JVollzGB I
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (Justizvollzugsgesetzbuch - JVollzGB) Buch 1 Gemeinsame Regelungen und Organisation (JVollzGB I) Vom 10. November 2009 *

Abschnitt 1 Anwendungsbereich und Aufgaben

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug 1.
der Untersuchungshaft, 2.
der Freiheitsstrafe sowie des Strafarrests nach dem Wehrstrafgesetz,
3.
der Jugendstrafe und 4.
der Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.
(2) Die Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) zur Vollziehung der Untersuchungshaft, namentlich zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§ 119
StPO), sowie die Vorschriften über die Kontaktsperre (§§ 31 bis 38 a
des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) bleiben unberührt.
(3) Für den Vollzug der Haft oder Unterbringung nach § 127b
Absatz 2, § 230 Absatz 2, § 236, § 275a Absatz 6, § 329
Absatz 3, § 412 Satz 1 und § 453c Absatz 1 StPO und bei Haft auf Grund vorläufiger Festnahme, die in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen wird, sowie für die einstweilige Unterbringung nach § 126a
StPO, soweit diese vorübergehend in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen wird, gelten die Vorschriften über den Vollzug der Untersuchungshaft entsprechend, soweit nicht die Eigenart der Unterbringung oder der Haft entgegenstehen. Der Vollzug der einstweiligen Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ist nur für einen Zeitraum von längstens bis zu 24 Stunden und nur dann zulässig, wenn eine sofortige Überführung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Entziehungsanstalt nicht möglich ist; in diesem Fall sind alle Sicherungsmaßnahmen zu treffen, die sich aus dem Zweck der Anordnung der einstweiligen Unterbringung ergeben.
(4) Der Vollzug der Zivilhaft (Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft) richtet sich nach den entsprechenden Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes.
(5) Der Vollzug der Zurückweisungs- und Abschiebungshaft richtet sich, soweit dieser im Wege der Amtshilfe in einer Justizvollzugsanstalt erfolgt, nach § 422
Absatz 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(6) Die Vorschriften über den Vollzug der Aus-, Durch-, und Rücklieferungshaft nach § 27
Absatz 1, § 45 Absatz 6 und § 68 Absatz 4 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und der Haft nach § 12
Absatz 1 des Überstellungsausführungsgesetzes bleiben unberührt.

§ 2 Ziele des Vollzugs

(1) Die kriminalpräventive Zielsetzung des Strafvollzugs und des Jugendstrafvollzugs in Baden-Württemberg liegt im Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor weiteren Straftaten. Strafvollzug und Jugendstrafvollzug leisten einen Beitrag für die Eingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft, die innere Sicherheit und für den Rechtsfrieden.
(2) Der Vollzug der Untersuchungshaft dient dem Zweck, durch sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und eine spätere Strafvollstreckung sicherzustellen.
(3) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Im Vollzug der Sicherungsverwahrung sollen die Untergebrachten fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der Vollzug der Sicherungsverwahrung bezweckt zugleich den Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten.

Abschnitt 2 Grundsätze der Unterbringung

§ 3 Grundsätze zum Vollzug der Haftarten

(1) Die Freiheitsstrafe und der Strafarrest werden in Justizvollzugsanstalten des Landes vollzogen.
(2) Die Untersuchungshaft wird in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teilanstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen.
(3) Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teilanstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten (Einrichtungen der Sicherungsverwahrung) vollzogen.
(4) Die Jugendstrafe wird in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teilanstalten oder Außenstellen von Justizvollzugsanstalten (Jugendstrafanstalten) oder in besonderen Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen.
(5) Das Justizministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Sozialministerium die für den Jugendstrafvollzug in freier Form zugelassenen Einrichtungen. Während der Unterbringung im Jugendstrafvollzug in freier Form besteht das Vollzugsverhältnis der Gefangenen zur Justizvollzugsanstalt fort.

§ 4 Trennungsgrundsätze

(1) Frauen sind getrennt von Männern in besonderen Justizvollzugsanstalten für Frauen oder in getrennten Abteilungen in Justizvollzugsanstalten für Männer unterzubringen. Sie sind auch sonst von den männlichen Gefangenen und männlichen Untergebrachten getrennt zu halten.
(2) Untersuchungsgefangene sollen soweit möglich von anderen Gefangenen, insbesondere Strafgefangenen, getrennt gehalten werden. Mit ihrer Zustimmung darf hiervon abgewichen werden.
(3) Der Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erfolgt vom Strafvollzug getrennt in Einrichtungen nach § 3 Absatz 3. Von einer getrennten Unterbringung nach Satz 1 darf ausnahmsweise abgewichen werden
1.
zur Behandlung, insbesondere in einer sozialtherapeutischen Anstalt,
2.
zur Durchführung einer Behandlungsuntersuchung oder Begutachtung,
3.
zur Behandlung einer Krankheit oder besseren medizinischen Versorgung in einem Justizvollzugskrankenhaus oder in einer Krankenabteilung einer Justizvollzugsanstalt,
4.
auf Antrag der Untergebrachten aus wichtigem Grund,
5.
zur Entlassungsvorbereitung in einer Einrichtung des offenen Vollzugs oder
6.
vorübergehend zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Sicherheit der Justizvollzugsanstalt oder für Leib oder Leben von Untergebrachten oder Dritten.
Die Unterbringungsbedingungen sollen sich im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten von denen der Strafgefangenen unterscheiden, soweit dies mit der Aufgabenerfüllung der aufnehmenden Anstalt vereinbar ist. Im Übrigen bleiben die Rechte der Untergebrachten nach diesem Gesetz unberührt.
(4) Im Jugendstrafvollzug sollen Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene (junge Gefangene) getrennt untergebracht und altersgemäß erzogen werden. Die sozialtherapeutische Behandlung junger Gefangener erfolgt in einer Außenstelle einer sozialtherapeutischen Anstalt oder in gesonderten Abteilungen von Jugendstrafanstalten. Die Unterbringung von jungen weiblichen Gefangenen erfolgt in getrennten Abteilungen einer Justizvollzugsanstalt für Frauen oder einer Jugendstrafanstalt für junge männliche Gefangene.
(5) Soweit junge Gefangene, ohne vom Jugendstrafvollzug ausgenommen zu sein, aus besonderen Gründen in Justizvollzugsanstalten gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht sind, sollen sie von den anderen Gefangenen getrennt werden. Der Vollzug erfolgt nach den Vorschriften dieses Gesetzes über den Jugendstrafvollzug.
(6) Von der Trennung nach den Absätzen 1 und 3 bis 5 darf abgewichen werden, soweit es erforderlich ist, Gefangenen oder Untergebrachten die Teilnahme an Beschäftigungs-, Behandlungs- und Erziehungsmaßnahmen sowie Freizeitangeboten und Angeboten der Religionsausübung zu ermöglichen. Junge Gefangene sind vor schädlichen Einflüssen zu schützen.
(7) Beim Vollzug der Untersuchungshaft darf von der getrennten Unterbringung nach den Absätzen 1 und 2 abgesehen werden, um es Untersuchungsgefangenen zu ermöglichen, zu arbeiten oder an Bildungsmaßnahmen oder Freizeitangeboten teilzunehmen. Ausnahmen von der getrennten Unterbringung nach Absatz 2 sind darüber hinaus zulässig
1.
im Fall der Unterbringung von Untersuchungsgefangenen in einer Krankenabteilung einer Justizvollzugsanstalt oder in einem Justizvollzugskrankenhaus oder
2.
wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt, der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist.
(8) Während eines Transports zur Durchführung einer Verlegung, Überstellung, Ausantwortung oder Vorführung von in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten darf von der Trennung nach Absatz 3 Satz 1 abgewichen werden.

§ 5 Differenzierung

(1) Für den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe sind Haftplätze in verschiedenen Justizvollzugsanstalten oder Abteilungen vorzusehen, in denen eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleistet ist.
(2) Justizvollzugsanstalten des geschlossenen Vollzugs sehen eine sichere Unterbringung vor, Einrichtungen des offenen Vollzugs keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen.

§ 6 Gestaltung der Justizvollzugsanstalten

(1) Justizvollzugsanstalten sind entsprechend ihrem Zweck und den jeweiligen Erkenntnissen der Erfordernisse eines zeitgemäßen Justizvollzugs auszugestalten. Völkerrechtlichen Vorgaben und den internationalen Standards mit Menschenrechtsbezug, wie sie in den von den Vereinten Nationen oder Organen des Europarats beschlossenen einschlägigen Richtlinien und Empfehlungen enthalten sind, ist Rechnung zu tragen.
(2) Justizvollzugsanstalten sollen eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen insbesondere für therapeutische Maßnahmen, für Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport und Seelsorge vorsehen. Sie sollen so gegliedert werden, dass die Gefangenen und Untergebrachten in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefasst werden können. Die Gestaltung von Einrichtungen der Sicherungsverwahrung muss therapeutischen Erfordernissen entsprechen und Wohngruppenvollzug ermöglichen. Die besonderen Belange von Gefangenen und Untergebrachten mit Migrationshintergrund sind zu berücksichtigen. Insbesondere ist soziokulturellen und religiösen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
(3) Um die Entlassung aus dem Strafvollzug oder Jugendstrafvollzug vorzubereiten, sollen den geschlossenen Justizvollzugsanstalten offene Einrichtungen angegliedert oder zugeordnet oder gesonderte offene Justizvollzugsanstalten vorgesehen werden.

§ 7 Festsetzung der Belegungsfähigkeit

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten fest. Sie geht dabei von der Grundfläche der Hafträume ohne Einbeziehung der Fläche der Sanitäreinrichtungen (Nettogrundfläche) aus. Die Aufsichtsbehörde berücksichtigt, dass eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht.
(2) In Justizvollzugsanstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, haben Gemeinschaftshafträume bei Doppelbelegung eine Nettogrundfläche von mindestens 4,5 Quadratmetern, bei einer höheren Belegung mindestens sechs Quadratmeter je Gefangener oder Gefangenem aufzuweisen. Für An- und Zubauten bei Anstalten nach Satz 1, mit deren Errichtung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt Absatz 3 entsprechend.
(3) Bei Justizvollzugsanstalten, mit deren Errichtung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, ist im geschlossenen Vollzug eine Einzelunterbringung der Gefangenen zur Ruhezeit zugrunde zu legen. Einzelhafträume haben eine Nettogrundfläche von mindestens neun Quadratmetern, Gemeinschaftshafträume von mindestens sieben Quadratmetern je Gefangener oder Gefangenem aufzuweisen.
(4) Gemeinschaftshafträume müssen über eine baulich abgetrennte und entlüftete Sanitäreinrichtung verfügen, falls nicht ein ständiger Zugang zu einer Toilette außerhalb des Haftraums besteht.
(5) Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als sechs Gefangenen nicht zulässig.
(6) In Einrichtungen der Sicherungsverwahrung haben Zimmer der Untergebrachten eine Nettogrundfläche in Höhe der doppelten Quadratmeterzahl der für Gefangene in einem Gemeinschaftshaftraum nach Absatz 3 vorgesehenen Fläche.

§ 8 Belegung der Hafträume

(1) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden. Über Ausnahmen entscheidet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(2) Die Mehrfachunterbringung in einem Haftraum entgegen § 7 Abs. 4 sowie bei Unterschreiten der Mindestfläche je Gefangenem bei vor Inkrafttreten dieser Vorschrift errichteten Justizvollzugsanstalten ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Gefangenen zulässig. Die Zustimmung kann jederzeit schriftlich oder zur Niederschrift der Vollzugsgeschäftsstelle widerrufen werden.

§ 9 Ausgestaltung der Räume und Kostenbeteiligung

(1) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend auszustatten. Sie müssen hinreichend Luftinhalt haben und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung und Lüftung sowie Fensterfläche ausgestattet sein.
(2) Die Gefangenen und Untergebrachten können an den Betriebskosten der in ihrem Besitz befindlichen Geräte beteiligt werden.

§ 10 Mutter-Kind-Abteilung

(1) Eine Gefangene kann mit ihrem Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben soll, in eine Mutter-Kind-Abteilung in einer Justizvollzugsanstalt für weibliche Gefangene aufgenommen werden, wenn beide für die Unterbringung dort geeignet sind, ein Platz für Mutter und Kind zur Verfügung steht, dies dem Wohl des Kindes entspricht und die oder der Aufenthaltsbestimmungsberechtigte zustimmt. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.
(2) Die Kosten der Unterbringung des Kindes einschließlich der Gesundheitsfürsorge werden vom Justizvollzug regelmäßig nicht übernommen.

§ 11 Ausbildung und Beschäftigung

(1) In den Justizvollzugsanstalten sind Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, zur arbeitstherapeutischen Beschäftigung sowie Arbeitsbetriebe vorzusehen.
(2) Die in Absatz 1 genannten Einrichtungen und Betriebe sind den Verhältnissen außerhalb der Justizvollzugsanstalt anzugleichen. Die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten.
(3) Die Schule im Jugendstrafvollzug soll als Ganztageseinrichtung betrieben werden.

Abschnitt 3 Organisation der Justizvollzugsanstalten

§ 12 Aufgabenwahrnehmung

(1) Die Aufgaben in den Justizvollzugsanstalten werden grundsätzlich von beamteten Bediensteten des Landes wahrgenommen. Sie können anderen Bediensteten sowie nebenamtlich oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.
(2) Die Erledigung von nicht hoheitlichen Aufgaben kann freien Trägern und privaten Dienstleistern übertragen werden.
(3) Mit der Erziehung junger Gefangener soll nur betraut werden, wer für die Erziehungsaufgabe des Jugendstrafvollzugs geeignet und ausgebildet ist.
(4) Für jede Justizvollzugsanstalt ist entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten, namentlich des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Verwaltungsdienstes und des Werkdienstes sowie von Personen der verschiedenen Berufsgruppen, insbesondere der Seelsorger, Ärzte, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeiter, vorzusehen.
(5) Fortbildungsmaßnahmen für die in den Justizvollzugsanstalten tätigen Personen werden regelmäßig durchgeführt.
(6) Für den Vollzug der Sicherungsverwahrung ist die erforderliche Anzahl von Bediensteten der verschiedenen Fachrichtungen, des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes vorzusehen, um eine an den Vollzugszielen orientierte Behandlung und Betreuung der Untergebrachten zu gewährleisten. Die in Einrichtungen der Sicherungsverwahrung tätigen Bediensteten müssen hierfür persönlich geeignet und fachlich qualifiziert sein. Fortbildungen sowie Praxisberatung und Praxisbegleitung werden regelmäßig durchgeführt. Die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, des psychologischen und des sozialen Dienstes sollen Wohngruppen zugeordnet werden. Eine Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der beschäftigungsfreien Zeit der Untergebrachten, insbesondere am Wochenende, in dem erforderlichen Umfang zu gewährleisten. Entsprechendes gilt für Bedienstete, die mit der Betreuung und Behandlung von Strafgefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung betraut sind.
(7) Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft haupt- oder nebenamtlich bestellt. Das Nähere regeln Vereinbarungen zwischen dem Land und den Religionsgemeinschaften. Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Satz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen. Mit Zustimmung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters dürfen die Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen und Seelsorger von außen zuziehen.

§ 13 Anstaltsleitung

(1) Für jede Justizvollzugsanstalt bestellt die Aufsichtsbehörde eine Beamtin oder einen Beamten des höheren Dienstes zur hauptamtlichen Anstaltsleiterin oder zum hauptamtlichen Anstaltsleiter. Aus besonderen Gründen kann eine Justizvollzugsanstalt auch von einer Beamtin oder einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter vertritt die Justizvollzugsanstalt nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug.

§ 14 Mitverantwortung

(1) Den Gefangenen und den Untergebrachten ist zu ermöglichen, eine Vertretung zu wählen. Diese kann in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Justizvollzugsanstalt nach für eine Mitwirkung eignen, Vorschläge und Anregungen an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter herantragen. Die Vorschläge und Anregungen sollen mit der Vertretung erörtert werden. Die Gefangenen und die Untergebrachten werden zur Mitarbeit ermutigt.
(2) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in Teilanstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen, ist der Mitverantwortung der Untergebrachten zu gestatten, an der Gefangenenmitverantwortung mitzuwirken, soweit Interessen und Belange der Untergebrachten berührt sind.

§ 15 Hausordnung

(1) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter erlässt mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde eine Hausordnung. Dabei soll die Gefangenenmitverantwortung gehört werden. In die Hausordnung sind insbesondere Regelungen aufzunehmen über
1.
die Besuchszeiten, die Häufigkeit und Dauer der Besuche,
2.
die Arbeitszeit, die Freizeit und Ruhezeit sowie
3.
die Gelegenheit, Anträge und Beschwerden anzubringen oder sich an einen Vertreter der Aufsichtsbehörde zu wenden.
(2) Die Hausordnung ist den Gefangenen in geeigneter Weise zugänglich zu machen.
(3) Die Hausordnung oder zumindest wichtige Auszüge aus ihr sollen in den Muttersprachen der wesentlichen Gefangenengruppen der Justizvollzugsanstalt vorliegen.

§ 16 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter

(1) Alle im Justizvollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken an der Erfüllung der Aufgaben des Vollzugs mit.
(2) Die Justizvollzugsanstalten arbeiten mit anderen Einrichtungen, Organisationen und Personen, die für die Gefangenen und Untergebrachten förderliche soziale Hilfestellungen leisten oder deren Einfluss ihre Eingliederung, Behandlung oder Erziehung fördern können, eng zusammen. Die Unterstützung insbesondere der in Sicherungsverwahrung Untergebrachten durch ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer ist zu fördern.
(3) Im Untersuchungshaftvollzug wirken Justizvollzugsanstalten, Gerichte und Staatsanwaltschaften so zusammen, dass insbesondere Möglichkeiten der Haftvermeidung ergriffen und die Sicherheit sowie die Ordnung der Justizvollzugsanstalt gewahrt werden. Sie unterrichten sich gegenseitig unverzüglich über Umstände, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlich sind. Bei Erhebung der öffentlichen Klage ist der Justizvollzugsanstalt eine Mehrfertigung der Anklageschrift zu übermitteln.

§ 17 Konferenzen

Zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugs- oder Erziehungsplans sowie zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Strafvollzug und im Jugendstrafvollzug führt die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Konferenzen mit an der Behandlung und Erziehung maßgeblich Beteiligten durch.

§ 18 Anstaltsbeiräte

(1) Bei den Justizvollzugsanstalten sind Beiräte zu bilden. Das Nähere regelt die Aufsichtsbehörde.
(2) Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen mit. Sie unterstützen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung. Im Jugendstrafvollzug sollen die Mitglieder in der Erziehung junger Menschen erfahren oder dazu befähigt sein.
(3) Die Mitglieder des Beirats können namentlich Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Sie können sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung unterrichten, die Justizvollzugsanstalt und ihre Einrichtungen besichtigen und die Gefangenen in ihren Räumen aufsuchen. Aussprache und Schriftwechsel werden nicht überwacht.
(4) Die Mitglieder des Beirats haben über die ihnen in ihrem Amt bekannt gewordenen Angelegenheiten, soweit sie ihrer Natur nach vertraulich sind, Verschwiegenheit zu wahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amts.
(5) Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein.

Abschnitt 4 Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten

§ 19 Aufsichtsbehörde

Das Justizministerium (Aufsichtsbehörde) führt die Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten. Die Aufsicht über Einrichtungen im Jugendstrafvollzug in freien Formen wird im Einvernehmen mit dem Sozialministerium geregelt.

§ 20 Vollstreckungsplan

Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten nach allgemeinen Merkmalen in einem Vollstreckungsplan. Der Vollstreckungsplan soll im Jugendstrafvollzug dazu beitragen, dass Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene getrennt werden.

§ 21 Zuständigkeit für Verlegungen

Die Aufsichtsbehörde kann Entscheidungen über Verlegungen in eine sozialtherapeutische Einrichtung oder in eine Behandlungsabteilung einer Justizvollzugsanstalt einer zentralen Stelle übertragen.

Abschnitt 5 Verhinderung von Mobilfunkverkehr; Videobeobachtung

§ 22 Feststellung von Mobilfunkendgeräten und Störung des Mobilfunkverkehrs

(1) Gefangenen ist der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalten untersagt. Für Einrichtungen, die der Unterbringung von Freigängern dienen, können Ausnahmen zugelassen werden.
(2) Die Justizvollzugsanstalten dürfen auf ihrem Gelände technische Geräte
1.
zur Aktivierung von Mobilfunkendgeräten zum Zweck ihres Auffindens sowie
2.
zur Störung von Frequenzen, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen dienen,
betreiben. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Justizvollzugsanstalten darf hierdurch nicht beeinträchtigt werden.

§ 23 Videoüberwachung

Die Justizvollzugsanstalten können das Anstaltsgelände sowie das Innere der Anstaltsgebäude offen mittels Videotechnik beobachten. Die Anfertigung von Aufzeichnungen hiervon sowie die Beobachtung und Aufzeichnung der unmittelbaren Anstaltsumgebung sind zulässig, sofern dies zum Zweck der Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährdet wird, erforderlich ist.

Abschnitt 6 Nichtraucher- und Gesundheitsschutz

§ 24 Rauchverbot in Justizvollzugsanstalten

In Gebäuden und sonstigen vollständig umschlossenen Räumen von Justizvollzugsanstalten ist das Rauchen nach Maßgabe von § 25 verboten.

§ 25 Ausnahmen vom Rauchverbot

(1) In Hafträumen darf geraucht werden, wenn alle in ihnen untergebrachten Gefangenen damit einverstanden sind.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Ausnahmen vom Rauchverbot bei besonderen Veranstaltungen zulassen. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann das Rauchen zudem in bestimmten baulich abgeschlossenen Räumen oder in entlüfteten Einrichtungen gestatten, wenn und soweit die Belange des Nichtraucherschutzes dadurch nicht beeinträchtigt werden.

§ 26 Gesundheitsschutz in Jugendstrafanstalten

In Einrichtungen des Jugendstrafvollzugs, in denen überwiegend Jugendliche untergebracht sind, darf aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht geraucht und kein Alkohol getrunken werden; §§ 24 und 25 finden keine Anwendung.

Abschnitt 7 Datenschutz

Unterabschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 27 Aufgabe und Anwendungsbereich

(1) Aufgabe der Vorschriften dieses Abschnitts ist es, bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Persönlichkeitsrechte von Gefangenen und sonstigen betroffenen Personen zu wahren, den Justizvollzugsanstalten die effiziente Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalten zu gewährleisten und einen Beitrag für die innere Sicherheit zu leisten. Die Vorschriften dienen auch der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) sowie der Anpassung an die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016 S. 1, ber. ABl. L 314 vom 22. 11. 2016, S. 72 und ABl. L 127 vom 23.5.2018, S. 2).
(2) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für den Vollzug von gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehungen in Justizvollzugsanstalten. Sie finden mit Ausnahme der §§ 37 und 52 entsprechende Anwendung auf den Vollzug des Jugendarrests. Soweit dieses Gesetz Vorschriften für Auftragsverarbeiter enthält, gilt es auch für diese.
(3) Beim Vollzug von Freiheitsentziehungen, die nicht wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat angeordnet worden sind, finden § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 sowie §§ 49, 50, 55, 89 und 90 keine Anwendung, wenn unter Berücksichtigung der Art der Daten und der Rechtsstellung der Gefangenen die betroffenen Personen ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Übermittlung haben.

§ 28 Behördliche Datenschutzbeauftragte oder behördlicher Datenschutzbeauftragter

(1) Die Justizvollzugsanstalt bestellt eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 2 (behördliche Datenschutzbeauftragte oder behördlicher Datenschutzbeauftragter). Die Bestellung bedarf der Schriftform und ist dem Justizministerium sowie der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz mitzuteilen. Die Mitteilung soll den Namen und die Kontaktdaten der bestellten Person beinhalten.
(2) Für die Benennung, Stellung und die Aufgaben der oder des behördlichen Datenschutzbeauftragten gelten §§ 5, 6 Absatz 1 bis 3, Absatz 4 Satz 1, Absatz 5 und 6, § 7 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3
des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) entsprechend. Die Möglichkeiten zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der oder des behördlichen Datenschutzbeauftragten aus anderen Gründen bleiben unberührt.

§ 29 Zulässigkeit der Datenverarbeitung

Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten verarbeiten, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder die betroffene Person eingewilligt hat.

Unterabschnitt 2 Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen und allgemeine Grundsätze für die Datenverarbeitung

§ 30 Anwendungsbereich und vollzugliche Zwecke

(1) Die Vorschriften der Unterabschnitte 2 bis 6 regeln die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Justizvollzugsanstalten zu den Zwecken nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680, insbesondere zum Zweck des ihnen aufgegebenen Vollzugs der Freiheitsentziehung.
(2) Vollzugliche Zwecke in diesem Sinne sind 1.
die Erreichung des jeweiligen Vollzugsziels, 2.
der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten der Gefangenen,
3.
die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt,
4.
die Sicherung des Vollzuges, 5.
die Mitwirkung des Justizvollzuges an den ihm durch Gesetz übertragenen sonstigen Aufgaben, insbesondere an Gefangene betreffenden gerichtlichen Entscheidungen durch Abgabe von Stellungnahmen.
An die Stelle des in Satz 1 Nummer 1 bestimmten Zwecks tritt für den Vollzug der Untersuchungshaft der Zweck, durch die sichere Unterbringung der Gefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten.

§ 31 Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet der Begriff:
1.
der personenbezogenen Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (betroffene Person) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser Person sind, identifiziert werden kann,
2.
der Verarbeitung das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Nutzen und Löschen personenbezogener Daten; im Einzelnen ist, ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren:
a)
Erheben das Beschaffen von personenbezogenen Daten über den Betroffenen,
b)
Speichern das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von personenbezogenen Daten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung,
c)
Verändern das inhaltliche Umgestalten gespeicherter personenbezogener Daten,
d)
Übermitteln das Bekanntgeben personenbezogener Daten an einen Dritten in der Weise, dass die Daten an den Dritten weitergegeben werden oder der Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht oder abruft,
e)
Nutzen jede sonstige Verwendung personenbezogener Daten innerhalb der datenverarbeitenden Stelle,
f)
Löschen das Unkenntlichmachen gespeicherter personenbezogener Daten.
3.
der Einschränkung der Verarbeitung die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken,
4.
des Profilings jede Art der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, bei der diese Daten verwendet werden, um bestimmte persönliche Aspekte, die sich auf eine natürliche Person beziehen, zu bewerten, insbesondere um Aspekte der Arbeitsleistung, der wirtschaftlichen Lage, der Gesundheit, der persönlichen Vorlieben, der Interessen, der Zuverlässigkeit, des Verhaltens, der Aufenthaltsorte oder der Ortswechsel dieser natürlichen Person zu analysieren oder vorherzusagen,
5.
der Pseudonymisierung die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, in der die Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht mehr einer spezifischen betroffenen Person zugeordnet werden können, sofern diese zusätzlichen Informationen gesondert aufbewahrt werden und technischen und organisatorischen Maßnahmen unterliegen, die gewährleisten, dass die Daten keiner betroffenen Person zugewiesen werden können,
6.
der Anonymisierung das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden kann,
7.
des Dateisystems jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird,
8.
des Verantwortlichen die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet,
9.
des Auftragsverarbeiters eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag der Justizvollzugsanstalt oder des Justizministeriums verarbeitet,
10.
des Empfängers eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, der personenbezogene Daten offengelegt werden, unabhängig davon, ob es sich bei ihr um einen Dritten handelt oder nicht; Behörden, die im Rahmen eines bestimmten Untersuchungsauftrags nach dem Unionsrecht oder anderen Rechtsvorschriften personenbezogene Daten erhalten, gelten jedoch nicht als Empfänger; die Verarbeitung dieser Daten durch die genannten Behörden erfolgt im Einklang mit den geltenden Datenschutzvorschriften gemäß den Zwecken der Verarbeitung,
11.
der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten eine Verletzung der Sicherheit, die zur unbeabsichtigten oder unrechtmäßigen Vernichtung, zum Verlust, zur Veränderung oder zur unbefugten Offenlegung von oder zum unbefugten Zugang zu personenbezogenen Daten geführt hat, die verarbeitet wurden,
12.
der besonderen Kategorien personenbezogener Daten personenbezogene Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie genetische Daten, biometrische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder zur sexuellen Orientierung,
13.
der genetischen Daten personenbezogene Daten zu den ererbten oder erworbenen genetischen Eigenschaften einer natürlichen Person, die eindeutige Informationen über die Physiologie oder die Gesundheit dieser Person liefern, insbesondere solche, die aus der Analyse einer biologischen Probe der Person gewonnen wurden,
14.
der biometrischen Daten mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, insbesondere Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten,
15.
der Gesundheitsdaten personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen,
16.
der internationalen Organisation eine völkerrechtliche Organisation und ihre nachgeordneten Stellen sowie jede sonstige Einrichtung, die durch eine von zwei oder mehr Staaten geschlossene Übereinkunft oder auf der Grundlage einer solchen Übereinkunft geschaffen wurde,
17.
der Einwilligung jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist,
18.
der erkennungsdienstlichen Unterlagen mittels erkennungsdienstlicher Maßnahmen gewonnene personenbezogene Daten in Form von Finger- und Handflächenabdrücken, Lichtbildern, äußerlichen körperlichen Merkmale, Körpermaßen und biometrischen Daten des Körpers und der Stimme.
(2) § 2 BDSG gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass vom Begriff der öffentlichen Stellen auch Behörden, Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union umfasst sind.
(3) Im Sinne dieses Abschnitts bezeichnet der Begriff der Gefangenen Personen, an denen Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Jugendarrest, Untersuchungshaft, Strafarrest oder die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen wird. Gefangene sind auch Personen, die sich in Haft nach § 127b
Absatz 2, § 230 Absatz 2, §§ 236, 329 Absatz 3, § 412
Satz 1 oder § 453c StPO befinden, sowie Personen, die nach § 275a
Absatz 6 StPO einstweilig untergebracht sind.

§ 32 Grundsätze der Datenverarbeitung

(1) Im Vollzug ist das Recht einer jeden Person zu schützen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen.
(2) Die Datenverarbeitung ist an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verarbeiten. Von den Möglichkeiten der Anonymisierung und Pseudonymisierung ist frühestmöglich Gebrauch zu machen, soweit dies nach dem Verarbeitungszweck möglich ist.
(3) Die Justizvollzugsanstalt hat bei der Verarbeitung personenbezogener Daten so weit wie möglich zwischen den verschiedenen Kategorien betroffener Personen zu unterscheiden. Dies betrifft insbesondere folgende Kategorien:
1.
Personen, gegen die ein begründeter Verdacht besteht, dass sie eine Straftat begangen haben,
2.
Personen, gegen die ein begründeter Verdacht besteht, dass sie in naher Zukunft eine Straftat begehen werden,
3.
verurteilte Straftäter, 4.
Opfer einer Straftat oder Personen, bei denen bestimmte Tatsachen darauf hindeuten, dass sie Opfer einer Straftat sein könnten, und
5.
andere Personen wie insbesondere Zeugen, Hinweisgeber oder Personen, die mit den in den Nummern 1 bis 4 genannten Personen in Kontakt oder Verbindung stehen.
(4) Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist so weit wie möglich danach zu unterscheiden, ob diese auf Tatsachen oder auf persönlichen Einschätzungen beruhen. Zu diesem Zweck soll die Justizvollzugsanstalt, soweit dies im Rahmen der jeweiligen Verarbeitung möglich und angemessen ist, Beurteilungen, die auf persönlichen Einschätzungen beruhen, als solche kenntlich machen. Es muss außerdem feststellbar sein, welche Stelle die Unterlagen führt, die der auf einer persönlichen Einschätzung beruhenden Beurteilung zugrunde liegen.
(5) Eine ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhende Entscheidung, die mit einer nachteiligen Rechtsfolge für die betroffene Person verbunden ist oder sie erheblich beeinträchtigt, ist nur zulässig, wenn sie in einer Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Entscheidungen nach Satz 1 dürfen nicht auf besonderen Kategorien personenbezogener Daten beruhen, sofern nicht geeignete Maßnahmen zum Schutz der Rechtsgüter sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Personen getroffen wurden. Profiling, das zur Folge hat, dass betroffene Personen auf der Grundlage von besonderen Kategorien personenbezogener Daten diskriminiert werden, ist verboten.

§ 33 Einwilligung

(1) Soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Grundlage einer Einwilligung erfolgt, muss die Justizvollzugsanstalt die Einwilligung der betroffenen Person nachweisen können.
(2) Erfolgt die Einwilligung der betroffenen Person durch eine schriftliche Erklärung, die noch andere Sachverhalte betrifft, muss das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen, dass es von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist.
(3) Die betroffene Person hat das Recht, ihre Einwilligung jederzeit zu widerrufen. Durch den Widerruf der Einwilligung wird die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung nicht berührt. Die betroffene Person ist vor Abgabe der Einwilligung hiervon in Kenntnis zu setzen.
(4) Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung der betroffenen Person beruht. Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, müssen die Umstände der Erteilung, etwa die besondere Situation der Freiheitsentziehung oder eines gegen die betroffene Person betriebenen Verfahrens, berücksichtigt werden. Freiwilligkeit kann insbesondere vorliegen, wenn für die betroffene Person ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil erreicht wird oder die verantwortliche Stelle und die betroffene Person gleichgelagerte Interessen verfolgen. Die betroffene Person ist auf den vorgesehenen Zweck der Verarbeitung hinzuweisen. Ist dies nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder verlangt die betroffene Person dies, ist sie auch über die Folgen der Verweigerung der Einwilligung zu belehren.
(5) Soweit besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden, muss sich die Einwilligung ausdrücklich auf diese Daten beziehen.
(6) Bei beschränkt geschäftsfähigen Gefangenen bestimmt sich die Einwilligungsfähigkeit nach der tatsächlichen Einsichtsfähigkeit.

Unterabschnitt 3 Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Rechtsgrundlagen der Verarbeitung personenbezogener Daten

§ 34 Datenerhebung

(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten erheben, soweit deren Kenntnis für den ihr aufgegebenen Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Die Erhebung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu diesem Zweck ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten sind vorrangig bei der betroffenen Person zu erheben. Werden sie auf Grund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so ist die betroffene Person hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.
(3) Sofern es für die Aufgabenerfüllung der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden, kann die Erhebung bei der betroffenen Person auch ohne deren Kenntnis sowie bei anderen Personen oder Stellen erfolgen. Erfolgt die Erhebung bei einer nichtöffentlichen Stelle, so ist diese auf die Rechtsvorschrift, die zur Auskunft verpflichtet, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.
(4) Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Justizvollzugsanstalt nur erhoben werden, wenn sie für Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Gefangenen, die Behandlung von Gefangenen, die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder die Sicherung des Vollzugs der Freiheitsentziehung erforderlich sind und die Art der Erhebung nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt.

§ 35 Videotechnik

(1) Die Beobachtung von Hafträumen mittels Videotechnik ist nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters und zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten oder zur Verhinderung und Verfolgung von erheblichen Straftaten zulässig. Gleiches gilt für die Beobachtung von Kabinen der Sammeltransportfahrzeuge mittels Videotechnik. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass besonders gesicherte Hafträume mittels Videotechnik zu beobachten sind. Die Anfertigung von Videoaufzeichnungen ist im Einzelfall zulässig. Sofern in Hafträumen eine Beobachtung über einen Zeitraum von aufeinanderfolgend mehr als zwei Wochen erfolgt, bedarf sie der Zustimmung des Justizministeriums als Aufsichtsbehörde.
(2) In hierfür besonders eingerichteten Hafträumen des Justizvollzugskrankenhauses ist auf ärztliche Anordnung eine optische und akustische Beobachtung von Gefangenen mittels Videotechnik zulässig, sofern zureichende Anhaltspunkte für Fremd- oder Eigengefährdung vorliegen oder dies aus Gründen der therapeutischen Sicherheit angezeigt ist. Die Erhebung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu diesem Zweck ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.
(3) Die Beobachtung mittels Videotechnik und die Anfertigung von Videoaufzeichnungen nach diesem Gesetz dürfen auch durchgeführt werden, wenn Personen, hinsichtlich derer die Voraussetzungen der Datenerhebung nicht vorliegen, unvermeidbar betroffen werden. Für die Dauer der religiösen Betreuung ist die Überwachung auf Verlangen der Seelsorgerin oder des Seelsorgers auszusetzen. Die Videobeobachtung und -aufzeichnung ist durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen, soweit nicht der Zweck der Maßnahme dadurch vereitelt wird.

§ 36 Radio-Frequenz-Identifikation (RFID)

(1) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zur Überwachung des Aufenthaltsorts von Gefangenen auf dem Anstaltsgelände kann die Justizvollzugsanstalt Daten über den Aufenthaltsort und den Zeitpunkt der Datenerhebung mittels RFID-Transponder durch Empfangsgeräte automatisiert erheben.
(2) Mit Zustimmung der oder des Gefangenen kann ein RFID-Transponder zur automatisierten Identifikation und Lokalisierung so mit ihrem oder seinem Körper verbunden werden, dass eine ordnungsgemäße Trennung nur durch die Justizvollzugsanstalt erfolgen kann. Von der Zustimmung können die Rücknahme besonderer Sicherungsmaßnahmen oder die Einteilung der oder des Gefangenen zu einer in bestimmten Bereichen auf dem Anstaltsgelände zu leistenden Arbeit abhängig gemacht werden.

§ 37 Elektronische Aufenthaltsüberwachung durch das Global Positioning System (GPS)

(1) Die elektronische Aufenthaltsüberwachung erfolgt durch die ergänzende technische Beaufsichtigung einer oder eines Gefangenen bei einer Ausführung ohne angeordnete Fesselung in Begleitung von Bediensteten der Justizvollzugsanstalt. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung dient dem Zweck, im Falle einer Entweichung der zu überwachenden Person diese auf Grundlage eines Bewegungsprofils erleichtert wieder ergreifen zu können. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung endet mit der ordnungsgemäßen Rückkehr der zu überwachenden Person in die Justizvollzugsanstalt.
(2) Zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung kann eine für die elektronische Aufenthaltsüberwachung zuständige zentrale Datenverarbeitungsstelle Daten über den Aufenthaltsort der Gefangenen und den Zeitpunkt der Datenerhebung (aufenthaltsbezogene Daten) mit der zugelassenen Technik, namentlich mittels Global Positioning (GPS) und Funksystemen, durch Empfangsgeräte erheben (Überwachungsstelle). Es kann als Sender ein Überwachungsgerät zur automatisierten Identifikation und Lokalisierung mit dem Hand- oder Fußgelenk der zu überwachenden Person so verbunden werden, dass eine ordnungsgemäße Trennung nur durch die Justizvollzugsanstalt oder die Überwachungsstelle erfolgen kann.
(3) Verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzgesetzes ist das Justizministerium.
(4) Zur Einhaltung der Zweckbindung erfolgt die Erhebung und Verarbeitung der aufenthaltsbezogenen Daten automatisiert. Bei jedem Abruf sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und die Bearbeiter zu protokollieren.
(5) Die nach Absatz 1 erhobenen aufenthaltsbezogenen Daten sind nach Abschluss der Ausführung innerhalb einer Frist von 24 Stunden automatisiert zu löschen. Hierzu teilt die Justizvollzugsanstalt der Überwachungsstelle unverzüglich das Ende der elektronischen Aufenthaltsüberwachung mit, die die Löschung der Daten veranlasst, soweit nicht eine weitere Speicherung und Verarbeitung im Einzelfall zur Aufklärung und Ahndung eines Pflichtenverstoßes, zur Aufklärung oder Verfolgung von Straftaten oder zur Abwehr erheblicher gegenwärtiger Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter erforderlich ist. Ist die automatisierte Löschung der aufenthaltsbezogenen Daten zu diesen Zwecken auszusetzen, beantragt die Justizvollzugsanstalt dies unverzüglich bei der Überwachungsstelle. Für die erweiterten Zwecke darf die Überwachungsstelle die Daten mit Zustimmung der Justizvollzugsanstalt unmittelbar den zuständigen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden übermitteln.
(6) Im Falle einer Entweichung darf die Überwachungsstelle den für die Fahndung oder die Wiederergreifung zuständigen Polizeidienststellen die bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung erhobenen aufenthaltsbezogenen Daten unmittelbar mitteilen. Absatz 5 gilt entsprechend. Die Frist des Absatzes 5 Satz 1 beginnt mit der Wiederergreifung der oder des Gefangenen oder mit der Beendigung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung.
(7) Absatz 1 bis 6 finden im Jugendarrest keine Anwendung.

§ 38 Auslesen von Datenspeichern

(1) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeicher, die Gefangene ohne Erlaubnis der Justizvollzugsanstalt besitzen, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu erheblichen vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 4 oder 5 genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.
(2) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nicht verarbeitet werden, soweit sie zum Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören. Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.
(3) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.

§ 39 Zweckänderung

Eine Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als demjenigen, zu dem sie erhoben wurden, ist zulässig, wenn es sich bei dem anderen Zweck um einen der in § 30 genannten Zwecke handelt, die Justizvollzugsanstalt befugt ist, Daten zu diesem Zweck zu verarbeiten, und die Verarbeitung zu diesem Zweck erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen, in § 30 nicht genannten Zweck ist zulässig, wenn sie in einer Rechtsvorschrift vorgesehen ist.

§ 40 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zu Vollzugszwecken

(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten übermitteln, nutzen, verändern und speichern, soweit dies für den ihr aufgegebenen Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zu diesem Zweck zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Zu ihrer Aufgabenerfüllung kann die Justizvollzugsanstalt personenbezogene Daten auch unter Einsatz von elektronischen Kommunikationsdiensten, einschließlich solcher mit Bildübertragung, verarbeiten.
(3) Die erhobenen personenbezogenen Daten können zu den Gefangenenpersonalakten genommen sowie elektronisch in Dateien gespeichert werden. Erkennungsdienstliche Unterlagen können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden.
(4) Die Justizvollzugsanstalt kann anordnen, dass Gefangene einen Lichtbildausweis mit sich führen.
(5) Sofern es aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zur Überwachung des Aufenthaltsorts von Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist, kann die Justizvollzugsanstalt Ausweise mit einem RFID-Transponder ausstatten und anordnen, dass diese offen zu tragen sind.

§ 41 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zu vollzugsbegleitenden Zwecken

(1) Eine Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung personenbezogener Daten zu vollzugsbegleitenden Zwecken ist der Verarbeitung zu Vollzugszwecken gleichgestellt, soweit sie gerichtlichen Verfahren sowie deren außergerichtlicher Bearbeitung, der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für die verantwortliche Stelle dient.
(2) Das gilt auch für die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch die verantwortliche Justizvollzugsanstalt und das Bildungszentrum Justizvollzug Baden-Württemberg sowie zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung durch den Kriminologischen Dienst Baden-Württemberg, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen. Sofern der Ausbildungs-, Prüfungs- oder Forschungszweck es erlaubt und der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht, sind die personenbezogenen Daten zu anonymisieren.
(3) Die Justizvollzugsanstalt darf die Religionszugehörigkeit sowie sonstige personenbezogene Daten der Gefangenen, insbesondere Name, Geburtsdatum und Aufnahmedatum, zu Zwecken der Seelsorge im Justizvollzug verarbeiten und an die oder den Seelsorger übermitteln, soweit dies erforderlich ist, um die Seelsorge aufnehmen zu können. Dies setzt voraus, dass die oder der Gefangene deutlich darauf hingewiesen wurde, dass die Angabe über die Religionszugehörigkeit freiwillig erfolgt und Zwecken der Seelsorge dient. Eine Übermittlung ist unzulässig, wenn die oder der Gefangene dieser ausdrücklich widerspricht.
(4) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten von Gefangenen an Mitglieder des Anstaltsbeirats übermitteln, soweit dies für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Beiräte erforderlich ist. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen zu diesem Zweck übermittelt werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist; die Übermittlung erkennungsdienstlicher Unterlagen ist unzulässig. Anstelle der Übermittlung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter die Einsichtnahme von Akten durch Mitglieder des Anstaltsbeirats zulassen, soweit eine solche zur Aufgabenerfüllung unerlässlich ist; Gesundheitsakten und Krankenblätter dürfen nur mit Zustimmung der oder des Gefangenen eingesehen werden. Die Regelung über das Datengeheimnis nach § 73 Absatz 1 gilt entsprechend.

§ 42 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zum Schutz der Allgemeinheit

(1) Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung personenbezogener Daten durch die Justizvollzugsanstalt ist auch zulässig, soweit dies
1.
zur Abwehr von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind,
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
2.
zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,
3.
zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person,
4.
zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten sowie zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährdet werden, oder
5.
zur Identifizierung, Fahndung oder Festnahme von Gefangenen durch Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden in den Fällen, in denen eine Gefangene oder ein Gefangener entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhält,
erforderlich ist. Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zu den Zwecken nach Satz 1 zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Die Justizvollzugsanstalt darf den für die Eingabe von Daten in das polizeiliche Informations- und Auskunftssystem zuständigen Polizeidienststellen den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat richterlich angeordnet worden sind, Verlegungen in eine andere Justizvollzugsanstalt, die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen einschließlich des Verlassens der Justizvollzugsanstalt aus wichtigem Anlass, die Entlassungsadresse sowie die zur Identifizierung der Gefangenen erforderlichen personenbezogenen Daten auch anlassunabhängig übermitteln.

§ 43 Identitätsfeststellung

(1) Bestehen Zweifel an der Identität von Gefangenen, übermittelt die Justizvollzugsanstalt die von ihr gemäß § 34 erhobenen personenbezogenen Daten unverzüglich dem Landeskriminalamt, soweit dies zur Identitätsfeststellung erforderlich ist. Das Landeskriminalamt veranlasst den Abgleich der übermittelten Daten zum Zwecke der Identifizierung der Gefangenen und teilt das Ergebnis der Justizvollzugsanstalt mit.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 dürfen die Justizvollzugsanstalten auch das Bundeskriminalamt sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um einen Abgleich der erkennungsdienstlichen Daten und Identitätsdaten ersuchen.

§ 44 Überprüfung Gefangener

(1) Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt prüft die Justizvollzugsanstalt, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse über Gefangene vorliegen. Sicherheitsrelevant sind Erkenntnisse insbesondere über extremistische, gewaltorientierte Einstellungen oder Kontakte zu derartigen Organisationen, Gruppierungen oder Personen oder Kontakte zur organisierten Kriminalität.
(2) Die Justizvollzugsanstalt darf Justiz- und Sicherheitsbehörden hierzu um Auskunft ersuchen. Insbesondere
1.
holt sie eine Auskunft nach § 41 Absatz 1 Nummer 1
des Bundeszentralregistergesetzes ein und 2.
fragt sicherheitsrelevante Erkenntnisse der Polizeibehörden und des Landesamts für Verfassungsschutz ab.
Hiervon soll nur abgesehen werden, wenn im Einzelfall aufgrund einer Gesamtwürdigung eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt ausgeschlossen werden kann.
(3) Die Abfrage bei den Polizeibehörden erstreckt sich nur auf die personengebundenen Hinweise und die Erkenntnisse des polizeilichen Staatsschutzes. Bei der Anfrage bei dem Landesamt für Verfassungsschutz erfolgt die Abfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems durch das Landesamt.
(4) Die Justizvollzugsanstalt übermittelt den angefragten Behörden soweit möglich den Nachnamen, Geburtsnamen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsland und die Staatsangehörigkeit der Gefangenen. Über Satz 1 hinaus sollen bekannt gewordene Aliaspersonalien, die voraussichtliche Vollzugsdauer sowie das Aktenzeichen der der Vollstreckung zugrundeliegenden Entscheidung mitgeteilt werden.
(5) Die gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 angefragten Behörden teilen den Justizvollzugsbehörden die sicherheitsrelevanten Erkenntnisse über die Gefangenen mit. Die mitgeteilten Erkenntnisse werden in gesonderten Akten oder Dateien geführt.
(6) Die Verarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt schließt die Verarbeitungsbefugnis zum Zwecke der Vollzugs- und Eingliederungsplanung der Gefangenen ein.

§ 45 Überprüfung von Besuchspersonen

(1) Bei Personen, die die Zulassung zum Besuch von besonders gefährlichen Gefangenen, zu denen sicherheitsrelevante Erkenntnisse nach § 44 Absatz 1 Satz 2 vorliegen, begehren, dürfen die Justizvollzugsanstalten mit deren Einwilligung eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. Gleiches gilt für die Zulassung zum Besuch von Gefangenen oder zum Besuch der Anstalt bei tatsächlichen Anhaltspunkten einer drohenden Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt. § 44 Absatz 1 bis 3 und 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 gilt entsprechend. In den Fällen des § 44 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 teilen die Justizvollzugsanstalten auch mit, ob und für welche Gefangenen die Zulassung zum Besuch begehrt wird. Sicherheitsrelevant können hierbei auch Erkenntnisse über erhebliche strafrechtliche Verurteilungen, eine bestehende Suchtproblematik oder andere für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erhebliche Umstände sein.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Besuche von Verteidigerinnen und Verteidigern und Beiständen sowie für Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sowie für die in § 24 Absatz 3
des Dritten Buchs genannten Personen und Stellen.
(3) Werden den Justizvollzugsbehörden sicherheitsrelevante Erkenntnisse bekannt, wird die betroffene Person nicht oder nur unter Beschränkungen zum Besuch zugelassen. Gleiches gilt, wenn die betroffene Person die Einwilligung in eine Zuverlässigkeitsüberprüfung verweigert.
(4) Eine erneute Zuverlässigkeitsüberprüfung soll erfolgen, wenn neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren, sofern ihre Erforderlichkeit und die Voraussetzungen nach Absatz 1 fortbestehen.

§ 46 Überprüfung sonstiger anstaltsfremder Personen

(1) Personen, die in Justizvollzugsanstalten oder an deren Einrichtungen tätig werden und in keinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zum Land stehen, dürfen zu diesen Tätigkeiten nur zugelassen werden, wenn keine Sicherheitsbedenken bestehen. Die Justizvollzugsanstalten sollen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt mit Einwilligung der betroffenen Person eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. § 44 Absatz 1 bis 3 und 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 sowie § 45 Absatz 1 Satz 5, Absatz 3 und 4 gelten entsprechend.
(2) Ist eine Überprüfung in Eilfällen nicht möglich, soll eine Beaufsichtigung der Person bei der Tätigkeit in der Anstalt erfolgen.
(3) Die Justizvollzugsbehörden sollen von einer Abfrage nach Absatz 1 Satz 3 absehen, wenn aufgrund des Anlasses, der Art, des Umfangs oder der Dauer des Aufenthalts oder der Tätigkeit in der Anstalt eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt fernliegt.

§ 47 Fallkonferenzen

(1) Im Rahmen von Fallkonferenzen dürfen die Justizvollzugsbehörden personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, die sie zulässig erhoben haben, insbesondere den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, die voraussichtliche Entlassungsadresse sowie die Vollzugs- und Eingliederungspläne, den Polizeibehörden des Bundes und der Länder übermitteln, sofern
1.
tatsächliche Anhaltspunkte für die fortdauernde erhebliche Gefährlichkeit des jeweiligen Gefangenen für die Allgemeinheit vorliegen,
2.
die Entlassung des jeweiligen Gefangenen aller Voraussicht nach in einem Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr bevorsteht und
3.
dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist.
Fallkonferenzen dürfen auch zur Vorbereitung von Ausführungen, Vorführungen, Ausantwortungen, Überstellungen und Verlegungen bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, und der Selbstverletzung oder Selbsttötung von Gefangenen stattfinden. An den Fallkonferenzen nach Satz 1 sollen die Bewährungshilfe und die Führungsaufsichtsstellen beteiligt werden. Im Rahmen der Fallkonferenzen dürfen personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, durch die Justizvollzugsbehörden bei den Polizeibehörden abgefragt und erhoben werden.
(2) Im Rahmen von Fallkonferenzen dürfen die Justizvollzugsbehörden personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, die sie zulässig erhoben haben, insbesondere den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, die voraussichtliche Entlassungsadresse sowie die Vollzugs- und Eingliederungspläne den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder übermitteln, sofern
1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht für sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder für Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland begründen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind,
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
2.
eine damit im Zusammenhang stehende Gefahr für die Sicherheit der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels in einem überschaubaren Zeitraum einzutreten droht und
3.
dies zur Verhütung der in Satz 1 Nummer 2 genannten Gefahren notwendig ist.
An den Fallkonferenzen sollen die Bewährungshilfe und die Führungsaufsichtsstellen beteiligt werden, sofern die Entlassung der Gefangenen in voraussichtlich nicht mehr als einem Jahr bevorsteht. Im Rahmen der Fallkonferenzen dürfen personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, durch die Justizvollzugsbehörden bei den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder abgefragt und erhoben werden.
(3) Fallkonferenzen dürfen zwischen den Justizvollzugsbehörden, den Polizeibehörden des Bundes und der Länder und den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder stattfinden, sofern
1.
bestimmte Tatsachen die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für Sachen von erheblichem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, begründen,
2.
bestimmte Tatsachen den Verdacht nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 begründen und
3.
dies zur Abwehr der in Nummer 1 genannten Gefahren notwendig ist.
Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Im Rahmen der vorgenannten Fallkonferenzen dürfen personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, durch die Justizvollzugsbehörden bei den Polizeibehörden des Bundes und der Länder sowie den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder auch abgefragt und erhoben werden.
(4) An den Fallkonferenzen können die Strafvollstreckungsbehörden, die Strafvollstreckungskammer und der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter beteiligt werden.
(5) Die wesentlichen Ergebnisse der stattgefundenen Fallkonferenzen sind zu dokumentieren.
(6) Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung bleibt den Justizvollzugsbehörden vorbehalten.

§ 48 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zu vollzugsunterstützenden Zwecken

(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen nutzen, verändern und speichern sowie an die zuständigen öffentlichen Stellen sowie geeignete nichtöffentliche Stellen und Personen übermitteln, soweit dies
1.
für Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe, der Führungsaufsicht und der forensischen Ambulanzen, auch zur Vorbereitung und Vorprüfung dieser Maßnahmen im Rahmen der Entlassungsvorbereitung und Nachsorge,
2.
für Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Gefangenen oder
3.
zur Vorbereitung und Durchführung sonstiger Maßnahmen, die die Fähigkeit der Gefangenen fördern, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen, einschließlich der Entlassungsvorbereitung und Nachsorge
erforderlich ist. Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen ist zu den Zwecken nach Satz 1 zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Die Befugnisse nach Absatz 1 finden auch auf die Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen Anwendung, die erst nach der Haftentlassung zum Tragen kommen und der Eingliederung der Gefangenen in ein soziales und berufliches Umfeld dienen.

§ 49 Datenübermittlung zu vollzugsfremden Zwecken

Die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen durch die Justizvollzugsanstalt an die zuständigen öffentlichen Stellen ist auch zulässig, soweit dies für
1.
Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen oder
2.
Entscheidungen in Gnadensachen
erforderlich ist.
Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen ist zu den Zwecken nach Satz 1 zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.

§ 50 Datenübermittlung zum Zweck des Opferschutzes

Die Justizvollzugsanstalt darf den nach § 406d Absatz 2
StPO auskunftspflichtigen Stellen die für die Erteilung von Auskünften an die Verletzte oder den Verletzten erforderlichen Daten über die Vollziehung freiheitsentziehender Maßnahmen sowie die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen einschließlich des Verlassens der Justizvollzugsanstalt aus wichtigem Anlass übermitteln.

§ 51 Schutz besonderer Kategorien personenbezogener Daten

(1) Personenbezogene Daten besonderer Kategorien dürfen in der Justizvollzugsanstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Die an der Verarbeitung dieser Daten Beteiligten sind auf die besondere Schutzwürdigkeit der Daten hinzuweisen. Gesundheitsakten und Krankenblätter sind, auch wenn sie in Dateien gespeichert sind, von anderen Unterlagen oder Dateien getrennt zu führen und besonders zu sichern. Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass nur die in der Anstalt tätigen Personen Zugang zu den Akten oder Dateien nach Satz 3 erhalten, für deren Aufgabenerfüllung die Kenntnis dieser Daten unbedingt erforderlich ist. Andere personenbezogene Daten über Gefangene dürfen innerhalb der Justizvollzugsanstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist; § 61 Absatz 1 und 2 sowie § 62 Absatz 2 bleiben unberührt.
(2) Personenbezogene Daten, die durch die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6
des Strafgesetzbuchs (StGB) genannten Personen oder den seelsorgerlichen Dienst erhoben oder diesen sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Justizvollzugsanstalt der Schweigepflicht. Die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6
StGB genannten Personen haben sich gegenüber der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter zu offenbaren, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der Justizvollzugsanstalt oder für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten erforderlich ist oder die Tatsachen sonst für die Aufgabenerfüllung der Justizvollzugsanstalt erforderlich sind. Handelt es sich bei den zu offenbarenden Daten um personenbezogene Daten besonderer Kategorien, haben sich die genannten Personen zu offenbaren, soweit dies zur Erreichung der in Satz 2 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist. Auch die Angehörigen der anderen Fachdienste im Justizvollzug mit Ausnahme des seelsorgerlichen Dienstes sowie alle anderen Vollzugsbediensteten haben sich gegenüber der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter zu offenbaren, sofern dies für den Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Sonstige Offenbarungspflichten und -befugnisse bleiben unberührt. Die Gefangenen sind bei Eintritt in die Justizvollzugsanstalt über die nach Satz 2 bis 4 bestehenden Offenbarungspflichten zu unterrichten.
(3) Die nach Absatz 2 Satz 2 und 3 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet werden, unter denen die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6
StGB genannten Personen selbst hierzu befugt wären. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Anstaltsbediensteten oder der Vollzugskonferenz allgemein zulassen. Medizinische Warnhinweise, die keinen Rückschluss auf konkrete Erkrankungen zulassen, sind in Akten und Dateien zulässig, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten erforderlich ist.
(4) Sofern Angehörige von Fachdiensten außerhalb des Vollzugs mit der Untersuchung, Behandlung oder Betreuung einer oder eines Gefangenen beauftragt werden, gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die beauftragte Person auch zur Unterrichtung des entsprechenden Fachdienstes in der Justizvollzugsanstalt befugt ist.

§ 52 Besondere Übermittlungsbefugnisse bei Untersuchungsgefangenen

(1) Wird Untersuchungshaft vollzogen oder ist Untersuchungshaft als Überhaft notiert, darf die Justizvollzugsanstalt personenbezogene Daten an das zuständige Gericht übermitteln, soweit dies für die vom Gericht anzuordnenden Maßnahmen sowie für die sonstigen die Untersuchungshaft betreffenden gerichtlichen Entscheidungen erforderlich ist. Soweit Aufgaben oder Befugnisse auf die Staatsanwaltschaft oder deren Ermittlungspersonen übertragen sind, ist auch eine Übermittlung an diese Stelle zulässig. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur übermittelt werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist.
(2) Die nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 sowie §§ 49, 50 und 55 zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Durch die Übermittlung darf nicht der Eindruck entstehen, dass an der oder dem Untersuchungsgefangenen eine Strafe vollzogen wird.

§ 53 Besondere Übermittlungsbefugnisse bei jungen Gefangenen

(1) Über die §§ 40 bis 50, 52 und 55 hinaus darf die Justizvollzugsanstalt personenbezogene Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen an die in § 16 Absatz 2 dieses Buchs und § 2 Absatz 9
des Vierten Buchs genannten Stellen und Personen übermitteln, soweit eine Einwilligung nach § 33 erteilt wurde oder im Diagnoseverfahren die Erforderlichkeit der der Datenübermittlung zu Grunde liegenden Maßnahme festgestellt worden ist. Die Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten mit Ausnahme erkennungsdienstlicher Unterlagen ist zulässig, soweit sie für die Planung oder Durchführung der Maßnahme unbedingt erforderlich ist oder eine Einwilligung erteilt wurde.
(2) Bei minderjährigen Gefangenen ist die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen an die Personensorgeberechtigten zulässig, sofern sie das Kindeswohl nicht gefährdet.
(3) Die sonstigen Befugnisse der Justizvollzugsanstalt zur Datenverarbeitung bleiben unberührt.

§ 54 Überlassung von Akten

(1) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen von der Justizvollzugsanstalt nur
1.
anderen Justizvollzugsanstalten, 2.
den zur Dienst- oder Fachaufsicht oder zu dienstlichen Weisungen befugten Stellen,
3.
den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten,
4.
den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden,
5.
den mit Gutachten über Gefangene beauftragten Stellen sowie
6.
den mit der Übernahme von Aufgaben des Vollzugs beauftragten Stellen (§ 60)
überlassen werden, sofern dies für die Aufgabenerfüllung der genannten Stellen erforderlich ist. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung an die für Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe und Führungsaufsicht zuständigen Stellen, an die forensischen Ambulanzen sowie für die in die Entlassungsvorbereitung oder Nachsorge eingebundenen Stellen. Sind in den Akten besondere Kategorien personenbezogener Daten enthalten, muss die Überlassung zu diesem Zweck unbedingt erforderlich sein.
(2) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach §§ 40 bis 49, 52, 53 und 55 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten der betroffenen Person oder Dritter in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen der betroffenen Person oder Dritter an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen; eine Verarbeitung dieser Daten durch den Empfänger ist unzulässig. Soweit es sich um personenbezogene Daten besonderer Kategorien handelt, ist regelmäßig von einem überwiegenden berechtigten Interesse der betroffenen Person oder Dritter an der Geheimhaltung auszugehen.
(3) Für die elektronische Versendung einer Gesamtheit von Dateien über eine Gefangene oder einen Gefangenen (elektronische Akte) gelten Absatz 1 und 2 entsprechend. Die Art der Versendung wird durch Verwaltungsvorschrift geregelt.

§ 55 Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke

(1) Für die Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke gilt § 476
StPO entsprechend.
(2) Die Befugnisse des Kriminologischen Dienstes Baden-Württemberg nach § 41 Absatz 2 und § 59 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bleiben unberührt.

§ 56 Einsichtnahme in Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter durch internationale Organisationen

Die Mitglieder einer Delegation des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe erhalten während des Besuchs in der Justizvollzugsanstalt Einsicht in die Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter im Justizvollzugskrankenhaus, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses erforderlich ist.

§ 57 Elektronische Aktenführung

Die Justizvollzugsanstalten können die Akten auch elektronisch führen. Das Justizministerium wird ermächtigt, Regelungen für die elektronische Führung von Akten durch Rechtsverordnung zu treffen.

§ 58 Anstaltsübergreifende Datenverarbeitung

(1) Bei Verlegungen und Überstellungen von Gefangenen oder in Verwaltungsvorgängen, an denen mehrere Justizvollzugsanstalten beteiligt sind, darf die Justizvollzugsanstalt anderen Justizvollzugsanstalten personenbezogene Daten übermitteln, soweit diese für die Erfüllung der Aufgaben der die Daten empfangenden Justizvollzugsanstalt erforderlich sind. Sollen personenbezogene Daten besonderer Kategorien übermittelt werden, muss dies zur Aufgabenerfüllung der empfangenden Justizvollzugsanstalt unbedingt erforderlich sein. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für die Übermittlung von personenbezogenen Daten aus früher vollzogenen Inhaftierungen (Vorinhaftierungen) an andere Justizvollzugsanstalten. Satz 1 bis 3 gelten entsprechend bei Verlegungen, Überstellungen und der Übermittlung von personenbezogenen Daten von Gefangenen aus Vorinhaftierungen an die Vollzugsbehörden anderer Bundesländer.
(2) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten von in anderen Justizvollzugsanstalten des Landes inhaftierten Gefangenen verarbeiten, soweit diese
1.
zur anstaltsübergreifenden Steuerung der Belegung, insbesondere für Überstellungen und Verlegungen, oder
2.
für die Erstellung von Kriminalprognosen über Gefangene
erforderlich sind. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie für die in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist.
(3) Die Befugnisse zur anstaltsübergreifenden Datenverarbeitung bestehen auch, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt durch anstaltsübergreifende Kontakte oder Strukturen dieser Gefangenen in besonderem Maße gefährdet ist. Aus diesen Gründen darf die Justizvollzugsanstalt auch personenbezogene Daten mit Ausnahme erkennungsdienstlicher Unterlagen von Dritten verarbeiten, soweit zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese in Kommunikationsstrukturen der Gefangenen eingebunden sind.
(4) Sofern das Justizministerium als Aufsichtsbehörde Aufgaben der Justizvollzugsanstalten selbst wahrnimmt oder Stellen innerhalb des Justizvollzugs des Landes mit der Wahrnehmung anstaltsübergreifender vollzuglicher Aufgaben beauftragt, stehen dem Justizministerium sowie den von ihm beauftragten Stellen die Befugnisse zur Verarbeitung personenbezogener Daten nach diesem Gesetz zu.
(5) Bestehen auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung Vollzugsgemeinschaften mit anderen Ländern, ist die Übermittlung personenbezogener Daten direkt an die beteiligten Justizvollzugsanstalten sowie deren Justizministerien als Aufsichtsbehörde zulässig, soweit dies für die vereinbarte länderübergreifende Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Die Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie für die in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist. Näheres regelt eine Verwaltungsvorschrift.

§ 59 Automatisierte Übermittlungs- und Abrufverfahren

(1) Für die Übermittlung und den Abruf personenbezogener Daten dürfen automatisierte Verfahren eingerichtet werden, soweit dies unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Stellen angemessen ist. Die Übermittlung und der Abruf besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich sind.
(2) Am automatisierten Abrufverfahren können neben bestimmten Bediensteten der Justizvollzugsanstalten sowie des Justizministeriums als Aufsichtsbehörde beteiligt werden:
1.
der Kriminologische Dienst Baden-Württemberg, 2.
die Vollstreckungsbehörden sowie deren Aufsichtsbehörden,
3.
die Jugendrichter als Vollstreckungsleiter, 4.
die Strafvollstreckungskammern bei den Landgerichten und
5.
die beauftragten Dritten als verantwortliche Stellen oder Personen.
Darüber hinaus kann die Übermittlung personenbezogener Daten nach § 42 Absatz 2, § 44 Absatz 4 und § 58 Absatz 1 automatisiert erfolgen. Das Justizministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung weitere Beteiligte an automatisierten Übermittlungs- und Abrufverfahren zu benennen, soweit dies erforderlich ist.
(3) Die beteiligten Stellen haben zu gewährleisten, dass die Zulässigkeit des Übermittlungs- oder Abrufverfahrens kontrolliert werden kann. Hierzu haben sie schriftlich festzulegen:
1.
den Anlass und Zweck des Verfahrens, 2.
die Empfänger der Übermittlung, 3.
die Art der abzurufenden oder zu übermittelnden Daten und
4.
die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen.
Die verantwortliche Stelle hat insbesondere durch Zuweisung von beschränkten Abrufrechten sicherzustellen, dass nur die zur Aufgabenerfüllung des Empfängers erforderlichen Daten übermittelt werden können. Die erforderlichen Festlegungen können auch durch das Justizministerium als Aufsichtsbehörde mit Wirkung für die ihrer Aufsicht unterliegenden Stellen des Landes getroffen werden.
(4) Die Zulässigkeit einzelner Übermittlungen und Abrufe beurteilt sich nach den für die Erhebung und Übermittlung geltenden Vorschriften. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs trägt der Empfänger. Die verantwortliche Stelle prüft die Zulässigkeit des Abrufs nur, wenn dazu ein besonderer Anlass besteht. Die verantwortliche Stelle hat zu gewährleisten, dass der Abruf personenbezogener Daten durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden kann.

§ 60 Datenverarbeitung bei Übertragung von Vollzugsaufgaben

(1) Werden Aufgaben des Vollzugs ganz oder teilweise an öffentliche oder nichtöffentliche Stellen oder Personen zur Erledigung übertragen, dürfen die für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen personenbezogenen Daten an diese übermittelt werden. Soweit erforderlich, dürfen ihnen Dateien und Akten zur Aufgabenerfüllung überlassen werden.
(2) Die Aufgaben sind von der Justizvollzugsanstalt oder dem Justizministerium als Aufsichtsbehörde mit Wirkung für die Justizvollzugsanstalt an einen sorgfältig auszuwählenden Dritten als verantwortliche Stelle oder Person zu übertragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die verantwortliche Stelle oder Person ausreichend Gewähr dafür bietet, dass er oder sie die für eine datenschutzgerechte Datenverarbeitung erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen in der Lage ist. Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen und muss Angaben zu Gegenstand und Umfang der erforderlichen Datenüberlassung sowie das Erfordernis der Verpflichtung des einzusetzenden Personals nach dem Verpflichtungsgesetz enthalten. Die Justizvollzugsanstalt oder das Justizministerium als Auftraggeber haben sich das Recht vorzubehalten, die Einhaltung datenschutzrechtlicher Maßnahmen zu überprüfen.
(3) Soweit die übertragenen Vollzugsaufgaben innerhalb von Justizvollzugsanstalten geleistet werden, finden die nach § 27 Absatz 2 Satz 1 für die Verarbeitung personenbezogener Daten geltenden Vorschriften dieses Abschnitts entsprechende Anwendung.

§ 61 Einschränkungen der Verarbeitung, Übermittlungsverantwortung und Verfahren

(1) Bei der Überwachung der Besuche, des Schriftwechsels, der Telekommunikation sowie des Paketverkehrs bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur für die in § 41 Absatz 1, § 42 Absatz 1, § 48 Absatz 1 und § 49 Satz 1 Nummer 1 und 2 aufgeführten Zwecke, zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder nach Anhörung der Gefangenen für Zwecke der Behandlung verarbeitet werden. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie zu den in Satz 1 genannten Zwecken unbedingt erforderlich ist.
(2) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 51 Absatz 2 sowie in § 81 Absatz 1 bis 3 und 6 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.
(3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten trägt die Justizvollzugsanstalt. Erfolgt die Übermittlung an eine öffentliche Stelle im Geltungsbereich des Grundgesetzes auf deren Ersuchen, trägt diese die Verantwortung und erteilt erforderlichenfalls die Informationen nach
Artikel 14 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Justizvollzugsanstalt hat im Falle des Satz 2 lediglich zu prüfen, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der ersuchenden öffentlichen Stelle liegt. Die Rechtmäßigkeit des Ersuchens prüft sie nur, wenn im Einzelfall hierzu Anlass besteht.

§ 62 Zweckbindung

(1) Von der Justizvollzugsanstalt übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Der Empfänger darf die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten, soweit sie ihm auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen und wenn im Falle einer Übermittlung an nichtöffentliche Stellen die übermittelnde Justizvollzugsanstalt zugestimmt hat. Die Justizvollzugsanstalt hat nichtöffentliche Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 und die Geltung des Datengeheimnisses nach § 73 Absatz 1 hinzuweisen.
(2) Personenbezogene Daten, die nach § 34 Absatz 4 über Personen, die nicht Gefangene sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszweckes sowie für die in § 42 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und § 48 Absatz 1 geregelten Zwecke verarbeitet werden.

§ 63 Datenübermittlung an Drittstaaten und internationale Organisationen

Für die Übermittlung von personenbezogenen Daten an Stellen in Drittstaaten oder an internationale Organisationen gelten §§ 78 bis 81
des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) entsprechend.

Unterabschnitt 4 Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Rechte der betroffenen Personen

§ 64 Allgemeine Informationen zu Datenverarbeitungen

Die Justizvollzugsanstalt stellt in allgemeiner Form und für die Gefangenen und andere betroffenen Personen zugänglich Informationen zur Verfügung über
1.
den Namen und die Kontaktdaten der Justizvollzugsanstalt,
2.
die Kontaktdaten des zuständigen Datenschutzbeauftragten,
3.
die Zwecke, zu denen die personenbezogenen Daten verarbeitet werden,
4.
die Kontaktdaten der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz und
5.
die im Hinblick auf die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten bestehenden Rechte der betroffenen Personen nach §§ 66, 67 und 69.

§ 65 Benachrichtigung betroffener Personen

(1) Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten werden die betroffenen Personen unter Angabe dieser Daten benachrichtigt, sofern sie nicht bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt haben. Die Benachrichtigung hat zumindest die folgenden Angaben zu enthalten:
1.
die in § 64 genannten Angaben, 2.
die Rechtsgrundlage der Verarbeitung, 3.
die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls keine Fristenregelungen bestehen, die Kriterien, nach denen sich die Dauer der Speicherung bestimmt,
4.
die Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten, auch der Empfänger in Drittländern oder in internationalen Organisationen und
5.
erforderlichenfalls weitere Informationen.
(2) Werden die durch Videotechnik erhobenen Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so ist diese über eine weitere Verarbeitung zu benachrichtigen, sofern sie nicht bereits auf andere Weise Kenntnis von der weiteren Verarbeitung erlangt hat. Die Benachrichtigung hat zumindest die in Absatz 1 Satz 2 genannten Angaben zu enthalten.
(3) In den Fällen von Absatz 1 und 2 kann die Justizvollzugsanstalt die Benachrichtigung aufschieben, einschränken oder unterlassen, soweit und solange andernfalls
1.
die ordnungsgemäße Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben gefährdet würde,
2.
die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder die Strafvollstreckung beeinträchtigt würden,
3.
die öffentliche Sicherheit gefährdet oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereitet würden oder
4.
Rechtsgüter Dritter gefährdet würden
und, wenn das Interesse an der Vermeidung dieser Gefahren das Informationsinteresse der betroffenen Person überwiegt.
(4) Bezieht sich die Benachrichtigung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden der Staatsanwaltschaft, an Polizeidienststellen, Verfassungsschutzbehörden oder, soweit sie in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung personenbezogene Daten speichern, an Behörden der Finanzverwaltung, ist diesen Behörden vorab Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Satz 1 findet auch Anwendung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, an andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für die Herkunft der Daten von den genannten Behörden.
(5) Im Fall der Einschränkung nach Absatz 3 gilt § 66 Absatz 8 und 9 entsprechend.

§ 66 Auskunftsrecht, Akteneinsicht

(1) Die Justizvollzugsanstalt erteilt betroffenen Personen auf Antrag Auskunft darüber, ob sie diese Personen betreffende Daten verarbeitet. Betroffene Personen haben darüber hinaus das Recht, Informationen zu erhalten über
1.
die personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, und die Kategorie, zu der sie gehören,
2.
die verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten,
3.
die Zwecke der Datenverarbeitung und deren Rechtsgrundlage,
4.
die Empfänger oder die Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die Daten offengelegt worden sind, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen,
5.
die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls keine Fristenregelungen bestehen, die Kriterien, nach denen sich die Dauer der Speicherung bestimmt,
6.
das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten der betroffenen Person durch die Justizvollzugsanstalt,
7.
das Recht, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anzurufen, sowie deren oder dessen Kontaktdaten.
Soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der betroffenen Person nicht ausreicht und sie auf die Einsichtnahme angewiesen ist, erhält sie Akteneinsicht. Auf einen entsprechenden Antrag ist Gefangenen in ihre Gesundheitsakten in der Regel Akteneinsicht zu gewähren.
(2) Absatz 1 gilt nicht für personenbezogene Daten, die nur deshalb verarbeitet werden, weil sie aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, wenn die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.
(3) Von der Auskunftserteilung ist abzusehen, wenn die betroffene Person keine Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und deshalb der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person geltend gemachten Informationsinteresse steht.
(4) Die Justizvollzugsanstalt kann unter den Voraussetzungen des § 65 Absatz 3 von der Auskunft nach Absatz 1 absehen oder die Auskunftserteilung einschränken. Dies gilt für die Akteneinsicht entsprechend. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht zudem nicht, wenn die Daten der betroffenen Person mit Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen nicht personenbezogenen Daten derart verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist; in diesem Fall ist der betroffenen Person Auskunft zu erteilen.
(5) Die Auskunft und die Gewährung von Akteneinsicht können versagt werden, wenn sie den Zweck der Untersuchungshaft gefährden.
(6) § 65 Absatz 4 gilt entsprechend.
(7) Die Justizvollzugsanstalt hat die betroffene Person über das Absehen von oder die Einschränkung einer Auskunft unverzüglich schriftlich zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn bereits die Erteilung dieser Informationen eine Gefährdung oder ein Nachteil im Sinne des § 65 Absatz 3 mit sich bringen würde. Die Unterrichtung nach Satz 1 ist zu begründen, es sei denn, dass die Mitteilung der Gründe den mit dem Absehen von oder der Einschränkung der Auskunft verfolgten Zweck gefährden würde.
(8) Wird die betroffene Person nach Absatz 7 über das Absehen von oder die Einschränkung der Auskunft unterrichtet, kann sie ihr Auskunftsrecht auch über die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz ausüben. Die Justizvollzugsanstalt hat die betroffene Person über diese Möglichkeit sowie darüber zu unterrichten, dass sie die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anrufen oder gerichtlichen Rechtsschutz suchen kann. Macht die betroffene Person von ihrem Recht nach Satz 1 Gebrauch, ist die Auskunft auf ihr Verlangen der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu erteilen, soweit nicht das Justizministerium im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat die betroffene Person zumindest darüber zu unterrichten, dass alle erforderlichen Prüfungen erfolgt sind oder eine Überprüfung durch sie stattgefunden hat. Diese Mitteilung kann die Information enthalten, ob datenschutzrechtliche Verstöße festgestellt wurden. Die Mitteilung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz an die betroffene Person darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Justizvollzugsanstalt zulassen, sofern diese keiner weitergehenden Auskunft zustimmt. Die Justizvollzugsanstalt darf die Zustimmung nur insoweit und solange verweigern, wie sie nach Absatz 4 Satz 1 von einer Auskunft absehen oder sie einschränken könnte. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat zudem die betroffene Person über ihr Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz zu unterrichten.
(9) Die Justizvollzugsanstalt hat die sachlichen oder rechtlichen Gründe für die Entscheidung zu dokumentieren.
(10) Weitergehende Auskunftsrechte nach allgemeinen Grundsätzen finden für den Bereich des Justizvollzugs keine Anwendung.

§ 67 Rechte auf Berichtigung und Löschung sowie Einschränkung der Verarbeitung

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von der Justizvollzugsanstalt unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger Daten zu verlangen. Insbesondere im Fall von Aussagen oder Beurteilungen betrifft die Frage der Richtigkeit nicht den Inhalt der Aussage oder Beurteilung. Wenn die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten nicht festgestellt werden kann, tritt an die Stelle der Berichtigung eine Einschränkung der Verarbeitung. In diesem Fall hat die Justizvollzugsanstalt die betroffene Person zu unterrichten, bevor sie die Einschränkung wieder aufhebt. Die betroffene Person kann zudem die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten verlangen, wenn dies unter Berücksichtigung der Verarbeitungszwecke angemessen ist.
(2) Die betroffene Person hat das Recht, von der Justizvollzugsanstalt unverzüglich die Löschung sie betreffender Daten zu verlangen, wenn deren Verarbeitung unzulässig ist, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist oder diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen.
(3) Anstatt die personenbezogenen Daten zu löschen, kann die Justizvollzugsanstalt deren Verarbeitung einschränken, wenn
1.
die betroffene Person die Richtigkeit der personenbezogenen Daten bestreitet und die Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht festgestellt werden kann,
2.
Grund zu der Annahme besteht, dass eine Löschung berechtigte Interessen einer betroffenen Person beeinträchtigen würde,
3.
eine Löschung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist oder
4.
die Daten zu Beweiszwecken weiter aufbewahrt werden müssen.
In ihrer Verarbeitung nach Satz 1 eingeschränkte Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, der ihrer Löschung entgegenstand.
(4) Bei automatisierten Dateisystemen ist technisch sicherzustellen, dass eine Einschränkung der Verarbeitung eindeutig erkennbar ist und eine Verarbeitung für andere Zwecke nicht ohne weitere Prüfung möglich ist.
(5) Hat die Justizvollzugsanstalt eine Berichtigung vorgenommen, hat sie einer Stelle, die ihr die personenbezogenen Daten zuvor übermittelt hat, die Berichtigung mitzuteilen. In Fällen der Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung nach Absatz 1 bis 3 hat die Justizvollzugsanstalt Empfängern, denen die Daten übermittelt wurden, diese Maßnahmen mitzuteilen. Der Empfänger hat die Daten zu berichtigen, zu löschen oder ihre Verarbeitung einzuschränken.
(6) Die Justizvollzugsanstalt hat die betroffene Person über ein Absehen von der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder über die an deren Stelle tretende Einschränkung der Verarbeitung schriftlich zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn bereits die Erteilung dieser Informationen eine Gefährdung im Sinne des § 65 Absatz 3 mit sich bringen würde. Die Unterrichtung nach Satz 1 ist zu begründen, es sei denn, dass die Mitteilung der Gründe den mit dem Absehen von der Unterrichtung verfolgten Zweck gefährden würde.
(7) § 66 Absatz 8 und 9 findet entsprechende Anwendung.

§ 68 Verfahren für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person

(1) Die Justizvollzugsanstalt hat mit betroffenen Personen unter Verwendung einer klaren und einfachen Sprache in präziser, verständlicher und leicht zugänglicher Form zu kommunizieren. Unbeschadet besonderer Formvorschriften soll sie bei der Beantwortung von Anträgen grundsätzlich die für den Antrag gewählte Form verwenden.
(2) Bei Anträgen hat die Justizvollzugsanstalt die betroffene Person unbeschadet des § 66 Absatz 7 und des § 67 Absatz 6 unverzüglich schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie verfahren wurde.
(3) Die Erteilung von Informationen nach § 64, die Benachrichtigungen nach den §§ 65 und 76 und die Bearbeitung von Anträgen nach den §§ 66 und 67 erfolgen unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder exzessiven Anträgen nach den §§ 66 und 67 kann die Justizvollzugsanstalt entweder eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden. In diesem Fall muss die Justizvollzugsanstalt den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags belegen können.
(4) Hat die Justizvollzugsanstalt begründete Zweifel an der Identität einer betroffenen Person, die einen Antrag nach den §§ 66 oder 67 gestellt hat, kann sie von ihr zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung ihrer Identität erforderlich sind.

§ 69 Anrufung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

(1) Jede betroffene Person kann sich unbeschadet anderweitiger Rechtsbehelfe mit einer Beschwerde an die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden, wenn sie der Auffassung ist, bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch die verantwortlichen Stellen in ihren Rechten verletzt worden zu sein.
(2) Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz unterrichtet die betroffene Person über den Stand und das Ergebnis der Prüfung und weist sie hierbei auf die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz nach § 70 in Anspruch zu nehmen, hin.
(3) Werden bei der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Beschwerden eingelegt, die eine Verarbeitung betreffen, die in die Zuständigkeit der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz oder einer datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union fällt, leitet sie oder er diese Beschwerde unverzüglich an die zuständige Behörde weiter. Die oder der Landesbeauftragte unterrichtet die betroffene Person über die Weiterleitung nach Satz 1.

§ 70 Rechtsschutz gegen Entscheidungen der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz oder bei deren oder dessen Untätigkeit

(1) Jede natürliche oder juristische Person kann unbeschadet anderer Rechtsbehelfe gerichtlich gegen eine verbindliche Entscheidung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz vorgehen.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend zugunsten betroffener Personen, wenn sich die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz mit einer Beschwerde nach § 69 nicht befasst oder die betroffene Person nicht innerhalb von drei Monaten nach Einlegung der Beschwerde über den Stand oder das Ergebnis der Beschwerde in Kenntnis gesetzt hat.

Unterabschnitt 5 Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Pflichten der Justizvollzugsanstalten und der Auftragsverarbeiter

§ 71 Datenverarbeitung im Auftrag

(1) Die Justizvollzugsanstalten dürfen personenbezogene Daten durch andere Personen oder Stellen im Auftrag verarbeiten lassen. Dies gilt auch für Prüfungs- oder Wartungsarbeiten und vergleichbare Hilfstätigkeiten einschließlich der Fernwartung, über deren Durchführung neben der verantwortlichen Stelle auch das Justizministerium als Aufsichtsbehörde mit Wirkung für die ihrer Aufsicht unterliegenden Stellen entscheiden kann.
(2) Werden personenbezogene Daten im Auftrag einer Justizvollzugsanstalt durch andere Personen oder Stellen verarbeitet, bleibt die Justizvollzugsanstalt für die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz verantwortlich. Die Rechte der betroffenen Personen auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung und Schadensersatz sind in diesem Fall gegenüber der Justizvollzugsanstalt geltend zu machen.
(3) Eine Justizvollzugsanstalt darf nur solche Auftragsverarbeiter mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beauftragen, die mit geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen sicherstellen, dass die Verarbeitung im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen erfolgt und der Schutz der Rechte der betroffenen Personen gewährleistet wird.
(4) Auftragsverarbeiter dürfen ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Justizvollzugsanstalt keine weiteren Auftragsverarbeiter hinzuziehen. Hat die Justizvollzugsanstalt dem Auftragsverarbeiter eine allgemeine Genehmigung zur Hinzuziehung weiterer Auftragsverarbeiter erteilt, hat der Auftragsverarbeiter die Justizvollzugsanstalt über jede beabsichtigte Hinzuziehung oder Ersetzung zu informieren. Die Justizvollzugsanstalt kann in diesem Fall die Hinzuziehung oder Ersetzung untersagen.
(5) Zieht ein Auftragsverarbeiter einen weiteren Auftragsverarbeiter hinzu, so hat er diesem dieselben Verpflichtungen aus seinem Vertrag mit der Justizvollzugsanstalt nach Absatz 6 aufzuerlegen, die auch für ihn gelten, soweit diese Pflichten für den weiteren Auftragsverarbeiter nicht schon aufgrund anderer Vorschriften verbindlich sind. Erfüllt ein weiterer Auftragsverarbeiter diese Verpflichtungen nicht, so haftet der ihn beauftragende Auftragsverarbeiter gegenüber der Justizvollzugsanstalt für die Einhaltung der Pflichten des weiteren Auftragsverarbeiters.
(6) Die Verarbeitung durch einen Auftragsverarbeiter hat auf der Grundlage eines Vertrags oder eines anderen Rechtsinstruments zu erfolgen, der oder das den Auftragsverarbeiter an die Justizvollzugsanstalt bindet und der oder das den Gegenstand, die Dauer, die Art und den Zweck der Verarbeitung, die Art der personenbezogenen Daten, die Kategorien betroffener Personen und die Rechte und Pflichten der Justizvollzugsanstalt festlegt. Der Vertrag oder das andere Rechtsinstrument haben insbesondere vorzusehen, dass der Auftragsverarbeiter
1.
nur auf dokumentierte Weisung der Justizvollzugsanstalt handelt; ist der Auftragsverarbeiter der Auffassung, dass eine Weisung rechtswidrig ist, hat er die Justizvollzugsanstalt unverzüglich zu informieren,
2.
gewährleistet, dass die zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten befugten Personen zur Vertraulichkeit verpflichtet werden, soweit sie keiner angemessenen gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen,
3.
die Justizvollzugsanstalt mit geeigneten Mitteln dabei unterstützt, die Einhaltung der Bestimmungen über die Rechte der betroffenen Person zu gewährleisten,
4.
alle personenbezogenen Daten nach Abschluss der Erbringung der Verarbeitungsleistungen nach Wahl der Justizvollzugsanstalt zurückgibt oder löscht und bestehende Kopien vernichtet, wenn nicht nach einer Rechtsvorschrift eine Verpflichtung zur Speicherung der Daten besteht,
5.
der Justizvollzugsanstalt alle erforderlichen Informationen, insbesondere die gemäß § 82 erstellten Protokolle, zum Nachweis der Einhaltung seiner Pflichten zur Verfügung stellt,
6.
Überprüfungen, die von der Justizvollzugsanstalt oder einem von dieser beauftragten Prüfer durchgeführt werden, ermöglicht und dazu beiträgt,
7.
die in Absatz 4 und 5 aufgeführten Bedingungen für die Inanspruchnahme der Dienste eines weiteren Auftragsverarbeiters einhält,
8.
alle gemäß § 74 erforderlichen Maßnahmen ergreift und
9.
unter Berücksichtigung der Art der Verarbeitung und der ihm zur Verfügung stehenden Informationen die Justizvollzugsanstalt bei der Einhaltung der in den §§ 74 bis 77 und 84 genannten Pflichten unterstützt.
(7) Der Vertrag im Sinne des Absatzes 6 ist in schriftlicher oder elektronischer Form abzufassen.
(8) Ein Auftragsverarbeiter, der die Zwecke und Mittel der Verarbeitung unter Verstoß gegen diese Vorschrift bestimmt, gilt in Bezug auf diese Verarbeitung als Verantwortlicher anstelle der Justizvollzugsanstalt.

§ 72 Gemeinsam Verantwortliche

Legen zwei oder mehr Verantwortliche gemeinsam die Zwecke und die Mittel der Verarbeitung fest, gelten sie als gemeinsam Verantwortliche. Gemeinsam Verantwortliche haben ihre jeweiligen Aufgaben und datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten in transparenter Form in einer Vereinbarung festzulegen, soweit diese nicht bereits in Rechtsvorschriften festgelegt sind. Aus der Vereinbarung muss insbesondere hervorgehen, wer welchen Informationspflichten nachzukommen hat und wie und gegenüber wem betroffene Personen ihre Rechte wahrnehmen können. Fehlt eine Regelung nach Satz 3, kann die betroffene Person ihre Rechte gegenüber jedem der gemeinsam Verantwortlichen geltend machen.

§ 73 Datengeheimnis

(1) Den bei Justizvollzugsanstalten beschäftigten Personen ist es untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu verarbeiten oder sonst zu verwenden (Datengeheimnis). Personen, die keine Amtsträger sind, sind bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort.
(2) Alle im Justizvollzug Tätigen dürfen sich von personenbezogenen Daten Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung gebotene Zusammenarbeit aller Vollzugsbediensteten erforderlich ist. Von personenbezogenen Daten besonderer Kategorien dürfen sie sich nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist.

§ 74 Anforderungen an die Sicherheit der Datenverarbeitung

(1) § 64 BDSG gilt entsprechend.
(2) Das Justizministerium wird ermächtigt, die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen durch Rechtsverordnung näher zu bestimmen.

§ 75 Meldung von Verletzungen

(1) Im Falle einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten hat die Justizvollzugsanstalt unverzüglich und möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Bekanntwerden der Verletzung diese der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu melden. Erfolgt die Meldung nicht innerhalb von 72 Stunden, ist der späteren Meldung eine Begründung für die Verzögerung beizufügen.
(2) Die Meldung nach Absatz 1 kann unterbleiben, wenn die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten voraussichtlich nicht zu einem Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führt.
(3) Die Meldung nach Absatz 1 muss zumindest folgende Informationen enthalten:
1.
eine Beschreibung der Art der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten, soweit möglich mit Angabe der Kategorien und der ungefähren Zahl der betroffenen Personen, der betroffenen Kategorien personenbezogener Daten und der ungefähren Zahl der betroffenen personenbezogenen Datensätze,
2.
Name und Kontaktdaten der oder des Datenschutzbeauftragten oder einer sonstigen Anlaufstelle für weitere Informationen,
3.
eine Beschreibung der wahrscheinlichen Folgen der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten und
4.
eine Beschreibung der von der Justizvollzugsanstalt ergriffenen oder vorgeschlagenen Maßnahmen zur Behandlung der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten und gegebenenfalls der Maßnahmen zur Abmilderung ihrer möglichen nachteiligen Auswirkungen.
Können zum Zeitpunkt der Meldung nach Absatz 1 nicht alle Informationen nach Absatz 3 bereitgestellt werden, kann die Justizvollzugsanstalt diese Informationen ohne unangemessene weitere Verzögerung schrittweise zur Verfügung stellen.
(4) Ein Auftragsverarbeiter hat eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten nach Bekanntwerden unverzüglich der Justizvollzugsanstalt zu melden.
(5) Die Justizvollzugsanstalt dokumentiert Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten nach Absatz 1 einschließlich aller im Zusammenhang mit der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten stehenden Umstände, deren Auswirkungen und die ergriffenen Abhilfemaßnahmen in einer Weise, die es der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ermöglicht, die Einhaltung der Voraussetzungen nach dieser Vorschrift zu überprüfen.
(6) Soweit von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten personenbezogene Daten betroffen sind, die von einem oder an einen Verantwortlichen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union übermittelt wurden, sind die in Absatz 3 genannten Informationen dem dortigen Verantwortlichen unverzüglich zu übermitteln.
(7) Die Justizvollzugsanstalt hat es zu ermöglichen, dass ihr vertrauliche Meldungen über in ihrem Verantwortungsbereich erfolgende Verstöße gegen Datenschutzvorschriften zugeleitet werden können.
(8) Weitere Pflichten der Justizvollzugsanstalt zu
Benachrichtigungen über Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten bleiben unberührt.

§ 76 Benachrichtigung betroffener Personen

(1) Geht mit der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten nach § 75 Absatz 1 voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen einher, benachrichtigt die Justizvollzugsanstalt die betroffenen Personen unverzüglich. Die Benachrichtigung beschreibt in klarer und einfacher Sprache die Art der Verletzung und enthält zumindest die Angaben nach § 75 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 bis 4.
(2) Von einer Benachrichtigung nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn
1.
die Justizvollzugsanstalt geeignete Vorkehrungen nach § 74 getroffen hat und diese Vorkehrungen auf die von der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten betroffenen Daten angewandt wurden, insbesondere solche, durch die die personenbezogenen Daten für alle Personen, die keine Zugangsbefugnis zu den personenbezogenen Daten besitzen, unzugänglich gemacht wurden, beispielsweise durch Verschlüsselung,
2.
die Justizvollzugsanstalt nach Eintritt der Verletzung durch geeignete Maßnahmen sichergestellt hat, dass das hohe Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen gemäß Absatz 1 aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr besteht oder
3.
die Benachrichtigung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 hat anstelle der persönlichen Benachrichtigung eine öffentliche Bekanntmachung oder eine ähnliche Maßnahme zu erfolgen, durch die die betroffenen Personen in vergleichbar wirksamer Weise informiert werden.
(3) Unterlässt die Justizvollzugsanstalt die Benachrichtigung nach Absatz 1, kann die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 prüfen und dies feststellen. Ergibt die Prüfung nach Satz 1, dass die Voraussetzungen nach Absatz 2 nicht vorlagen, kann die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, mit der die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten zu einem hohen Risiko führt, von der Justizvollzugsanstalt die Nachholung der Benachrichtigung verlangen.
(4) Die Benachrichtigung der betroffenen Personen nach Absatz 1 kann unter den in § 65 Absatz 3 genannten Voraussetzungen aufgeschoben, eingeschränkt oder ganz unterlassen werden.

§ 77 Datenschutz-Folgenabschätzung

(1) Hat eine Form der Verarbeitung, insbesondere bei Verwendung neuer Technologien, aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge, führt die Justizvollzugsanstalt vorab eine Abschätzung der Folgen der vorgesehenen Verarbeitungsvorgänge für den Schutz personenbezogener Daten durch.
(2) Für die Untersuchung mehrerer ähnlicher Verarbeitungsvorgänge mit ähnlich hohem Gefahrenpotential kann eine gemeinsame Datenschutz-Folgenabschätzung vorgenommen werden.
(3) Der Verantwortliche hat die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten an der Durchführung der Folgenabschätzung zu beteiligen.
(4) Die Folgenabschätzung gemäß Absatz 1 hat den Rechten der von der Verarbeitung betroffenen Personen und sonstiger Betroffener Rechnung zu tragen und zumindest Folgendes zu enthalten:
1.
eine allgemeine Beschreibung der geplanten Verarbeitungsvorgänge und der Zwecke der Verarbeitung,
2.
eine Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Verarbeitungsvorgänge in Bezug auf deren Zweck,
3.
eine Bewertung in Bezug auf die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen bestehenden Risiken und
4.
die geplanten Maßnahmen, mit denen bestehenden Risiken abgeholfen werden soll, einschließlich der Garantien, der Sicherheitsvorkehrungen und der Verfahren, durch die der Schutz personenbezogener Daten sichergestellt und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nachgewiesen werden sollen.
(5) Soweit erforderlich, hat der Verantwortliche eine Überprüfung durchzuführen, ob die Verarbeitung den Maßgaben folgt, die sich aus der Folgenabschätzung ergeben haben.

§ 78 Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten

(1) Die Justizvollzugsanstalt hat ein Verzeichnis aller Kategorien von Verarbeitungstätigkeiten zu führen, die in ihre Zuständigkeit fallen. Dieses Verzeichnis hat die folgenden Angaben zu enthalten:
1.
den Namen und die Kontaktdaten der Justizvollzugsanstalt und gegebenenfalls des oder der gemeinsam mit ihr Verantwortlichen sowie den Namen und die Kontaktdaten der oder des behördlichen Datenschutzbeauftragten,
2.
die Zwecke der Verarbeitung personenbezogener Daten,
3.
die Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, einschließlich der in Drittländern oder internationalen Organisationen,
4.
eine Beschreibung der Kategorien betroffener Personen und der Kategorien personenbezogener Daten,
5.
gegebenenfalls die Verwendung von Profiling, 6.
gegebenenfalls die Kategorien von Übermittlungen personenbezogener Daten an Stellen in einem Drittstaat oder an eine internationale Organisation,
7.
Angaben über die Rechtsgrundlage der Verarbeitung, einschließlich der Übermittlung, für die die personenbezogenen Daten bestimmt sind,
8.
die vorgesehenen Fristen für die Löschung der verschiedenen Kategorien personenbezogener Daten und
9.
eine allgemeine Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen gemäß § 74.
(2) Jeder Auftragsverarbeiter führt ein Verzeichnis zu allen Kategorien von Verarbeitungen, die er im Auftrag einer Justizvollzugsanstalt durchführt, das Folgendes enthält:
1.
den Namen und die Kontaktdaten des Auftragsverarbeiters, der Justizvollzugsanstalt und gegebenenfalls jedes weiteren Verantwortlichen, in dessen Auftrag der Auftragsverarbeiter tätig ist, sowie einer oder eines etwaigen Datenschutzbeauftragten,
2.
die Kategorien von Verarbeitungen, die im Auftrag jedes Verantwortlichen durchgeführt werden,
3.
gegebenenfalls Übermittlungen von personenbezogenen Daten an ein Drittland oder an eine internationale Organisation, wenn vom Verantwortlichen entsprechend angewiesen, einschließlich der Identifizierung des Drittlandes oder der internationalen Organisation und
4.
eine allgemeine Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen gemäß § 74.
(3) Die in Absatz 1 und 2 genannten Verzeichnisse sind in schriftlicher oder in elektronischer Form zu führen.
(4) Justizvollzugsanstalt und Auftragsverarbeiter stellen auf Anforderung ihre Verzeichnisse der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zur Verfügung.

§ 79 Datenschutz durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellung

(1) Die Justizvollzugsanstalt trifft sowohl zum Zeitpunkt der Festlegung der Mittel für die Verarbeitung als auch zum Zeitpunkt der Verarbeitung selbst angemessene Vorkehrungen, die geeignet sind, die Datenschutzgrundsätze wie etwa die Datensparsamkeit wirksam umzusetzen und die sicherstellen, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten und die Rechte der betroffenen Personen geschützt werden. Sie hat hierbei den Stand der Technik, die Implementierungskosten und die Art, den Umfang, die Umstände und die Zwecke der Verarbeitung sowie die unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere der mit der Verarbeitung verbundenen Gefahren für die Rechtsgüter der betroffenen Personen zu berücksichtigen. Insbesondere ist bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und der Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen § 32 Absatz 2 zu beachten.
(2) Die Justizvollzugsanstalt trifft geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, die sicherstellen, dass durch Voreinstellungen grundsätzlich nur solche personenbezogenen Daten verarbeitet werden, deren Verarbeitung für den jeweiligen bestimmten Verarbeitungszweck erforderlich ist. Dies betrifft die Menge der erhobenen Daten, den Umfang ihrer Verarbeitung, ihre Speicherfrist und ihre Zugänglichkeit. Die Maßnahmen müssen insbesondere gewährleisten, dass die Daten durch Voreinstellungen nicht automatisiert einer unbestimmten Anzahl von Personen zugänglich gemacht werden können.

§ 80 Verfahren bei Übermittlungen

(1) Die Justizvollzugsanstalt ergreift angemessene Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die unrichtig, unvollständig oder nicht mehr aktuell sind, nicht übermittelt oder sonst zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck überprüft sie, soweit dies mit angemessenem Aufwand möglich ist, die Qualität der Daten vor ihrer Übermittlung oder Bereitstellung. Bei jeder Übermittlung personenbezogener Daten fügt sie zudem, soweit dies möglich und angemessen ist, Informationen bei, die es dem Empfänger gestatten, die Richtigkeit, die Vollständigkeit und die Zuverlässigkeit der Daten sowie deren Aktualität zu beurteilen.
(2) Gelten für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten besondere Bedingungen, weist bei Datenübermittlungen die übermittelnde Stelle den Empfänger auf diese Bedingungen und die Pflicht zu ihrer Beachtung hin. Die Hinweispflicht kann dadurch erfüllt werden, dass die Daten entsprechend markiert werden.
(3) Die übermittelnde Stelle darf auf Empfänger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und auf Einrichtungen und sonstige Stellen, die nach Kapitel 4 und 5 des Titels V des Dritten Teils des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichtet wurden, keine Bedingungen nach Absatz 2 anwenden, die nicht auch für entsprechende innerstaatliche Datenübermittlungen gelten.

§ 81 Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung

(1) Die Justizvollzugsanstalt berichtigt personenbezogene Daten, wenn sie unrichtig sind. Eine Berichtigung teilt sie einer Stelle, die die Daten zuvor an sie übermittelt hat, mit.
(2) Die Justizvollzugsanstalt löscht personenbezogene Daten unverzüglich, wenn ihre Verarbeitung unzulässig ist, sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen oder ihre Kenntnis für ihre Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
(3) § 67 Absatz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Sind unrichtige personenbezogene Daten oder personenbezogene Daten unrechtmäßig übermittelt worden, ist dies dem Empfänger mitzuteilen.
(4) Die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten von Gefangenen und ihnen zuordenbaren Dritten sind fünf Jahre nach der Entlassung oder Verlegung der Gefangenen in eine andere Justizvollzugsanstalt zu löschen oder so zu anonymisieren, dass die Daten nicht mehr einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Hiervon ausgenommen sind in Dateien gespeicherte personenbezogene Gesundheitsdaten; für sie gilt die Aufbewahrungsfrist für Gesundheitsakten und Krankenblätter. Auch können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Gefangenenpersonalakte Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum, die nach Verlegung zuständige Justizvollzugsanstalt sowie aktenbezogene Vermerke ausgenommen werden, die für das Auffinden und die weitere Verwendung der Gefangenenpersonalakte erforderlich sind. In Dateien gespeicherte personenbezogene Daten von Dritten ohne Bezug zu Gefangenen sind drei Jahre nach ihrer Erhebung zu löschen oder nach Satz 1 zu anonymisieren.
(5) Video-Aufzeichnungen und mittels RFID-Technik erhobene personenbezogene Daten sind vier Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen, sofern und solange nicht ihre fortdauernde Speicherung oder Aufbewahrung im Einzelfall zur Aufklärung oder Verfolgung der dokumentierten Vorkommnisse erforderlich ist. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
(6) Personenbezogene Daten in Akten dürfen nach Ablauf von fünf Jahren seit der Entlassung der Gefangenen nur übermittelt oder genutzt werden, soweit dies
1.
zur Verfolgung von Straftaten, 2.
für die Durchführung von Evaluations- oder Forschungsvorhaben,
3.
zur Behebung einer bestehenden Beweisnot, 4.
zur Feststellung, Durchsetzung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit dem Vollzug einer Freiheitsentziehung oder
5.
zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit einer Justizvollzugsanstalt
erforderlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn die oder der Gefangene erneut in den Vollzug aufgenommen wird oder die betroffene Person eingewilligt hat.
(7) Bei der Aufbewahrung von Akten mit nach Absatz 6 in der Verarbeitung eingeschränkten Daten dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:
1.
bei Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblättern 20 Jahre,
2.
bei Gefangenenbüchern 30 Jahre.
Dies gilt nicht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Aufbewahrung für die in Absatz 6 Satz 1 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr.
(8) Vor einer Löschung von Daten oder einer Vernichtung von Akten sind diese nach § 3
des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zur Übernahme anzubieten.
(9) Die Einhaltung der vorgenannten Maßnahmen ist durch geeignete verfahrensrechtliche Vorkehrungen sicherzustellen.

§ 82 Protokollierung

(1) Werden automatisierte Verarbeitungssysteme verwendet, haben Justizvollzugsanstalt und Auftragsverarbeiter zumindest die folgenden Vorgänge zu protokollieren:
1.
Erhebung, 2.
Veränderung, 3.
Abfrage, 4.
Offenlegung einschließlich Übermittlung, 5.
Kombination und 6.
Löschung
von personenbezogenen Daten. Die Protokolle über Abfragen und Offenlegungen müssen es ermöglichen, die Begründung, das Datum und die Uhrzeit dieser Vorgänge und so weit wie möglich die Identität der Person, die die personenbezogenen Daten abgefragt oder offengelegt hat, und die Identität des Empfängers der Daten festzustellen. Es genügt dabei, wenn sich die Begründung aus der Identifizierung der abfragenden oder offenlegenden Person ableiten lässt.
(2) Die Protokolle werden ausschließlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, der Eigenüberwachung, der Sicherstellung der Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten sowie für Straf- und Disziplinarverfahren verwendet. Sie sind am Ende des zweiten auf deren Generierung folgenden Jahres zu löschen.
(3) Die Protokolle sind auf Verlangen der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zur Verfügung zu stellen.

Unterabschnitt 6 Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Datenschutzaufsicht, Haftung und Sanktion

§ 83 Aufsicht der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

Die Vorschriften der §§ 8 und 9 Absatz 1 bis 3 und 5
des Landesdatenschutzgesetzes für Justiz- und Bußgeldbehörden in der jeweils geltenden Fassung gelten entsprechend für die datenschutzrechtliche Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten durch die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz.

§ 84 Zusammenarbeit mit der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz

(1) Die verantwortlichen Stellen sind verpflichtet, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie ihre oder seine Beauftragten bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben zu unterstützen.
(2) Das Justizministerium beteiligt die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz rechtzeitig bei der Ausarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen.
(3) Die verantwortliche Stelle hat vor der Inbetriebnahme von neu anzulegenden Dateisystemen die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anzuhören, wenn
1.
aus einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach § 77 hervorgeht, dass die Verarbeitung ein hohes Risiko für die Rechtsgüter der betroffenen Personen zur Folge hätte, wenn der Verantwortliche keine Abhilfemaßnahmen treffen würde, oder
2.
die Form der Verarbeitung, insbesondere bei der Verwendung neuer Technologien, Mechanismen oder Verfahren, eine erhebliche Gefahr für die Rechtsgüter der betroffenen Personen zur Folge hat.
Die oder der Landesbeauftragte kann eine Liste der Verarbeitungsvorgänge erstellen, die der Pflicht zur Anhörung nach Satz 1 unterliegen.
(4) Der oder dem Landesbeauftragten sind im Fall des Absatzes 3 vorzulegen:
1.
die nach § 77 durchgeführte Datenschutz-Folgenabschätzung;
2.
gegebenenfalls Angaben zu den jeweiligen Zuständigkeiten der verantwortlichen Stelle, der gemeinsam Verantwortlichen und der an der Verarbeitung beteiligten Auftragsverarbeiter;
3.
Angaben zu den Zwecken und Mitteln der beabsichtigten Verarbeitung;
4.
Angaben zu den zum Schutz der Rechtsgüter der betroffenen Personen vorgesehenen Maßnahmen und Garantien und
5.
Name und Kontaktdaten der oder des Datenschutzbeauftragten.
Auf Anforderung sind ihr oder ihm zudem alle sonstigen Informationen zu übermitteln, die sie oder er benötigt, um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung sowie insbesondere die in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten der betroffenen Personen bestehenden Gefahren und die diesbezüglichen Garantien bewerten zu können.
(5) Falls die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz der Auffassung ist, dass die geplante Verarbeitung gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen würde, insbesondere, weil die verantwortliche Stelle das Risiko nicht ausreichend ermittelt oder keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen getroffen hat, kann sie oder er der verantwortlichen Stelle und gegebenenfalls dem Auftragsverarbeiter innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen nach Einleitung der Anhörung schriftliche Empfehlungen unterbreiten, welche Maßnahmen noch ergriffen werden sollten. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz kann diese Frist um einen Monat verlängern, wenn die geplante Verarbeitung besonders komplex ist. Sie oder er hat in diesem Fall innerhalb eines Monats nach Einleitung der Anhörung der verantwortlichen Stelle und gegebenenfalls den Auftragsverarbeiter über die Fristverlängerung zu informieren.
(6) Hat die beabsichtigte Verarbeitung erhebliche Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle und ist sie daher besonders dringlich, kann sie mit der Verarbeitung nach Beginn der Anhörung, aber vor Ablauf der in Absatz 5 Satz 1 genannten Frist beginnen. In diesem Fall sind die Empfehlungen der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz im Nachhinein zu berücksichtigen und sind die Art und Weise der Verarbeitung daraufhin gegebenenfalls anzupassen.

§ 85 Schadensersatz und Entschädigung

Für den Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung gilt § 83
des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend.

§ 86 Strafvorschrift

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1.
unbefugt von Vorschriften der Justizvollzugsgesetzbücher geschützte personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
a)
speichert, nutzt, verändert, übermittelt oder löscht,
b)
zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält oder
c)
abruft oder sich oder einem anderen aus Dateien verschafft oder
2.
die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die durch die Vorschriften der Justizvollzugsgesetzbücher geschützt werden und nicht offenkundig sind, durch unrichtige Angaben erschleicht
und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind die betroffene Person, die verantwortliche Stelle, der Auftragsverarbeiter, die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Justizministerium.

Unterabschnitt 7 Datenverarbeitung zu anderen Zwecken

§ 87 Anwendungsbereich

Die Vorschriften dieses Unterabschnitts regeln die Datenverarbeitung der Justizvollzugsanstalten zu anderen Zwecken als denen nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 680/2016.

§ 88 Anwendbare Vorschriften

Für Datenverarbeitungen der Justizvollzugsanstalten zu anderen Zwecken als denen nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 680/2016 gelten die
Verordnung (EU) 679/2016 und das Landesdatenschutzgesetz (LDSG), soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

§ 89 Datenverarbeitung zu vollzugsfremden Zwecken

(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen durch die Justizvollzugsanstalt an die zuständigen öffentlichen Stellen ist zulässig, soweit dies für
1.
gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege,
2.
sozialrechtliche Maßnahmen, 3.
dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten oder
4.
die Durchführung der Besteuerung sowie die Geltendmachung von sonstigen Forderungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts
erforderlich ist.
(2) Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung personenbezogener Daten durch die Justizvollzugsanstalt ist auch zulässig, soweit dies für ausländerrechtliche Maßnahmen erforderlich ist.
(3) An die zuständige Meldebehörde darf die Justizvollzugsanstalt die Aufnahme sowie die Entlassung von Gefangenen sowie die zur Aufgabenerfüllung der Meldebehörde erforderlichen Daten mitteilen. Die erforderlichen Personalpapiere dürfen übersandt werden.
(4) Eine Übermittlung zu den in Absatz 1 und 3 genannten Zwecken ist auch zulässig, soweit sie der Sicherung von eigenen Mitteilungs- und Meldepflichten der Gefangenen dient. In diesen Fällen können Gefangene die von Amts wegen erfolgende Datenübermittlung durch den Nachweis abwenden, dass sie ihrer Verpflichtung innerhalb von vier Wochen nach Eintritt des mitteilungs- oder meldepflichtigen Ereignisses nachgekommen sind oder eine Verpflichtung aus anderen Gründen nicht oder nicht mehr besteht. Hierüber sind die Gefangenen bei der Aufnahme in eine Justizvollzugsanstalt zu belehren.
(5) Die nach Absatz 1, 3 und 4 zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Durch die Übermittlung darf nicht der Eindruck entstehen, dass an der oder dem Untersuchungsgefangenen eine Strafe vollzogen wird.

§ 90 Datenverarbeitung zum Zweck des Gläubigerschutzes

(1) Öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen darf die Justizvollzugsanstalt auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person in Haft befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich innerhalb eines Jahres bevorsteht, soweit
1.
die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist oder
2.
von nichtöffentlichen Stellen ein berechtigtes Interesse an dieser Mitteilung glaubhaft dargelegt wird und die oder der Gefangene kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat.
Bei Untersuchungsgefangenen besteht die Mitteilung in der Angabe, ob sich eine Person in der Justizvollzugsanstalt in Untersuchungshaft befindet.
(2) Öffentlichen Stellen können darüber hinaus in der Vergangenheit liegende Inhaftierungen und die Entlassungsadresse von Gefangenen mitgeteilt werden, soweit die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.
(3) Der oder dem Verletzten sowie sonst aus einer Straftat Anspruchsberechtigten können über Absatz 1 hinaus auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Entlassungsadresse und die Vermögensverhältnisse von rechtskräftig verurteilten Gefangenen erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist.
(4) In Haft befindliche Gefangene werden vor der Mitteilung gehört, sofern nicht zu besorgen ist, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragstellerin oder des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde, und eine Abwägung ergibt, dass dieses Interesse das Interesse der oder des Gefangenen an einer vorherigen Anhörung überwiegt. Ist eine Anhörung unterblieben, wird die oder der Gefangene über die Mitteilung der Justizvollzugsanstalt nachträglich unterrichtet.
(5) Die nach Absatz 1 bis 3 zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Durch die Übermittlung darf nicht der Eindruck entstehen, dass an der oder dem Untersuchungsgefangenen eine Strafe vollzogen wird.

§ 91 Strafvorschrift und Ordnungswidrigkeiten

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1.
unbefugt von den Unterabschnitten 1 und 7 dieses 7. Abschnitts oder der
Verordnung (EU) 2016/679 geschützte personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
a)
speichert, nutzt, verändert, übermittelt oder löscht,
b)
zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält oder
c)
abruft oder sich oder einem anderen aus Dateien verschafft oder
2.
die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die durch die Unterabschnitte 1 und 7 dieses 7. Abschnitts oder die
Verordnung (EU) 2016/679 geschützt werden und nicht offenkundig sind, durch unrichtige Angaben erschleicht
und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind die betroffene Person, die verantwortliche Stelle, der Auftragsverarbeiter, die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Aufsichtsbehörden.
(3) Die Regelung des § 28 LDSG in seiner jeweils geltenden Fassung gilt für Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

Unterabschnitt 8 Übergangsvorschrift

§ 92 Übergangsvorschrift für die Anpassung automatisierter Verarbeitungssysteme

(1) Automatisierte Verarbeitungssysteme, die vor dem 6. Mai 2016 eingerichtet worden sind und deren Anpassung an die Anforderungen dieses Gesetzes mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, werden bis zum 6. Mai 2023 mit den Vorgaben dieses Gesetzes in Einklang gebracht.
(2) Die Frist des Absatzes 1 kann bei Eintreten oder Vorliegen außergewöhnlicher Umstände verlängert werden, wenn hierdurch sonst schwerwiegende Schwierigkeiten für den Betrieb dieses automatisierten Verarbeitungssystems entstehen würden. Die verlängerte Frist muss vor dem 6. Mai 2026 enden. Die Verlängerung der Frist nach Satz 2 sowie die Gründe hierfür sind der Europäischen Kommission mitzuteilen.
(3) Bis zu diesem Zeitpunkt gelten § 46 Absatz 3 Satz 4 des Ersten Buchs (5. Juni 2019) in Verbindung mit § 9 Absatz 3 Nummer 7
des Landesdatenschutzgesetzes in der am 20. Juni 2018 geltenden Fassung weiter.

Abschnitt 8 Strafvollzugsbeauftragte

§ 93 Strafvollzugsbeauftragte

(1) Je einem von dem Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg der Aufsichtsbehörde benannten Mitglied der im Landtag vertretenen Fraktionen (Strafvollzugsbeauftragte) ist der Zutritt zu den Justizvollzugsanstalten des Landes ohne Anmeldung gestattet.
(2) Bei ihren Besuchen in den Justizvollzugsanstalten können sich die Strafvollzugsbeauftragten über die Unterbringungs- und sonstigen Lebensverhältnisse der Gefangenen, die Arbeitsbedingungen der Vollzugsbediensteten sowie den baulichen Zustand der Anstalten unterrichten. Gespräche mit Gefangenen werden nicht überwacht. § 119
StPO bleibt unberührt.

Abschnitt 9 Einschränkung von Grundrechten

§ 94 Einschränkung von Grundrechten

Die Grundrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2
Abs. 1 des Grundgesetzes), körperliche Unversehrtheit (Artikel 2
Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2
Abs. 2 Satz 2 und Artikel 104 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes) sowie das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10
Abs. 1 des Grundgesetzes) werden durch dieses Gesetzbuch eingeschränkt.
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