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DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz über die Berufsausbildung in der Landwirtschaft Vom 30. Juli 1959

Abschnitt I Allgemeine Vorschriften

§ 1

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für die Berufsausbildung in Betrieben der Landwirtschaft.
(2) Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes ist die Ausbildung in einem anerkannten Lehrberuf (§ 2).
(3) Zur Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes gehören auch der Obstbau, der Weinbau, der Gartenbau, die bäuerliche Waldwirtschaft, die Tierzucht und Tierhaltung, die Fischerei in Binnengewässern, die landwirtschaftliche Brennerei und die ländliche Hauswirtschaft.
(4) Die Vorschriften über den Jugendarbeitsschutz bleiben unberührt.

§ 2

(1) Das Ministerium Ländlicher Raum (Ministerium) kann zur Förderung des landwirtschaftlichen Berufsnachwuchses durch Rechtsverordnung (Ausbildungsordnung) einen landwirtschaftlichen Beruf, in dem eine längere und geordnete Lehrzeit notwendig ist, wie insbesondere den Beruf des Landwirts, des Winzers, des Gärtners, des Waldbauern, des Melkers, des Schweinezüchters, des Geflügelzüchters, des Schäfers, des Fischers, des Imkers und der Landfrau (ländliche Hauswirtschaftsgehilfin, Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft), als Lehrberuf anerkennen, die Ausbildung regeln und bestimmen, daß die Meisterprüfung abgelegt werden kann.
(2) Die Anerkennung als Lehrberuf kann durch Rechtsverordnung des Ministeriums widerrufen werden. Ein bestehendes Ausbildungsverhältnis darf durch den Widerruf nicht beeinträchtigt werden.

Abschnitt II Lehrherr, Lehrbetrieb

§ 3

Personen, die infolge Richterspruchs das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen, dürfen Lehrlinge weder einstellen noch ausbilden.

§ 4

(1) Lehrlinge dürfen in einem Beruf, in dem die Meisterprüfung abgelegt werden kann, nur von Personen ausgebildet werden, die das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet und in diesem Beruf die Meisterprüfung abgelegt haben oder nach Absatz 3 zur Ausbildung berechtigt sind. Das Regierungspräsidium kann Personen, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, die Befugnis zum Ausbilden verleihen.
(2) In einem Beruf, in dem die Meisterprüfung nicht abgelegt werden kann, dürfen Lehrlinge nur von Personen ausgebildet werden, denen die Befugnis zum Ausbilden von Lehrlingen vom Regierungspräsidium verliehen worden ist.
(3) Personen, die eine Abschlußprüfung an einer Landfrauenschule mit Staatsprüfung im landwirtschaftlichen Hauswerk oder an einer Ingenieurschule oder an einer gleich- oder höherwertigen Ausbildungsstätte bestanden haben, dürfen Lehrlinge in dem Beruf ausbilden, der der Fachrichtung der Abschlußprüfung entspricht, sofern sie mindestens vier Jahre in diesem Beruf praktisch tätig gewesen sind.
(4) Zur Förderung der Lehrlingsausbildung kann das Ministerium durch Rechtsverordnung bestimmen, daß Personen, denen die Befugnis zum Ausbilden von Lehrlingen verliehen werden soll, bestimmte persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen müssen, und das Verfahren regeln.
(5) In anerkannten Lehrbetrieben (§ 6), die nach dem Tode des Betriebsinhabers für Rechnung des Ehegatten oder des Lebenspartners oder von Erben, die das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, fortgeführt werden, dürfen bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Lehrherrn auch Personen Lehrlinge ausbilden, die die Meisterprüfung nicht abgelegt haben, sofern sie in diesem Beruf die Gehilfenprüfung bestanden haben oder mindestens fünf Jahre überwiegend praktisch tätig gewesen sind. Das Regierungspräsidium kann die Dauer dieser Berechtigung in besonders begründeten Fällen verlängern.

§ 5

(1) Das Regierungspräsidium kann Personen, die ihre Pflichten gegen die ihnen anvertrauten Lehrlinge wiederholt oder gröblich verletzt haben, oder gegen die Tatsachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Einstellen oder Ausbilden von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen, die Befugnis, Lehrlinge einzustellen oder auszubilden, befristet oder auf die Dauer entziehen.
(2) Das Regierungspräsidium kann ferner Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen zum ordnungsmäßigen Ausbilden von Lehrlingen nicht geeignet sind, die Befugnis, Lehrlinge auszubilden, befristet oder auf die Dauer entziehen.
(3) Eine nach Abs. 1 oder 2 auf die Dauer entzogene Befugnis kann frühestens nach fünf Jahren wieder zuerkannt werden.

§ 6

(1) Lehrlinge dürfen nur in Betrieben ausgebildet werden, die vom Regierungspräsidium als Lehrbetriebe für den Beruf, in dem die Ausbildung erfolgen soll, anerkannt sind.
(2) Zur Förderung der Lehrlingsausbildung kann das Ministerium durch Rechtsverordnung Mindestanforderungen an Umfang, Einrichtung und Bewirtschaftungszustand der Lehrbetriebe festsetzen und das Verfahren regeln. Dabei kann bestimmt werden, daß der Betrieb vor der Entscheidung von einem nach näherer Bestimmung der Rechtsverordnung gebildeten Gutachterausschuß zu besichtigen ist, dem auch Personen angehören, die nach § 4 Abs. 1 bis 3 zum Anleiten von Lehrlingen befugt sind.
(3) Die Anerkennung als Lehrbetrieb erlischt, wenn der Betriebsinhaber Lehrlinge entweder nicht mehr halten darf oder nicht mehr anleiten darf und nicht binnen drei Monaten einen anleitungsbefugten Vertreter bestellt und mit der Berufsausbildung beauftragt.

Abschnitt III Lehrverhältnis

§ 7

(1) Der Lehrherr hat mit dem Lehrling binnen eines Monats nach Beginn des Lehrverhältnisses einen Lehrvertrag schriftlich abzuschließen. Dieser muß enthalten:
1.
die Bezeichnung des Berufs, in welchem die Ausbildung erfolgen soll,
2.
den Beginn und die Dauer des Lehrverhältnisses mit Angabe der vorausgegangenen Berufsausbildungszeiten,
3.
die gegenseitigen Leistungen, 4.
die gesetzlichen und sonstigen Voraussetzungen, unter denen die Kündigung des Lehrvertrages zulässig ist.
(2) In der Ausbildungsordnung kann bestimmt werden, daß der Lehrvertrag auf eine Mindestdauer abgeschlossen werden muß.
(3) Der Lehrvertrag ist von dem Lehrherrn oder seinem Stellvertreter, dem Lehrling und dessen gesetzlichem Vertreter zu unterschreiben.

§ 8

(1) Der Lehrherr hat der in der Ausbildungsordnung bestimmten Dienststelle den Lehrvertrag binnen zwei Wochen nach Abschluß einzureichen sowie Änderungen und die vorzeitige Auflösung des Lehrvertrags binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(2) Die Überprüfung des Lehrvertrags und die Eintragung in die Lehrlingsrolle obliegt dem Regierungspräsidium. Ergibt die Überprüfung, daß eine ordnungsgemäße Ausbildung des Lehrlings nicht gewährleistet ist, hat das Regierungspräsidium binnen eines Monats nach Eingang des Vertrags oder einer Änderungsanzeige bei der in der Ausbildungsordnung bestimmten Dienststelle den Vertragspartnern mitzuteilen, daß die Ausbildung nicht oder nur teilweise auf die Lehrzeit angerechnet wird.
(3) Hat das Regierungspräsidium die Erklärung nach Abs. 2 abgegeben, so ist das für beide Vertragsteile ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne des § 13 Abs. 2.

§ 9

(1) Auf Lehrverhältnisse zwischen Eltern und ihren Kindern finden die §§ 7 und 8 keine Anwendung.
(2) Lehrverhältnisse zwischen Eltern und ihren Kindern sind binnen eines Monats nach Beginn der in der Ausbildungsordnung bestimmten Dienststelle schriftlich anzuzeigen. Die Lehranzeige muß enthalten:
1.
die Bezeichnung des Berufs, in welchem die Ausbildung erfolgen soll,
2.
den Beginn und die Dauer des Lehrverhältnisses mit Angabe der vorausgegangenen Ausbildungszeiten.
(3) Die Änderung oder vorzeitige Beendigung des Lehrverhältnisses ist binnen zwei Wochen der in der Ausbildungsordnung bestimmten Dienststelle schriftlich anzuzeigen.
(4) Die Überprüfung der Lehranzeige und die Eintragung in die Lehrlingsrolle obliegt dem Regierungspräsidium. Ergibt die Überprüfung, daß eine ordnungsgemäße Ausbildung des Lehrlings nicht gewährleistet ist, hat das Regierungspräsidium den Beteiligten binnen eines Monats nach Eingang der Lehranzeige oder einer Änderungsanzeige bei der in der Ausbildungsordnung bestimmten Dienststelle mitzuteilen, daß die Ausbildung nicht oder nur teilweise auf die Lehrzeit angerechnet wird.

§ 10

(1) Der Lehrherr ist verpflichtet, für die berufliche Ausbildung des Lehrlings in dem zu erlernenden Beruf nach den Vorschriften der Ausbildungsordnung zu sorgen, ihm die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht erforderliche Zeit zu gewähren, ihn zum Besuch der Berufsschule und der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Lehrgänge oder Lehrlingstreffen anzuhalten sowie den Besuch zu überwachen. Er muß entweder selbst oder durch einen anleitungsberechtigten Vertreter die Ausbildung leiten und hierbei den Lehrling zu Fleiß und gutem Betragen anhalten.
(2) Der Lehrherr hat Lehrlingen, die in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen sind, angemessene Unterkunft, ausreichende Kost, Nachtruhe und Freizeit und bei Erkrankung die erforderliche Pflege zu gewähren.
(3) Dem Lehrling dürfen nur solche Verrichtungen übertragen werden, die dem Ausbildungszweck entsprechen. Dem Lehrling dürfen nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen werden, die seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind.
(4) Körperliche Züchtigung sowie jede die Gesundheit oder die sittliche Entwicklung des Lehrlings gefährdende Behandlung sind verboten.

§ 11

(1) Nach Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling ein Zeugnis (Lehrzeugnis) auszustellen, das den Beruf, in dem der Lehrling ausgebildet worden ist, die Dauer des Lehrverhältnisses und die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten angeben sowie auf Wunsch des Erziehungsberechtigten ein Urteil über das Betragen und die Leistungen enthalten muß.
(2) Der Lehrherr hat den Lehrling zur Ablegung der Gehilfenprüfung anzuhalten, ihm die hierzu erforderliche Zeit zu gewähren und die notwendigen Betriebsmittel kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

§ 12

(1) Der Lehrling ist verpflichtet, die Vorschriften der Ausbildungsordnung zu befolgen, die im Betrieb bestehende Ordnung zu beachten und die ihm übertragenen Arbeiten gewissenhaft auszuführen.
(2) Der Lehrling ist der väterlichen Obhut des Lehrherrn anvertraut. Er ist dem Lehrherrn und den Personen, die für den Lehrherrn die Ausbildung leiten, zur Folgsamkeit sowie zu Fleiß und anständigem Betragen verpflichtet.

§ 13

(1) Das Lehrverhältnis beginnt mit einer Probezeit von einem Monat; im Lehrvertrag kann eine Probezeit bis zu drei Monaten vereinbart werden. Während der Probezeit kann das Lehrverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
(2) Nach Ablauf der Probezeit kann das Lehrverhältnis ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Kündigung ist nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind.
(3) Das Lehrverhältnis gilt im Falle des Todes des Lehrherrn, sofern die Aufhebung des Lehrvertrags binnen eines Monats schriftlich erklärt wird, mit der Abgabe der Auflösungserklärung als beendet.

§ 14

(1) Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, wenn der letztere volljährig ist, von ihm selbst die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Beruf übergehen werde, so gilt das Lehrverhältnis, falls der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf eines Monats als gelöst.
(2) Innerhalb von drei Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben Beruf von einer anderen Person ohne Zustimmung des früheren Lehrherrn oder des Regierungspräsidiums nicht als Lehrling beschäftigt werden.

§ 15

Wenn der Lehrherr eine im Mißverhältnis zu dem Umfang oder der Art seines Betriebes stehende Zahl von Lehrlingen hält und dadurch die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet erscheint, kann das Regierungspräsidium dem Lehrherrn aufgeben, eine entsprechende Zahl von Lehrlingen zu entlassen; es kann ihm ferner untersagen, Lehrlinge über eine bestimmte Zahl hinaus zu halten.

Abschnitt IV Lehrzeitdauer

§ 16

(1) Die Lehrzeit beträgt drei Jahre. Besteht der Lehrling vor Ablauf der Lehrzeit die Gehilfenprüfung, so endet das Lehrverhältnis spätestens mit dem Ablauf des Monats, in dem er die Prüfung bestanden hat.
(2) In der Ausbildungsordnung kann für Personen, bei denen nach ihrem Lebensalter oder nach ihrer Vorbildung zu erwarten ist, daß sie das Ausbildungsziel in kürzerer Zeit erreichen werden, die Lehrzeit bis auf zwei Jahre herabgesetzt werden.
(3) Ebenso kann bestimmt werden, daß eine andere der Berufsausbildung dienliche Tätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen auf die Lehrzeit angerechnet wird.

Abschnitt V Gehilfenprüfung

§ 17

(1) Der Lehrling soll bei Ablauf der Lehrzeit die Gehilfenprüfung ablegen.
(2) Durch die Gehilfenprüfung ist festzustellen, ob der Lehrling die in seinem Beruf notwendigen Fertigkeiten und Fachkenntnisse besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht vermittelten Lehrstoff vertraut ist.

§ 18

(1) Zur Gehilfenprüfung wird zugelassen, wer in dem Beruf, in dem die Gehilfenprüfung abgelegt werden soll, eine ordnungsmäßige Lehrzeit zurückgelegt hat.
(2) Über die Zulassung zur Gehilfenprüfung entscheidet das Regierungspräsidium. Es kann auf Antrag zur Vermeidung einer unbilligen Härte oder bei besonderen beruflichen Leistungen Personen zur Gehilfenprüfung zulassen, die die Voraussetzung des Abs. 1 nicht erfüllen.Hat der Lehrling seine Berufsausbildung länger als zwei Monate unterbrochen, so kann die Verlängerung der Lehrzeit um die versäumte Zeit gefordert werden.

§ 19

(1) Prüfungsbehörde ist das Regierungspräsidium. Die Prüfung wird von dem für den Beruf gebildeten Gehilfenprüfungsausschuß abgenommen. Ihm sollen mindestens eine Person, die nach § 4 Abs.l bis 3 zum Anleiten von Lehrlingen in dem Beruf befugt ist, und ein Gehilfe, der die Gehilfenprüfung in dem Beruf abgelegt hat, angehören.
(2) Das Ministerium erläßt durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse im einzelnen, die Bestellung der Beisitzer, die Anmeldung zur Prüfung, das Prüfungsverfahren, die Prüfungsanforderungen, die Anrechnung von anderen Prüfungen und von Prüfungsteilen, die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Erteilung der Prüfungszeugnisse und der Gehilfenbriefe, die Erleichterung der Prüfungen für bestimmte Gruppen von Prüflingen, z. B. Körperbehinderte, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsbestimmungen und die Möglichkeit der Wiederholung der Prüfung.

Abschnitt VI Meisterprüfung, Meistertitel

§ 20

Durch die Meisterprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling in seinem Beruf befähigt ist,
a)
einen entsprechenden Betrieb oder Betriebszweig selbständig zu führen und
b)
Lehrlinge ordnungsgemäß anzuleiten.
Der Prüfling hat insbesondere darzutun, daß er die in dem Beruf gebräuchlichen Arbeiten meisterhaft verrichten kann sowie die notwendigen fachlichen, staatsbürgerlichen, rechtlichen, berufserzieherischen und berufsständischen Kenntnisse besitzt.

§ 21

(1) Zur Meisterprüfung wird zugelassen, wer a)
in einem landwirtschaftlichen Beruf eine Gehilfenprüfung bestanden und in dem Beruf, in dem er die Meisterprüfung ablegen will, nach näherer Bestimmung der Ausbildungsordnung eine fünfjährige, überwiegend praktische Tätigkeit zurückgelegt sowie mit Erfolg eine Fachschule besucht oder an berufsfördernden Lehrgängen teilgenommen hat oder
b)
zum Anleiten von Lehrlingen in diesem Beruf befugt ist und wenigstens fünf Jahre lang Lehrlinge mit Erfolg angeleitet hat.
(2) In der Ausbildungsordnung kann bestimmt werden, daß der Gehilfenprüfung andere gleichwertige Prüfungen gleichgestellt sind und daß der Besuch von Fachschulen sowie von gleich- oder höherwertigen fachlichen Ausbildungsstätten bis zu drei Jahren auf die nachzuweisende Gehilfentätigkeit angerechnet wird. Ebenso kann bestimmt werden, daß der praktischen Tätigkeit dienliche Zeiten auf die Gehilfentätigkeit angerechnet werden.
(3) Über die Zulassung zur Meisterprüfung entscheidet das Regierungspräsidium. Es kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf Antrag Personen mit ausreichender praktischer Tätigkeit in dem Beruf zur Meisterprüfung zulassen, auch wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 nicht erfüllt sind.

§ 22

(1) Prüfungsbehörde ist das Regierungspräsidium. Die Meisterprüfung wird durch den für den Beruf gebildeten Meisterprüfungsausschuß abgenommen. Ihm sollen mindestens zwei Personen angehören, die die Meisterprüfung in dem Beruf abgelegt haben.
(2) § 19 Abs. 2 gilt sinngemäß.

§ 23

Die Bezeichnung Meister in Verbindung mit einem anerkannten landwirtschaftlichen Lehrberuf oder in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit in einem solchen Beruf hinweist, darf nur führen, wer dafür die Meisterprüfung bestanden hat.

Abschnitt VII Beirat für Berufsausbildung

§ 24 [1]

(1) Zur Beratung des Ministeriums in der Berufsausbildung und zur Wahrnehmung aller gemeinsamen Interessen auf diesem Gebiet wird beim Ministerium ein Beirat für Berufsausbildung in der Landwirtschaft gebildet. Rechtsverordnungen sind im Benehmen mit dem Beirat zu erlassen.
(2) Dem Beirat sollen sachverständige Personen insbesondere aus den landwirtschaftlichen Berufen und aus den landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen angehören; die berufsständischen Organisationen, die entsprechenden Jugendorganisationen und die Gewerkschaften sollen angemessen vertreten sein.
(3) Das Ministerium erläßt nach Anhörung der in Absatz 2 zweiter Halbsatz genannten Organisationen durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften über die Zusammensetzung und die einzelnen Aufgaben des Beirats und etwaiger Fachausschüsse sowie über die Berufung und Abberufung der Beiratsmitglieder. Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung; sie bedarf der Zustimmung des Ministeriums.

Fußnoten

[1]
§ 24 in Kraft mit Wirkung vom 13. August 1959

Abschnitt VIII Durchführung des Gesetzes

§ 25

(1) Das Regierungspräsidium überwacht die Lehrlingsausbildung, fördert die Fortbildung der Gehilfen und der Meister und wirkt auf die Abstellung von Mängeln und Mißständen bei der Ausbildung, Unterbringung und Behandlung der Lehrlinge hin.
(2) Das Regierungspräsidium kann sich zur Durchführung seiner Aufgaben nach Abs. 1 Beauftragter, auch solcher, die ehrenamtlich tätig sind, bedienen. Die Beauftragten sind verpflichtet, über alle ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit bekanntwerdenden Betriebsverhältnisse sowie über die häuslichen und persönlichen Verhältnisse der Beteiligten Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren.
(3) Das Regierungspräsidium führt ein Verzeichnis der Personen, die befugt sind, Lehrlinge anzuleiten, ein Verzeichnis der anerkannten Lehrbetriebe und eine Lehrlingsrolle. Die Einsicht in die Verzeichnisse ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt.

§ 26 [1]

(1) Für die Verleihung der Anleitungsbefugnis (§ 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2), für die Wiederzuerkennung einer entzogenen Befugnis (§ 5 Abs. 3), für die Anerkennung eines Betriebes als Lehrbetrieb (§ 6 Abs. 1), für die Abnahme der Gehilfenprüfung (§§ 17 ff.) und für die Abnahme der Meisterprüfung (§§ 20 ff.) werden Gebühren erhoben.
(2) Das Ministerium setzt durch Rechtsverordnung die Höhe der Gebühren fest.

Fußnoten

[1]
§ 26 in Kraft mit Wirkung vom 13. August 1959

§ 27 [1]

(1) In der Ausbildungsordnung kann bestimmt werden, daß während einer Übergangszeit von längstens fünf Jahren nach der Anerkennung eines Berufs als Lehrberuf allgemein von den Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 und des § 21 Abs. 1 und 2 abgesehen wird bei Personen, die bestimmte andere Voraussetzungen erfüllen, insbesondere eine ausreichende praktische Tätigkeit in dem Beruf nachweisen, in welchem die Prüfung abgelegt werden soll.
(2) Das Ministerium kann durch Rechtsverordnung die Aufgaben der Regierungspräsidien für bestimmte Berufe bei einem oder mehreren Regierungspräsidien zusammenfassen oder auf andere nachgeordnete Stellen übertragen.

Fußnoten

[1]
§ 27 in Kraft mit Wirkung vom 13. August 1959

Abschnitt IX Ordnungswidrigkeiten, Übergangs- und Schlußbestimmungen

§ 28

(1) Ordnungswidrig handelt, wer 1.
den Vorschriften der §§ 3, 4, 5 und 6 Abs. 1 zuwider Lehrlinge einstellt, ausbildet, ausbilden läßt oder beschäftigt.
2.
entgegen § 7 den Lehrvertrag nicht ordnungsgemäß abschließt,
3.
entgegen § 8 Abs. 1 es unterläßt, den Lehrvertrag fristgemäß einzureichen oder die Änderung oder vorzeitige Auflösung des Lehrvertrags anzuzeigen,
4.
es unterläßt, die nach § 9 erforderlichen Anzeigen zu erstatten,
5.
die ihm nach §§ 10 und 11 obliegenden Pflichten gegenüber dem ihm anvertrauten Lehrling verletzt,
6.
der Vorschrift des § 14 Abs. 2 zuwider einen Lehrling beschäftigt,
7.
einer nach § 15 getroffenen Anordnung des Regierungspräsidiums nicht nachkommt,
8.
der Vorschrift des § 23 zuwider die Bezeichnung Meister führt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.
(3) Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1
des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (BGBl. I S. 481) ist das Regierungspräsidium.

§ 29

(1) Personen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vom Ministerium, von einem Regierungspräsidium oder von einer entsprechenden Behörde der ehemaligen Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern als Lehrherrn anerkannt worden sind, sind im Rahmen der Anerkennung befugt, Lehrlinge anzuleiten.
(2) Personen, die vor dem 1. Juni 1969 durch eine Abschlußprüfung die Berufsbezeichnung »staatlich geprüfter Landwirt« erworben haben, sind den in § 4 Abs. 3 genannten Personen gleichgestellt.
(3) Betriebe, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes von einer in Abs. 1 genannten Behörde als Lehrbetriebe anerkannt worden sind, gelten als Lehrbetriebe i. S. des § 6 Abs. 1.
(4) Meisterprüfungen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes oder vor Inkrafttreten der Ausbildungsordnung nach den bestehenden Vorschriften abgelegt worden sind, werden anerkannt.

§ 30

Die Vorschriften dieses Gesetzes, die eine Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen enthalten, treten am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Im übrigen tritt das Gesetz am 1. Oktober 1959 in Kraft.
Stuttgart, den 30. Juli 1959

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Kiesinger
Dr. Wolfgang Haußmann
Renner
Dr. Storz
Leibfried
Hohlwegler
Fiedler
Dr. Filbinger
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