Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe
DE - Landesrecht Bayern

Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe

Die Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geben im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz nachfolgende Hinweise zum Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe.
1.
Allgemeines
2.
Begriffe
2.1
Landwirtschaft
2.2
Forstwirtschaft
2.3
Gartenbau
2.4
Betrieb
2.4.1
Definition
2.4.2
Voll- und Nebenerwerbsbetriebe
2.4.2.1
Vollerwerbsbetriebe
2.4.2.2
Nebenerwerbsbetriebe
2.5
Mitgezogene Betätigungen
3.
Privilegierte Vorhaben im Außenbereich
3.1
Zweckbestimmung privilegierter land- und forstwirtschaftlicher Anlagen
3.2
Wirtschaftsgebäude und sonstige Betriebsanlagen
3.3
Betrieblicher Wohnraum
3.3.1
Betriebsleiter
3.3.2
Altenteiler
3.3.3
Sonstige Personengruppen
3.3.4
Umsetzung des Wohnraumbedarfs, Wohnraumgröße
3.4
Beispiele mitgezogener Betätigungen („Zweites Standbein“)
3.4.1
Vermietung von Übernachtungsmöglichkeiten
3.4.2
Verarbeitung und Vermarktung eigen erzeugter Produkte
3.4.3
Landwirtschaftliche Lohnunternehmen, Vermietung von Lagerkapazitäten
3.4.4
Erneuerbare Energien
4.
Sonstige Vorhaben
5.
Teilprivilegierte Vorhaben
5.1
Allgemeines
5.2
Nutzungsänderungen
6.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

1.  Allgemeines

¹Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wirft in der baurechtlichen Praxis eine Reihe von Problemen auf. ²Die folgende Bekanntmachung soll den Genehmigungsbehörden und den am Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden Hinweise zur Behandlung von Bauwünschen geben, die sich im Außenbereich im Zusammenhang mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ergeben. ³Die Bekanntmachung will einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der herkömmlichen Strukturen in der Land- und Forstwirtschaft leisten und gleichzeitig bei einem unumgänglichen Wandel Hilfen geben. ⁴Zudem will die Bekanntmachung der Bedeutung der Nebenerwerbslandwirtschaft im Rahmen des geltenden Baurechts Rechnung tragen, da auch Nebenerwerbsbetriebe die Agrarstruktur in Bayern mitprägen. ⁵Bayern sieht auch die im Nebenerwerb geführten Betriebe als vollwertige landwirtschaftliche Betriebe an. ⁶Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der bäuerlichen Strukturen, zum Erhalt einer flächendeckenden Landbewirtschaftung, zur Pflege der Kulturlandschaft und sichern gewerbliche Arbeitsplätze ab. ⁷Zugleich soll diese Bekanntmachung aber auch die weitere Zersiedelung des ländlichen Raumes durch nicht privilegierte Vorhaben verhindern. ⁸Damit wird die Bekanntmachung auch dem Verfassungsauftrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gerecht (Art. 141 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern). ⁹Sie geht davon aus, dass ein wirkungsvoller Schutz des Außenbereichs vor nicht privilegierter Nutzung auch notwendig ist, um den Bestand und die Entwicklung der weiterwirtschaftenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebe zu sichern. 1⁰Sie folgt damit den Zielen des Landesentwicklungsprogrammes (LEP Ziffer 3.1 und 3.3).

2.  Begriffe

2.1  Landwirtschaft

¹Landwirtschaft im Sinne des Baugesetzbuches (BauGB) ist gemäß § 201 BauGB insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. ²Landwirtschaft ist demnach die unmittelbare, planmäßige und eigenverantwortliche Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse. ³Der Begriff der Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB bleibt im Übrigen unberührt, wenn Flächen im Rahmen freiwilliger Maßnahmen zeitweise aus landwirtschaftlicher Nutzung genommen oder extensiviert werden. ⁴Können diese Flächen später ohne größeren Aufwand wieder intensiver bewirtschaftet werden, so werden sie als landwirtschaftlich genutzte Fläche gewertet. ⁵Die Einnahmen aus der Bewirtschaftung oder Pflege derartiger Flächen werden bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit Einkünften aus herkömmlicher landwirtschaftlicher Tätigkeit gleichgestellt. ⁶Landwirtschaft ist auch die Pensionstierhaltung, das heißt die Unterbringung und Fütterung fremder Tiere gegen Entgelt auf der Basis einer überwiegend eigenen Futtergrundlage. ⁷Nicht als Landwirtschaft, sondern als gewerbliche Betätigungen anzusehen sind zum Beispiel der Betrieb einer Reitschule und die Überlassung eigener Pferde an Dritte im Wege von Reitbeteiligungen oder Reittherapie. ⁸Als Sonderformen ohne unmittelbare Bodenertragsnutzung gehören auch die berufsmäßige Imkerei (Haltung und Zucht von Bienen) und die berufsmäßige Binnenfischerei einschließlich Teichwirtschaft zur Landwirtschaft. ⁹Teichwirtschaft in künstlichen Behältern kann nur dann als Binnenfischerei anerkannt werden, wenn sie über Zulauf und Ablauf in ein natürliches Gewässer eingebunden und auf dieses angewiesen ist. 1⁰Das Merkmal der Berufsmäßigkeit dient der Abgrenzung zur Liebhaberei, setzt aber eine hauptberufliche Betätigung nicht voraus.

2.2  Forstwirtschaft

¹Forstwirtschaft ist die planmäßige Bewirtschaftung von Wald mit Anbau, Pflege und Einschlag zum Zweck der Holzgewinnung. ²Erforderlich ist die unmittelbare Bodenertragsnutzung. ³Auch daran anschließende Nachfolgenutzungen (Herstellung von Scheitholz oder Hackschnitzeln) können daher der forstwirtschaftlichen Urproduktion zugeordnet werden, jedenfalls soweit es sich bei dem verarbeiteten Holz um Holz handelt, das aus Wald stammt, der zum jeweiligen forstwirtschaftlichen Betrieb gehört. ⁴Je mehr sich die Produktions- und Veredelungsstufen von den durch die Bodennutzung erworbenen Produkten entfernen, desto eher fehlt die notwendige prägende Wirkung. ⁵Typische Arbeitsvorgänge des holzbe- und -verarbeitenden Gewerbes (Sägewerk, Schreinerei) sind von der Privilegierung nicht umfasst.

2.3  Gartenbau

¹Gartenbauliche Erzeugung im Sinne § 201 BauGB ist der erwerbsmäßige, das heißt zur Erzielung regelmäßiger, nicht nur gelegentlicher Gewinne betriebene Anbau beziehungsweise die Erzeugung pflanzlicher Produkte (zum Beispiel Gemüseanbau, Samenbau, Zierpflanzenbau, Staudengärtnerei, Baumschulen, Pilzkulturen). ²Handelsgärtnereien sowie Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus bleiben ausgenommen. ³Ebenso wenig reicht die bloße Eigenversorgung aus: Hier handelt es sich um Hausgärten oder Dauerkleingärten. ⁴Bei der gartenbaulichen Erzeugung ist das Merkmal der unmittelbaren Bodenertragsnutzung nicht wesentlich. ⁵Es ist somit unerheblich, ob der Anbau unmittelbar im Mutterboden oder in Behältnissen erfolgt. ⁶Die Unterscheidung zwischen Gartenbaubetrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und solchen nach Nr. 2 BauGB hängt davon ab, ob das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. ⁷Ist das nicht der Fall, fällt das Vorhaben unter Nr. 2, die eine entsprechende Rückbauverpflichtung nach sich zieht (§ 35 Abs. 5 BauGB).

2.4  Betrieb

Der Begriff des Betriebs ist ein entscheidendes Merkmal für die Privilegierung baulicher Anlagen im Außenbereich.

2.4.1  Definition

¹Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist eine organisatorische Einheit, die von der Zusammenfassung der Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeitskraft nach einem langfristigen Plan gekennzeichnet ist. ²Nicht jede landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder gartenbauliche Betätigung begründet folglich einen „Betrieb“. ³Die Bejahung der Betriebseigenschaft erfordert eine nachhaltige, ernsthafte und betriebswirtschaftlich sinnvolle landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder gartenbauliche Tätigkeit durch einen sachkundigen Leiter. ⁴Die erforderliche Sachkunde kann sich sowohl aus einer entsprechenden fachlichen Ausbildung ergeben als auch darauf gründen, dass das notwendige Erfahrungswissen durch bisherige nachhaltige Mitarbeit im eigenen Familienbetrieb oder in einem entsprechenden anderen Betrieb erlangt wurde. ⁵Es muss sich um ein mit einem Mindestmaß an Umfang betriebenes, nachvollziehbar auf Dauer angelegtes und wirtschaftlich lebensfähiges Unternehmen handeln, das geeignet ist, dem Inhaber eine nachhaltige Sicherung seiner Existenz zu gewährleisten. ⁶Die Mindestanforderungen an den Umfang im Hinblick auf Betriebsgröße und Betriebsintensität lassen sich nicht verallgemeinern, sondern sind im Einzelfall anhand der allgemeinen Anschauung der jeweiligen Fachkreise, unter Berücksichtigung etwaiger regionaler Besonderheiten, zu bestimmen. ⁷Ein nur geringer Umfang der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung stellt die Zugehörigkeit zur Land- oder Forstwirtschaft nicht infrage; er ist allerdings entscheidend für die Grenzziehung zwischen bloßer Liebhaberei und einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb. ⁸Der Gewinnerzielungsabsicht kommt eine zwar gewichtige, aber doch nur indizielle Bedeutung für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit eines Betriebes zu. ⁹Eine land- oder forstwirtschaftliche Betätigung, die bei objektiver Betrachtung auf Dauer keinen oder nur einen sehr geringen Gewinn abwirft, ist in aller Regel Freizeitbeschäftigung und Liebhaberei, begründet aber keinen Betrieb. 1⁰Die erforderliche Ernsthaftigkeit, Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit der Betriebsführung sowie die Gewinnerzielungsabsicht können bei Personen, die bisher schon oder früher einmal langjährig in der Landwirtschaft tätig waren, eher angenommen werden als bei Personen aus landwirtschaftsfremden Berufen. 1¹Ein fachlich ungeeigneter Betriebsleiter lässt darauf schließen, dass eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung nicht gewährleistet ist. ¹2Ähnliches gilt, wenn ein bereits seit langem bestehender landwirtschaftlicher Betrieb umgestellt, erweitert oder anderweitig verändert werden soll. ¹3Hier wird eine Privilegierung des Vorhabens eher bejaht werden können – und im Falle der Erweiterung meist sogar unproblematisch sein –, als bei der Neuaufnahme oder Übernahme eines landwirtschaftlichen Betriebes durch Personen aus landwirtschaftsfremden Berufen. ¹4Eine Neuaufnahme eines landwirtschaftlichen Betriebes liegt auch dann vor, wenn dafür landwirtschaftliche Flächen von einem weiter bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb abgetrennt werden. ¹5In den genannten Fällen ist besonders zu prüfen, ob die landwirtschaftliche Betätigung nicht nur vorgeschoben wird, um im Außenbereich bauen zu können. ¹6Für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Betriebsführung ist auch Pachtland auf Grund von Pachtverträgen oder gleichgerichteten Rechtsverhältnissen einzubeziehen, die dem Betrieb verlässlich und langfristig – bei Neugründung von Nebenerwerbsbetrieben mindestens 12 Jahre – zur Verfügung stehen. ¹7Eine landwirtschaftliche Bodennutzung allein auf der Grundlage von Pachtland erfüllt bei Neugründungen aber regelmäßig nicht die Betriebseigenschaft (BVerwG vom 3. Februar 1989, BauR 1989, 182). ¹8Anders liegt es jedoch, wenn sachkundige Landwirte ganze landwirtschaftliche Betriebe gegebenenfalls auch einschließlich der Hofstelle langfristig pachten und selbst bewirtschaften. ¹9§ 35 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 201 BauGB steht der Entwicklung neuer landwirtschaftlich ausgerichteter Betriebsformen nicht entgegen. 2⁰Dies gilt beispielsweise für die Erzeugung von Energiepflanzen oder Maßnahmen der Landschaftspflege auf betriebszugehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen für Dritte. 2¹Dies gilt sinngemäß auch für die Bewirtschaftung von Waldflächen.

2.4.2  Voll- und Nebenerwerbsbetriebe

2.4.2.1  Vollerwerbsbetriebe

¹Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau im oben genannten Sinn können sowohl im Haupterwerb als auch im Nebenerwerb betrieben werden. ²Im Folgenden wird der in der Rechtsprechung geprägte Begriff „Vollerwerbsbetrieb“ auch für den in der landwirtschaftlichen Betriebslehre gebräuchlichen Begriff „Haupterwerbsbetrieb“ verwendet. ³Vollerwerbsbetriebe erfordern nach der Rechtsprechung einen hauptberuflich tätigen Betriebsleiter. ⁴Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn
– der Betrieb mindestens einen objektiven Arbeitszeitbedarf von 0,75 Arbeitskrafteinheiten (AK) aufweist, wobei der deutlich untergeordnete AK-Bedarf einer mitgezogenen Betätigung des konkreten Betriebs zu berücksichtigen ist,
– der Betriebsleiter seine Arbeitskraft überwiegend in den Betrieb einbringt und
– der Betriebsleiter mindestens 50 % des Gesamteinkommens aus dem Betrieb erwirtschaftet.
⁵Darüber hinaus kann bei größeren Betrieben gegebenenfalls auch anhand des objektiven Arbeitszeitbedarfs auf das Vorliegen eines Vollerwerbsbetriebs geschlossen werden. ⁶Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus den bayerischen Agrarberichten, zum Beispiel in der Fassung von 2020, der auf einen Arbeitszeitbedarf von mindestens 1,5 AK abstellt.

2.4.2.2  Nebenerwerbsbetriebe

pfle

2.5  Mitgezogene Betätigungen

¹Auch Vorhaben, die landwirtschafts-, forstwirtschafts-, oder gartenbaufremden Betätigungen dienen, können an der Privilegierung teilhaben, wenn sie von ihr „mitgezogen werden“. ²In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch ein Betriebsteil, der zwar in funktionalem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb steht, für sich betrachtet aber keine Landwirtschaft, also keine unmittelbare Bodenertragsnutzung darstellt, an der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebes teilnehmen, von ihr „mitgezogen“ werden kann. ³Für die Teilnahme an der Privilegierung ist regelmäßig entscheidend, dass die betreffende Betätigung – äußerlich erkennbar – dem land-, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb räumlich-funktional zu- und untergeordnet ist und ihm zu seiner Erhaltung und Existenzsicherung eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen soll. ⁴Gegenüber dem vorhandenen Betrieb muss es sich um eine bodenrechtliche Nebensache handeln. ⁵Dies ist umso weniger der Fall – aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen –, als zwischen dem Betrieb und der hinzugenommenen Betätigung ein betrieblicher Zusammenhang nur entfernt besteht (BVerwG vom 19. April 1985, BauR 1985, 545). ⁶Als Entscheidungskriterium kann insofern beispielsweise der überwiegende Vertrieb eigen erzeugter Produkte dienen, vergleiche Nr. 3.4.2 Satz 6. ⁷Welcher Art landwirtschaftsfremde Betätigungen sein können und welchen Umfang sie annehmen dürfen, lässt sich generell kaum festlegen. ⁸Zu fordern ist jedenfalls, dass das (sich wandelnde) sichtbare Erscheinungsbild eines landwirtschaftlichen Betriebes gewahrt bleibt. ⁹Es kommt hierbei auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an; typische Vorhaben werden exemplarisch unter Nr. 3.4 dargestellt. 1⁰Die Frage des „Mitgezogenseins“ stellt sich nur, wenn überhaupt ein Betrieb im Sinne von Nr. 2.4 vorliegt, der die nicht-privilegierte Betätigung „mitziehen“ kann. 1¹Dies kann im Einzelfall zu verneinen sein, wenn – auf einen längeren Zeitraum bezogen – der landwirtschaftliche Teil nicht mehr als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von Nr. 2.4.2.2 zu qualifizieren wäre. ¹2Wenn sonstige Betätigungen einen Betrieb – äußerlich – prägen, ist keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB möglich. ¹3In diesem Zusammenhang ist der Auffassung entgegenzutreten, für die Frage der Prägung beziehungsweise der Unter- und Zuordnung komme es auf einen Vergleich der (künftigen) Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Teil des Betriebs auf der einen Seite mit dem mitgezogenen Teil auf der anderen Seite an. ¹4Dies ist nicht der Fall: Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 19. April 1985, BauR 1985, 545, ausdrücklich klargestellt und seitdem in ständiger Rechtsprechung bestätigt hat, ist auch für die Rechtsqualität der „mitgezogenen Nutzungen“ von einem bodenrechtlichen Ansatz auszugehen. ¹5Das bedeutet, dass es insoweit regelmäßig auf das äußere Erscheinungsbild des Betriebs insgesamt ankommt, nicht hingegen auf das Verhältnis der aus der Landwirtschaft erzielten beziehungsweise erzielbaren Einkünften zu denjenigen aus den nicht landwirtschaftlichen Betriebszweigen (so ausdrücklich auch Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 30). ¹6Letzteres kann allenfalls in Grenzfällen – zum Beispiel, wenn sich das Betriebskonzept einschneidend in Richtung einer eindeutigen Priorisierung der (bisher) mitgezogenen Betätigung verändert – indizielles Kriterium für die Frage sein, ob überhaupt (noch) ein Betrieb vorliegt (so wiederum ausdrücklich Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 30 und auch bereits BVerwG vom 19. April 1985, BauR 1985, 545, das im konkreten Fall die Betriebseigenschaft wegen der untergeordneten Bedeutung der mitgezogenen Betätigung bejaht hat).

3.  Privilegierte Vorhaben im Außenbereich

¹Privilegierte Bauvorhaben sind im Außenbereich nach dem Willen des Gesetzgebers bevorrechtigt zulässig, wenn ihre ausreichende Erschließung gesichert ist. ²Öffentliche Belange hindern die Zulässigkeit – anders als bei „Sonstigen Vorhaben“ – nicht schon bei bloßer Beeinträchtigung, sondern nur, wenn sie entgegenstehen. ³Im Einzelfall entgegenstehende öffentliche Belange, die die Zulassung an einem bestimmten (Außenbereichs-) Standort hindern können, können insbesondere die Schutzwürdigkeit bestimmter Flächen aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der Wasserwirtschaft (insbesondere Wasserschutzgebiete, Überschwemmungsgebiete) oder die Erhaltung eines bestimmten Landschaftsbildes, aber auch konkrete standortbezogene Aussagen in Flächennutzungsplänen oder Programmen oder Plänen der Landesplanung (insbesondere in Regionalplänen) sein, sofern sie über den bloßen Regelungsgehalt des § 35 Abs. 2 BauGB hinausgehen, also etwa nicht nur allgemein auf den Schutz des Außenbereichs vor Bebauung abzielen. ⁴Anders als für Sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB genügt für privilegierte Bauvorhaben eine ausreichende Erschließung. ⁵An die ausreichende Erschließung sind damit geringere Anforderungen zu stellen. ⁶Sie bezieht sich insbesondere auf die wegemäßige Erschließung, die Strom- und Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung und richtet sich nach dem jeweiligen Vorhaben sowie den örtlichen Gegebenheiten. ⁷Was die Zugänglichkeit über Straßen und Wege betrifft, ist insbesondere das zu erwartende Verkehrsaufkommen zu berücksichtigen. ⁸Die Erschließung besonders einzeln gelegener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe kann bei entsprechender Situation vor Ort über landwirtschaftliche Wirtschaftswege erfolgen. ⁹Die Betriebe sind nicht generell auf betonierte oder asphaltierte Straßen angewiesen; je nach den örtlichen Gegebenheiten kann ein nur geschotterter Weg oder ein Feldweg als Erschließung ausreichen (so ausdrücklich BVerwG vom 30. August 1985, NVwZ 1986, 38).

3.1  Zweckbestimmung privilegierter land- und forstwirtschaftlicher Anlagen

¹Die Privilegierung eines im Außenbereich geplanten Vorhabens hängt nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB davon ab, dass es einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb „dient“. ²Das bedeutet, dass das Bauvorhaben eine bestimmte Funktion im Betrieb erfüllen und seinerseits nach Lage, Ausstattung und Gestaltung von dieser Funktion geprägt sein muss. ³Es genügt nicht, dass es dem Betrieb nur förderlich ist, also etwa die Bewirtschaftung erleichtert; andererseits muss es nicht unentbehrlich sein. ⁴Innerhalb des damit gegebenen Rahmens muss für das Merkmal des „Dienens“ nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abgestellt werden, ob ein vernünftiger Landwirt, der die Entscheidung des Gesetzgebers, dass im Außenbereich grundsätzlich nicht gebaut werden soll, so weit wie möglich respektiert, das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb erstellen würde. ⁵Das Vorhaben muss danach im konkreten Fall üblich und angemessen und auch äußerlich erkennbar durch die Zuordnung zu dem Betrieb geprägt sein. ⁶Es darf zudem nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen und ist in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen (§ 35 Abs. 5 Satz 1 BauGB). ⁷Das Erfordernis des „Dienens“ kann damit sowohl darüber entscheiden, ob ein Vorhaben überhaupt gebaut werden darf, als auch für seinen Standort, seinen Umfang und seine Ausgestaltung von Bedeutung sein. ⁸Das „Dienen“ ist bei widersprüchlichem und rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu verneinen (zum Beispiel BayVGH vom 14. August 2013, BeckRS 2013, 55312; BayVGH vom 12. August 2016, BeckRS 2016, 50809: Der betriebliche Bedarf für das Vorhaben war durch die vorherige, den Maßstäben eines „vernünftigen Landwirts“ nicht entsprechende Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zu landwirtschaftsfremden Zwecken überhaupt erst ausgelöst worden und diese nutzungsgeänderte Anlage war für die beabsichtigten Zwecke nach aktuellen Anforderungen gleichermaßen geeignet).

3.2  Wirtschaftsgebäude und sonstige Betriebsanlagen

¹Die für die ordnungsgemäße Führung des konkreten land-, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betriebes bestimmten baulichen Anlagen erfüllen regelmäßig die vorstehenden Anforderungen. ²Stallungen, (offene) Unterstände, Lager- und Maschinenhallen, Silos für betriebliche Produktionsmittel sowie gegebenenfalls Einrichtungen für Verarbeitung und Verkauf selbsterzeugter Produkte sind somit in aller Regel privilegierte Vorhaben. ³Baurechtliche Probleme werden hier allenfalls bezüglich der Größe und Ausgestaltung dieser Anlagen auftreten. ⁴Reit- und Bewegungshallen können einem landwirtschaftlichen Pensionspferdebetrieb „dienen“. ⁵Eine artgerechte Pferdehaltung setzt nämlich ein regelmäßiges, möglichst tägliches Bewegen der Tiere voraus. ⁶Neben Flächen für den Weidegang und einem befestigten Außenreitplatz ist deshalb grundsätzlich eine ständig verfügbare, von Witterungsbedingungen unabhängige Bewegungsmöglichkeit erforderlich. ⁷Jedes Vorhaben bedarf einer gründlichen fachlichen Einzelbeurteilung und Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Aspekte, der Tiere und des Tierschutzes. ⁸Die Zulassung einer Halle im Einzelfall ist einmal eine Frage der Wirtschaftlichkeit. ⁹Anlagen, deren Kosten (Kosten aus der Investition und Betriebskosten) in keinem angemessenen Verhältnis zu den damit erzielbaren Einnahmen (zum Beispiel Zulagen zu den Pensionspreisen bei Vorhandensein einer Halle) stehen, sind nicht privilegiert. 1⁰Zur Wirtschaftlichkeit des Gesamtbetriebes und der einzelnen Betriebsgebäude äußert sich das jeweilige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 1¹Notwendig ist eine angemessene Relation zwischen der Größe der Pensionstierhaltung und derjenigen der Reit- und Bewegungshalle. ¹2Besondere Bedeutung hat ferner das Gebot einer flächensparenden und den Außenbereich schonenden Bauausführung. ¹3Die Mindestgröße einer Reithalle zur artgerechten Bewegung von Pferden beträgt 20 m x 40 m (bereitbare Fläche). ¹4Auf die nahe räumliche Zuordnung der Halle zur Hofstelle, ihre Unterordnung unter den landwirtschaftlichen Betrieb, die angemessene Einbindung in die Landschaft und die äußere Gestaltung ist besonders zu achten. ¹5Bei Pferdezuchtbetrieben können Reithallen auch deshalb notwendig sein, um Jungpferde bis zur Verkaufsreife auszubilden (Veredelung des Zuchtprodukts). ¹6Für solche Reit- und Bewegungshallen für Pferdezuchtbetriebe gelten die vorstehenden Grundsätze für Bewegungshallen bei Pensionspferdebetrieben entsprechend.

3.3  Betrieblicher Wohnraum

3.3.1  Betriebsleiter

¹Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist wegen seiner dienenden Funktion Wohnraum für den Betriebsleiter nebst Ehe-/Lebenspartner, seine haushaltsangehörigen Kinder sowie gegebenenfalls zu pflegenden Eltern regelmäßig zulässig. ²Es gibt allerdings spezielle Formen von Nebenerwerbsbetrieben, bei denen nicht angenommen werden kann, dass sie zu einer planmäßigen und betriebswirtschaftlich sinnvollen Betriebsführung ein Wohnhaus gerade im Außenbereich benötigen. ³Bei Damtierhaltung oder Fischzucht ist dies beispielsweise in der Regel nicht der Fall.

3.3.2  Altenteiler

¹Zum herkömmlichen Bild eines landwirtschaftlichen

3.3.3  Sonstige Personengruppen

¹Das privilegierte Wohnen an der Hofstelle ist – abgesehen von Austragswohnraum – grundsätzlich nur dem in Nrn. 3.3.1 und 3.3.2 genannten Personenkreis, dem jeweiligen Betriebsleiter nebst Ehe-/Lebenspartner, seinen haushaltsangehörigen Kindern sowie gegebenenfalls zu pflegenden Eltern vorbehalten. ²Solche Wohngebäude dürfen insbesondere nicht der Schaffung zusätzlichen Wohnraums oder der Befriedigung der Wohnbedürfnisse anderer Familienangehöriger im Außenbereich dienen. ³Weiterer betrieblicher Wohnraum kann im Einzelfall für Vollerwerbsbetriebe zugelassen werden, wenn dieser aufgrund der Größe und der Abläufe des Betriebes (nachgewiesener zusätzlicher dauerhafter Arbeitskräftebedarf von regelmäßig > 0,5 AK) sowie des Fehlens anderweitiger Wohnmöglichkeiten dem Betrieb dienlich ist. ⁴Die dauerhafte Zuordnung zum Betrieb muss über eine Grunddienstbarkeit gesichert sein. ⁵Dies gilt entsprechend, sofern der Betrieb nachweislich regelmäßig Auszubildende beschäftigt; auch für diese kann ein entsprechender Unterkunftsbedarf als dienlich im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anzuerkennen sein. ⁶Unterkünfte für Saisonarbeitskräfte in landwirtschaftlichen Betrieben können diesen dienen, wenn das Vorhaben sinnvoll, wirtschaftlich, finanziell tragbar und auf ein schlüssiges nachhaltiges Betriebskonzept ausgerichtet ist. ⁷Zur Ermittlung des Bedarfs ist der Nachweis des Anbaus von Sonderkulturen in entsprechendem Umfang und ein schlüssiges Betriebskonzept Voraussetzung. ⁸Zunächst sollte eine Prüfung alternativer Unterbringungsmöglichkeiten (leerstehender Wohnraum an der Hofstelle oder Wohnmöglichkeiten in nahegelegenen Ortschaften) erfolgen. ⁹Die bauliche Ausführung muss einen Missbrauch (zum Beispiel Schaffung von Einzelzimmern zur dauerhaften Vermietung an Montage-Arbeiter) ausschließen, das heißt die bauliche Ausgestaltung muss die besonderen Bedürfnisse für Saisonarbeitskräfte berücksichtigen (Mehrbettzimmer, sanitäre Anlagen, Koch- und Essgelegenheiten, Sozialräume), funktional auf Saisonarbeitskräfte ausgerichtet und eine wirtschaftliche Bauausführung erkennbar sein. 1⁰In der Regel werden derartige Unterkünfte nur für eine befristete Zeit im Laufe des Jahres genutzt. 1¹Eine Anbindung zum landwirtschaftlichen Betrieb beziehungsweise Hofnähe sollte gegeben sein.

3.3.4  Umsetzung des Wohnraumbedarfs, Wohnraumgröße

¹Bei Baumaßnahmen zur Deckung des Wohnraumbedarfs ist das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs einzuhalten (§ 35 Abs. 5 Satz 1 BauGB). ²Zunächst ist zu prüfen, ob der vorgesehene Wohnraum angemessen mit zumutbaren und wirtschaftlichen Umbaumaßnahmen in bestehenden Gebäuden oder durch Anbau an diese geschaffen werden kann. ³Dieses Gebot kann auch einer beabsichtigten Umwidmung eines Betriebsleiterwohnhauses in ein Altenteilerwohnhaus entgegenstehen, wenn damit der Neubau eines Betriebsleiterwohnhauses einhergehen soll und das alte Betriebsleiterwohngebäude als Austragshaus überdimensioniert wäre. ⁴Bei dem dementsprechend erforderlichen Wohnflächenvergleich ist allerdings auch der Wohnbedarf von mehreren Generationen früherer Hofinhaber zu berücksichtigen, der dafür sprechen kann, das bisherige Betriebsleiterhaus nunmehr als Austragshaus zu nutzen und dem neuen Betriebsinhaber den Bau eines neuen Betriebsleiterhauses zu ermöglichen. ⁵Das Wohngebäude muss in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle stehen. ⁶Die dienende Funktion entfällt zum Beispiel bei überdimensionierten Wohngebäuden, die in keinem Bezug zu dem konkreten Betrieb mehr stehen. ⁷Bei

3.4  Beispiele mitgezogener Betätigungen („Zweites Standbein“)

¹Vorhaben in Zusammenhang mit mitgezogenen Betätigungen im Sinne von Nr. 2.5 können unter den dort dargestellten Voraussetzungen an der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BauGB teilhaben. ²Typische Beispiele hierfür werden im Folgenden dargestellt.

3.4.1  Vermietung von Übernachtungsmöglichkeiten

¹In der Praxis wohl häufigste Form mitgezogener Betätigung ist die Vermietung von Ferienzimmern oder Ferienwohnungen, die – obwohl für sich betrachtet gewerblicher Art – an der Privilegierung teilnehmen kann, solange sie nicht damit ihrerseits den Betrieb prägt. ²Ferienzimmer beziehungsweise Ferienwohnungen sollen nach Möglichkeit unter Verwendung bestehender Gebäudesubstanz geschaffen werden. ³Die Einrichtung von Ferienwohnungen durch Umnutzung bestehender Räumlichkeiten oder Ersatz von nicht erhaltenswerter Bausubstanz wird im Regelfall als mitgezogene Nutzung zulässig sein. ⁴Ähnlich wie Austragshäuser, bei denen die Gefahr einer Verselbstständigung und Zweckentfremdung besteht, bedürfen aber auch Ferienwohnungen, sollen sie an der Privilegierung teilhaben, einer rechtlichen oder tatsächlichen Sicherung, die die Zuordnung zu dem Betrieb auf Dauer gewährleistet. ⁵An die Ausgestaltung (Raumaufteilung, Küchenausstattung und so weiter) werden keine einschränkenden Anforderungen gestellt. ⁶Bei der Schaffung von Übernachtungsmöglichkeiten durch Neubau ist im Hinblick auf die Voraussetzungen mitgezogener privilegierter Nutzungen deren untergeordneter Charakter zu prüfen. ⁷Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, ob ein Neubau nach seinem baulichen Maß hinter die landwirtschaftlich privilegierten baulichen Nutzungen an der Hofstelle zurücktritt und im räumlich-funktionalen Zusammenhang der Hofstelle nicht deren Gepräge ändert. ⁸Sollte ein Neubau als mitgezogene Nutzung zulässig sein, muss dieser im Übrigen möglichst flächenschonend ausgeführt werden (zum Beispiel als Anbau, Aufstockung oder Ähnliches). ⁹Aus den dargestellten Voraussetzungen für mitgezogene Vorhaben ergibt sich, dass gegebenenfalls auch Nebeneinrichtungen genehmigungsfähig sein können, die der Ermöglichung von Freizeitaktivitäten oder Beschäftigung von hauseigenen Gästen auf dem Bauernhof dienen, zum Beispiel Erweiterung einer Wagenremise zur Nutzung als Spielscheune für Kinder. 1⁰Auch insoweit ist entscheidend, dass die Einrichtungen untergeordneten Charakter haben und die Prägung als landwirtschaftlicher Betrieb erhalten bleibt. 1¹In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Campingplatz nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb „mitgezogen“ werden kann (vergleiche zum Beispiel BayVGH vom 20. Februar 2006, BauR 2006, 2021). ¹2Eine andere Betrachtung kann für einige wenige Wohnmobile gelten, deren Einrichtung den Begriff „Campingplatz“ auch in anderen einschlägigen Rechtsgebieten (noch) nicht erfüllt (vergleiche Art. 25 Abs. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982, das zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 27. April 2020 (GVBl. S. 236) geändert worden ist, wonach unter „Campingplätzen“ der „[…] Betrieb und die Benutzung von Plätzen, die zum Aufstellen und Bewohnen von mehr als drei Zelten oder Wohnwagen bestimmt sind, […]“ zu verstehen sind). ¹3Die dafür erforderlichen Sanitär- und sonstigen Einrichtungen sind nach Möglichkeit in bestehenden Räumlichkeiten unterzubringen. ¹4Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob das äußere Erscheinungsbild eines landwirtschaftlichen Betriebs erhalten bleibt. ¹5Ein Mitziehen scheidet jedenfalls dann aus, wenn ein Wohnmobilstellplatz durchgehend von dem gleichen Benutzer genutzt wird, es sich gleichsam um eine feste Wohnung handelt.

3.4.2  Verarbeitung und Vermarktung eigen erzeugter Produkte

¹Bestimmte Stufen der Verarbeitung/Veredelung (zumindest überwiegend) selbsterzeugter Produkte gehören zur Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB. ²Entscheidend hierfür ist, ob die jeweilige Verarbeitung/Veredelung erforderlich ist, um die erstmalige Marktfähigkeit (gegebenenfalls auch für den Absatz an Endverbraucher) des landwirtschaftlich erzeugten Produkts herzustellen. ³Bis zu dieser Verarbeitungs-/Veredelungsstufe ist auch die (Direkt-)Vermarktung der Landwirtschaft zuzuordnen, wenn eine räumliche Nähe der Vermarktungseinrichtung zum landwirtschaftlichen Betrieb gegeben ist. ⁴Kann die Weiterverarbeitung oder der Verkauf demnach nicht mehr als bloße Endstufe der Bodenertragsnutzung angesehen werden, so können diese baulichen Anlagen unter dem Gesichtspunkt der „mitgezogenen“ Nutzung privilegiert zulässig sein. ⁵Der Einbau von Verkaufsräumen und -fläche in landwirtschaftliche Betriebsgebäude oder deren Umnutzung zum Zweck einer Weiterverarbeitung sind daher regelmäßig auch im Außenbereich zulässig. ⁶Die Errichtung von Verkaufsräumen und -fläche ist zulässig, wenn der Absatz von Produkten aus überwiegend im Betrieb erzeugten Rohstoffen, deren Zubereitung und Verkostung im Vordergrund steht. ⁷Räumlichkeiten für land-, forstwirtschafts- und ernährungsnahe Bildung sind regelmäßig zulässig. ⁸Bei Winzerbetrieben können Vorhaben in Zusammenhang mit Räumlichkeiten für den Probeausschank von Wein sowie untergeordnete gastronomische Einrichtungen mitgezogen privilegiert sein. ⁹Von einem untergeordneten Charakter wird im Regelfall auszugehen sein, soweit sich die Gastronomie im üblichen räumlichen Umfang sogenannter Straußwirtschaften bewegt (vergleiche als Anhaltspunkt Gaststättenverordnung). 1⁰Die Vermarktung der im eigenen Betrieb erzeugten oder veredelten Produkte steht dabei hier im Vordergrund. 1¹Dieses Kriterium gilt sinngemäß auch für Hofcafés und Brotzeitstüberl. ¹2Der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft übersteigt demgegenüber regelmäßig das Maß dessen, was als „bodenrechtliche Nebensache“ an der Privilegierung eines landwirtschaftlichen Betriebs teilhaben könnte (BVerwG vom 23. Juni 1995, BRS 57 Nr. 102). ¹3Hinsichtlich der Zulässigkeit von Verkaufsständen an öffentlichen Straßen wird auf das IMS vom 28. März 2015 „Vorübergehende Verkaufsstände, Werbe- und Hinweisschilder außerhalb der Bundesautobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Straßen durch landwirtschaftliche Betriebe“ (Az. IC4/IIB2/IIB4/IID9-3612.333-199) verwiesen.

3.4.3  Landwirtschaftliche Lohnunternehmen, Vermietung von Lagerkapazitäten

¹Der überbetriebliche Maschineneinsatz ist heute Kernbestandteil einer wettbewerbsfähigen Landbewirtschaftung, da er auch bäuerlich strukturierten Betrieben wirtschaftlich tragbare Möglichkeiten eröffnet, den technischen Fortschritt zu nutzen. ²Überbetriebliche Lohnmaschinenarbeit ermöglicht darüber hinaus den Anbietern als landwirtschaftsnahe, aber gewerbliche Tätigkeit einen zusätzlichen Einkommensbeitrag. ³Insofern können Bauvorhaben in Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Lohnunternehmen an der „mitgezogenen“ Privilegierung teilnehmen, wenn die landwirtschaftliche Prägung des Gesamtbetriebs erhalten bleibt. ⁴Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die baulichen Anlagen der Lohnunternehmung denen der landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude untergeordnet sind. ⁵Entsprechendes gilt für Bauvorhaben in Zusammenhang mit der Lagerung landwirtschaftlicher, nicht im eigenen Betrieb erzeugter Produkte beziehungsweise verwendeter Betriebsmittel. ⁶Soweit es hingegen die Lagerung sonstiger Gegenstände betrifft, wird allenfalls eine Umnutzung leerstehender vorhandener Gebäude in Betracht kommen; Neubauten werden für diese Zwecke unzulässig sein.

3.4.4  Erneuerbare Energien

¹Auch Anlagen für erneuerbare Energien, die die Hofstelle mit Strom oder Wärme versorgen, können nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sein, soweit ein räumlich-funktionaler Zusammenhang besteht. ²Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung, dass der betriebsbezogene Anteil der Energieversorgung den zur Einspeisung in das öffentliche Netz bestimmten Anteil deutlich übersteigt (vergleiche BVerwG vom 4. November 2008, ZfBR 2009, 149). ³Zu beachten ist, dass die 10-H-Regelung für solche nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Windkraftvorhaben nicht gilt.

4.  Sonstige Vorhaben

¹Liegen – möglicherweise trotz eines gewissen Bezuges zu landwirtschaftlicher Bodennutzung – die Voraussetzungen einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht vor, beurteilt sich die planungsrechtliche Zulässigkeit einer baulichen Anlage oder genehmigungsbedürftigen Nutzungsänderung nach § 35 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 BauGB. ²In den meisten Fällen wird dabei die Frage im Vordergrund stehen, ob das Vorhaben die vom Gesetzgeber grundsätzlich missbilligte Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung im Außenbereich befürchten lässt. ³Die Neuerrichtung eines Wohngebäudes wird unter diesem Gesichtspunkt regelmäßig nicht gestattet werden können. ⁴Bei sonstigen (genehmigungsbedürftigen) baulichen Anlagen, wie beispielsweise Stallungen für einige (wenige) Pferde oder Schafe und Einfriedungen für diese oder land- beziehungsweise forstwirtschaftliche oder gartenbauliche Kulturen oder kleinere Fischteichanlagen, können die öffentlichen Belange – vorbehaltlich der hier besonders zu prüfenden naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Vorschriften (zum Beispiel in Natur-, Landschafts- oder Wasserschutzgebieten) – zumindest in Ortsrandlagen eher gewahrt sein. ⁵Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt nämlich nur dann vor, wenn sie konkret und durch nicht nur unerhebliche Auswirkungen berührt werden.

5.  Teilprivilegierte Vorhaben

5.1  Allgemeines

¹Das Baugesetzbuch kommt landwirtschaftlichen Betrieben im baurechtlichen Bereich über den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB hinaus auch insoweit entgegen, als es für im Außenbereich bereits vorhandene landwirtschaftliche bauliche Anlagen Begünstigungen vorsieht, auch wenn die Voraussetzungen der Privilegierung zwischenzeitlich entfallen sind oder für bestimmte Vorhaben nicht mehr in Anspruch genommen werden können. ²So kann die Nutzung landwirtschaftlicher Anlagen erleichtert geändert und Wohngebäude können leichter erweitert oder durch Neubauten ersetzt werden. ³Die Erleichterung besteht darin, dass den genannten Vorhaben, die grundsätzlich nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beurteilt werden, in der Praxis häufig beeinträchtigte öffentliche Belange (entgegenstehende Darstellung des Flächennutzungsplanes oder eines Landschaftsplanes, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, Gefahr der Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung) nicht entgegengehalten werden dürfen. ⁴Alle übrigen öffentlichen Belange (zum Beispiel schädliche Umwelteinwirkungen, Belange der Wasserwirtschaft oder des Naturschutzes und der Landschaftspflege, unwirtschaftliche Erschließungsaufwendungen) sind jedoch weiter zu berücksichtigen. ⁵Darüber hinaus wird nunmehr durch § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB ausdrücklich klargestellt, dass sämtliche in § 35 Abs. 4 BauGB genannten teilprivilegierten Vorhaben außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sein müssen. ⁶Oft werden solche Vorhaben nicht außenbereichsverträglich sein, bei denen – über die Nutzungsänderung oder auch bauliche Änderung der bestehenden Bausubstanz hinaus – begleitend Außenlagerflächen errichtet werden (Beispiele: Baugeschäfte und Kfz-Werkstätten mit entsprechender Nutzung der Außenflächen für Fahrzeuge oder Material); in diesen Fällen können insbesondere die durch § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB nicht ausgeblendeten Belange „Naturschutz und Landschaftspflege“ beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet sein.

5.2  Nutzungsänderungen

¹Nutzungsänderungen von Gebäuden und Räumen im Außenbereich bedürfen stets einer Baugenehmigung, sofern für die neue Nutzung keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BauGB gegeben ist. ²§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erleichtert in planungsrechtlicher Hinsicht die Umnutzung land- und forstwirtschaftlicher Anlagen. ³Die Vorschrift ermöglicht eine neue Nutzung für Anlagen, die für den ursprünglichen privilegierten Zweck nicht mehr benötigt werden, weil der Betrieb umgestellt, eingeschränkt oder aufgegeben werden soll oder wurde. ⁴Von Bedeutung ist die Regelung damit für landwirtschaftsfremde Nutzungen, die entweder gänzlich an die Stelle der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung treten oder – wegen ihres Umfanges oder des fehlenden betrieblichen Zusammenhangs – nicht (mehr) als bodenrechtliche Nebensache von dem weiter bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb „mitgezogen“ werden. ⁵Begünstigt nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB sind generell auch solche Nutzungsänderungen, die mit einer Änderung der baulichen Anlage verbunden sind; die äußere Gestalt muss im Wesentlichen gewahrt bleiben. ⁶Den damit möglichen baulichen Veränderungen etwa für Handwerksbetriebe oder kleinere Gewerbebetriebe sind aber dadurch Grenzen gesetzt, dass es sich um eine nach objektiven Kriterien zweckmäßige Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz handeln muss und dass die äußere Gestalt des Gebäudes im Wesentlichen gewahrt bleiben muss. ⁷Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn unter Einbeziehung vorhandener Bauteile ein Neubau kaschiert wird. ⁸Es darf sich zudem nicht schon bei Prüfung des Antrags abzeichnen, dass die vorhandene Bausubstanz die Anforderungen der neuen Nutzung in quantitativer Hinsicht nicht erfüllen kann. ⁹In solchen Fällen ist es auch nicht zulässig, eine Nutzungsänderung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB mit einer von vorneherein dafür erforderlichen Erweiterung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB zu verbinden. 1⁰Die Voraussetzung eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs des für die Umnutzung vorgesehenen Gebäudes mit der Hofstelle schließt eine Teilprivilegierung nach dieser Vorschrift sowohl für entfernt liegende Gebäude (wie etwa Feldscheunen) als auch für der Hofstelle zwar räumlich angegliederte, aber mit der landwirtschaftlichen Nutzung schon vorher in keinerlei Zusammenhang stehende Gebäude (wie etwa eine Kfz-Werkstatt) aus. 1¹Bei einer Nutzungsänderung zu Wohnzwecken sind neben den nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zulässigen Wohnungen zusätzlich höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle zulässig. ¹2Bayern hat von der Möglichkeit des § 245b Abs. 2 BauGB Gebrauch gemacht. ¹3Die 7-Jahresfrist des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1c BauGB ist nach Art. 82 Abs. 5 BayBO nicht anzuwenden.

6.  Inkrafttreten, Außerkrafttreten

¹Diese Bekanntmachung tritt am 1. August 2021 in Kraft. ²Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2031 außer Kraft. ³Mit Ablauf des 31. Juli 2021 tritt die Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über das Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 20. Dezember 2016 (AllMBl. 2017 S. 5) außer Kraft.
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Helmut Schütz
Hubert Bittlmayer
Ministerialdirektor
Ministerialdirektor
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