HUnterrV
DE - Landesrecht Bayern

HUnterrV: Verordnung über den Hausunterricht (Hausunterrichtsverordnung – HUnterrV) Vom 29. August 1989 (GVBl. S. 455, ber. S. 702) BayRS 2233-2-3-K (§§ 1–12)

Auf Grund des Art. 9 Abs. 6 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen erläßt das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen folgende Verordnung:

§ 1 Voraussetzungen

(1) Hausunterricht an Stelle des Unterrichts in der Schule können Schüler bayerischer staatlicher, kommunaler und privater Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, Berufsschulen, Wirtschaftsschulen, Berufsfachschulen, Fachschulen, Fachakademien, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, Schulen besonderer Art, einheitlicher Volks- und höherer Schulen und schulpflichtige Schüler anderer Schulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, sowie die Schüler der entsprechenden Förderschulen erhalten, die
voraussichtlich länger als sechs Unterrichtswochen (einschließlich eines etwa erforderlichen Aufenthalts in einem Krankenhaus) infolge einer Krankheit am Unterricht in der Schule nicht teilnehmen können,
wegen einer lange dauernden Krankheit wiederkehrend den Unterricht an einzelnen Tagen versäumen müssen, oder
sich voraussichtlich länger als sechs Unterrichtswochen in einer freiheitsentziehenden Einrichtung der Jugendhilfe befinden.
(2) Hausunterricht wird nur erteilt, soweit die Schüler auf Grund ihres Gesundheitszustandes oder ihres sonderpädagogischen Förderbedarfs, insbesondere im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, dazu in der Lage sind und die Gesundheit der Lehrer dadurch nicht gefährdet wird.
(3) ¹Der Hausunterricht kann nur auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schüler erteilt werden; bei Schülern in freiheitsentziehenden Einrichtungen der Jugendhilfe kann der Antrag auch von dem Einrichtungsleiter gestellt werden. ²Die Schule berät Erziehungsberechtigte und Schüler über das Recht, Hausunterricht zu beantragen.
(4) Hausunterricht kann auch dann erteilt werden, wenn die Schüler Anspruch auf Unterricht nach den Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung oder nach anderen Vorschriften haben und entsprechende Ersatzansprüche auf Verlangen an den Freistaat Bayern abtreten.

§ 2 Aufgaben des Hausunterrichts

(1) Der Unterricht soll den Bildungsauftrag der Schule unter Berücksichtigung der Krankheit oder der die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 begründenden Umstände sowie der mangelnden Schulbesuchsfähigkeit erfüllen, den Anschluß an die Schulausbildung ermöglichen, die Wiedereingliederung in den normalen Schulbetrieb vorbereiten, von der Krankheit ablenken und den Willen zur Genesung stärken.
(2) Ist wegen der Krankheit oder eines sonderpädagogischen Förderbedarfs, insbesondere im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, die Änderung der Schullaufbahn vorgesehen, soll der Hausunterricht darauf vorbereiten.

§ 3 Ort

¹Der Hausunterricht wird am Aufenthaltsort der Schüler in Bayern erteilt. ²Hausunterricht im Krankenhaus ist nur zulässig, wenn das betreffende Krankenhaus nicht von einer selbständigen Schule für Kranke mitversorgt wird und das Krankenhaus zustimmt. ³Hausunterricht in einem Heim setzt die Zustimmung des Heims voraus.

§ 4 Zuständigkeit für die Erteilung des Hausunterrichts

(1) ¹Für die Erteilung des Hausunterrichts sind grundsätzlich die Schulen zuständig, die die Berechtigten ohne ihre Krankheit besuchen würden (Stammschulen). ²Soll aus wichtigem Grund von der Zuständigkeit abgewichen werden oder kann eine Stammschule Hausunterricht nicht erteilen, bestimmen bei den Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen die Ministerialbeauftragten, bei den übrigen Schularten die Regierungen die zuständige Schule.
(2) Bei Hausunterricht im Krankenhaus oder vergleichbaren Einrichtungen im Sinn des Art. 23 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen sowie in freiheitsentziehenden Einrichtungen der Jugendhilfe bestimmt die nach § 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 zuständige Genehmigungsbehörde die Hausunterricht erteilende Schule.

§ 5 Unterrichtsinhalte

¹Der Hausunterricht berücksichtigt die Schullaufbahn der Schüler und richtet sich nach den Lehrplänen, die für die jeweilige Stammschule gelten; ein sonderpädagogischer Förderbedarf oder eine Unterrichtung an der Stammschule nach individuellen Lernzielen sind angemessen zu berücksichtigen. ²Soweit es die besondere Lage der Schüler zuläßt, ist vorrangig in Fächern zu unterrichten, in denen der Lernstoff auf den vorhergehenden Lerninhalten aufbaut. ³Praktische und musische Fächer können in angemessenem Umfang einbezogen werden. ⁴Bei Schülern der beruflichen Schulen beschränkt sich der Unterricht auf die fachtheoretischen Fächer.

§ 6 Umfang

(1) ¹Hausunterricht kann als Einzel- oder Gruppenunterricht erteilt werden. ²Er soll nach Möglichkeit auch durch Einsatz elektronischer Datenkommunikation, insbesondere zur Aufrechterhaltung des Kontakts zur Stammschule, unterstützt und auch im Wege des Distanzunterrichts erteilt werden.
(2) ¹Der Unterricht kann im Fall des Einzel- oder Gruppenunterrichts in den Jahrgangsstufen 1 und 2 bis zu sechs Wochenstunden, in den Jahrgangsstufen 3 und 4 bis zu acht Wochenstunden, ab der Jahrgangsstufe 5 bis zu zehn Wochenstunden umfassen; für die Unterrichtung von Schülern in freiheitsentziehenden Einrichtungen der Jugendhilfe kann von der Regierung ein Stundenmaß bis zum durchschnittlichen Stundenmaß der für die Schüler in der Gruppe anzuwendenden Stundentafeln gewährt werden. ²Bei Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen erfolgt die Entscheidung mit Zustimmung des Ministerialbeauftragten. ³Die vorgesehenen Unterrichtsstunden können nur bei Gruppenunterricht in vollem Umfang eingesetzt werden.
(3) Die zu erteilenden Unterrichtsstunden sollen auf mehrere Wochentage verteilt werden.
(4) ¹Sofern der Unterricht wegen einer lange dauernden Krankheit wiederkehrend an einzelnen Tagen versäumt wird, kann Hausunterricht bis zu zwei Wochenstunden je Ausfalltag erteilt werden. ²Dieser Unterricht kann gegebenenfalls in der Schule nachgeholt werden.
(5) Konnte der genehmigte Hausunterricht für mehrere Wochen nicht in Anspruch genommen werden, kann die zuständige Regierung mit Einverständnis der betroffenen Lehrkraft in Härtefällen genehmigen, dass der gewährte Hausunterricht während der Ferien im Rahmen von Mehrarbeit oder Nebenbeschäftigung erteilt wird; bei Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen erfolgt die Entscheidung mit Zustimmung des Ministerialbeauftragten.

§ 7 Genehmigungsverfahren

(1) ¹Die Entscheidung über die Erteilung des Hausunterrichts trifft bei Schülern
der Grund- und Mittelschulen das Staatliche Schulamt mit Zustimmung der Regierung,
der Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen der Schulleiter mit Zustimmung des Ministerialbeauftragten im Rahmen der von der Regierung zur Verfügung gestellten Mittel,
der übrigen Schulen der Schulleiter mit Zustimmung der Regierung.
²Über die Erteilung von Hausunterricht im Krankenhaus oder in vergleichbaren Einrichtungen sowie bei Hausunterricht in freiheitsentziehenden Einrichtungen der Jugendhilfe entscheiden abweichend von Satz 1 in den Fällen von Satz 1 Nrn. 1 und 3 die Regierungen und im Fall des Satzes 1 Nr. 2 die Ministerialbeauftragten. ³Sind von der Entscheidung nach Satz 2 Schüler verschiedener Schularten betroffen, entscheidet die Regierung, bei Beteiligung von Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen mit Zustimmung des Ministerialbeauftragten. ⁴Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz der Stammschule; abweichend davon richtet sich die örtliche Zuständigkeit bei Hausunterricht für Schüler im Krankenhaus oder in vergleichbaren Einrichtungen sowie bei Schülern in freiheitsentziehenden Einrichtungen der Jugendhilfe nach dem Sitz des Krankenhauses bzw. der Einrichtung.
(2) ¹Die Genehmigungsbehörde bestimmt bei staatlichen Schulen die Lehrer, die den Hausunterricht erteilen. ²Nach Möglichkeit sind dieselben Lehrer dafür heranzuziehen, die die Schüler an der Stammschule unterrichten würden; erforderlichenfalls ist unter Beachtung des Art. 87 des Bayerischen Beamtengesetzes Mehrarbeit anzuordnen. ³Soweit dies nicht möglich ist, sollen andere Lehrer der Stammschule mit der Aufgabe betraut oder sonst geeignete Lehrer nebenberuflich verpflichtet werden, die mit den Lehrern der Klasse sowie gegebenenfalls mit den Lehrern der Schule für Kranke eng zusammenarbeiten müssen. ⁴Für Hausunterricht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 kann eine Lehrkraft auch im Rahmen ihrer Unterrichtspflichtzeit eingesetzt werden; die Entscheidung trifft die Schulaufsichtsbehörde nach Abs. 1 Sätze 2 und 3.
(3) ¹Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 sowie Abs. 2 werden durch ein Zeugnis des behandelnden Arztes festgestellt. ²In diesem Zeugnis sollen auch Aussagen darüber enthalten sein, ob und bis zu welchem Umfang Hausunterricht bei der vorliegenden Krankheit möglich ist. ³Die nach Absatz 1 zuständige Genehmigungsbehörde kann ein Gutachten des Schularztes einholen. ⁴Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 können sich die Genehmigungsbehörde sowie die Hausunterricht erteilende Schule vom Mobilen Sonderpädagogischen Dienst oder von der Schule für Kranke beraten lassen.

§ 8 Lehrpersonalzuschüsse für kommunale Schulträger

¹Der Freistaat Bayern gewährt den kommunalen Schulträgern Zuschüsse in Höhe von 60 v. H. der für Mehrarbeit und nebenberuflichen Unterricht geltenden Vergütungssätze, wenn der Hausunterricht nach § 7 Abs. 1 genehmigt wurde. ²Die Regierungen entscheiden über die Zuschüsse; für die örtliche Zuständigkeit gilt § 7 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.

§ 9 Kostenerstattung an private Schulträger

¹Der Freistaat Bayern kann privaten Schulen Zuwendungen zu den im Zusammenhang mit der Erteilung von Hausunterricht entstehenden Kosten in Höhe der für Mehrarbeit und nebenberuflichen Unterricht geltenden Vergütungssätze und in Höhe von 80 v. H. der für staatliche Bedienstete geltenden Fahrkostensätze gewähren, wenn der Hausunterricht nach § 7 Abs. 1 genehmigt wurde. ²Die Regierungen entscheiden über die Zuwendungen. ³Für Lehrkräfte, die von Schulträgern privater Förderschulen oder privater Schulen für Kranke zum Zweck der Erteilung des Hausunterrichts in freiheitsentziehenden Einrichtungen der Jugendhilfe beschäftigt werden, können die Schulträger abweichend von Satz 1 Personalkostenersatz entsprechend Art. 33 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes erhalten. ⁴Die Entscheidung obliegt den Regierungen; für die örtliche Zuständigkeit gilt § 7 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.

§ 10 Zusammenarbeit

¹Für die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten gilt § 22 der Krankenhausschulordnung (KraSO) entsprechend; der gegebenenfalls weiten räumlichen Entfernung der Erziehungsberechtigten von der Jugendhilfeeinrichtung bzw. der den Hausunterricht erteilenden Schule ist entsprechend Rechnung zu tragen. ²Für den Fall, dass der Hausunterricht nicht durch die Stammschule durchgeführt wird, gilt für die notwendige Zusammenarbeit mit der Stammschule § 23 KraSO entsprechend. ³Die Lehrkräfte sollen sich in Fragen der organisatorischen und inhaltlichen Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Einrichtung der Jugendhilfe abstimmen, in deren Räumen der Hausunterricht stattfindet; § 21 KraSO gilt entsprechend. ⁴Die Verantwortung für den Hausunterricht in einer Einrichtung der Jugendhilfe trägt der Schulleiter der Hausunterricht erteilenden Schule. ⁵Bei Hausunterricht im Anschluss an den Besuch der Schule für Kranke, der nicht durch die Stammschule erteilt wird, kann sich die den Hausunterricht erteilende Schule von der zuvor besuchten Schule für Kranke über das bisherige Lern- und Leistungsverhalten sowie den sonderpädagogischen Förderbedarf des Schülers und über die durchgeführten Fördermaßnahmen unterrichten lassen.

§ 11 Abweichende Regelung in Härtefällen

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus kann von einzelnen Bestimmungen dieser Verordnung Ausnahmen gewähren, wenn die Anwendung der Bestimmung im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde und die Abweichung auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung unbedenklich erscheint.

§ 12 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. September 1989 in Kraft.
München, den 29. August 1989
In Vertretung Otto Meyer, Staatssekretär
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