AufnG
DE - Landesrecht Bayern

AufnG: Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Aufnahmegesetz – AufnG) Vom 24. Mai 2002 (GVBl. S. 192) BayRS 26-5-I (Art. 1–11)

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

Art. 1 Allgemeines

(1) Dieses Gesetz gilt für die Aufnahme, Unterbringung und landesinterne Verteilung von Ausländern, die nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) leistungsberechtigt sind.
(2) Bei der Ausführung dieses Gesetzes sind die besonderen Belange schutzbedürftiger Personen im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU sowie des § 44 Abs. 2a des Asylgesetzes (AsylG) zu berücksichtigen.

Art. 2 Aufnahmeeinrichtungen und Transitunterkünfte

(1) ¹Die Regierungen errichten und betreiben bei Bedarf Aufnahmeeinrichtungen im Sinn des § 44AsylG und des § 15a Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). ²Aufnahmeeinrichtungen können als Gemeinschaftsunterkünfte betrieben werden, soweit Unterbringungsplätze nicht für Zwecke des § 44 Abs. 1 AsylG benötigt werden.
(2) ¹Personen im Sinn des Art. 1 Abs. 1 sind verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung, längstens jedoch für 24 Monate, zu wohnen. ²Die §§ 48 bis 50 AsylG bleiben unberührt. ³Satz 1 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtlich für bestimmte Personengruppen eine Regeldauer der Wohnverpflichtung vorgesehen ist, die kürzer ist als die allgemein vorgesehene.
(3) Das Bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen errichtet und betreibt eine Einrichtung im Sinne des § 18a AsylG (Transitunterkunft) auf dem Gelände des Flughafens München.

Art. 3 Regierungsaufnahmestellen

Die Regierungen errichten und betreiben bei Bedarf Regierungsaufnahmestellen zur Aufnahme, Unterbringung und landesinternen Verteilung sowie Umverteilung aller Personen im Sinn von Art. 1 Abs. 1.

Art. 4 Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften

(1) ¹Personen im Sinn des Art. 1 Abs. 1 sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. ²Satz 1 findet keine Anwendung auf Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylbLG oder solange Personen gemäß § 47 AsylG verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(2) Gemeinschaftsunterkünfte sind von den Regierungen entsprechend dem Bedarf zu errichten und zu betreiben.
(3) ¹Zum Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft berechtigt sind
Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind und Alleinerziehende mit mindestens einem minderjährigen Kind nach Abschluss des behördlichen Erstverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist, und
Personen im Sinn des Art. 1 Abs. 1 nach Ablauf von vier Jahren nach Abschluss des behördlichen Erstverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,
wenn durch den Ausländer eine anderweitige Unterkunft nachgewiesen wird, deren Aufwendungen den angemessenen Umfang nicht übersteigen und der Auszug mindestens zwei Monate vorher der zuständigen Behörde angezeigt wird. ²Die zuständige Behörde kann die Frist nach Satz 1 verkürzen. ³Familie im Sinn des Satzes 1 Nr. 1 ist die Lebensgemeinschaft von zwei Personen, die die Personensorge ausüben.
(4) ¹Abs. 3 findet keine Anwendung auf
Personen, die wegen einer oder mehrerer im Bundesgebiet vorsätzlich begangener Straftaten durch ein deutsches Strafgericht rechtskräftig verurteilt wurden, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben, oder
Personen, die vorsätzlich über ihre Identität täuschen oder nicht hinreichend an der Klärung ihrer Identität mitwirken und hierdurch die Aufklärung ihrer Identität erheblich erschweren oder sonst erheblich, fortgesetzt und dauerhaft gegen asylverfahrensrechtliche oder aufenthaltsrechtliche Mitwirkungspflichten verstoßen haben.
²In diesen Fällen findet eine Einzelfallprüfung statt.
(5) ¹In begründeten Ausnahmefällen kann die zuständige Behörde den Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft gestatten. ²Ein begründeter Ausnahmefall liegt insbesondere vor, wenn
Krankheit die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft unzumutbar macht,
auf Grund Schwangerschaft die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft unangemessen ist,
Personen im Sinn des Art. 1 Abs. 1 über ein so hohes Erwerbseinkommen oder Vermögen verfügen, dass sie den gesamten Lebensunterhalt für sich oder, sofern sie eine Familie haben, ihre Familie tragen können oder
Ehepartner oder Eltern und ihre minderjährigen Kinder über unterschiedliche ausländerrechtliche Status verfügen und mindestens eine Person auf Grund ihres Aufenthaltsstatus zum Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft berechtigt ist.
³Ein begründeter Ausnahmefall liegt in der Regel nicht vor bei Personen, die nicht im Besitz gültiger Pässe sind, obwohl sie in zumutbarer Weise einen Pass erlangen könnten, oder bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten nicht mitwirken. ⁴Die Gestattung ist unter dem Vorbehalt des Widerrufs zu erteilen.

Art. 5 Benutzungsverhältnis und Ermächtigung

(1) ¹Träger der Einrichtungen nach Art. 2 bis 4 ist der Freistaat Bayern. ²Das Benutzungsverhältnis in diesen Einrichtungen ist öffentlich-rechtlich. ³Sofern im Fall der Gestattung des Auszugs aus der Gemeinschaftsunterkunft die Anmietung der Privatwohnung durch die kreisfreien Gemeinden und Landratsämter namens des Freistaates erfolgt, so gelten im Verhältnis zwischen Kommune bzw. Freistaat Bayern und Hilfeempfänger die Sätze 1 und 2 entsprechend.
(2) ¹Die Staatsregierung kann Einzelheiten der Errichtung und des Betriebs von Aufnahmeeinrichtungen, Transitunterkünften, Regierungsaufnahmestellen und Gemeinschaftsunterkünften sowie ihre landesweite Koordinierung und der landesinternen Verteilung und Umverteilung der nach Art. 1 Abs. 1 aufzunehmenden Personen durch Rechtsverordnung bestimmen. ²Die landesinterne Verteilung und Umverteilung ist insbesondere auch aus Gründen der Familienzusammenführung und aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig. ³Die Staatsregierung kann die Ermächtigung auf das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Staatsministerium) übertragen.
(3) ¹Die Staatsregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zuständigen Behörden im Sinn der §§ 50 und 51 Abs. 2 Satz 2 des AsylG sowie die zur landesinternen Verteilung und Umverteilung der sonstigen nach Art. 1 Abs. 1 aufzunehmenden Personen zuständigen Behörden zu bestimmen. ²Die Staatsregierung kann Einzelheiten zu den Verfahren in den Fällen der Art. 4 Abs. 3 und 4 und zur Frage des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft im Sinn des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. ³Die Staatsregierung kann die Ermächtigungen auf das Staatsministerium übertragen.
(4) ¹Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Pauschalbeträge für die Kosten der Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AsylbLG festzusetzen. ²Die Höhe der Pauschalbeträge ist nach dem Verwaltungsaufwand der in Anspruch genommenen Einrichtung hinsichtlich Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie sowie nach der Bedeutung der Leistungen für den Einzelnen zu bemessen. ³Die Pauschalbeträge können auch für vergangene Zeiträume festgesetzt werden.

Art. 6 Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen, Regierungsaufnahmestellen und Gemeinschaftsunterkünften

(1) ¹Soweit Personen im Sinn von Art. 1 Abs. 1 nicht in Einrichtungen im Sinn von Art. 2 bis 4 untergebracht werden können, erfolgt die Unterbringung nach Maßgabe der Verteilung nach der zur Ausführung des Asylgesetzes und des Art. 5 Abs. 2 und 3 erlassenen Verordnung. ²Für den Bereich der kreisfreien Gemeinden wird die Aufgabe der Unterbringung den kreisfreien Gemeinden übertragen; sie erfüllen damit eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises. ³Außerhalb der kreisfreien Gemeinden wird die Aufgabe der Unterbringung von den Landratsämtern als Staatsbehörden wahrgenommen. ⁴Art. 4 Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend.
(2) Die kreisangehörigen Gemeinden wirken bei der Erfüllung der Aufgabe durch die Landratsämter mit.

Art. 7

Art. 8 Kostenerstattung

(1) ¹Der Staat erstattet den Landkreisen und kreisfreien Gemeinden die unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit notwendigen Kosten der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für Personen im Sinn von Art. 1 Abs. 1 erbrachten Leistungen. ²Auf Antrag sind angemessene Vorschüsse zu leisten.
(2) ¹Die Staatsregierung kann Einzelheiten zum Verfahren der Kostenerstattung durch Rechtsverordnung bestimmen. ²Die Staatsregierung kann die Ermächtigung auf das Staatsministerium übertragen, das vor Erlass der Rechtsverordnung das Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat herstellt.
(3) Zuständig für die Erstattung sind die Regierungen.

Art. 9 Verarbeitung personenbezogener Daten

¹Personenbezogene Daten dürfen für die Zwecke dieses Gesetzes auch ohne Mitwirkung der betroffenen Person bei der Ausländerbehörde erhoben werden. ²Wenn die mit der Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes betraute Behörde unbare Abrechnungen gewährt und die tatsächliche Abwicklung einem Zahlungsdienstleister überantwortet, darf sie, soweit erforderlich, personenbezogene Daten an diesen zur zweckgebundenen Verarbeitung übermitteln. ³Dies gilt für individuelle Guthabenstände sowie Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, amtliche Meldeadresse, Geschlecht und Ausweisnummer. ⁴Sie darf zudem bei diesem Guthabenstände auch im Rahmen eines automatisierten Abrufverfahrens erheben, um die Höhe des Leistungsanspruchs nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ermitteln zu können. ⁵Darüber hinausgehende Datenverarbeitungen auf Grundlage des Bayerischen Datenschutzgesetzes sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes bleiben hiervon unberührt.

Art. 10 Ausschluss des Widerspruchs, aufschiebende Wirkung der Klage

(1) Klagen gegen eine auf Grund von Art. 4 Abs. 1 und 3 sowie Art. 6 Abs. 1 Satz 4 erlassene Entscheidung haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die §§ 11 und 75 AsylG sowie § 24 Abs. 4 Satz 3 und 4 AufenthG bleiben unberührt.

Art. 11 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) ¹Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2002 in Kraft. ²Abweichend von Satz 1 treten Art. 5 Abs. 2 und 3 am 1. Juni 2002 in Kraft.
(2) Mit Ablauf des 31. Oktober 2022 treten die Art. 7 und 10a außer Kraft.
München, den 24. Mai 2002
In Vertretung
Dr. Günther B e c k s t e i n
Stellvertreter des Ministerpräsidenten
und
Staatsminister des Innern
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