Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle nach § 7c Absatz 7 und § 123 Absatz 5 Satz 4 SGB XI (Schiedsstellen-Verordnung) Vom 12. Dezember 2017
§ 1 Bildung und Aufgaben der Schiedsstelle
(1) Für das Land Baden-Württemberg wird eine Schiedsstelle nach § 7c
Absatz 7 und § 123
Absatz 5 Satz 4 SGB XI eingerichtet.
(2) Die Schiedsstelle entscheidet über den Inhalt eines Rahmenvertrages nach § 7c
Absatz 6 SGB XI, sofern ein Rahmenvertrag nach Inkrafttreten dieser Verordnung nicht innerhalb von drei Monaten und auf Antrag einer der Vertragsparteien oder nicht innerhalb von sechs Monaten zustande gekommen ist. Dies gilt nur, sofern nicht das Verfahren nach § 7c
Absatz 8 SGB XI eingeleitet worden ist.
(3) Die Schiedsstelle entscheidet über den Inhalt der Vereinbarung nach § 123
Absatz 5 Satz 1 SGB XI, sofern eine Vereinbarung nach Genehmigung des Antrags nach § 123
Absatz 1 Satz 1 SGB XI nicht auf Antrag einer der Vertragsparteien innerhalb von drei Monaten zustande gekommen ist. Dies gilt nur, sofern nicht das Verfahren nach § 123
Absatz 5 Satz 5 SGB XI eingeleitet worden ist.
§ 2 Mitglieder
(1) Die Schiedsstelle besteht aus einer unparteiischen Person, die den Vorsitz führt, und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Darüber hinaus gehören der Schiedsstelle drei Mitglieder für die Pflegekassen sowie drei Mitglieder der für die Hilfe zur Pflege zuständigen Träger der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch an.
(2) Die vorsitzende Person und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder haben je eine Person als Stellvertretung. Die übrigen Mitglieder haben mindestens eine und höchstens zwei Personen zu ihrer Stellvertretung. Wer die Stellvertretung wahrnimmt, hat bei Verhinderung des Mitglieds dessen Rechte und Pflichten.
§ 3 Bestellung der Mitglieder
(1) Die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertretungen werden vom Sozialministerium bestellt. Soweit beteiligte Organisationen keine Person zu ihrer Vertretung bestellen, bestellt auf Antrag einer der beteiligten Organisationen das Sozialministerium die Personen, die die Vertretung wahrnehmen.
(2) Die Bestellung bedarf des Einverständnisses der bestellten Person und der Schriftform.
(3) Die Bestellung ist der Geschäftsstelle nach § 12 auch per E-Mail mit einem nach jeweils aktuellem Internetstandard sicheren Verfahren zur Authentifikation und zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mitzuteilen; sie wird mit Eingang bei der Geschäftsstelle wirksam. Diese unterrichtet schriftlich die beteiligten Organisationen und das Sozialministerium.
§ 4 Amtsperiode
(1) Die Amtsperiode der Schiedsstelle beträgt vier Jahre. Die erste Amtsperiode beginnt am 1. Januar 2018 und endet am 31. Dezember 2021.
(2) Die Amtsdauer der Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertretungen endet mit dem Ablauf der Amtsperiode; dies gilt entsprechend für die während einer Amtsperiode neu bestellten Mitglieder. Die Mitglieder und ihre jeweiligen Stellvertretungen bleiben nach Ablauf der Amtsperiode bis zur Bestellung der ihnen nachfolgenden Personen im Amt. Die Wiederbestellung ist zulässig.
§ 5 Abberufung, Niederlegung
(1) Die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertretungen können auf Antrag einer der beteiligten Organisationen aus wichtigem Grund vom Sozialministerium abberufen werden. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer der antragstellenden Organisation unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen der übrigen Organisationen die Fortdauer der Bestellung der betroffenen Person bis zum Ablauf der Amtsperiode nicht zugemutet werden kann.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zur jeweiligen Stellvertretung bestellt sind, können von den Organisationen abberufen werden, für die sie bestellt worden sind. Die Abberufung einer Person, die vom Sozialministerium bestellt worden ist, wird erst mit der Bestellung der nachfolgenden Person wirksam.
(3) Wer abberufen werden soll, ist zuvor anzuhören. Die Abberufung bedarf der Schriftform. Sie ist auch der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen.
(4) Die Mitglieder der Schiedsstelle und die Personen, die zur jeweiligen Stellvertretung bestellt sind, können durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle ihr Amt niederlegen.
(5) Die Geschäftsstelle unterrichtet die beteiligten Organisationen und das Sozialministerium auch per E-Mail mit einem nach jeweils aktuellem Internetstandard sicheren Verfahren zur Authentifikation und zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung über die Abberufung oder die Niederlegung des Amtes. Für die Wirksamkeit einer Abberufung und einer Amtsniederlegung gilt § 3 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 entsprechend; Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
§ 6 Amtsführung
(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind in der Ausübung ihres Amtes an Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Schiedsstelle teilzunehmen.
(3) Ein an der Teilnahme verhindertes Mitglied muss unverzüglich nach Bekanntgabe des Sitzungstermins eine Person, die zu seiner Stellvertretung bestellt ist, zur Teilnahme an der Sitzung auffordern und seine Verhinderung sowie die Person, die die Stellvertretung wahrnehmen soll, der Geschäftsstelle mitteilen. In der Einladung soll auf diese Pflicht hingewiesen werden.
§ 7 Geschäftsordnung
Die Schiedsstelle kann sich eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Zustimmung des Sozialministeriums.
§ 8 Antrag
(1) Das Schiedsverfahren der Schiedsstelle nach § 7c
Absatz 7 SGB XI beginnt frühestens drei Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung mit dem schriftlichen Antrag einer der Vertragsparteien oder wenn sechs Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung noch kein Rahmenvertrag zustande gekommen und nicht das Verfahren nach § 7c
Absatz 8 SGB XI eingeleitet worden ist. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle einzureichen.
(2) Das Schiedsverfahren der Schiedsstelle nach § 123
Absatz 5 Satz 4 SGB XI beginnt frühestens drei Monate nach Genehmigung des Antrags auf Durchführung eines Modellvorhabens zur Beratung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen mit dem schriftlichen Antrag einer der Vertragsparteien, wenn nicht das Verfahren nach § 123
Absatz 5 Satz 5 SGB XI eingeleitet worden ist. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Der Antrag hat die Vertragsparteien zu bezeichnen, den Sachverhalt und das Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen darzulegen sowie die Gegenstände aufzuführen, über die eine Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Die in den Verhandlungen vorgelegten Nachweise und sonstigen Unterlagen sind beizufügen.
(4) Auf Verlangen der vorsitzenden Person ist eine Vertragspartei verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vorzulegen und die Auskünfte zu erteilen, die für die Entscheidung der Schiedsstelle erforderlich sind.
§ 9 Vorbereitung und Leitung der Sitzungen
(1) Die vorsitzende Person legt Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzungen der Schiedsstelle fest.
(2) Von dem Termin jeder Sitzung sollen die Mitglieder der Schiedsstelle möglichst drei Wochen vorher in Kenntnis gesetzt werden. Die Einladung selbst muss spätestens zwei Wochen vor der Sitzung zum Versand gebracht werden. Sie enthält die Angaben von Ort und Zeit sowie die Tagesordnung und die Beratungsunterlagen.
§ 10 Mündliche Verhandlung
(1) Die Schiedsstelle entscheidet unverzüglich über den Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Zu der mündlichen Verhandlung sind die Vertragsparteien zu laden. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche. Es kann in Abwesenheit der Vertragsparteien verhandelt werden, wenn in der Ladung darauf hingewiesen worden ist.
(3) Die mündliche Verhandlung ist nichtöffentlich. Die stellvertretende vorsitzende Person und die stellvertretenden Mitglieder können als Zuhörer ohne Rederecht teilnehmen. Die Sitzungsteilnehmenden sind zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet.
(4) Die Schiedsstelle kann Zeugen und Sachverständige hinzuziehen.
(5) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen. Die Niederschrift muss Angaben enthalten über
1.
den Ort und den Tag der Sitzung,
2.
die Namen der vorsitzenden Person und der anwesenden Mitglieder,
3.
die Vertragsparteien sowie
4.
den behandelten Gegenstand und die gestellten Anträge.
§ 11 Beratung und Entscheidung
(1) Die Schiedsstelle ist beschlussfähig, wenn neben der vorsitzenden Person mindestens die Hälfte der Mitglieder der Schiedsstelle anwesend ist.
(2) Die Schiedsstelle berät und entscheidet nichtöffentlich in Abwesenheit der Vertragsparteien. § 10 Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend. Entschieden wird mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder; jedes Mitglied hat eine Stimme. Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der vorsitzenden Person den Ausschlag. Die stellvertretende vorsitzende Person und stellvertretende Mitglieder können als Zuhörende ohne Rede- und Stimmrecht teilnehmen.
(3) Die Entscheidung ergeht schriftlich und ist zu begründen sowie von der vorsitzenden Person zu unterzeichnen. Sie ist den Vertragsparteien zuzustellen.
§ 12 Geschäftsstelle
(1) Für die Schiedsstelle wird eine Geschäftsstelle eingerichtet.
(2) Die Geschäftsstelle wird abwechselnd für jeweils zwei Jahre bei einem Landesverband der Pflegekassen in Baden-Württemberg und einer Vereinigung der für die Hilfe zur Pflege zuständigen Träger der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch geführt. Die Geschäftsstelle für die erste Hälfte der Amtsperiode nach Inkrafttreten dieser Verordnung wird bei einer Vereinigung der für die Hilfe zur Pflege zuständigen Träger der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch geführt.
(3) Die vorsitzende Person der Schiedsstelle leitet die Geschäftsstelle.
§ 13 Entschädigung
(1) Die vorsitzende Person und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder erhalten Reisekosten nach den für Beamte des Landes geltenden reisekostenrechtlichen Vorschriften. Für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand erhalten sie einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die beteiligten Organisationen gemeinsam festlegen. Kommt eine Regelung nicht zustande, wird der Pauschalbetrag auf Antrag einer der beteiligten Organisationen vom Sozialministerium festgesetzt.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle erhalten Reisekosten sowie Ersatz für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand von den Organisationen, die sie bestellt haben, nach deren Regelungen.
(3) Ansprüche auf Entschädigung nach Absatz 1 sind bei der Geschäftsstelle geltend zu machen.
§ 14 Kosten
(1) Für das Verfahren der Schiedsstelle erhebt die Geschäftsstelle Gebühren. Das Nähere hierzu, insbesondere zum Mindest- und Höchstbetrag, zur Auferlegung auf die Vertragsparteien und die Bemessungsmaßstäbe, legen die beteiligten Organisationen gemeinsam fest. Sie können Festlegungen nur gemeinsam ändern oder aufheben. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 sowie deren Änderungen und Aufhebungen bedürfen der Zustimmung des Sozialministeriums.
(2) Die durch die Gebühren nicht gedeckten Kosten der Schiedsstelle einschließlich der Geschäftsstelle tragen die beteiligten Organisationen als Gesamtschuldner. Untereinander tragen sie diese nach dem Verhältnis der Anzahl der von ihnen zu bestellenden Vertretungen. § 13 Absatz 2 bleibt unberührt.
§ 15 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.
STUTTGART, den 12. Dezember 2017
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg: |
|
KRETSCHMANN |
|
STROBL |
SITZMANN |
DR. EISENMANN |
UNTERSTELLER |
DR. HOFFMEISTER-KRAUT |
LUCHA |
HAUK |
WOLF |
HERMANN |
ERLER |
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