RHG
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz über den Rechnungshof Baden-Württemberg (Rechnungshofgesetz - RHG) Vom 19. Oktober 1971

§ 1

(1) Der Rechnungshof Baden-Württemberg ist eine selbständige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde.
(2) Der Rechnungshof hat seinen Sitz in Karlsruhe.

§ 2

(1) Mitglieder des Rechnungshofs sind der Präsident, der Vizepräsident und die zu Mitgliedern bestellten Beamten.
(2) Dem Rechnungshof sind zur Erfüllung seiner Aufgaben Fachkräfte, insbesondere Prüfungsbeamte, beigegeben.

§ 3

(1) Der Rechnungshof entscheidet durch Mehrheitsbeschluß der Mitglieder als Senat oder durch übereinstimmenden Beschluß der nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Mitglieder.
(2) Jedes zuständige Mitglied kann anstelle des übereinstimmenden Beschlusses eine Entscheidung des Senats verlangen. Der Präsident und der Vizepräsident haben dieses Recht auch, wenn sie nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht zuständig sind. Den anderen Mitgliedern steht es in Angelegenheiten von wesentlicher Bedeutung zu.
(3) Bei bestimmten Ausgaben, deren Verwendung geheimzuhalten ist, kann der Haushaltsplan festlegen, daß die Prüfung durch den Präsidenten oder durch ein im Geschäftsverteilungsplan bestimmtes Mitglied unter Mitwirkung des Präsidenten vorgenommen wird. Weitere Beamte können herangezogen werden. Eine Entscheidung des Senats nach Absatz 2 kann nicht verlangt werden.
(4) Den Vorsitz im Senat führt der Präsident. Der Senat ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(5) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

§ 4

(1) Der Präsident leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang und die Verwaltung des Rechnungshofs. Er vertritt den Rechnungshof nach außen.
(2) Der Präsident kann die anderen Mitglieder des Rechnungshofs zur Erledigung der ihm nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben heranziehen.

§ 5

Der Präsident verteilt die Geschäfte und regelt die Vertretung der Mitglieder im Benehmen mit ihnen vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer; innerhalb des Geschäftsjahres können die Geschäftsverteilung und die Vertretung nur aus zwingenden Gründen geändert werden. Auf Antrag eines Mitglieds entscheidet der Senat, jedoch nicht in Angelegenheiten des § 6 Abs. 2.

§ 6

(1) Der Vizepräsident vertritt den Präsidenten, soweit dieser an der Wahrnehmung seiner Amtsgeschäfte gehindert ist. Ist auch der Vizepräsident verhindert, tritt an seine Stelle jeweils das nach der Dauer der Mitgliedschaft dienstälteste, bei gleicher Dauer das lebensältere Mitglied.
(2) Der Vizepräsident übt außerdem Befugnisse des Präsidenten aus, soweit sie durch den Geschäftsverteilungsplan dem Vizepräsidenten übertragen sind. Durch den Geschäftsverteilungsplan können solche Befugnisse auch einzelnen sonstigen Mitgliedern übertragen werden.

§ 7

Der Rechnungshof regelt seinen Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung. Sie wird vom Senat mit der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder beschlossen.

§ 8

(1) Ist ein Mitglied des Rechnungshofs mit einem Minister oder dessen ständigem Vertreter, mit einem Vorstandsmitglied oder mit einem Leiter eines vom Rechnungshof zu prüfenden Unternehmens oder einem Leiter einer sonstigen Stelle, die vom Rechnungshof geprüft wird, verheiratet oder in gerader Linie oder im zweiten Grad der Seitenlinie verwandt oder verschwägert, so darf es in den zum Geschäftsbereich der betreffenden Behörden oder Stellen gehörenden Angelegenheiten nicht mitwirken. Steht ein Mitglied mit einem sonstigen Angehörigen einer vom Rechnungshof zu prüfenden Verwaltung oder einer der im Satz 1 genannten Stellen in einem familienrechtlichen Verhältnis der vorstehend aufgeführten Art, so darf es bei allen diese Personen betreffenden Angelegenheiten nicht mitwirken.
(2) Ein Mitglied darf ferner nicht mitwirken, wenn es vor seiner Zugehörigkeit zum Rechnungshof an der Behandlung derselben Angelegenheit beteiligt war oder wenn ein sonstiger Umstand vorliegt, der geeignet ist, Zweifel an der Unbefangenheit seiner Entscheidung zu begründen.
(3) Gründe, die die Mitwirkung nach Absatz 1 oder Absatz 2 ausschließen, hat das Mitglied anzuzeigen. Bestehen Zweifel, ob deren Voraussetzungen gegeben sind, entscheidet der Senat. Das betroffene Mitglied stimmt nicht mit.

§ 9

Die Mitglieder des Rechnungshofs müssen die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes besitzen. Sie müssen nach Erwerb der Befähigung mindestens zehn Jahre lang entweder in einer Laufbahn des höheren Dienstes als Beamter oder Richter tätig gewesen sein oder eine Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung ausgeübt haben, die nach Art und Bedeutung den Anforderungen des höheren Dienstes entspricht. Zwei Drittel der Mitglieder, unter ihnen der Präsident und der Vizepräsident, müssen die Befähigung zum Richteramt haben.

§ 10

(1) Der Ministerpräsident ernennt mit Zustimmung des Landtags den Präsidenten und den Vizepräsidenten, letzteren auf Vorschlag des Präsidenten.
(2) Die Bestellung zu Mitgliedern nach § 2 Abs. 1 nimmt der Ministerpräsident auf Vorschlag des Präsidenten vor; der Präsident hat den Senat vorher zu hören und dessen Stellungnahme dem Vorschlag beizufügen.

§ 11

(1) Die Mitglieder des Rechnungshofs sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Sie müssen Beamte auf Lebenszeit sein und können weder auf Zeit noch auf Widerruf oder kraft Auftrags bestellt werden.
(2) Auf die Mitglieder des Rechnungshofs sind die für Richter auf Lebenszeit geltenden Vorschriften über Dienstaufsicht, Versetzung in ein anderes Amt, Versetzung in den Ruhestand, Hinausschiebung der Altersgrenze, Entlassung, Amtsenthebung, Altersgrenze und Disziplinarmaßnahmen entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Präsidenten erteilt der Präsident des Landtags die Genehmigung zur Übernahme von Nebentätigkeiten.
(4) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten im übrigen für die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Rechnungshofs die Vorschriften für Landesbeamte auf Lebenszeit.

§ 12

(1) Für ein Prüfungsverfahren, das ein Mitglied des Rechnungshofs betrifft, sind die Richterdienstgerichte zuständig. Das Antragsrecht zur Einleitung dieses Verfahrens übt hinsichtlich des Präsidenten der Präsident des Landtags aus.
(2) Für gerichtliche Disziplinarverfahren, die Mitglieder des Rechnungshofs betreffen, sind die Richterdienstgerichte zuständig. Disziplinarbehörde hinsichtlich des Präsidenten ist der Präsident des Landtags.
(3) Für die Besetzung der Richterdienstgerichte des Landes und das Verfahren sind die Vorschriften des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes entsprechend anzuwenden. Die dem Rechnungshof angehörenden nichtständigen Beisitzer werden aus dem Kreis der Mitglieder bestimmt, die in einer vom Senat aufgestellten Vorschlagsliste benannt sind.

§ 13

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1972 in Kraft.
(2) Zugleich treten außer Kraft: 1.
die Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Haushaltsführung, Rechnungslegung und Rechnungsprüfung der Länder und über die Vierte Änderung der Reichshaushaltsordnung vom 16. Oktober 1936 (RGBl. II S. 325),
2.
die Anordnung über die Errichtung einer Badischen Rechnungskammer vom 11. September 1946 (Amtsbl. S. 105),
3.
das Gesetz Nr. 501 über die Errichtung eines Rechnungshofs für Württemberg-Baden vom 23. Mai 1946 (Reg. Bl. S. 172) in der Fassung des Gesetzes Nr. 511 vom 12. September 1946 (Reg. Bl. S. 218),
4.
die Rechtsanordnung über die Errichtung einer Rechnungskammer für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns vom 2. Juli 1946 (Amtsbl. S. 93),
5.
das Gesetz zur Bestellung einer Kommission für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung vom 8. Juli 1957 (Ges. Bl. S. 74),
6.
der Unterabschnitt 3 des Abschnittes IX der Landesdisziplinarordnung vom 1. August 1962 (Ges. Bl. S. 141),
7.
§ 222 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung vom 27. Mai 1971 (Ges. Bl. S. 225).
Stuttgart, den 19. Oktober 1971

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Dr. Filbinger Krause Dr. Hahn Dr. Schieler Gleichauf Dr. Schwarz
Dr. Brünner Hirrlinger Schwarz
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