung so verbinden lässt, dass ihre Bedeutung erkennbar wird. Inventarisation eröffnet damit eine Chance, die Liebe zur monumentalen Überlieferung, zu den Denkmälern zu wecken. Sie ist Grundlage des Denkmalschutzes und eine Voraussetzung für die praktische Bau- und Kunstdenkmalpflege.
Mit Ausnahme der in einer eigenen Reihe zu inventarisierenden Bodendenkmäler sind in der Reihe „Die Kunstdenkmäler von Bayern" alle Denkmäler gemäß der Definition des Art. 1 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz aufzunehmen, die gemäß Art. 3 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz geschützt sind. Der im Reihentitel beibehaltene Begriff „Kunstdenkmal" ist also im weitesten Sinn zu verstehen. Selbstverständlich werden nicht nur kirchliche und profane Kunstdenkmäler, sondern sämtliche Gattungen von Geschichtsdenkmälern aufgenommen. Dabei ist Vollständigkeit des Inventars anzustreben. Öffentliche Sammlungen werden im Allgemeinen nicht einbezogen und hier nur unter Umständen auf das in Zusammenhang mit den Denkmälern der Region besonders Wichtige hingewiesen. Auch abgegangene Baudenkmäler sind Gegenstand der Darstellung, soweit sie zum Verständnis der erhaltenen Baudenkmäler beitragen; somit sind Hinweise auf zerstörte, nicht mehr bestehende Objekte, zum Beispiel Klöster, Kirchen, Burgen und Befestigungsanlagen, unter Angabe der Literatur und etwaiger alter Abbildungen geboten.
Im Allgemeinen gilt für die Bearbeitung der Grundsatz: Das Inventar ist nicht eine rein beschreibende Aufzählung, sondern eine wissenschaftliche Quellensammlung. Die Arbeit beruht auf gewissenhafter - wenn möglich selbständiger - wissenschaftlicher Untersuchung. Eine weit ausholende Untersuchung und eine erschöpfende Darstellung können nicht beabsichtigt sein, doch muss das Inventar für weitere Untersuchungen die nötige Orientierung und die entsprechenden Anhaltspunkte bieten. Dabei erfolgt die Inventarisation im Benehmen mit den betroffenen Kommunen.
Die Bearbeitung wie die Veröffentlichung erfolgt nach Regierungsbezirken, innerhalb dieser nach Landkreisen bzw. Städten. Innerhalb der Landkreise hält sich das Inventar an die alphabetische Folge der Ortsnamen. Bei größeren Städten und Landkreisen kann mit Rücksicht auf die Handlichkeit des Inventars und die Möglichkeiten der Bearbeitung eine Teilung in mehrere Bände erfolgen, wobei die topographische Abgrenzung nach Möglichkeit die geschichtlichen Strukturen berücksichtigen sollte. Grundeinheit der Darstellung ist jeweils der durch seine Geschichte identifizierte Ort.
Der Ort wird zunächst als eine Gesamtheit ins Auge gefasst und in seiner historisch gewachsenen Struktur beschrieben. Innerhalb des Ortes werden an erster Stelle die kirchlichen, dann die profanen Denkmäler behandelt. Sind mehrere Kirchen an einem Ort, so geht derjenige Bau voraus, mit welchem die Anfänge und die älteste Geschichte des Ortes verknüpft ist, also in der Regel die Hauptkirche. Bauliche Annexe, wie Kreuzgänge, Klostergebäude, Kapellen bei einer Kirche werden in dem Zusammenhang, zu dem sie gehören, behandelt. Bei den profanen Denkmälern wird zunächst die Ortsbefestigung dargestellt. Dann folgen die öffentlichen Gebäude, geordnet nach ihrer Bedeutung, dann die Privatbauten, dann die öffentlichen Denkmäler wie Brunnen, Flurdenkmäler usw.
Bei der jedem Band vorangestellten historischen Einleitung handelt es sich nicht etwa um eine möglichst umfassende Darstellung der Lokalgeschichte, sondern um die Darstellung einer denkmalkundlichen Gesamtstruktur vor dem Hintergrund der jeweiligen territorialgeschichtlichen Entwicklung unter Berücksichtigung der Siedlungsverhältnisse, der Handels- und Verkehrsverhältnisse usw., wobei auch die den äußeren Rahmen des Bandes bildende moderne Kreis- bzw. Gemeindeeinteilung in ihrem Verhältnis zu den in den Denkmälern zum Ausdruck kommenden, geschichtlichen Zusammenhängen besonders zu würdigen ist.
Das Denkmälerinventar ist weder ein Repertorium von Schriftquellen noch eine Regestensammlung. Die Fragestellungen vor dem Objekt bestimmen, welche Quellen aufgesucht werden; nur in seltenen Fällen werden ganze Quellenkomplexe systematisch durchzusehen sein. Besondere Aufmerksamkeit ist der Erschließung der Bildquellen (alte Ansichten und Pläne, vor allem auch alte Stadtpläne) zuzuwenden. Pläne von Baudenkmälern sind auszuwerten und zu verzeichnen, insoweit sie wesentliche Vorgänge oder Zustände dokumentieren. Das gleiche gilt von alten Darstellungen durch Malerei, Graphik, Photographie.
Der Text des Inventars wird also begleitet von einem Apparat aus Zusammenstellungen und Anmerkungen. Der Behandlung des Gegenstandes selbst wird der listenmäßige Nachweis der Schrift- und Bildquellen sowie der Literatur vorangestellt; beides wird jeweils chronologisch, die Literatur nach Erscheinungsjahr, angeordnet. Bei diesen Nachweisen muss die Auffindbarkeit in Archiv und Bibliothek gewährleistet sein. Dem dienen bei den Schriftquellen die Angabe von Standort und Signatur, ebenso bei den Bildquellen, bei denen die Maße genannt werden, soweit es sich nicht um Reproduktionsgraphik handelt. Die Literatur wird nach allgemeinen bibliographischen Regeln angegeben: Verfassername, Titel, Erscheinungsort, Erscheinungsjahr. Bei Zeitschriftenveröffentlichungen folgt nach dem Titel des jeweiligen Beitrags der Titel der Zeitschrift, Jahrgangszahl, Jahr und Seiten. Für öfter zu nennende Literatur können Abkürzungen und Siglen verwendet oder auch Schlagworte angegeben werden, meist der Name des Verfassers und ein dem Titel entnommenes Schlagwort. Sämtliche Abkürzungen und Siglen sind im Abkürzungsverzeichnis aufzuführen und aufzulösen.
Soweit eine Quelle oder eine Literaturstelle unmittelbar zu einem Argument zu zitieren ist, kann dies in Anmerkungen erfolgen, welche die Seiten begleiten. Dies ist insbesondere dann der Fäll, wenn auf eine abweichende Meinung oder Interpretation hinzuweisen ist.
Die Darstellung des einzelnen Baudenkmals beginnt mit seiner Benennung. Benannt wird das Baudenkmal wenn irgend möglich mit dem historischen Namen, der meist auch die Funktion anzeigt, welche den Denkmalcharakter mitbegründet. Bei kirchlichen Gebäuden ist möglichst der Titulus (Weihetitel) zu nennen, ferner die Konfession und die Eigenschaft der Kirche (Pfarrkirche, Filialkirche, Nebenkirche usw.).
Der Beschreibung eines Baudenkmals werden die baugeschichtlichen Angaben vorausgestellt. Vor allem bei größeren Denkmalkomplexen wird es sich empfehlen, vorab, gegebenenfalls regestenmäßig, die Überlieferung zur Baugeschichte aus den Quellen darzustellen. Die analytische und würdigende Beschreibung des Baudenkmals, auch als Quelle seiner eigenen Geschichte, beginnt dann mit einer Charakterisierung seiner Lage und seiner Gesamtgestalt, die auch durch einen Lageplan illustriert werden kann. Mit der Analyse der Gesamtgestalt wird der weitere Verlauf der Beschreibung im Einzelnen programmiert. Es empfiehlt sich hierbei, die überlieferten historischen Namen der Bauteile zu verwenden. Stehen solche Benennungen nicht zur Verfügung, so sollten den Bauteilen treffende Bezeichnungen erteilt werden, was ebenfalls in einem Planschema erläutert werden kann. In der Legende solcher Planschemata oder Lagepläne sollten Gebäudeteile (gekennzeichnet etwa durch Großbuchstaben) und Höfe (durch römische Ziffern) deutlich unterschieden werden. Ob die Beschreibung im Einzelnen dann mit der Außenerscheinung oder mit einem bestimmenden Innenraum ansetzt, wird vom Charakter des Baudenkmals und seiner Geschichte selbst nahegelegt. Wo Funktionen Raumfolgen erzeugt haben, werden diese das Nacheinander der Behandlung bestimmen, wo Komplexe oder Räume hierarchisch aufgebaut sind, wird der Text diese Hierarchie nachzeichnen. Da die Beschreibung nie Selbstzweck, sondern Bedeutungsanalyse oder doch wenigstens deren Vorbereitung ist, kann Belangloses übergangen, Bedeutung durch zusätzliche Angaben anschaulich gemacht werden.
Die Schlüsse, welche für die Bedeutung des Denkmals aus der Verbindung von geschichtlicher Überlieferung und Befund zu ziehen sind, werden in einer Bauanalyse erfolgen, sobald die Bedeutung des Baudenkmals dies erfordert. Diese historische Bauanalyse klärt nicht nur - soweit möglich - die immanenten Entstehungsvorgänge, sondern stellt sie zugleich in den allgemeinen architektur- und kunstgeschichtlichen Zusammenhang. Die klare Darstellung dieser Zusammenhänge, die keiner Wertung bedarf, ist die Würdigung dieser Bedeutung.
Was für die Darstellung der baulichen Substanz gilt, gilt im Grunde auch für die Darstellung der Ausstattung, die historisch und inhaltlich Bestandteil des beschriebenen Bauwerks ist. Es muss allerdings bewusst bleiben und bewusst gemacht werden, dass die Trennung von baulicher Substanz und historisch zugehöriger Ausstattung zunächst lediglich die eines notwendigen Ordnungsschemas ist, welches die vorgefundene Wirklichkeit nur in Grenzfällen spiegelt. Man wird ansetzen bei den fest mit der Bausubstanz verbundenen Ausstattungskomplexen, die zwar mobilen, aber an einen Ort fixierten Ausstattungsgegenstände folgen lassen und mit den nur in bewegter Funktion erscheinenden Ausstattungsstücken schließen.
Die Beschreibung der Ausstattung und Einrichtung geht im Allgemeinen von den bei der Wirkung des Inneren am meisten mitsprechenden Teilen aus und schreitet der Übersichtlichkeit halber in der Regel in einer bestimmten Reihenfolge voran: z.B. Stukkaturen, Deckengemälde, Altäre, Sakramentshäuschen, Kanzel, Taufstein, Orgel, Chorgestühle, Beichtstühle, Skulpturen und Gemälde, die nicht in Verbindung mit Altären stehen, Glasgemälde, Epitaphien, Grabsteine, Glocken und kunstgewerbliche Gegenstände. Ausnahmen von dieser Reihenfolge können zweckdienlich sein. Bei Kirchen mit vielen Seitenkapellen zum Beispiel kann es sich empfehlen, die Ausstattung der einzelnen Kapellen zusammen zu behandeln.
Bei Teilen einer ehem. historischen Ausstattung, die nicht mehr am ursprünglichen Ort vorhanden sind, ist ebenfalls eine kurze Angabe angezeigt, gegebenenfalls mit Nachweis des jetzigen Aufbewahrungsortes und mit Beigabe einer Abbildung.
Insgesamt darf nie aus dem Auge verloren werden, dass eine wohlüberlegte wissenschaftliche Beschreibung der Denkmäler in Wort und Bild das Hauptanliegen des Inventars ist. Dabei mag die Beschreibung knapper gehalten sein, wenn sie mit der Abbildung, die auch wissenschaftliche Mitteilung ist, alles Sachliche klar darstellen kann. Bei den Beschreibungen muss ein Schema und eine unzweideutige Nomenklatur eingehalten werden, ohne dass die Individualität des Bearbeiters völlig untergehen soll.
Die Ausführlichkeit der Beschreibung bemisst sich nach der Bedeutung des Denkmals. Bei der Baubeschreibung einer Dorfkirche oder der Beschreibung eines Grabsteines können unter Umständen schon sehr kurze Angaben genügen. Im Allgemeinen muss die Beschreibung klar, übersichtlich und knapp im Ausdruck sein. Sie soll das Charakterische des Denkmals, das künstlerisch besonders Wirksame betonen. Allein durch Art und Umfang der Beschreibung wird auf die Einschätzung des Denkmals hingewiesen. Der Frage nach dem entwerfenden und ausführenden Künstler ist mit besonderem Bedacht nachzugehen oder da, wo diese Frage zwecklos erscheinen muss, doch wenigstens die Einreihung in einen kunstgeschichtlichen Zusammenhang zu versuchen. Restaurierungen sollen erwähnt und kurz charakterisiert werden.
Unter „historischer Ausstattung" als Gegenstand der Inventarisation ist alles zu verstehen, was mit einem Bauwerk fest verbunden und damit baulich und architektonisch Teil der Bau- und Raumausstattung eines Gebäudes ist. Dies können z.B. funktionale Elemente eines Baudenkmals sein, wie Fenster, Türen, Böden, Treppen usw. oder aber auch dekorative Teile, wie Vertäfelungen und Bemalungen. Aber auch bewegliche Gegenstände können historische Ausstattungsstücke sein, wenn sie integrale Bestandteile einer historischen Raumkonzeption sind, z.B. als Teil einer Erstausstattung oder einer dieser gleichzusetzenden historisch abgeschlossenen Neuausstattung oder Umgestaltung. In allen diesen Fällen müssen die festen oder beweglichen Ausstattungsstücke eine historisch belegbare Einheit mit dem Bauwerk bilden; das bedeutet, dass die Entfernung solcher historischen Ausstattungsstücke den Denkmalcharakter und damit die historische Aussage des Baudenkmals schmälert.
Bewegliche Gegenstände, die nicht „historische Ausstattungsstücke" sind, können ebenfalls Gegenstand der Inventarisation sein, wenn sie auf Antrag des Berechtigten oder in besonders wichtigen Fällen in die Liste der beweglichen Denkmäler gemäß Art. 1 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz aufgenommen sind oder bei denen es sich um eingetragenes Kulturgut im Sinn des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung handelt.
Bei der Inventarisation von Kirchen als Kultraum wird auf die gottesdienstliche Zweckbestimmung besondere Rücksicht genommen. Die Aufnahme kirchlicher Gegenstände in ein Inventar darf die liturgische Zweckbestimmung nicht beeinträchtigen.
Gegenstand der Inventarisation sind auch Inschriften. Daher sind Bezeichnungen wie In- und Aufschriften, Zeichen, Marken, Zahlen und Signaturen genau zu notieren, gegebenenfalls zu kopieren; Inschriften und Aufschriften allerdings nur insoweit, als sie zur Geschichte und Bedeutung des Denkmals beitragen - dies kann allerdings auch einmal von einem langen Epitaphtext gelten. Bei Jahreszahlen empfiehlt sich in der Regel die Beisetzung der aufgelösten Jahres- und Monatsdaten in Klammern; bei Angaben nach dem römischen Kalender ist sie unbedingt nötig, zum Beispiel VI. cal. Jan. MDCCV (=27. Dezember 1704). Abbildungen von Inschriften berücksichtigen Alter, Schriftart wie geschichtliche Aussagekraft.
Bauinschriften und Signaturen aus allen Epochen werden stets im Wortlaut mitgeteilt. Gibt man Grabinschriften nicht im Wortlaut wieder, so müssen im Interesse der genealogischen Forschung nicht nur das Jahr, sondern auch der Tag des Todes genannt werden.
Das Inventar wird Corpuswerke wie die „Deutschen Inschriften'' und den „Deutschen Glockenatlas" nicht ersetzen, sondern diese gegebenenfalls als Quelle benutzen.
Bei den Goldschmiedearbeiten sind die Beschauzeichen und Meistermarken sorgfältig zu beachten und möglichst zu dokumentieren.
Wappen, die nicht sicher bestimmt werden können oder von der in maßgebenden gedruckten Wappenbüchern angegebenen Figuration abweichen, sind zu beschreiben.
Abbildungen sollten in möglichst großer Zahl und in einem dem Gegenstand angemessenen Format wiedergegeben werden, nötigenfalls unter Beigabe von vergrößerten Ausschnitten. Dabei werden die kunstgeschichtlich wichtigen wie auch solche Denkmäler, in welchen sich die lokale Eigenart der Gegend widerspiegelt, berücksichtigt. Die kleinen, aber signifikanten Verschiedenheiten, die der Inventarisator zum Beispiel beim Studium gleichartiger Objekte - bei Dorfkirchen - im Grundriss, im Aufbau und in den Einzelformen findet, sollen in typischen Beispielen im Bild vorgestellt werden. Städtebaulich wichtige Gesamtsituationen wie etwa wichtige Straßenzüge sollen möglichst auch in Luftbildern dokumentiert werden. Wichtige, versteckt liegende Bauteile, zum Beispiel baugeschichtlich bedeutende Dachstühle, sind in den Abbildungen besonders zu berücksichtigen. Farbabbildungen sind dann zu wählen, wenn allein durch Farbwiedergabe Sachinformationen - z.B. Materialgegebenheiten - dargestellt werden können.
Grundrisse, Schnitte und Details sind möglichst getreu anzulegen und mit genauen Maßangaben (Maßleiste) zu versehen; abgebildet werden in jedem Fall Umzeichnungen. Verformungsgerechte Aufmaße sind nur in besonderen Fällen eine wissenschaftliche Basis der Inventarisation. Bei den Gesamtgrundrissen und Gesamtschnitten wird ein einheitlicher Reproduktionsmaßstab von 1:400 bzw. 1:200 angestrebt, nötigenfalls unter Verwendung von eingefalteten Blättern oder Tafeln nach einheitlichen Standardmaßen. Dabei sind die Abbildungen der Grundrisse möglichst so auszurichten, dass der obere Teil nach Norden weist. Ein Nordpfeil wird immer eingezeichnet. Die notwendigen bauanalytischen Informationen können durch Schraffuren der Schnittflächen gegeben werden. Dabei gilt dann die Regel, dass die ältesten Entstehungsperioden dunkler, die jüngeren heller erscheinen sollen. Lagepläne werden im Maßstab 1: 1000 wiedergegeben. Bei Lageplänen von Höhenburgen ist eine Darstellung des Geländereliefs nicht zu entbehren. Die Analyse eines wichtigen, später veränderten Bauwerks (auch Altares usw.) kann es angezeigt erscheinen lassen, eine Rekonstruktionszeichnung des alten Bestandes beizugeben.
Alte Ortsansichten, alte Pläne, auch Stadtpläne und Siegel, können als notwendige zusätzliche Illustration abgebildet werden.
Unter Umständen empfiehlt es sich, auf geeignete Abbildungen in der Literatur hinzuweisen, besonders dann, wenn eine Abbildung im Inventar unterbleibt. Bei wichtigen Denkmälern genügt aber der Verweis auf Abbildungen in der Literatur nicht, denn alles Wesentliche sollte im Inventar selbst abgebildet sein.
Jedem Band wird eine Übersichtskarte des betreffenden Gebiets in geeignetem Maßstab beigegeben.
Jedem Band wird ein Generalregister (Orte, Objekte, Personen, Ikonographie) beigegeben, außerdem ein Abbildungsverzeichnis.
Die bisherige Form der Bände der Reihe „Die Kunstdenkmäler von Bayern" wird mit dem entsprechenden Format, Einband, Titelei sowie in der Kombination von (durchgehend nummerierten) Abbildungen und Text beibehalten; der Satz ist zweispaltig.
Die entsprechend der oben dargelegten Anordnung des Stoffes gegliederten Bände erscheinen gesondert und werden wie bisher im Rahmen der einzelnen Regierungsbezirke nach der Erscheinungsfolge fortlaufend nummeriert. Sie sind einzeln käuflich.
Die Inventarisation erfolgt im Rahmen der nach dem Bayerischen Datenschutzgesetz geltenden Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten. „Bewegliche historische Ausstattungsstücke" im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz und bewegliche Gegenstände, die nicht „historische Ausstattungsstücke" sind, dürfen nur mit Einwilligung des Eigentümers oder des sonstigen Berechtigten (Betroffenen) in ein Inventar aufgenommen werden. Eine Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn in besonders wichtigen Fällen ein berechtigtes öffentliches Interesse an der Inventarisation des betreffenden Gegenstandes besteht und durch die Inventarisation schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden. In strittigen Fällen entscheidet der Landesdenkmalrat.
Die Einwilligung bedarf der Schriftform. Der Betroffene ist in geeigneter Weise über die Bedeutung der Einwilligung aufzuklären.
Gemäß Art. 16 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz sind Eigentümer und Besitzer von Baudenkmälern und von eingetragenen beweglichen Denkmälern sowie sonstige Berechtigte verpflichtet, dem Landesamt für Denkmalpflege alle zum Vollzug der Inventarisation erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Eine Betretung zum Zwecke der Inventarisation von Baudenkmälern durch Angehörige des Landesamts für Denkmalpflege erfolgt stets einvernehmlich mit dem Eigentümer oder Besitzer oder sonstigen Berechtigten.
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Oktober 1990 in Kraft.
Kießling
Ministerialdirektor
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